Kapitel 28: Meine Mission
Meine Gedanken rasten, während ich erst verarbeiten musste, was All for One uns soeben mitgeteilt hatte. Wenn ich das richtig verstand bedeutete das auf der einen Seite, dass die Seele von Katsukis Mutter weitgehend unversehrt in dem Raum verschlossen war. Und auf der anderen Seite bot sich auf einmal ein Weg All for One loszuwerden.
Mir war noch immer nicht klar ob und wie man ein solch allmächtiges Bewusstsein wie All for One töten konnte. Denn wie er selbst sagte, würde er selbst wenn man dem Körper schadete einfach daraus austreten und überleben können. Aber mit den seelensicheren Räumen hatte er im Prinzip das perfekte Gefängnis für ihn beschrieben.
Ich warf einen Blick zu Katsuki, der noch immer ein siegessicheres Grinsen auf dem Gesicht hatte. Doch obwohl mein Herz bei der Erkenntnis ebenfalls einen Sprung gemachte hatte, glaubte ich deshalb noch nicht gleich, dass uns dieses Vorhaben gelingen könnte.
Zu einem kannte ich sehr wenig Details über Katsukis Tod in der anderen Zeitlinie. Mein anderes Ich aus der Zukunft war nicht dabei gewesen, als Katsuki starb und hatte daher nur die groben Details gekannt. Aber nur weil sich uns gerade ein Weg eröffnete, wie wir All for One besiegen konnten, hieß das nicht, dass Katsuki all das in der anderen Zeitlinie nicht auch herausgefunden hatte.
Und außerdem – das war es was mir am meisten Sorge bereitete – wie sollten wir ihn in die Zelle bekommen? Er würde uns sicherlich nicht freiwillig folgen und sich auf den Stuhl legen, um uns seine Seele extrahieren zu lassen! Und wie ich gerade eben schon am eigenen Leib erfahren hatte, war er verdammt stark!
All for One sah das Grinsen auf Katsukis Gesicht und schien über seine Worte nachzudenken. „Pläne und Schwächen, junger Bakugou? Ich bin mir sicher, dass ihr meine Pläne für Japan bereits kennt. Und im Vergleich zu mir seid ihr tatsächlich ziemlich schwach. Wisch dir das Grinsen aus dem Gesicht, es geht mir gehörig auf die Nerven ..." All for One fuhr sich durch die Haare, als würde ihn all das tatsächlich ziemlich langweilen.
„Ach, gerade eben hat dir mein Kampfgeist noch gefehlt!", erwiderte Katsuki mit gebleckten Zähnen. Er nahm eine lauernde Haltung ein und hob die Fäuste auf Kinnhöhe.
Ich machte instinktiv einen Schritt nach vorne. Katsuki sah kampfbereit aus, er würde doch nicht ...?
Doch bevor ich meinen Gedanken zu Ende bringen konnte, stürmte Katsuki vor und holte zu einem gewaltigen Fausthieb mit der rechten Hand aus. All for One wich ihm lässig zur Seite aus und Katsuki machte einen Ausfallschritt, um nicht aus dem Gleichgewicht zu geraten.
Ohne darüber nachzudenken lief ich ebenfalls los. Ich fluchte innerlich über Katsukis Unvernunft einfach auf ihn zuzustürmen, doch wollte auf keinen Fall zulassen, dass er diesen Kampf alleine führen musste. Auch ich hob die Faust und um sie auf All for Ones Kiefer zu sausen zu lassen. Doch dieser machte einen weiteren müden Schritt zurück.
Katsuki beließ es bei seinen erfolglosen Versuchen All for One zu treffen jedoch nicht. Immer und immer wieder stürmte er auf ihn ein. Ich verstand nicht ganz, was er bezweckte, doch ich kannte ihn zu gut, um zu wissen, dass er nicht komplett kopflos agierte. Und tatsächlich sah ich auf seinem Gesicht einen Ausdruck vollkommender Konzentration, während er um den so offensichtlich unbesiegbaren Gegner herumtänzelte.
All for One schien das Spielchen nicht viel auszumachen. Fast schien er amüsiert darüber, wie wir immer und immer wieder versuchten ihn zu treffen. Doch mir verschaffte es Zeit nachzudenken. Aus dem Augenwinkel sah ich Katsukis Schläge und konzentrierte mich vollkommen auf ihn. Ich stutzte kurz und stolperte fast, als ich bemerkte, dass Katsukis Schläge zwar voller Wucht waren, aber kaum einer wirklich dazu bestimmt schien seinen Gegner zu treffen.
Stattdessen schien er zu kalkulieren, wie All for One seinem Schlag ausweichen würde. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, während ich die Umgebung scannte. Und tatsächlich. All for One bewegte sich immer mehr in Richtung der offenen Stahltür. In Richtung der Zelle, in der die Seele von Katsukis Mutter eingesperrt war.
