Die Sonne schien grell zwischen den Abständen der Jalousie hindurch und der Staub glitzerte fein in dem hellen Strahl. Der Tag war bereits weit voran geschritten, doch der Mann, welcher immer noch im Bett lag, regte sich nicht. Erst als er sich drehte und ein Sonnenstrahl ihn an der Nase kitzelte schlug er die Augen auf. Ein Seitenblick auf die Uhr verriet ihm, dass es bereits kurz vor zwei war. In etwa zwei Stunden würde seine Schicht an der Bar beginnen, doch er wollte bereits ein wenig früher erscheinen, um die Bestände zu kontrollieren und sich mit seinem Chef zu treffen. Heute Abend war eine Gala angedacht zu Ehren der Verlobung von Daniel Celment, seinem Boss.
Der junge Mann blickte zu der anderen Hälfte seines Bettes, welche er leer vorfand. Eine Hand ließ er über den Stoff des Bettlakens fahren, doch dieser war längst ausgekühlt. Sein Liebhaber von letzter Nacht hatte ihn mal wieder am Morgen verlassen. Das war nicht das erste Mal und würde mit Sicherheit auch nicht das letzte Mal sein.
Brummend richtete er sich auf und das dünne Laken, welches er als Decke nutzte rutschte soweit runter, dass es gerade noch seine Mitte verdeckte. Müde rieb er sich über das Gesicht, blinzelte ein paar mal gegen das Licht, ehe er seine Decke beiseite schmiss und mit schlurfenden Füßen zu dem Badezimmer schritt, welches direkt an sein Schlafzimmer angrenzte. Er machte sich nicht die Mühe die Tür zu schließen. Arlington, sein Bruder dürfte nicht mehr zuhause sein und selbst wenn, ihm selbst machte es nichts aus, wenn ihn jemand nackt sehen sollte.
Nachdem er ausgiebig geduscht hatte ging er mit tropfenden Haaren und einem Handtuch um die Hüfte gewickelt in die Küche, wo er sich den Orangensaft, der auf der Theke stand, in ein Glas einschenkte und langsam trank. Sein Blick fiel auf den Esstisch, auf welchem ein Brief lag, mit seinem Namen beschriftet.
Elijah.
In ihm war das Schweigegeld, welches sein Liebhaber ihm nach einer gemeinsamen Nacht zahlte, sodass er nicht erzählte, was in ihren Schlafzimmern passierte.
Er schnappte sich den Umschlag und stellte gleichzeitig sein Glas ab. Mit dem Umschlag in der Hand ging er leichtfüßig zu dem Panoramafenster und zählte das Geld. Wütend schnaubend verschränkte er die Arme vor der nackten Brust. In den leeren Raum rief er seine Anweisung.
„Fred! Rufe Vincent an!"
Das Smart Home reagierte auf seine Stimme und bereits wenige Sekunden später konnte er über den Lautsprecher das tuten des Telefons hören. Nach dem vierten Klingelzeichen nahm der Angerufene ab.
„Elijah, babe, bist du endlich wach! Was kann ich für dich tun?"
„200 Sternis, Vincent? Willst du mich verarschen? Sonst hast du mir immer 300 gezahlt!"
„Schrei doch nicht so rum! Deswegen rufst du mich in der Arbeit an? Ich habe zu tun. Außerdem hat dieses Thema nicht während ich arbeite zu Besprechen zu sein! Es hat einen Grund warum ich dich bezahle!" Vincent zischte seine Antwort.
„Dann bezahl mich aber auch richtig. Wir haben 300 Sternis ausgemacht, dann zahl mir auch 300 Sternis. Mehr verlange ich nicht. Ich möchte nur mein Geld. Du weißt, dass ich es brauche."
„Dein Geld bekommst du, wenn du es verdienst. Letzte Nacht warst du einfach nicht so gut. Und es war viel zu kurz. 200 ist alles was du dafür bekommst."
