Kapitel 40
"Nein, das stimmt nicht", korrigierte sie Haru. "Das kam dir nur so vor, weil du die anderen Dienstmädchen meist gar nicht betrachtet hast. Sie hat im Grunde genau so oft Tee gebracht, wie die anderen auch", erklärte Sezuna, die sich noch sehr genau an die Dienstmädchen erinnern konnte.
"Wirklich?", fragte er verlegen und kratzte sich die Nase. Tatsächlich hatte Sezuna Recht damit. Wenn sie zu dritt in der Bibliothek gewesen waren, war Haru die meiste Zeit schweigsam gewesen, da er selbst entweder gelesen oder einfach nachgedacht hatte.
Dabei waren ihm die meisten Dienstmädchen nicht aufgefallen. Nur Diana, da ihre Stimme etwas sehr nerviges gehabt hatte.
"Ja, aber ich kann verstehen, warum sie dir im Gedächtnis bleibt", erwiderte Sezuna und verzog ein wenig das Gesicht.
"Bist du dir sicher?", lachte Haru leise los. "Du bist auch jemand, der mit im Gedächtnis geblieben ist", neckte er sie und stupste ihre süße Nase an.
Sezuna lachte leise. "Ich hoffe doch, aus einem anderen Grund, als Diana", grinste sie ihn an.
Dazu schwieg er lieber, aber sein Grinsen sagte bereits einiges aus. Sezuna konnte es sich vielleicht selbst denken. "Wo sind wir hier eigentlich?", fragte er und sah sich suchend um. Haru erinnerte sich nicht daran, schon einmal hier gewesen zu sein.
"Wir sind in einer Gegend, die mehr den Seefahrern vorbehalten ist", erklärte sie. "Hier gibt es viele Warenhäuser, Tavernen für die Leute und Unterkünfte für die Seereisenden", erklärte sie gut gelaunt.
Das fiel ihm jetzt erst auf, als er sich genauer umsah. "Ich glaube ... ich war hier, als ich durch die Stadt gerannt bin", meinte er mit gerunzelter Stirn, als er ein wenig überlegte. "Vermutlich kommen dann hier die meisten Leute unter, die am östlichen Hafen von Kalnai ankommen."
"Oder die, die am Hafen arbeiten." Sie gab ihm Recht und bemerkte auch, dass hier scheinbar einige Fischer unterwegs waren.
"Ist alles möglich. Wo ist die Taverne?", fragte Haru sie neugierig. Ihm fiel auf, dass es hier sehr viele gab. Auch wenn es eher ein dunkleres Viertel war, so waren die Gebäude sehr gut gepflegt. Normalerweise gab es in den großen Städten oft ganze Viertel, die heruntergekommen waren. Doch hier in Kituo Cha waren die Leute sehr darauf bedacht, dass es gut aussah.
Haru glaubte, dass sie dafür vielleicht Unterstützung vom König bekamen. Sonst würden es sich einige wahrscheinlich auch nicht leisten können.
"Hier entlang", meinte Sezuna und führte Haru zu einer Taverne, die einen Sägefisch über der Tür hängen hatte.
Nakita Ika las Haru laut vor. "Hübscher Name für eine Taverne", gab er zu. Sie sah sehr einladend aus. Dunkles Holz als Grundgerüst, die Fensterrahmen waren weiß und vermutlich hingen im Sommer Blumen an den Fenstern.
"Ja, es sieht sehr einladend aus", stimmte Sezuna zu und öffnete dann die Tür, um einzutreten.
Ihnen schlug eine angenehme Wärme, aber auch lautes Lachen und Musik entgegen. Alle Tische waren besetzt und ein älterer Mann, der anscheinend Keiras Vater war, lachte mit den Gästen, wobei er ihnen die Getränke hinstellte.
Keira war zuerst gar nicht auszumachen, doch dann huschte sie plötzlich an Sezuna vorbei, ohne sie zu erkennen. Sie hatte sehr viel zu tun, das war zu sehen.
"Setzen wir uns einfach irgendwo?", schlug Sezuna vor, die nicht unbedingt wollte, dass man wegen ihnen aus der Ruhe kam. Außerdem konnte sie so die Leute beobachten.
„Wohin? Alles ist besetzt", erwiderte Haru, aber im gleichen Augenblick sah er ein paar Leute, die ausfanden, um zu gehen. „Dorthin!", raunte Haru ihr zu und nahm sie am Arm, um sie zu dem gerade frei gewordenen Tisch zu führen.
Sezuna folgte ihm einfach und ließ sich dann am Tisch nieder, während sie die Leute genau betrachtete.
„Was darf ich Euch bringen?", fragte auf einmal eine schüchterne Stimme. Haru, der sich ebenfalls umgesehen hatte, erschreckte sich, als er Keira's Stimme vernahm.
„Sezuna? Haru?", flüsterte sie fast, als konnte sie es nicht glauben, dass sie hier waren. Ihr Gesicht war blass und es sah als, als ob sie geweint hatte.
Um nicht unhöflich zu sein, bestellte Sezuna etwas zu trinken und erklärte Keira dann, dass sie gern mit ihr reden würde, wenn sie Zeit hatte.
„Ich ... ja, ich sage meinem Vater Bescheid", sagte Keira schüchtern zu ihr. Da Haru nichts bestellte, verschwand sie, um kurz darauf Sezunas Getränk wieder zu bringen.
