Kᴀᴘɪᴛᴇʟ 17
Schweigend laufe ich neben David zurück zu meinem Zimmer. Ich bringe keine einzige Träne hervor und konnte, als ich mit David das Behandlungszimmer verlassen habe, das Grinsen des Arztes nur mit einem schwachen Nicken quittieren. Eine leere Gefühllosigkeit breitet sich in mir aus.
Ich fühle mich betäubt.
Jeder Schritt, den ich zurücklege, ist wie der Schritt einer Anderen, als hätte ich die Kontrolle über meinen Körper verloren. Ein Rauschen in meinem Kopf übertönt die Worte, die zu mir gesprochen werden. Ja, ich fühle mich einfach nur leer.
Das Flüstern meiner Seele ist verstummt, jetzt wo David wieder direkt neben mir steht. Ich hinterfrage den Grund nicht, denn warum sollte ich eine Tatsache hinterfragen, die das Einzige ist, was mir Halt gibt? Es kommt mir nur Zugute, dass meine kalte Seele, die wie ein Wasserstrom durch meine Blutbahnen fließt, neben David verstummt.
Noras Schreie hallen in mir wider. Ich habe sie in meinem Kopf gehört, klar und deutlich, denn meine Seele ist durch die Ihre geflossen, hat ihre Erinnerungen ausgewaschen.
Noras Flehen flammt in mir auf.
Noras Tränen entrinnen meinen Augen.
Und doch hat sie mir in die Augen geblickt und geflüstert: „Tue es, Eileen." Denn natürlich wusste sie, dass ich ihre Seele lesen musste. Sonst hätte man sie getötet. Und Louis noch mit dazu.
Und nun ist es vollendet. Ich wurde dazu gezwungen, meine Schwester zu brechen, ihre Ängste und ihren Schmerz zu durchwühlen. Ihre Erinnerungen haben etwas in mir zerbochen, denn ich habe sie bereits gekannt. Ich habe meine Adoptivmutter im Sterben gesehen. Ich habe Jonathans Arme um meinen Körper erblickt. Ich habe die schrecklichsten Momente erneut durchleben müssen. So wie ich es verdiene.
Der Gang ist menschenleer, nur ein paar Gestalten huschen an David und mir vorbei.
„Das ist also der Zweck, weshalb ich hier bin?", richte ich schließlich ein paar leise Worte an David, damit ich nicht von den Erinnerungen an Noras schmerzerfülltes Gesicht ertränkt werde. „Ihr wollt meine Seele erforschen? Bei Gott, vielleicht will dein Chef sich irgendwie sogar selber das Seelenlesen aneignen!" Aufgebracht schnaube ich auf, um meinen Hass deutlich zu machen, doch David wirkt nicht sonderlich beeindruckt. Stattdessen zuckt er mit den Schultern. „Denk, was du willst, Eileen. Ich sage dir nichts."
Enttäuscht wende ich mich ab und beiße mir auf die Unterlippe. Auch, wenn ich kein weiteres Wort an David verschwenden will, weiß ich, dass er eine meiner wichtigsten Informationsquellen ist.
Nora. Ihre ängstlichen Augen. Ihre schreiende Seele in Meiner. Ich habe Angst.
„Wieso kann ich deine Seele nicht lesen, David?", frage ich schließlich, was mich selber überrascht, da ich dieses Thema nun seit geraumer Zeit nicht mehr angesprochen habe und David nicht den Anschein macht, diese Frage zu mögen. Er runzelt die Stirn.
„Ich weiß, dass ich das schon einmal gefragt habe, als...als wir in der Waldhütte waren", fahre ich schnell fort, ehe er etwas sagt. „Aber ich glaube nicht daran, dass das nur an deinem Gedächtnisverlust liegt. Schließlich lese ich nicht nur Erinnerungen, sondern kann auch Ängste und Schmerz sehen. Also müsste ich doch irgendetwas in deiner Seele erkennen, oder? Aber da...da ist nichts." Fragend blicke ich David von der Seite an und kann erkennen, wie sich seine ohnehin schon kantigen Gesichtszüge noch mehr verhärten. „Wie kommst du darauf, dass es nicht so ist?", will er wissen, ohne seinen Blick auf mich zu richten.
