Kapitel 61
Mit einem Schrei ließ Haru die riesengroße Hand ein weiteres Mal explodieren, wobei er die kleinen Teile absichtlich in eine Kugel aus Eis einschloss. Es hatte einiges an Kraft gekostet, die Hand aufzuhalten. Der Blonde wurde von Minute zu Minute wütender, sodass nun seine Magie völlig aus ihm brach und dafür sorgte, dass der gesamte Raum anfing zu wackeln. Grüne Ranken schossen aus dem Boden, um die Marionetten, die sich dort befanden, zu umschlingen und langsam zu verschlucken.
Sezuna geriet ins Wanken, ließ sich aber nicht von ihrem Vorhaben, den Raum zu erkunden, abbringen. Die Art, wie die Marionetten gemacht waren, faszinierte sie sehr, machte ihr aber gleichzeitig Angst. Sie wusste, dass sie nicht mehr lange durchhalten würden und es wahrscheinlich auch nichts brachte, wenn Harus Magie weiter explodierte. Mit roher Gewalt kamen sie hier nicht weiter.
Schon wieder setzte sich die Hand aus Lehm zusammen, die mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit auf Haru zuraste. Allerdings schoss zur gleichen Zeit eine weitere Hand von hinten aus dem Boden. Der Magier, der das gerade noch rechtzeitig bemerkte, konnte ausweichen, sodass die beiden Hände aneinander schlugen und ein lautes Geräusch erzeugte.
Er versuchte, sich zu beruhigen, da er wohl für später noch Magie brauchen würde. Haru entschied sich, einfach so lange auf das Spiel einzugehen, bis Sezuna eine Lösung gefunden hatte. Es brachte nichts, sich jetzt zu verausgaben und danach zusammenzubrechen.
Nur mit Mühe gelang es ihm, die Kontrolle über seinen Körper wieder zu erlangen, da seine Magie ihn ständig schützen wollte. Gleichzeitig musste er jedoch auch darauf achten, von den Lehmhänden nicht zerquetscht zu werden.
Diese schienen sich nun allerdings Sezuna widmen zu wollen. Wahrscheinlich kam sie der Lösung zu nahe und war ein Problem.
Als er das sah, wie sie von ihm abließen, war Haru zuerst sehr verwundert. Die Richtung, die sie dann einschlugen verrieten ihm, dass sie sich zuerst um die Rothaarige kümmern wollte. Der gleichmäßige Takt der Trommel hörte der Junge nur noch im Hintergrund, als er an ihnen so schnell wie möglich vorbeirannte, um zu Sezuna zu gelangen.
Diese wirkte verbissen, während sie die Puppen immer wieder von ihren Fäden trennte, so dass diese zu Boden fielen. Dabei setzte sie ihren Weg unaufhaltsam fort, als hätte sie ein bestimmtes Ziel.
Plötzlich wurde sie einfach in die Luft gehoben, wobei Harus Schutzschild ihr folgte. Gleich unter ihr krachten die Lehmhände aneinander, die vermutlich erneute Risse zur Folge gehabt hätten. Da der Junge sie nicht schnell genug erreichen konnte, hatte er sein Schutzschild den Befehl gegeben, sich zu erheben, sodass die Hände Sezuna nicht erreichen konnte. Haru hatte festgestellt, dass die Hände nicht weiter aus dem Boden konnten, vermutlich, weil sie daran gebunden waren.
Sezuna kam ins Wanken und riss die Augen auf. "Nein", rief sie erschrocken und der Zauber, der die Rüstungen hielt, stürzte in sich zusammen, weil sie den Kontakt zum Boden verloren hatte. Die Rüstungen fielen von der Decke und die, die sie angriffen, schlugen nun auf das Schild ein, ohne von den Boden gehoben zu werden.
Die Rothaarige fluchte ungehalten und versuchte mit aller Macht das Schild wieder auf den Boden zu bekommen. Jetzt hatte sie auch noch ihr Zeil aus den Augen verloren!
Entsetzt starrte Haru die Situation an und war unfähig, sich zu bewegen. Hatte er etwas falsch gemacht? Er erhob sich eilig und ließ sich durch das Schutzschild, welches um Sezuna lag, gleiten. "Was ist los?", fragte er keuchend, da er nicht verstand, was hier gerade geschah. Die Hände unter ihnen klatschten wie vor Freude aneinander. Das konnte man allerdings auch als einen Applaus sehen.
"Ich muss wieder auf den Boden", sagte sie atemlos. Sie hatte keine Kontrolle mehr über den Schild und war davon abhängig, dass Haru sie wieder richtig auf den Boden brachte, damit sie ihren Zauber wieder aufnehmen konnte.
Verwirrt folgte er ihrer Bitte und ließ beide wieder herunter. Sofort begannen die Hände wieder, das Schild mit roher Gewalt zu zerbrechen. "Dann mach, was du tun musst. Ich folge dir und halte diese Dinger hier auf", keuchte er nun, da er den Schutz nun ständig verstärken musste. "Es tut mir leid", keuchte er ein weiteres Mal, als die Steinhände eine Erschütterung auslösten. Haru benutzte seine Kraft und Magie dazu, damit Sezuna Zeit hatte, seinen großen Fehler auszubügeln. Die Arme zu beiden Seiten gestreckt erschuf er zusätzliche Schutzschilder um sie herum, sodass die Hände mehrere durchbrechen mussten, um sie zu schädigen.