„Ich bin doch keine Prostituierte, die du nach Stunde bezahlst! Vincent, wir führen eine verdammte Beziehung!"
„Keine Beziehung, eher so etwas wie eine Affäre, mit dem Unterschied , dass du mich liebst. Deswegen ist es egal, wie viel ich dir bezahle, denn letztendlich kommst du immer zurück, um meinen Schwanz zu lutschen. Und wenn du dich weiter beschwerst, dann werde ich dir heute Abend eine Lektion erteilen. Du weißt wie es das letzte Mal war."
Instinktiv fasste sich Elijah an den Hals. Die Würgemale waren längst verheilt, aber er spürte noch immer, wie sich Vincents kalte, dünne Finger um seinen Hals schlangen und zudrückten, während er ihn rücksichtslos weiter zwang ihm einen zu blasen.
„Du weißt doch, ich meine das nicht so, Babe. Was wir haben ist etwas besonderes. Mach das nächste mal einfach deinen Job besser, dann bekommst du wieder deine 300 Sternis. Und jetzt stör' mich bitte nicht weiter, ich habe zu arbeiten."
Das rhythmische Tuten klang nur wenige Sekunden, bevor eine mechanische Stimme verkündete, das Vincent aufgelegt hatte.
Ausdruckslos starrte Elijah durch das Fenster nach draußen. Die Stadt unter ihm lebte, die Wüste deren Streifen am Horizont zu erkennen war, lag tot, wie ein Teppich aus Sand in der Ferne.
Dort kam er her. Von da draußen. Dort war er frei gewesen. Mehr oder weniger. Die Seuche hatte ihr Leben dort unmöglich gemacht, aber dort gab es keinen Vincent, der ihn ausnutzte. Und er ließ es auch noch zu, dass Vincent ihn so behandelte.
Aber er liebte ihn. Und er war sich sicher, dass Vincent ihn auch liebte. Außerdem brauchte er das Geld.
Er arbeitete zwar an der Bar, aber die Abmachung mit Daniel bestand darin, dass sie im Tower in ihrem großen Apartement wohnen durften und falls sie etwas wichtiges brauchten, würde es Daniel ihnen besorgen. Das war ihre Bezahlung.
Doch Elijah träumte schon lange davon ein eigenständiges Leben zu führen. Unabhängig von ihrem Ziehvater. Er hatte einen gewissen Stand als Daniels privater Barkeeper, aber viel lieber hätte er seine eigene kleine Bar im Doom Ring. Er war seinem Ziehvater für alles dankbar - für seine Rettung, sein Loft mit Arlington und seine Ausbildung und Anstellung im Tower. Doch er wollte hier raus. Fast jedes Mal, wenn er die Bar betrat, hatte er das Gefühl, die Wände würden versuchen ihn zu erdrücken. Und dann bekam er immer schlechter Luft.
So schlecht, dass es ihm manchmal Tränen in die Augen trieb.
Seufzend schloss Elijah den Umschlag und ging zurück in sein Schlafzimmer. Dort verstaute er ihn in der Schublade, in der er alle Umschläge hineinlegte und ging dann an seinen Kleiderschrank. Sein Barkeeperoutfit, welches er sich selber zusammenstellen durfte, hing in drei gleichen Versionen auf Kleiderbügeln, doch heute war ein besonderer Anlass, deshalb wechselte er die Schranktür und holte das Outfit für die besonderen Anlässe hervor.
Schnell zog er sich an, umrandete sich die Augen mit einem schwarzen Kajal, malte einen feinen Eyeliner und schminkte seine Lippen in einem dezenten dunkelroten Lippenstift. Zufrieden hängte er sich seinen Lieblingsohrring in das rechte Ohr und starrte dann eine Weile gedankenverloren auf das unordentliche Bett.