„Weil es einfach nicht sein kann, dass man durch einen Gehirntumor seine Seele verliert. Man hört dadurch schließlich nicht auf zu fühlen und außerdem..." David ist stehengeblieben und packt mich abrupt an meinen Schultern. Völlig überrascht schreie ich leise auf und starre ihn entgeistert an. Eine unglaubliche Wut spiegelt sich in seiner dunklen Iris, die im Vergleich zu seiner sonst eisernen Miene erschreckend ist.
„Wer hat dir das erzählt?", presst er zwischen seinen Zähnen hervor, während sich sein Griff keinesfalls lockert.
„W...was?" Ich fühle mich hilflos ohne meine Seele. Sie ist zwar grausam und gnadenlos und hat soeben meine über alles geliebte Schwester gierig durchströmt, doch ohne sie bin ich nichts. Nichts.
„Wer hat dir das mit dem Gehirntumor erzählt?", zischt David und ich unterdrücke die aufkommende Tränen. Meine Schultern schmerzen durch den groben Griff und zittern unaufhörlich. Ich fühle mich schwach und hilflos. Wie kann es sein, dass ich mir ohne meine Seele nicht zu helfen weiß? Ich will nicht von diesem grausamen Stück abhängig sein.
„Ich...ich habe es durch deinen Chef erfahren", erinnere ich mich an das gestrige Gespräch. „Er hat mir von deiner Gehirnkrankheit, die geheilt werden konnte, und der Freundschaft unserer beider Mütter erzählt." Mit weit aufgerissenen Augen warte ich auf Davids Reaktion, doch er schweigt mit vor Wut funkelnden Augen.
Sekunden verstreichen. Die Stille zieht sich durch die Luft, als wäre sie eine dickflüssige, giftige Substanz. Meine Augen huschen ängstlich hin und her. Ich meine, Davids Herzschlag zu hören, doch es scheint Meiner zu sein, der die Ruhe durchbricht.
Schließlich lockert sich Davids Griff um meine Schultern und er blinzelt. Seine gerade noch zornigen Pupillen sind wieder so kalt und ausdruckslos wie sonst. Ohne ein Wort darüber zu verlieren, setzt er seinen Weg fort und bedeutet mir, ihm zu folgen.
Während ich immer noch wie benommen von den heutigen Ereignissen bin, tragen mich meine Beine weiter, um zu David aufzuholen.
„Sag mir bitte eines noch", versuche ich, ihm ein paar weitere Informationen zu entlocken. „Woher wusste deine Organisation, dass ich deine Seele nicht lesen kann? Wie kamen sie darauf, genau dich mit meiner... mit meiner Entführung zu beauftragen?" Ich schäme mich für das Zittern in meiner Stimme, doch es scheint David nicht weiter aufzufallen. Er wirft mir einen dunklen Blick zu.
„Wann hörst du endlich auf Fragen zu stellen, Eileen?"
„Ich..."
„Vergiss es einfach." David winkt genervt ab und deutet auf eine Tür, die mir bekannt vorkommt. „Das Fecht-Zimmer!", rufe ich überrascht aus, als ich den mit Matten ausgelegten Boden wiedererkenne. Verwirrt blicke ich zu David, der seine Arme vor der Brust verschränkt hat und mir kurz zunickt. „Du willst jetzt fechten? Aber die Krankenschwester hat doch gesagt, dass du einen Auftrag zu erledigen hast, weshalb sich der Arzt mit seinem Experiment beeilen sollte!", meine ich und mache mit einem vielsagenden Gesichtsausdruck deutlich, dass ich den Arzt nicht ausstehen kann.
David legt den Kopf leicht schief, denn meine Stimme trieft geradezu von Verbitterung. „Das stimmt auch, ich habe aber noch eine Weile Zeit bis ich aufbrechen muss. Der Arzt hat sehr viel Zeit für dein Seelenlesen eingeplant, was...nun ja, etwas schneller ging als erwartet." Ich versuche herauszuhören, ob ich in seiner Stimme so etwas wie Verachtung finde, doch da ist nichts außer Gleichgültigkeit.
„Und deshalb", David tritt zu dem Halter für Sport-Degen und reicht mir Einen, während er mir ein breites Lächeln schenkt, „haben wir noch Zeit für einen Fechtkampf."