Sezuna beugte sich hinab, um mit einer Hand den Boden zu berühren und die Kontrolle über ihren Zauber zurück zu bekommen. Sofort wurden die Rüstungen wieder nach oben gezogen und ein zufriedenes Lächeln erschien auf ihren Lippen, bevor sie erneut mit ihren Fächer begann zu hantieren. "Die Hand besteht aus Lehm", bemerkte sie leise und angestrengt. "Mach sie nass und lass dein äußeres Schild Maschen bilden, so wird sie sich beim Zuschlagen mit der Zeit selbst kaputt machen", erklärte sie und versuchte die Marionetten aus den Weg zu räumen, die ihr die komplette Sicht versperrten.
Haru runzelte die Stirn. Dass sie aus Lehm war, wusste er, denn sie unterschied sich nicht mehr als von dem Golem. Da hatte das Wasser auch nicht wirklich geholfen. Trotzdem beugte er sich ihrem Rat und erschuf eine Wolke, die begann, auf die beiden Hände herabzuregnen. Es war kein leichter Nieselregen, sondern erinnerte eher an eine Sturmflut, sodass der Lehm aufgeweicht wurde.
Der Magier legte nicht nur auf das äußerste Schild die Maschen, die Sezuna wollte, sondern auch auf die darunter, dass es eine größere Sicherheit gab.
Am Anfang geschah nichts, doch bei dem dritten oder vierten Schlag, konnte Haru sehen, wie bereits einer der Finger kaputt ging und umhergeschleudert wurde. Dabei spritzte Lehm und Wasser durch die Gegend. Aus dem lehmigen Matsch erhob sich keine neue Hand und die Angriffe wurden immer schwächer, weil die Hand immer mehr Konsistenz verlor und damit kleiner wurde.
Zufrieden beobachtete der Magier mit den grauen Augen die Situation, während er rückwärts Sezuna folgte. Ihre Rücken berührten sich dabei die ganze Zeit, sodass er fühlte, wohin sie ging.
Ihre Schritte waren vorsichtig, aber wohlüberlegt gesetzt. Sie hatte ein Ziel, das spürte Haru genau. Er fragte sich nur, was das für ein Ziel war. Wo wollte sie so dringend hin?
Dabei bewegten sie sich sogar von dem Magier mit der Trommel fort. Ihm blieb nichts anderes übrig, als ihr zu vertrauen.
Verbissen versuchte Sezuna diese Marionetten los zu werden, damit sie endlich mehr sehen und besser vorankommen konnte. Doch sie bewegte ihren Fächer bereits so schnell, wie es ihr möglich war und auch mit dem Diadem war es nicht möglich, ihren Körper weiter zu stärken, so dass sie schneller wurde. Allerdings brauchte sie die Bewegungen, damit der Zauber auch das tat, was sie wollte, während sie sich auf den an ihren Füßen konzentrieren.
Das dieser mit dem Boden verbunden sein musste, ärgerte sie, doch es war die einzige Möglichkeit für sie, zwei so komplexe Zauber aufrechtzuerhalten, ohne dass einer davon abbrach.
"Brauchst du Hilfe?", fragte Haru vorsichtig, anstatt noch einmal etwas zu tun, was vielleicht alles verschlimmern würde. Die Hände, die nun gegen das Schutzschild flogen, hatten fast keine Wirkung mehr. Mittlerweile waren beide große in viele kleine zerteilt, die nur ein Minimum an Kraft hatten.
"Kannst du die Marionetten aus den Weg räumen?", presste sie mühsam hervor, weil sie so konzentriert war. Sie musste nur etwas sehen, das würde reichen.
Der Blonde nickte und drehte sich nun zu ihr um, da die Hände keine Gefahr mehr darstellten. Mit wegwischenden Handbewegungen räumte Haru die Puppen aus dem Weg, wobei sie recht und links gegen die Wände flogen.
Trotzdem waren es noch genug, dass man kaum etwas erkennen konnte. Dennoch reichte es Sezuna. Sie blieb plötzlich stehen, schloss die Augen und legte ihre Hände übereinander. Dann begann sie einen Zauber zu rezitieren, den Haru nicht zuordnen konnte. Er spürte, wie sich Magie aus der Umgebung zwischen ihren Händen sammelte und anschwoll, bis es so wirkte, als würde sie verschwinden. Kurz darauf erhob sich ein kleiner, goldener Schmetterling aus Sezunas Händen und schwebte lautlos nach oben und durch sein Schutzschild hindurch.
Der Junge war dankbar, dass seine Magie Sezuna als einen Teil von sich akzeptierte, denn normalerweise ging das nicht. Das ersparte allerdings einige Probleme. Noch immer war er damit beschäftigt, die zahlreichen Puppen aus dem Weg zu räumen.
Der Schmetterling flog an diesen vorbei und verschwand schließlich zwischen ihnen. Sezuna blieb allerdings konzentriert stehen und runzelte ein wenig die Stirn.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis der Schmetterling sein Ziel gefunden hatte und es eine gewaltige Explosion gab, die den gesamten Raum erschütterte. Als hätte man sämtlichen Puppen die Stränge zerschnitten, fielen diese zu Boden oder klappernd auseinander.
Sie stürzten auf das Schild, was ein gewaltiges Geräusch ausmachte, doch Haru blieb unbeeindruckt stehen. Er wusste, dass nichts durchdringen konnte. Seine Augen lagen auf dem Punkt, wo die Explosion stattgefunden hatte. Das Trommeln hatte sogar aufgehört und es wurde still in dem Raum.
Sezuna ging auf die Knie und stützte sich am Boden ab, während sie nach Luft rang. "Ich hab ihn erwischt", murmelte sie und klang gleichzeitig stolz auf sich, aber auch erschüttert.
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