Das zerknüllte Bettlaken trieb Bilder von letzter Nacht in seinen Kopf. Vincents Rücken, der sich lustvoll krümmte, seine Augen, die genussvoll geschlossen waren und die Wangenknochen, die im matten Licht der Kerzen vor Schweiß geglänzt hatten. Langsam strich Elijah mit der Hand über die Kissen.
Für einen Moment schloss Elijah die Augen und ließ sich zurückfallen. Zurück zu dieser Nacht. Er hatte Vincent die Tür geöffnet und dieser hatte ihn mit einem stürmischen Kuss begrüßt gehabt. Das Essen auf dem Tisch, das Elijah gekocht hatte, dampfte und nachdem sie es verdrückt hatten, saßen sie erst eine Weile kuschelnd auf dem Sofa. Arlington war noch unten im IT-Service-Bereich gewesen, weshalb sie sich ausgelassen geküsst hatten, ehe die Fummelei stärker und fordernder wurde.
Stolpernd waren sie die Treppe nach oben zu den Schlafzimmern gelangt. Elijah hatte nur die Tür aufgestoßen, ehe er auf seiner weichen Matratze gelandet war. Vincents azurblauen Augen hatten ihn mit tiefer Begierde angestarrt, als Elijah ausgebreitet auf dem Bett lag - die Lippen leicht geöffnet.
"Wie sehr ich dich doch gerade vernaschen möchte", hatte Vincent geflüstert und die Tonlage hatte Stöße durch Elijahs Leib gesandt. Seine Brustwarzen hatten sich zusammengezogen, als Vincent sein Hemd aufgeknöpft und mit den kalten Fingern abgestriffen hatte. Vincents Hand war nach unten gewandert, hatte Druck auf seiner Bauchmuskulatur ausgeübt und anschließend die Beule gestreichelt, die sich in seiner Hose gebildet hatte. Er hatte den Rücken gewölbt, die Augen geschlossen und sich Vincent hingegeben.
Danach wechselten jedoch die Seiten und Elijah musste seinen Teil tun.
"Master Elijah. Sie werden in fünf Minuten an der Bar erwartet", sagte die mechanische Stimme des Smart Home. Der Angesprochene zuckte zusammen, ließ das Laken los und stürmte aus dem Loft.
In der Bar angekommen huschte er hinter die Theke und kontrollierte den Bestand. Die ersten Sicherheitsleute hatten sich bereits vor der Tür positioniert und als die ersten Besucher eintraten, hatte Elijah Tabletts mit Häppchen auf dem Thresen verteilt und reichte sie den Kellnern, die umher gingen und alles an die Gäste verteilen sollten.
Elijah war gerade dabei die ersten Tabletts mit Sekt- und Champagnergläsern zu füllen, als Daniel Celment, sein Boss, Retter und Ziehvater, in den Saal gestürmt kam. Kurz schüttelte er den ersten Gästen die Hände, dankte ihnen für ihr Erscheinen und schnappte sich an der Bar ein Glas Champagner - in einem Zug hatte er es ausgetrunken.
"Ich hoffe doch sehr, dass du deine Show gut durchgeplant hast. Es werden viele Gäste kommen und heute Abend darf nichts schief gehen." Er betrachtete Elijah mit einem intensiven Blick. "Die Verlobung mit Willow van Higbee-Fisk ist ein gutes Geschäft. Jeder andere Mann würde an meiner Stelle sein wollen. Nicht wegen des Towers, sondern wegen meiner Zukünftigen." Daniel leerte ein weiteres Glas und mit ausdrucksloser Miene füllte Elijah drei weitere Gläser. Als Daniel ihm das leere Glas reichte, schenkte er ihm noch ein freundliches Lächeln. "Wenn Willow so gut aussieht wie ihre Mutter, werde ich hoffentlich genauso viel Spaß mit ihr haben, wie damals mit ihrer Alten."
Und dann drehte er sich um und Elijah verfluchte sich innerlich. Er verfluchte sich, weil er es wieder zugelassen hatte.
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