Mein Blick huscht zwischen David und dem Degen hin und her und eine Idee pflanzt sich in meinen Kopf. „Du magst doch Spielchen, nicht wahr, David?", frage ich, während ich ihm einen der Degen abnehme. David mustert mich, ich erkenne zweifellos Misstrauen in seinen Augen. „Das kommt ganz auf die Art des Spiels an", erwidert er langsam.
„Natürlich", pflichte ich ihm rasch bei. „Erinnerst du dich daran, wie ich in der Waldhütte kleine Gewinne für beantwortete Fragen über meine Seele erhalten habe? Du weißt schon: Waldspaziergänge, eine zweite Mahlzeit und so weiter und so fort. Wir könnten doch mal den Spieß umdrehen, oder? Wenn ich den Fechtkampf gewinne, beantwortest du mir eine Frage."
„Eileen", erwidert David mit einem mitleidigen Lächeln auf den Lippen, „Denkst du wirklich, dass du in der Position bist, so eine Forderung zu stellen? Darf ich dich noch einmal an die Lithium-Lösung in deinem Blut erinnern? Oder an deine Schwester, die sich gerade geschwächt in einem unserer bewachten Trakte befindet?" Seine Stimme klingt drohend, doch ich schüttele unbeirrt den Kopf.
„Und wie wäre es, wenn ich dir bei einem Sieg drei Fragen stelle und du dir aussuchen dürftest, welche du beantwortest?", versuche ich, ihm mit Kompromissen entgegenzukommen. David betrachtet mich eindringlich, als würde er gerade abschätzen, wie ernst ich das Ganze meine, doch ich erkenne zweifellos ein Zögern in seiner Miene. Triumphierend lächele ich, denn David scheint es in Erwägung zu ziehen, sich auf mein Spielchen einzulassen. Wenn ich gewinne, bekomme ich endlich eine meiner langersehnten Antworten...
„Nun", meint David nachdenklich und richtet seine Augen auf den Degen in meiner Hand. „Grundsätzlich hätte ich an der Idee nichts auszusetzen..." Er fährt mit seinem Finger über den langen Degen.
„Aber...?", fordere ich ihn zum Weiterreden auf, denn mir ist durchaus bewusst, dass er nicht einfach so zustimmt.
„Findest du nicht auch, dass ich auch eine Belohnung bekommen sollte, wenn ich gewinne?", wendet er ein und ich runzele merklich die Stirn, während ich meinen Degen nervös von einer Hand in die Andere lege. „Und diese Belohnung wäre?"
David zuckt mit den Schultern. „Als der Arzt dir vorhin mitgeteilt hat, dass Luthium in deinem Blut ist, hast du sehr geschockt gewirkt. Das kann heißen, dass du dich mit Chemie - Oder zumindest mit einigen Elementen der Chemie - gut auskennst. Stimmt das?" Ich nicke verwirrt.
„Nun, dann soll mein Gewinn sein, dass du mir etwas darüber erzählst. Ich würde gerne mehr darüber erfahren." Davids Worte wirken aufrichtig, doch ich kann mir ein mir ein überraschtes Lachen nicht verkneifen.
„Du willst, dass ich dir etwas über das Periodensystem der Elemente erzähle?", wiederhole ich sein Anliegen, woraufhin er nickt. „Ähm...also gut. Ich weiß aber nicht so viel darüber, wie du vielleicht denkst. Ich erinnere mich nicht mehr an alles, was ich in der Schule gelernt habe. Erwarte also nicht zu viel von mir...falls du gewinnst."
Als David einen Blick auf die Uhr wirft, runzelt er die Stirn und erneute Zweifel an unserem Spiel zeigen sich in seinen Augen. Doch bevor er seine Stimme hebt, falle ich ihm hastig ins Wort: „Wieso zögerst du? Hast du etwa Angst zu verlieren?" Meine Stimme klingt durchaus provokant und ich beiße mir auf die Zunge. Vielleicht habe ich mir zu viel erlaubt...