Nachdem ich den Sinn hinter Katsukis Attacken verstanden hatte, versuchte ich All for One auf die gleiche Weise zu lenken. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich den kurzen zufriedenen Blick von Katsuki, als ich mich seiner Taktik anpasste.
All for One schien in unseren lahmen Versuche ihn zu treffen nichts weiter zu sehen, als nervige Ablenkung, bis es endlich zur Sache kam. Und so geschah es, dass wir ihn bis zur Türschwelle leiten konnte, ohne dass er Verdacht schöpfte. Doch länger war uns das Glück nicht vergönnt.
Als All for One einen Schritt auf die Schwelle setzte hielt er inne. Ein Funkeln ging durch die Augen von Katsukis Mutter, als er bemerkte was wir getan hatten. „Glaubt ihr wirklich immer noch, dass ihr mich besiegen könnt? Ihr wollt mich also in diesen Raum bringen? Und was dann, hah?" Er machte einen großen Schritt hinein. „Was wollt ihr dann mit mir machen? Meine Seele extrahieren? Wie wollt ihr zwei kleinen Scheißer das anstellen?"
Katsuki ging darauf nicht ein, sondern folgte All for One in den Raum, weshalb auch ich über die Schwelle trat. Ich machte hinter mir die schwere Tür zu, die mit einem sehr dunklen und endgültigen Knall ins Schloss fiel.
Ich sah mich in dem Raum um. Hier waren all die Monitore angeschlossen und leuchteten uns entgegen. Auch hier war dieser Stuhl mit den Elektroden am Kopfteil zu finden und der Raum wurde durch eine Glaswand geteilt. Doch diesmal war die Tür nicht angelehnt. Die Riegel waren in Position und verdeutlichten, dass die Tür fest verschlossen und das dahinter damit eingesperrt war.
Der Raum hinter der Glaswand wirkte leer. Ich kniff die Augen ein wenig zusammen und spähte hinein. Katsukis Mutter, oder besser gesagt die Seele von Katsukis Mutter, musste darin gefangen sein. Und tatsächlich schien es mir als würden die dunklen Ecken des Zimmers ein wenig heller erscheinen, als sie es eigentlich sein sollten.
Katsuki riss mich aus meinen Überlegungen, indem er erneut begann All for One zu attackieren. Doch dieser schien endgültig genug von den Spielchen zu haben und schleuderte Katsuki rücklings gegen die stählerne Tür. Ich schrie auf, als er zu Boden sank.
„Kat!" Er gab ein Stöhnen von sich und ich atmete erleichtert auf.
Doch meine Wut war neu entfacht worden und ich stürmt auf All for One zu. Ich griff nach dem nächstbesten was ich auf dem Tisch unter den Monitoren fand – es war ein schwerer Aktenordner – und warf ihn in seine Richtung. Doch All for One lachte wieder nur. Dann, in einem Anflug von Verzweiflung, riss ich einen der Monitore von den Wänden und schleuderte ihn in seine Richtung.
Wieder wich All for One aus, doch diesmal schien er wütend. Sein Blick glitt zu der Glasscheibe, die von dem Monitor getroffen und einen haarfeinen Riss bekommen hatte. „Pass doch auf, du Narr!"
Ich bleckte die Zähne und warf ihm einen bohrenden Blick zu. Wollte er etwa nicht, dass das Glas zu Bruch ging? Natürlich würde die Seele von Katsukis Mutter dann freigesetzt werden, aber wäre das für ihn wirklich so schlimm? Er hatte vorher nicht so gewirkt, als würde ihn der Tod dieses Körpers wirklich viel ausmachen. Für ihn wäre es höchstens schade um den verlorenen Körper...
Mein Blick wanderte kurz zu Katsuki. Sein Brustkorb hob und senkte sich gleichmäßig und gab mir so die Gewissheit das er noch immer am Leben war. Dann wurde mein Blick von dem angezogen, das sich direkt hinter der Scheibe neben Katsukis Körper abspielte.
Es war, als wäre das Licht aus den dunklen Ecken zu einem Punkt zusammengezogen worden. Der Raum wirkte ein wenig dunkler, während helle Schwaden sich um ein stecknadelgroßes helles schwebendes Licht versammelt hatten. Es schwebte vor Katsukis bewusstlosen Körper. Die Seele von Katsukis Mutter war zu ihrem Sohn gewandert.
Bei dem Anblick biss ich die Zähne zusammen. Ich griff nach dem nächsten Monitor, riss ihn funkensprühend von der Wand und warf ihn gegen das Glas. Ich wusste nicht woraus seelensichere Materialien bestanden, aber sie schienen nicht bruchsicher zu sein, denn ein weiterer diesmal deutlich größerer Riss entstand.
Ich griff wieder nach dem Monitor und schlug nochmal darauf ein. Dann jedoch wurde ich von einem Stöhnen abgelenkt.
Anstatt mich davon abzuhalten das Glas zu zerstören, hatte All for One sich neben Katsuki gestellt und ihn gegen die Rippen getreten, um meine Aufmerksamkeit zu erregen. Scheppernd ließ ich den Monitor fallen. Aus Katsukis Mund lief Blut und ein eisiger Schauer lief mir über den Rücken.
