Kapitel 48
"Es bleibt nur ein Schlafplatz im Dämonenwald."
"Laut meiner Quelle kennen die Magier diese Tunnel zwar nicht, aber ich denke draußen wäre wirklich sinnvoller", stimmte Sezuna zu. Der Dämonenwald lag zwar nah dran, aber auch weit genug weg, um dort ein wenig Ruhe zu haben. "Dann sollten wir uns ein wenig beeilen. Wir werden es aber wahrscheinlich nicht vor Morgengrauen schaffen."
"Ich dachte, wir wären in einer Stunde draußen?", fragte Haru leise, aber sehr erstaunt. Wahrscheinlich hatte er es dann falsch verstanden. Die Aussicht, die gesamte Nacht durch die Tunnel zu laufen würde bei einigen wohl keine Begeisterung hervorrufen.
"Ja, aber da ist es schon dunkel", bemerkte die Rothaarige. Immerhin war es Winter und es wurde sehr schnell dunkel draußen. Auch wenn es noch gar nicht so spät war.
Der Blonde stieß einen kleinen Seufzer aus, sagte aber nichts mehr. Es kam ihm sogar recht gelegen, wenn sie so schnell wie möglich dort waren und die Schluchten damit umgingen, die Sezuna in Angst und Panik versetzten.
Außerdem hoffte er, dass sie dann mit der ganzen Reise so schnell wie möglich fertig sein würden und sich endlich einem friedlichen Leben widmen konnten.
Sie setzten also ihren Weg fort und Sezuna führte sie weiter durch die Tunnel.
Dabei hörte sie jemanden tuscheln. Es war ihr nicht möglich die Stimme zu erkennen, aber da sie Magie einsetzte, hörte sie zumindest die Worte. Es ging darum, dass sie sich hier so gut auskannte und das war einigen unheimlich.
Haru war der gleichen Meinung, versuchte aber, das unangenehme Gefühl, welches in ihm aufstieg, ein wenig zu unterdrücken. Schon jetzt war er mehr als alarmiert. Trotzdem würden sie ihre Geheimnisse nicht preisgeben.
Schließlich führte Sezuna sie durch einen Ausgang hinaus ins Freie. Jedoch waren sie weit oben und der Abstieg würde nicht ganz so einfach werden.
Das war der Moment, an dem Haru zu ihr sagte, dass sie wieder an das Ende der Gruppe gehen würden. Myron war für den Abstieg zuständig und der Magier wollte lieber hinten als vorne zu sein. Der Abgrund sah sehr tief und nicht gerade einladend aus. Hoffentlich bekam Sezuna keine Panik dabei. Das würde, im Falle eines Angriffes, sehr schlecht sein.
Die Rothaarige nickte, krallte sich aber bereits angstvoll an Harus Jacke fest. Sie hatte den Fehler begangen, nach unten zu sehen und jetzt war ihr unwohl.
"Wir gehen wieder an das Ende der Gruppe", sagte Haru leise zu dem schwarzhaarigen Prinzen, bevor er Sezuna zu sich drehte, sodass sie nicht nach unten sehen konnte. Leider war der Pfad sehr eng und sie konnten an den Leuten nicht vorbei. Unruhig biss er sich auf die Lippen, bevor er sich zu der Rothaarigen hinunterbeugte. "Wir müssen über sie fliegen, um an das Ende zu gelangen", flüsterte er ihr zu. Dass Haru damit keine Probleme hatte, war ihr klar. Doch was würde Sezuna dazu sagen?
Diese schluckte. "Nimmst du mich mit?", fragte sie vorsichtig, denn dann konnte sie die Augen schließen.
"Natürlich. Schaffst du es?", kam seine besorgte Gegenfrage aus seinem Mund.
Die Rothaarige nickte. "Ich mach einfach die Augen zu", erklärte sie ihm mit rauer Stimme.
Haru nickte und legte beide Arme fest um sie, wobei er das magische Seil an ihr befestigte und sprach dann den Zauber aus. Beide konnten keinen Boden mehr unter sich spüren, als sie sich in die Luft erhoben und über den Köpfen der anderen hinwegschwebten.
Sezuna krallte sich an Haru fest und ihr Atem ging unruhig. Es war etwas anderes, wenn sie selbst flog. Doch so war es wirklich unangenehm.
Ohne Zeit zu verschwenden kamen sie am Ende der Gruppe an. Haru hatte sich absichtlich beeilt, weil er wusste, wie es der Rothaarigen dabei erging. Sobald sie wieder den Boden unter den Füßen spüren konnten, ließ er sie ein wenig los, denn er hatte sie fest an sich gepresst gehabt.
Die erstaunten Blicke der anderen ignorierte er absichtlich. Da sie nun wieder am Ende der Gruppe waren, gingen Nicu und Rayko wieder nach vorne.
Oder versuchten es zumindest. Es ging ihnen ähnlich, wie Haru und Sezuna. Der Weg war so eng, dass sie nur ein Stückchen kamen und dann irgendwann zwischendrin stecken blieben und nicht weiter konnten. Doch solange wie der Abstieg dauerte, würde das hoffentlich gehen.
Die Gruppe setzte sich wieder in Bewegung, wobei sie nicht sehr schnell laufen konnten. Immer wieder rutschte einer von ihnen, wobei es immer jemanden gab, der da war, um zu helfen. Trotzdem hoffte Haru, eine Gelegenheit zu bekommen, Diana in den Abgrund zu schubsen. Seine Ablehnung ihr gegenüber trug er offen zur Schau und machte keinen Hehl daraus, dass er nicht zufrieden war.
