Kapitel 12: Neuer Mut
Katsuki hatte die Nacht neben mir geschlafen. Doch obwohl ich müde war und mich neben ihm so sicher wie an keinem anderen Ort fühlte, konnte ich nicht schlafen. Katsuki hatte mir nicht versprechen können sich herauszuhalten und das nagte an mir. Es beunruhigte mich auf einer kaum greifbaren Ebene.
Daher beschloss ich, ihn am nächsten Tag dazu zu befragen. Ich wusste noch nicht genau wie ich es anstellen sollte, ohne zu sehr auf dem Thema herumzureiten und einen Bezug zu meiner Mission herzustellen. Aber Ich hatte im Gefühl, das da mehr dahintersteckte. Wenn Katsuki nicht jetzt schon vorgehabt hätte in die Spezialeinheit einzutreten, hätte er meine Bitte nicht ausgeschlagen. Aber wieso wollte er eigentlich so unbedingt in die Spezialeinheit, obwohl er das ZRP nicht sonderlich zu mögen schien?
Der Aschblonde war schnell eingeschlafen. Hatte seine starken Arme um mich geschlungen und mich fest an sich gedrückt. Es war ein neues Gefühl, dass sich jemand so um mich sorgte. Und auch wenn wir es bisher nicht ausgesprochen hatten und außer dem Kuscheln nichts weiter zwischen uns passiert war, war ich mich doch sicher, dass ich nicht mehr der einzige war, der diese Verbundenheit spürte.
Doch trotz meiner Sorgen übermannte auch mich irgendwann der Schlaf. Ich wusste nicht genau, wann es passiert war, aber als ich aufwachte schien mir bereits die Sonne ins Gesicht. Müde fuhr ich mir über die Augen und stellte enttäuscht fest, dass Katsuki bereits weg war.
Nachdem ich eine Weile einfach nur so da lag und über den vergangenen Tag nachdachte, entschloss ich mich seufzend aufzustehen. Es war Samstag. Es gab keinen Grund mich zu beeilen. Aber obwohl ich keinen Plan für den Tag hatte und auch nicht wusste, wie ich mit meiner Mission vorankommen sollte, juckte es mir in den Fingern irgendetwas zu tun.
Das erste Mal seitdem ich hierhergezogen war, zog ich mir meine Sportklamotten über und ging für eine Joggingrunde nach draußen. Es half mir schon früher immer meinen Kopf freizubekommen, doch irgendwie hatten die ersten Wochen des Studiums, und vor allem die ganze Gesichte rund um meine Mission, mich zu sehr in Beschlag genommen.
Obwohl es bereits fast schon mittags war, war die Luft noch immer kühl und frisch. Ich seufzte. Der Herbst war wohl nun endgültig eingebrochen. Ich fing an zu joggen und suchte mir einen Weg über den Campus zu einem nahegelegenen Park. Sobald ich das Universtätsgelände hinter mir gelassen hatte und mich die Ruhe des Parks umfing, spürte ich wie ich auf einmal freier atmete.
Es war nicht ganz so ruhig, wie bei meinen Eltern auf dem Land. Es gab jede Menge Leute, die den Park besuchten, spazieren gingen oder sich auf den Grünflächen niedergelegt hatten. Die Straßen der Großstadt waren noch immer leise im Hintergrund zu hören, aber dennoch war es so ruhig wie schon lange nicht mehr.
Alles auf das ich mich konzentrierte waren meine rhythmischen Schritte und meine gleichmäßige Atmung, bis meine Waden schmerzten und meine Lunge brannte. Ich hatte den Park in seinen in Schlaufen angelegten Wegen komplett durchkreuzt und lief nun schon wieder auf die Straße zu, die den Park vom Universitätsgelände trennte, als ich stehen blieb.
Schwer atmend stütze ich mich auf meine Oberschenkel und lachte leise. Ich sollte definitiv etwas an meiner Kondition tun und nicht wieder wochenlang keinen Sport machen. Bei diesem Vorsatz musste ich unweigerlich an mein zukünftiges Ich denken. Ich dachte daran, wie durchtrainiert ich gewesen war. Zwar hing das höchstwahrscheinlich eng damit zusammen, dass ich in der Spezialeinheit war, aber dennoch schien es mir ein Lebensstil zu sein, den ich mir ausgesucht hatte.