All for One holte wieder zu einem Tritt aus und meine Beine bewegten sich wie von selbst. Eine Sekunde später kauerte ich über Katsuki und ein brennender Schmerz fuhr mich durch die Seite, wo der Tritt mich traf.
All for One kicherte leise. „Wirklich junger Kirishima? Ist das wirklich der Weg wie du abtreten möchtest? Ich wiederhole mich nur ungerne, aber ich habe es bereits gesagt. Tragisch, aber nicht sonderlich gefährlich. Wenn du dich vor ihn legst, dann stirbst du einfach nur zuerst, bevor er dran ist. Du bist wirklich einfältig..."
Mit vor Schmerz tränenden Augen sah ich zu ihm auf. Vielleicht war ich einfältig. Vielleicht war es wirklich zwecklos, aber das brachte mich nicht von meiner Entscheidung ab. Das hier war meine Mission. Und ich würde Katsuki nicht von der Seite weichen, komme was wolle.
Ein weiterer Tritt jagte einen neuen Schmerz durch meinen Körper. Ich schnappte nach Luft, wich aber nicht zurück. Noch ein Tritt und ich verlor fast das Bewusstsein, als ich spürte wie einige meiner Rippen brachen. Doch ich kämpfte um mein Bewusstsein und sah zu All for One auf. Ich sah sein diabolisches Grinsen, als er zu einen weiteren Tritt ansetzte.
Doch dann ging ein Schauer durch seinen Körper und er erstarrte in der Bewegung. Einen Moment schien es so als würde Katsukis Mutter schwanken. Ihre feinen Gesichtszüge verzerrten sich zu einem stummen Schrei, dann glätteten sich ihre Züge jedoch wieder.
Einen Moment Stille herrschte, als wir beide uns ansahen. Dann jedoch sprach sie. Und es war nicht All for Ones Stimme. „Ich kann ihn kaum in mir behalten, wir sollten uns beeilen und zu einer intakten Zelle gehen!"
Hastig warf ich einen Blick zur Glaswand und bemerkt das winzige Loch darin. Bei meinem Schlag, bevor ich den Monitor fallen gelassen hatte, musste es mir gelungen sein die Wand zu durchstoßen. Ich sah wieder zu ihr hoch und begriff, dass vor mir tatsächlich Katsukis Mutter stand. Aber durch ihre Worte hatte sie zu verstehen gegeben, dass All for One noch immer in ihr steckte!
Hektisch löste ich mich von Katsuki und stand auf, was mir wegen meiner gebrochenen Rippen ein schmerzhaftes Keuchen entlockte. Doch ich achtete nicht weiter darauf, sondern ging schnellen Schrittes zusammen mit Katsukis Mutter hinaus aus der Tür und hinein in die nächste leere Zelle.
Ihr Körper verkrampfte sich, während sie einen internen Kampf mit All for One austrug. Dennoch schafften wir es sie auf den Stuhl zu legen. Wir mussten eine Weile hantieren, bis wir die Elektroden an den richtigen Stellen positioniert hatten. Sie hatte wand sich hin und wieder und meine Sinne waren von den Schmerzen betäubt, aber dennoch schafften wir es.
Das extrahieren der Seele wiederum war ein Kinderspiel. Es hatte anscheinend niemand damit gerechnet diese Technologie groß geheim halten zu müssen und hatte sie mit einem sehr einfach zu bedienenden User Interface ausgestattet. Und so wählte ich die passende Seele aus und drückte auf Seele extrahieren.
Ich wusste nicht was ich erwartet hatte, aber mehr als das Surren der Geräte erklang nicht, während mir ein Ladebalken den Fortschritt anzeigte. Gebannt wartete ich darauf, dass er mir die so ersehnten hundert Prozent anzeigte. Es fühlte sich an wie Stunden, doch dann schließlich kam die Bestätigung, dass es funktioniert hatte.
Müde schloss ich die Augen und atmete tief durch, bevor ich an den Stuhl zu Katsukis Mutter trat. Schlaff hing sie darin, doch nachdem ich ihren Puls ertastet hatte, konnte ich mir sicher sein, dass sie lediglich bewusstlos war.
Doch in meinen Gedanken war in diesem Moment nur Platz für eine Person. Katsuki. Derjenige, den ich vor dem Tod bewahren sollte. Derjenige, den ich über alles liebte.
Ich schleppte mich zurück in den anderen Raum. Katsuki lag noch immer bewegungslos am Boden und ich kniete mich neben ihn. Er atmete noch immer und schien nicht tödlich verletzt zu sein. Müde legte ich mich neben ihn und wischte ihm das Blut vom Mund.
Als ich die Augen schloss spürte ich die Schmerzen in meinen Gliedern und die vollkommende Erschöpfung übermannte mich. Und dennoch musste ich lächeln, als ich langsam das Bewusstsein verlor.
Denn Katsuki würde leben.
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