Kapitel 88


Sezuna streichelte ihn weiter. "So gern ich dich auf der Stelle heiraten würde", begann sie leise. "Aber ich bin sicher, dass du nicht möchtest, dass ich vor dem Altar erschöpft umkippe."

Leicht schüttelte er ihren Kopf. "Nein ... aber ich möchte, dass du es hast, sodass wir später heiraten können. Ich ... möchte nicht mehr hierher zurückkommen", gestand Haru ihr und richtete sich wieder auf. Sezuna hatte ihn in eine Umarmung gezogen, sodass er halb an sie gelehnt hatte. Aber es war besser, wenn er richtig saß, nicht dass ihrem Kind etwas passierte.

"Wo willst du denn hin?", fragte sie leise.

"Vielleicht zurück nach Fenua ... zu Eric und seiner Familie", meinte er hilflos. Auch wenn er nicht unbedingt dorthin wollte, wo seine Eltern waren, aber vielleicht war es dort besser als hier. Ständig in die Augen der anderen sehen zu müssen ... Das konnte er nicht ertragen.

Sezuna streichelte ihn weiter. "Ich werde dorthin gehen, wohin du gehst und wenn es das Ende der Welt ist", flüsterte sie. Und sollte Haru vor haben über das Ende der Welt zu springen, dann würde sie ihm folgen. Auch wenn sie Angst vor den riesigen Wasserfällen hatte, die ins Nichts stürzten und ihre Welt begrenzten.

"Erst einmal wirst du wieder gesund, in Ordnung?", bat er sie eindringlich und meinte, dass sie schlafen sollte, damit sich ihr Körper erholen konnte. Das war wichtiger als alles andere.

"Nur, wenn du bei mir bleibst", sagte sie leise und Angst stand in ihren Augen. Es war schwer zu beschreiben, was sie fühlte, doch ohne Haru war ihr kalt und sie hatte Angst.

"Ich bin hier ...", versprach der Magier ihr. Wohin sollte er auch gehen? Zu vielen Menschen würde er begegnen und das wollte er nicht.

Sezuna nickte langsam und lehnte sich an ihn. Eigentlich hatte sie ihn um einen Schlafzauber beten wollen, doch sie wusste, wie sehr er sich darüber ärgern würde. "Danke, dass du mich geheilt hast", flüsterte sie leise. "Es hat so weh getan."

"Ich wollte dich nicht verlieren", sagte er zu ihr. Er wuschelte einmal durch ihr rotes Haar und versuchte zu lächeln, doch sein Gesicht verzog sich eher zu einer Grimasse, als würden seine Muskeln ihm nicht mehr gehorchen. Haru fühlte sich sowieso ein wenig taub in einigen Bereichen an.

"Ich hätte dich auch nur ungern allein gelassen", gestand sie. "Ich weiß, dass es dir schwer gefallen ist, mich zu heilen, aber so hast du mir das Leben gerettet und lieber lebendig und vielleicht ein wenig unwohl, als tot."

Er nickte leicht, sah sie aber nicht an. Stattdessen wandte er sich von ihr ab und starrte wieder aus dem Fenster hinaus.

Plötzlich war zaghaftes Klopfen an der Tür zu vernehmen und Haru zuckte ziemlich zusammen.

"Seid ihr da?", waren die Stimmen von Akira, aber auch von seiner Frau und Haruto zu hören.

Panisch legte Haru den Finger an seine Lippen und hoffte, dass Sezuna verstand.

"Tu so, als schläfst du", murmelte sie ganz leise.

Er nickte ihr zu und deckte sich schnell zu, nachdem er sich ins Bett gelegt hatte. Haru zwang sich, seine Augen zu schließen, wobei die Bilder dabei ständig vor ihm auftauchten. Schon deshalb wollte er nicht schlafen.

Sezuna hörte nicht auf, ihn sanft zu streicheln, auch als die Tür aufging. Die Decke war über sie gezogen und sie hoffte, dass Akira wieder gehen würde. Wenn Haru ihn nicht sehen wollte, dann war es so.

"Hey", grüßte er die beiden und wurde leiser, als er sah, dass Haru wohl schlief. Die drei traten ein, blieben aber an der Tür stehen.

"Wir wollten nach euch sehen, wie es euch geht", begann Belynia zögerlich. Sie hatte Angst um Sezuna, nachdem sie erfahren hatte, was geschehen war.

Die Rothaarige hatte das Bedürfnis zu antworten, atmete aber weiter ruhig. Sie wollte es Haru überlassen.

"Es scheint, als würden sie schlafen", bemerkte Haruto und nickte. "Das ist gut. Sie brauchen beide Ruhe."

"Lass uns später wieder kommen", bat Belynia ihren Mann und wandte sich zum Gehen. Der Einzige, der das Spiel durchschaute, war der Arzt. Er kannte Haru gut genug, um zu wissen, dass er nicht schlief. Vor allem nicht, nachdem er so einen Eindruck gemacht hatte, als Haruto Sezuna gefüttert hatte.

Dennoch respektierte er die beiden und spielte das Spiel mit. Ihnen zuliebe.

Es schien, als würden sie niemanden sehen wollen. "Ich lasse trotzdem die Kräuter und den Trank für Sezuna hier", bemerkte Haruto und stellte etwas auf den Nachttisch. "Ihr zwei könnt euch später bedanken."