Davids Mundwinkel zucken kaum merklich und er wirft mir einen amüsierten Blick zu. „Wie ich sehe kannst du auch mit Worten manipulieren, Eileen. Und ich dachte, dass du einzig und allein durch deine Seele Menschen beeinflusst." Er tritt einen Schritt auf mich zu und senkt die Stimme. „Aber ich muss dich leider enttäuschen. Auf mich wirken weder deine Seele noch deine Worte. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die es als feige sehen, einen Kampf nicht anzunehmen. Ich lasse mich auf Spielchen ein, wenn mir danach ist. Und wenn nicht, dann verschwende ich meine Zeit auch nicht mit sinnlosem Gefuchtel." Seine Augen blitzen gefährlich nah und ich muss mich dazu zwingen, nicht zurückzuweichen.
„Aber diesen Fechtkampf lasse ich mir nicht entgehen", meint David schließlich, nachdem er mich einige Sekunden lang schweigend gemustert hat. Mit einem leichten Grinsen fügt er hinzu: „Ich würde nämlich gerne etwas über das Periodensystem der Elemente erfahren."
Sofort ist meine Nervosität fort und ich hebe eine Augenbraue. „Du hast ein sehr großes Selbstbewusstsein, wenn du jetzt schon von deinem Sieg ausgehst", stelle ich fest und mein Ehrgeiz wächst noch mehr. „Aber gut...dann ist es ja abgemacht. Wenn ich gewinne, beantwortest du mir eine meiner drei gestellten Fragen, wobei du dir aussuchen darfst, welche es ist."
„Und wenn ich gewinne, erzählst du mir etwas über das Periodensystem", fällt mir David ins Wort, während wir den Fechtergruß ausführen und uns in die Grundstellung begeben. Entschlossen nicke ich und verenge meine Augen. Ich will vergessen. Das, was ich Nora vorhin antun musste, die Leichen, die ich gestern erblickt habe - all das soll aus meinem Gedächtnis verschwinden, zumindest während ich fechte.
Du wolltest auch vergessen, als du Jonathan geküsst hast.
Du wolltest auch vergessen, als du gestern den Sonnenuntergang betrachtet hast.
Und nun willst du wieder vergessen. Immer und immer wieder. Doch die Taten, die du begangen hast, kannst du nicht einfach vergessen. Vergessen ist feige, denn wer seinen eigenen Sünden nicht ins Auge blicken kann, hat keine Vergebung verdient.
Meine Augen weiten sich, als das Flüstern meiner Seele durch meine Adern strömt, jeden Winkel meines Körpers ausfüllt. Wie Wasser durchflutet sie mich mit diesen hasserfüllten Worten. Wie kann das sein? David steht doch direkt vor mir, wieso verkriecht sich meine Seele nicht in mein Inneres, aus Angst vor Davids Finsternis?
Du wirst stärker. Gieriger. Sehnsüchtiger.
Aber nach was sehne ich mich? Nach was?
Nach der Verletzlichkeit der Menschen. Nach dem Zerbrechen. Nach dem Verderben.
David scheint mein Schock nicht zu entgehen, denn er mustert mich misstrauisch und senkt den Degen.
Ich werde stärker, immer stärker. Du kannst mich nicht ewig in dir verstecken. Du kannst mir nicht ewig das Löschen meiner Gier verwehren.
Klirrend landet mein Degen auf dem Boden, während ich wie erstarrt in die Leere blicke. Ich verliere die Kontrolle. Ich kann meine Seele nicht länger halten. Ich bin zu schwach. Meine Seele ist zu stark. Ich ertrinke in ihr. Sie erstickt mich.
Keuchend sinke ich zu Boden. David will etwas sagen, doch seine Worte werden von lauten Rufen hinter mir übertönt. Ich höre nichts. Ich ertrinke.
Davids Augen wirken geschockt und flackern unruhig, als sie auf die Person hinter mir blicken.
Lies. Zerstöre.
„Ich muss zu der Mission aufbrechen", teilt mir David tonlos mit und hebt meinen Degen vom Boden auf, um ihn in den Halter zu stecken. Meine Hände zittern und vorsichtig richte ich mich auf, doch meine Beine knicken ein, als eine erneute Flut an Worten durch mich strömt.
