Kapitel 9| Mein Toilettenproblem
Die Münze in meiner Hand pulsierte immer noch. Was sollte ich nur tun? Ich meine, ich konnte nichts tun. Ich war auf mich allein gestellt. Mum hatte mir immer gereicht, aber ich merkte nun, dass es in solchen Notfällen ein Fluch war, keine richtige Familie zu haben. Ich dachte an Aaron. Ob er mir wohl helfen könnte? Unschlüssig ließ ich die Münze von einer Hand in die andere gleiten und wog meine Möglichkeiten ab. Ich konnte hier jetzt zwei Stunden sitzen und mir Sorgen um Mum machen. Oder ich könnte in die Stadt gehen und mir etwas zu essen holen um es dann nicht runterzukriegen. Oder ich konnte hier jetzt zum Badezimmer gehen, Aaron's Münze unter Wasser halten und ihn her holen. Wenn ich recht überlegte, hatte ich mit Option drei eigentlich genauso wenig zu verlieren wie mit den ersten beiden. Es konnte nur besser werden.
Die Gänge des Krankenhauses waren komplett leer, als ich durch die Tür des Wartezimmers spähte. Die weißen Wände und der graue Parkettboden ließen die Gänge noch trostloser und grauer wirken, als das Wartezimmer. Ich trat nach draußen und die Tür fiel hinter mir mit einem lauten Klack zu, das mich zusammenzucken ließ. Tja, jetzt musste ich nur irgendwie einen Gebäudeplan finden, um zur Toilette zur gelangen. Und diese wiederum musste komplett leer sein. Das käme nämlich glaube ich nicht so gut, wenn jemand die Tür öffnete und einem Wasserdrachen direkt ins Gesicht blicken würde.
Ich entschied mich nach rechts zu gehen und tapste ein wenig verloren den Gang entlang. Ich hatte letztens ein Buch über die sogenannten Backrooms gelesen. Räume, in denen man in seinen Träumen gefangen ist und nicht wieder herausfindet. Beispiele sind verlassene Kaufhäuser, Garagen oder Schwimmbäder. Spielhallen waren auch dabei und leider auch Krankenhäuser. In den Beschreibungen schienen sie nie enden zu wollen. Dieser Gedanke blieb in meinem Kopf, als ich um die Ecke ging und nächsten langen Gang vor mir hatte. Ich schmunzelte ein wenig. Die Tabletten schienen doch noch ein wenig zu wirken, bei dem Blödsinn den ich dachte.
Als ich schließlich Stimmen hörte, waren meine Gedanken wieder im hier und jetzt angekommen. Ich folgte den Geräuschen und kam schließlich in einen riesigen Raum, der vor Menschen nur so wimmelte. Ich blickte mich um und sah die riesige Tür. Das war bestimmt der Eingang, durch den Melody mich hineingeführt hatte. Ich ließ meinen Blick weiter durch den Raum schweifen und entdeckte auch kurze Zeit später das, wonach ich gesucht hatte. Das Toilettenschild befand sich auf der anderen Seite des Raumes. Die Münze fest in der Hand steuerte ich darauf zu und- sah eine riesige Schlange aus Menschen. Na super. Was sollte ich denn jetzt machen? Männer- und Frauentoiletten fielen schon einmal aus. Doch daneben gab es noch eine Tür mit einem Männchen darauf, dass im Rollstuhl saß. Ich rang mit mir selbst. Sollte ich das wirklich machen? Es gehörte sich schließlich überhaupt nicht, aber hatte ich denn eine andere Wahl? Schließlich ging es um weitaus wichtigeres als einen Toilettenbesuch. Ich holte tief Luft und spazierte so unauffällig wie möglich an der langen Schlange mit Frauen vorbei. Ich dachte schon, dass ich es fast geschafft hatte, als sich eine Lady mit üppigen Blonden Locken und einem ziemlich knappen Roten Kleid aus der Schlange ausbrach und sich vor mir aufbaute. „Was glauben Sie eigentlich, wo Sie hier sind, junger Mann?", fragte sie mich empört.
Tja, dass war wohl ein wenig schiefgegangen. Dabei wollte ich doch nur kurz aufs Klo.
„Nur weil Sie noch nicht volljährig sind, bedeutet das nicht, dass Sie sich nicht auch anzustellen haben! Das ist eine absolute Unverschämtheit!" Ajajaj, die Menschen schienen das hier wirklich alle ein wenig zu ernst zu nehmen. „Nenn mir einen Grund, warum du dich nicht wie jeder normale Mensch hinten anstellen solltest!" Ich blickte mich um. Der Blick aller Menschen, die anstanden war auf uns gerichtet. Die Frau schaute mich nicht an, also nutzte ich die Gelegenheit. Ich fühlte mich wie ein Toiletten- Superheld, als ich mich vorsichtig und langsam an ihr vorbeischlich. Dann machte ich einen Satz nach vorne, stieß die Tür auf und drehte von innen den Schlüssel herum. Ich hörte die Frau durch die Tür noch empörter als vorher schon weiterschimpfen. Hier wollte ich erstmal nicht mehr raus. Aber ich hatte mich jetzt auf wichtigere zu konzentrieren. Und damit ging ich zum Wasserhahn.
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