Kapitel 2

Das Restaurant, von dem Joe gesprochen hatte war klein und total überfüllt. Daran erkannte man, dass es gut lief. Shirley wurde von ihrer Kommilitonin quer durch den Laden bis in die Küche geführt. Dort herrschte Hektik. Doch Shirley gefiel das sofort. Sie brauchte eine Arbeit wo sie viel zu tun hatte. Damit könnte sie sich hervorragend ablenken. Außerdem machte alles – vom Chaos abgesehen – einen sauberen Eindruck.

Joe brachte Shirley zu einem Riesen. Nicht wirklich, aber der Mann war bestimmt zwei Meter groß und recht korpulent. Er hatte schwarze wirre Haare, die unter einer riesigen Kochmütze hervorlugten und eine krumme Nase, die jedem sofort ins Auge fiel. Sein Name war Markus. Joe stellte ihn als den Chef und Besitzer des Ladens vor. Da er mit kochen, aufräumen und herumkommandieren beschäftigt war, verlief das Vorstellungsgespräch ziemlich knapp. Markus lies Shirley allerdings sofort auf Probe anfangen.
„Mach dich nützlich, Kleine. Wenn du dich heute gut anstellst, darfst du nachher den Vertrag unterschreiben."

Mehr sagte Markus nicht dazu. Also bekam Shirley von Joanna eine Einweisung und durfte sich gleich eine Schürze umhängen und ihre Haare zurück binden.
„Hör zu, unser Dresscode ist einfach. Zieh am besten was mit Ausschnitt an, bloß nicht so zugeknöpft. Die Haare immer zurück binden und besorg dir hauptsächlich schwarze Klamotten", wies Joanna an. Shirley nickte nur.

„Gut was willst du heute machen, Theke oder Tische bedienen?"
„Zuerst Theke, damit ich rein komme."
„Okay, dann machst du das mit Mandy zusammen. Sie wird dir alles erklären."
Joanna deutete auf das blonde Mädchen hinter dem Tresen.

Es dauerte nicht lange, dann hatte Shirley die Sache im Griff. Sie kellnerte nicht zum ersten Mal und nachdem sie erst einmal begriffen hatte, wie der Laden funktionierte, ging alles fast von selbst. Das war gut. Sie hoffte damit Markus zu beeindrucken, der hin und wieder den Kopf durch die Küchentür steckte, um nach dem Rechten zu sehen. Auch wenn sie anfangs unsicher war, weil er sie nicht richtig beobachtete, stellte Markus sie ein. Anscheinend verließ er sich sehr auf das, was seine Mitarbeiter ihm erzählten. Diese konnten ihm eigentlich nur sagen, dass sie gut mitgearbeitet hatte.

Dankbar für den Job und doch ziemlich müde verließ sie um halb acht am Abend das Restaurant. Sie war Dienstags direkt nach dem letzten Kurs mit Joanna zum Restaurant gegangen, also musste Shirley noch ihre Lernsachen mitschleppen. Es war dunkel, aber zum Glück warm. Zwar war sie froh keine dicke Jacke tragen zu müssen, doch würde es noch eine Weile dauern, bis sie sich an die Temperaturen gewöhnen würde.

Zum Glück hatte sie einen Busfahrplan besorgt. So suchte sie sich unterwegs die richtige Haltestelle in der Nähe heraus. Leider musste sie einmal umsteigen, um nach Hause zu kommen. Doch das machte Shirley nichts.

Sie war es gewohnt länger mit dem Bus zu fahren. Schließlich konnte ihre Mutter sie damals auch nicht immer überall hin kutschieren. Oh nein, sie wollte nicht an ihre Mutter denken. Der blöde Unfall war noch zu frisch. Schnell lenkte sie sich ab, indem sie aus dem Busfenster schaute.

Die Stadt war hell erleuchtet und noch gut belebt. Kein Wunder. Eine Grossstadt schlief nie. Sie hörte Gedanken versunken das neue Album von Iced Earth – eine ihrer Lieblingsbands – und sah nur die Häuser an ihr vorbei ziehen. Da fiel ihr etwas auf. An einigen von den älteren Gebäuden waren Graffiti gesprüht, die alle das selbe Wort zeigten. Rox!