Ich richtete mich wieder auf und setzte ein Lächeln auf. Vielleicht sorgte das ZRP tatsächlich dafür, dass die ursprüngliche Zukunft so ähnlich wie möglich beibehalten wird. Aber dennoch hatte ich mich in diesem Moment zu etwas entschlossen. Ich würde meine Zukunft nicht aufgeben. Ich würde trainieren. Und ja verdammt, wenn es hieß damit dem ZRP zu zeigen, dass sie mich nicht unterbuttern konnten, würde ich mir sogar die Haare färben.
In etwas gemächlicherem Tempo setzte ich meinen Weg Richtung Wohnheim fort. Doch diesmal machte ich einen kleinen Abstecher zur Drogerie und kaufte mir etwas Blondierung und Haarfärbemittel. Als ich noch bei meinen Eltern lebte, hatte ich öfter meiner kleinen Schwester dabei geholfen ihre Haare zu färben. Ich wusste also worauf ich mich einließ.
Als ich wieder im Wohnheim ankam war ich verschwitzt, aber war guter Dinge. Der kurze Ausflug hatte mir geholfen meinen Kopf freizumachen und wieder neuen Mut und Motivation zu finden.
Nachdem ich ausgiebig geduscht hatte, begann ich meine Haare zu färben. Ich verstand nun, warum meine Schwester mich immer um Hilfe gebeten hatte. Alleine war es doch deutlich weniger einfach, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich verdrehte meinen Kopf, um in dem kleinen Spiegel im Badezimmer zu erkennen, ob ich wirklich alle Strähnen erwischt hatte und schon bald begann mein Nacken zu schmerzen.
Doch als ich mit der Prozedur fertig war, meine Haare trockenföhnte und anschließend das erste Mal richtig in den Spiegel sah, grinste ich zufrieden mein Spiegelbild an. Ich hatte zwar schon im Körper meines zukünftigen Ichs festgestellt, wie anders mich diese Haarfarbe wirken ließ, aber der Körper war mir allgemein so neu gewesen, dass ich es schwer auf meinen gegenwärtigen übertragen konnte. Doch jetzt sah ich es. Sah, wie die rote Farbe den rötlichen Schimmer in meinen Augen hervorhob und ein sich ein kämpferisches Funkeln hineinschlich.
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Als ich am frühen Abend mein Zimmer verließ, um zu Katsuki zu gehen, hielt ich auf einmal stirnrunzelnd im Flur inne. Ich wusste gar nicht, wo er wohnte. Bisher hatte er mich immer in meinem Zimmer besucht, bevor ich überhaupt darüber nachdenken konnte zu ihm zu gehen.
Etwas unschlüssig stand ich im Flur vor meinem Zimmer herum, bevor ich mich langsam nach links wandte und die drei Schritte zu Kaminaris Tür überbrückte. Zögernd hob ich die Hand und klopfte dann drei Mal energisch an die Tür.
Ich hörte ein Rumpeln und dann ein paar stolpernde Schritte, bevor sich dir Tür vorsichtig öffnete. Kaminari sah furchtbar aus. Das Zimmer hinter ihm lag im halbdunkeln, nur erhellt von dem Bildschirm seines Laptops. Seine Augen waren gerötet und seine Haare zerzaust.
Als er mich erblickte, weiteten sich seine Augen kurz, bevor er die Tür richtig öffnete. „H-hey Kiri! Ich bin so froh, dass du vorbeigekommen bist!", sagte er mit einer etwas krächzenden Stimme. Sein Blick blieb kurz an meinen feuerroten Haaren hängen, aber er sagte nichts dazu. Etwas anderes lag ihm auf der Seele, dass er so schnell wie möglich loswerden wollte. „Es tut mir so leid, was passiert ist! Du musst mir glauben, ich habe das nicht gewollt. Hätte ich gewusst-"
„Schon gut", erwiderte ich, aber mir entging selbst nicht, dass meine Stimme ungewöhnlich hart klang. „Ich wollte dich eigentlich nur fragen, wo Katsuki wohnt."