Der kurze Blick auf Harus Gesicht, wie er mit den Zähnen knirschte, reichte aus, um alles zu wissen. Die Augen presste er mit Gewalt zusammen, was Haruto sagte, dass er Probleme hatte, nichts zu sagen. Der Arzt ließ seine Hand für einen kurzen Moment über Harus Haare gleiten, um ihm zu zeigen, dass er ihn verstehen konnte. Sezuna rührte er nicht an, da er wusste, dass diese das nicht mochte.

Dann nickte Haruto zu den Thronfolgern und ging mit ihnen aus dem Zimmer, damit die beiden wieder alleine sein konnte.

Als sich die Tür schloss, entspannte sich die Rothaarige ein wenig und öffnete ihre Augen, um Haru zu betrachten.

"Bedanken ... pah", spuckte er die Worte aus und richtete sich wütend auf. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und schlug frustriert auf die Decke ein.

Sezuna zuckte zusammen und blickte ihn mit großen, ängstlichen Augen an.

Haru zitterte vor Wut und Tränen begannen erneut, aus ihm hervorzuquellen. "Warum sich für etwas bedanken, wenn man versagt hat?", fragte er kläglich. Wenn sie sich bei Sezuna bedanken wollten, sah er das ein. Immerhin hatte sie ihnen das Leben gerettet. Aber Haru wollte nicht, dass man sich bei ihm für etwas bedankte, was er nicht getan hatte.

"Es ist ihre Sicht der Dinge", sagte Sezuna sanft. "Willst du ihnen deine aufdrängen?"

"Sie sollen die Dinge so sehen, wie sie wirklich sind!", schnaubte er frustriert und vergrub erneut sein Gesicht in den Händen. Doch das Weinen schien nicht zu helfen, weshalb er eine Handbewegung zum Badezimmer machte und sein Messer, welches dort noch auf dem Boden lag, zu sich holte. An ihm klebte noch das Blut, als er es in die Finger nahm und zitterte.

Bevor er damit jedoch irgendwas machen konnte, hielt Sezuna es an der Klinge fest, indem sie ihre Hand direkt um das scharfe Metall schloss. "Wage es nicht", drohte sie.

"Lass mich", fauchte er sie sogar an und riss es ihr grob aus den Händen, nur um es mit einer schnellen Bewegung in seiner zu vergraben. Auf der Decke breitete sich ein roter Fleck aus und Haru schloss für einen Moment genussvoll die Augen. Der Schmerz konnte ihn für einen Moment beruhigen. Als wäre es das Einzige, was ihm noch zeigte, dass er noch lebte und nicht in der Dunkelheit gefangen war.

Sezuna, die ihre Hand direkt in der Klinge hatte, starrte diese an und langsam tropfte das Blut von ihrer Handfläche hinab auf das Bett, wo es sich mit dem von Haru vermischte.

Vor ihren Augen begann sich alles zu drehen und der metallische Geruch ließ sie würgen.

Zuerst merkte er das gar nicht, da er sich dem Schmerz für einen Moment hingab. Erst als sie begann zu würgen, sah er auf sie und merkte, dass sie blutete.

Warum hatte sie nicht einfach losgelassen? Mit der unverletzten Hand nahm er ihre und besah sich den Schnitt, der sich auf ihrer Handfläche abzeichnete. Haru zog sich das Messer aus der Hand und ignorierte es, dass das Blut weiterhin auf die Decke tropfte.

Er murrte und zog mit Hilfe der Magie den Rucksack her, um Verbandsmaterial zu suchen und die Salbe herzustellen, die dafür sorgen sollte, dass der Schnitt heilte und sich nicht entzündete.

Sezuna zog jedoch ihre Hand zurück, bevor er sie verarzten konnte. "Erst, wenn du deine eigene Hand heilst", sagte sie und ihre Worte duldeten keine Widerrede.

"Hör auf damit!", fuhr der Blonde sie an und zog ihre Hand etwas zu grob zu sich. Er wollte nicht diskutieren. Sie würde es sowieso nicht verstehen, warum er das getan hatte.

Sezuna hob ihre andere, freie Hand und schlug ihn damit gegen die Wange. Stark genug, dass er es laut klatschen hörte und sogar spürte.

Für einen Moment sah er sie an. Nicht fassungslos oder überrascht. Eher so, als ob er darauf gewartet hatte. Dass er das verdient hatte, dass sie ihn schlug. Doch er rührte sich nicht, sondern schloss für einen Moment die Augen, um den kurzen Schmerz, den ihre Ohrfeige verursacht hatte, in sich aufzunehmen.

"Danke ...", flüsterte er. Wobei es sich nicht anhörte, dass er aufgewacht war, sondern dass sie ihm weh tat.

Sie hielt ihre blutende Hand noch immer fest und sie ihm so entzogen. "Sollte ich herausbekommen, dass du dir weh tust, egal in welcher Form, kannst du dir sicher sein, dass ich mir haargenau das Gleiche antun werden. Haben wir uns verstanden?"

"Gib endlich her", knurrte Haru sie schlecht gelaunt an und zog ihre Hand wieder an sich. Während er die Salbe herstellte, heilte er seine Hand, sodass überhaupt nichts mehr zu sehen war. Als hätte nie etwas stattgefunden. Das tat er einfach nebenbei, ohne darauf wirklich zu achten.

Und nur weil er das tat, zog Sezuna ihre Hand nicht wieder zurück, sondern ließ zu, dass Haru sie behandelte.

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