David wirft mir einen rätselhaften Blick zu und will an mir vorbei stürmen, doch meine heiseren Worte lassen in kurz innehalten. „Bitte", flüstere ich und huste. Ich ertrinke. Ich verliere. „Sag mir nur eine Sache..." Ich keuche erneut und meine ein seltsames Flackern in Davids Augen zu erkennen. „Was hat meine Mutter mit der Sache zu tun? Was hatte sie hier zu suchen?" Meine Stimme bricht und ich schnappe nach Luft.
Seelen. Seelen. Überall Seelen.
Davids Gesicht wird kühl und er kniet sich auf den Boden, um mir in die Augen zu blicken.
„Dann beantworte du mir zuvor eine Frage", sagt er, mit einer Eiseskälte, die ich noch mie gehört habe, „Sag mir, schauspielerst du gerade, Eileen? Um an Antworten zu gelangen? Oder...", er mustert mich misstrauisch, „oder erstickst du gerade wirklich an der bloßen Luft?" Überrascht reiße ich die Augen auf, denn mit diesem Vorwurf habe ich nicht gerechnet.
Meine Augen durchbohren David ungläubig und ich öffne meinen Mund, um etwas zu erwidern, doch nur ein erbärmliches Röcheln gelangt aus meiner ausgetrockneten Kehle. „Ich...", flüstere ich schließlich, als David sich wieder aus der Hocke erheben will, „ich schwöre dir...beim Leben meiner Schwester, dass ich nicht schauspielere. Meine Seele...sie...", ich schlucke eine Flut an Tränen hinunter und erwidere Davids kalten Blick. „Sie wird stärker...so viel stärker als ich." Tränen bilden sich in meinen Augen, doch ich kann nicht aus Davids Gesicht herauslesen, ob er meinen Worten Glauben schenkt.
Schweigend mustert er mich, als würde er abschätzen, ob ich ihm gerade etwas vorspiele. Erneute ungeduldige Rufe von hinten, lassen ihn zusammenfahren. Rasch erhebt er sich. „Dich wird in wenigen Minuten jemand abholen, um dich in dein Zimmer zu bringen", informiert er mich, doch ich blicke ihn beinahe schon flehend an. „Ich habe dir deine Frage, ob ich schauspielere ehrlich beantwortet. Bitte. Gib mir auch eine auf meine Frage."
Davids Blick wird verschlossen und seine Augenbrauen ziehen sich missbilligend zusammen.
„Ich weiß nicht viel über die Umstände deiner Mutter, ich war noch ein kleines Kind, als sie gestorben ist. Aber mir wurde gesagt, dass am Tag deiner Geburt etwas grauenhaftes passiert ist", er scheint mit sich selber zu ringen, doch seine Worte sind klar und deutlich. „Etwas, dass nicht nur dich zerstört hat. Es hat auch..." David senkt die Stimme und ignoriert die aufgebrachten Rufe, die auf Davids Aufbruch warten zu scheinen. „Es hat auch sie zerstört."
„Wer ist sie? Meine Mutter?", hake ich nach und sinke, trotz meiner Willenskraft, kraftlos auf den Boden. Ich ertrinke. Meine Seele durchströmt mich.
„Wer ist sie? Die am Tag meiner Geburt zerstört wurde?", wiederhole ich meine Frage, meine Stimme ist kaum mehr ein Flüstern.
Doch David schweigt und rennt eilig zu den Rufenden, die ihn ungeduldig erwarten. Nachdem er mir einen letzten, seltsamen Blick zugeworfen hat, verlässt er das Fecht-Zimmer und lässt mich auf dem Boden zurück, während ich nur einen klaren Gedanken fassen kann.
Ich ertrinke.
Wer ist sie? Wieso hat selbst David Angst, dass jemand seine Worte hören könnte? Was hat meine Mutter mit der ganzen Sache zu tun? Was ist das Grausame, was am Tag meiner Geburt geschehen ist? Fragen um Fragen erfüllen meinen Kopf, scheinen alles in den Hintergrund zu drängen. Doch meine Seele bleibt. Sie ist stärker. Gieriger.
Und plötzlich weiß ich, dass ich weitaus tiefer in die Geschehnisse dieser Organisation verstrickt bin als ich jemals gedacht hätte. Es geht nicht mehr um die Macht meiner Gabe. Nein, es geht um weit mehr als das.
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