Kaminari schlug die Augen nieder und biss sich auf die Lippen. „Zero wohnt in der 420, vierte Etage, im rechten Flur." Seine Lippen zitterten ein wenig.
Ich seufzte und fuhr mir über das Gesicht. Es traf mich ihn so zu sehen, aber obwohl ich ihm so gerne verzeihen wollte, konnte ich es einfach nicht mit vollem Herzen. Es hatte mich tief verletzt zu erfahren, dass derjenige, der mich verraten hat ein Freund von mir war.
„Kami, hör zu...", sagte ich ein wenig sanfter. „Ich weiß doch, dass es nicht deine Absicht war. Das weiß ich wirklich. Aber ... sei mir bitte nicht böse, wenn ich ein wenig brauche, um dir das ganze vollkommen zu verzeihen." Ich legte ihm eine Hand auf die Schulter und lächelte ein wenig gequält. „Aber wir sind noch immer Freunde, in Ordnung?"
Kaminari nickte und senkte dann den Kopf. „Ist klar Kiri. Ich hoffe, es wird bald wieder so wie vorher."
Ich nickte und verabschiedete mich leise von ihm, bevor ich hinauf zu Katsuki ging. Es tat mir leid, dass es Kaminari so schlecht ging. Aber gleichzeitig wusste ich auch nicht, ob ich ihm jemals verzeihen könnte, wenn ich seinetwegen nicht in der Lage sein würde Katsuki zu retten.
Ich schluckte den bitteren Gedanken herunter und reckte das Kinn. Ich würde ihn retten!
Als ich an Katsukis Tür klopfte, hörte ich erst einmal nichts. Ich runzelte ein wenig die Stirn und klopfte ein weiteres Mal, diesmal energischer.
Diesmal wiederum hörte ich stampfende Schritte, die auf die Tür zukamen. Kurz darauf wurde die Tür energisch aufgerissen. „Was?", fragte Katsuki sichtlich genervt. Dann jedoch erkannte er mich und er entspannte sich ein wenig. Seine finstere Miene wich einem leichten Stirnrunzeln. Dann trat er einen Schritt zurück. „Komm rein..."
Ich habe mir nicht groß vorgestellt wie Katsukis Zimmer wohl aussehen könnte. Letztendlich habe ich die Zimmer des Wohnheims, als immer das gleiche erlebt. Ein Bett, ein Tisch, eine kleine Küchennische und die Tür zum Bad. Doch wegen des wenigen Platzes war bei den meisten Studenten immer dieser leichte Eindruck von Chaos zu spüren. Doch das war hier nicht der Fall.
Katsukis Zimmer war geradezu pedantisch ordentlich. Auf den Regalbrettern über dem Schreibtisch war kein Staubkorn zu sehen und die Bücher, die darauf standen, alphabetisch sortiert. Obwohl ich ihn anscheinend gerade vom Lernen abgehalten hatte, waren selbst das Buch und der Collegeblock auf dem Tisch nach der Schreibtischkante ausgerichtet.
Der Aschblonde setzte sich auf sein sauber gemachtes Bett und musterte mich. „Was zur Hölle hast du mit deinen Haaren gemacht?"
„Ich habe sie gefärbt", erwiderte ich schlicht.
Katsuki schnaubte. „Offensichtlich."
„So schlimm?", fragte ich lachend.
Katsuki antwortete darauf nicht sondern rollte nur mit den Augen und sah kopfschüttelnd aus dem Fenster. Doch daran, wie sich sein Mund zu einem leichten Lächeln verzog bemerkte ich, dass er es gar nicht so schlecht fand, wie er vorgab. Dann lehnte er sich ein wenig zurück, sah wieder zu mir und hob fragend eine Augenbraue. „Also was führt dich her, Red Riot?"
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