Das Dienstmädchen spürte die Abneigung deutlich, doch sie versuchte es zu ignorieren. Sie hatte größere Probleme, denn diese Reise war ganz anders, als sie erwartet hatte.
Endlich kamen sie unten im Tal, wo Aljan Kaynta lag, ab. Die Dunkelheit hatte den Abstieg sehr erschwert und sie hatten dadurch länger gebraucht als angenommen. Jedoch ging ein aufatmendes Raunen durch die Gruppe, als Haru und Sezuna als Letzte das Tal erreichten. Niemand war abgestürzt oder hatte sich verletzt. Das war schon mal gut. Das Tal und auch der Wald lagen dunkel vor ihnen. Wie ein schwarzes Loch, darauf wartete, die Gruppe einzusaugen. Haru, die Forscher und auch die Heiler erschufen Lichtkugeln, die ihnen einen Weg zeigten.
"Wenn ich bedenke, wie lange wir das letzte Mal gebraucht haben", murmelte Akira und schüttelte den Kopf. Mit den Tunneln hätten sie sich so viel ersparen können.
In der Dunkelheit wurde ein Geräusch laut und es klang, als würde der Wind heftig durch die Bäume wehen.
Sofort gab es eine Unruhe in der Gruppe, was Haru durchaus verstehen konnte. Dieser Wind kam ihm bekannt vor. Es war zwar nicht selten, dass es in den Tälern solche Winde gab, aber er wurde unwillkürlich an den Drachen erinnert. Deshalb warf der Blonde Sezuna einen fragenden Blick zu, der ebenfalls seine Sorge hervorbrachte.
Diese hatte ihre goldenen Augen voller Vorfreude in den Himmel gerichtet, doch sie konnte nichts sehen.
Es gab erneut Wind und dieser jagte über sie hinweg, was dafür sorgte, dass Diana erschrocken aufschrie und sich duckte.
"Hoffentlich holt er und frisst dich", grummelte Haru leise, sodass nur Sezuna ihn verstehen konnte. Ihre Augen verrieten ihm, dass sie wohl das Gleiche annahm wie er. War es möglich, dass der Drache wieder in die Hände der Magier gefallen war? Und dass er erneut manipuliert wurde, um sie anzugreifen?
Allerdings geschah nichts. Es gab keinen Angriff, doch der Wind zeigte deutlich, dass der Drache wahrscheinlich noch irgendwo in der Nähe war.
Akira, der vorne an der Spitze gelaufen war, kam zu ihnen und bat sie um eine leise Unterhaltung.
"Ist dieser Drache etwa wieder hier? Hoffentlich hat er nicht vor, mich schon wieder zu entführen", begann er besorgt. Diesen Schock würde seine Frau bestimmt nicht überleben.
Sezuna, die noch immer in die Luft blickte, sich aber an Haru festhielt, damit sie nicht hinfiel beim Laufen, schüttelte ein wenig den Kopf. "Ich denke nicht. Er fliegt wohl über uns, scheint aber recht ruhig zu sein", murmelte sie, war sich aber auch nicht sicher. Es konnte auch ein Trick der Magier sein.
"Meint ihr, der Dämonenwald wird Schutz vor ihnen bieten?", wollte der Prinz nun von ihnen wissen. Haru beteiligte sich nicht wirklich an der Unterhaltung, da seine Augen die Gruppe immer wieder beobachtete, aber auch den Himmel in der Hoffnung, ein Zeichen für einen etwaigen Angriff sehen zu können.
"Ich glaube er landet", murmelte Sezuna, die in der Dunkelheit lediglich das leichte rote Schimmern erkennen konnte.
"Bitte nicht", murmelte Haru nervös. Wenn die Forscher das mitbekamen, würden sie ihn sicherlich für Versuche mitnehmen wollen. Und vor allem waren sie an seinen Drachenschuppen interessiert, das wusste er. Der Blonde begann, leise Worte zu sprechen, die hoffentlich den Drachen erreichten und ihn verscheuchten. Nicht, weil Haru ihn nicht wieder sehen wollte, sondern weil er Angst hatte, dass die drei Forscher vom Magierturm etwas mit ihm anstellten.
Er hörte sie beriets darüber diskutieren, was das gewesen war und das gefiel ihm gar nicht.
Trotzdem schien es, als wäre der Drache noch immer irgendwo in der Nähe und würde sie beobachten.
"Wo können wir Pause machen?", fragte Sezuna laut an Myron gerichtet und lenkte so die Aufmerksamkeit auf sich.
"Ich denke, im Dämonenwald sind wir sicher. Wir sollten noch ein wenig mehr nach rechts gehen, dort gibt es einen Eingang", bemerkte der Führer absichtlich. Er war zu ihnen getreten und hatte es mitbekommen, was vor sich ging. Deshalb spielte er mit.
Sezuna nickte und sie machten sich auf den Weg.
Myron wusste, wo es Eingänge zum Dämonenwald gab. Das war der Grund, warum sie nach einer halben Stunde am Waldeingang ankamen. Allerdings sah es nicht sehr einladend aus, da die Dunkelheit des Waldes direkt nach ihnen rief. Unheimliche Geräusche waren zu hören, die nicht wirklich zur Umgebung passen wollte. "Wir sollten ein Stück in den Wald laufen, so viel ich weiß, gibt es dort eine Art Lichtung. Wobei die Bäume trotzdem dicht genug sind, dass man kein Licht sehen kann", gab der Führer zu.
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