„Haruto ist gerade bei meiner Mutter. Wir können in mein Zimmer gehen. Dort ist es ruhig", sagte sie leise zu ihr.
Sezuna nickte. "Aber nur, wenn du gerade auch Zeit hast", sagte sie leise und sanft.
Keira nickte ihr zu und bedeutete, ihr zu folgen. Das Getränk konnte sie mitnehmen, wenn sie wollte. Mit einem Blick hatte das ehemalige Dienstmädchen gesehen, dass neue Gäste kamen und der Tisch, an denen die Magier saßen, gebraucht wurde.
Erneut nickte Sezuna, griff nach dem Getränk und folgte Keira dann eine kleine, recht versteckte Treppe hinauf.
Haru, der ihnen nur zögernd folgte, ging ein paar Schritte hinter ihnen.
Der Flur, den sie entlanggingen, war ziemlich dunkel, aber Keira machte auch kein Licht an. Stattdessen nahm sie eine kleine Lampe und entzündete das Feuer, um den schmalen Gang zu erhellen. Es war nichts besonderes, wie Haru feststellte. Keine Bilder oder Pflanzen waren zu sehen. Am Ende des Flurs öffnete Keira eine Tür und ließ die beiden Magier eintreten.
Hier allerdings schaltete sie das Licht an. Der Blonde spürte, dass es in ihrem Zimmer kalt war und der Kamin kein Feuer aufwies. Vielleicht hatte sie so viel zu tun, dass sie gar nicht dazu kam. Allerdings war das nicht gut für sie, denn sollte sie sich erkälten, würde dem Vater ihre Arbeitskraft fehlen.
Haru sah sich in dem kleinen Zimmer genau um. Ein kleines Bett, ein Schreibtisch mit Stuhl und eine Kommode war alles an Möbelstücken, was der Raum zu bieten hatte. Mehr würde wohl auch gar nicht reinpassen. Sie waren aus dunklem Holz und ihre farbliche Blumendecke war das Einzige, was dem Raum etwas fröhliches gab. An den Wänden hingen viele Erinnerungsstücke, von denen er annahm, dass sie der Familie gehörten.
„Ich freue mich, Euch zu sehen", vernahm der Magier mit den grauen Augen die schüchterne Stimme von Keira. „Setzt Euch doch", bat sie die beiden.
Unsicher, wo sie sich setzen sollte, da es im Grunde nur das Bett und den Stuhl gab, deutete Sezuna Haru an, dass er sich setze sollte, damit sie sich auf seinen Schoß niederlassen konnte.
Eigentlich hatte er vorgehabt, an der Tür stehen zu bleiben, um zu prüfen, ob irgendjemand zuhörte. Trotzdem folgte er Sezunas Aufforderung und setzte sich auf den Stuhl, um sie auf seinen Schoß zu ziehen. Dabei stellte Haru fest, dass er ziemlich klein für seine langen Beine war, doch er sagte nichts, sondern wartete einfach ab.
Keira setzte sich auf ihr Bett und nestelte nervös an ihrer schmutzigen Küchenschürze herum. „Was kann ich für Euch tun?", fragte sie leise, wobei es den Anschein hatte, als ob sie nicht wollte, dass jemand etwas davon mitbekam.
"Wir haben uns gewundert, dass du plötzlich nicht mehr da warst", gestand Sezuna versucht unverfänglich. Sie wollte Keira nicht sofort überfallen. "Und dann hieß es, dass du krank wärst", fügte sie hinzu und gab somit das Gerücht von Diana weiter.
„Mir ging es nicht so gut ...", begann sie zögerlich und brach ab.
Sezuna senkte ein wenig den Blick. "Geht es dir denn jetzt wieder besser?", fragte sie vorsichtig.
Keira nickte langsam. „Ich habe mir Sorgen um meine Mutter gemacht, denn plötzlich ging es ihr überhaupt nicht mehr gut. Ihr müsst wissen", sagte Keira leise, „dass sie vor kurzem noch völlig gesund und lebensfroh war. Ich war an meinen freien Tagen hier zuhause und habe ihnen geholfen", erzählte das Mädchen, wobei sie noch immer unruhig war. Hatte sie etwa vor etwas Angst? Haru beobachtete sie genau.
„An meinem letzten freien Tag bin ich gekommen und mein Vater sagte, dass meine Mutter einen Zusammenbruch erlitten hatte. Aus heiterem Himmel."
"Das tut mir leid. Was sagen denn die Heiler dazu?", fragte Sezuna vorsichtig, die sich fragte, ob jemand so vielleicht versucht hatte, Keira aus dem Schloss zu bringen.
„Die normalen Ärzte haben nicht mehr rausfinden können, als dass sie an einem unbekannten Fieber erkrankt ist, dass ihren Körper sehr angreift. Da sie das Fieber nicht kennen, können sie es nicht behandeln", sagte Keira traurig und in ihrer Stimme waren Tränen zu hören. Sie versuchte, diese zu unterdrücken, doch sie rollten einfach von ihren Wangen herab.
Sezuna streckte die Hand aus und strich ihr über die Wange und so die Tränen weg. "Was sagt Haruto dazu?", fragte sie sanft.
Erschrocken über Sezunas Berührung zuckte Keira zusammen. Mit großen Augen sah sie die Rothaarige verwirrt an. „Ich weiß es nicht ... er ist noch bei ihr. Ich hatte noch keine Zeit, mit ihm zu sprechen", brachte sie leise hervor.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top