Also befand sie sich noch in der East-Side. Hatte Joanna nicht gesagt, dass dieses Viertel von den Rox beherrscht wurde?! Wobei beherrscht relativ zu verstehen war. Diese Ganggetue ging Shirley gehörig auf den Wecker.

Zum Glück hatten sie Shirley die ersten Tage am College schon mal in Ruhe gelassen. Der Bus hielt und zwei Fahrgäste stiegen aus. Ein junger Typ mit dunkelblauem Kapuzenpulli stieg ein und blieb im Stehbereich. Vermutlich wollte er bei der nächsten Haltestelle wieder aussteigen. Die Kapuze hatte er sich über sein Haupt gezogen und blickte wachsam hin und her. War der vielleicht nervös. War ja nicht so, das gleich die Rox hinter der nächsten Ecke hervor sprangen und „Buh!" riefen.

Die Vorstellung war schon recht amüsant und Shirley grinste in sich hinein. Nach einem weiteren Stop, stiegen noch zwei Kerle in den Bus, die jeweils eine Flasche in brauner Papiertüte in der Hand hielten und sich definitiv zu laut unterhielten.

Sie trugen farbige Hemden mit aufgestellten Kragen und und dunkle Jeans. Ihre Haare waren merkwürdig zurück gekämmt und mit viel zu viel Gel fixiert. Der blonde Typ schaute sich interessiert um und fand Shirley relativ schnell. Sobald sich ihre Blicke trafen, schaute sie weg. Bloß keine Aufmerksamkeit erregen, mahnte sie sich. Die beiden waren voll wie zwei Ochsen und suchten bestimmt nach Ärger. 

Da hatte ihn Shirley auch schon. Blondie machte seinen Kumpel auf sie aufmerksam, sie tauschten fies grinsend Blicke und kamen dann zu ihr. Sie setzten sich auf die Bank vor ihr, jedoch mit dem Gesicht zu ihr.
„Hey, Süße, du bist ja 'ne hübsche. Hast du Lust mit uns was trinken zu gehen?"

Wusste der Kerl eigentlich wie abstoßend die Geruchsmischung seines Rasierwassers mit der Alkoholfahne roch? Shirley verkniff sich gerade noch die Nase zu rümpfen und schüttelte wortlos den Kopf. Er hatte so laut gesprochen, das er selbst ihre Musik übertönte.
Der braunhaarige Typ legte den Kopf schief. Er roch auch nicht viel besser. „Ach komm schon, zier dich nicht so. Wir wollen nur Spaß."

„Schon klar", rutschte es ihr heraus.
„Nein, im Ernst. Wo fährst du hin? Sollen wir dir den angesagtesten Klub hier zeigen?"
„Nicht interessiert", gab Shirley eine Spur zu unfreundlich zurück. Sie bemerkte wie sich weiter vorne eine ältere Dame umdrehte und ihnen missbilligende Blicke zuwarf. Jedoch beschwerte sie sich noch nicht, obwohl die zwei Alkis echt laut waren.

Shirley stand auf und drückte auf den roten Knopf zum Stopp. Besser jetzt auszusteigen, um Ärger zu vermeiden. Warum musste sowas auch immer ihr passieren? Zwar waren es noch zwei Blocks bis zur Haltestelle, an der sie umsteigen musste, aber sie konnte den Rest auch laufen.

Tja, nur leider waren die beiden Typen hartnäckig. Sie stiegen mit aus und folgten ihr mit zehn Schritten Abstand. Na super! Das riecht gewaltig nach einer Tracht Prügel.

Es dauerte nur solange, bis sie um die nächste Hausecke kam. Da wurden die zwei echt aufdringlich. Shirley ärgerte sich über ihre Dummheit. Warum war sie ausgestiegen, anstelle dem Busfahrer Bescheid zu sagen?

Die beiden Alkis nutzen die schwache Straßenbeleuchtung, um sich sicher zu fühlen und versperrten Shirley den Weg. Sie hatte das kommen sehen und nahm ihre Kopfhörer aus den Ohren und verstaute sie mit dem Handy in ihrer Umhängetasche. Diese hielt sie nun wie eine Waffe in den Händen. Darin hatte sie weder ein Messer noch Pfefferspray. Das konnte man ihr zu leicht abnehmen und gegen sie verwenden.

Die Bierflaschen konnten zerbrochen werden und reichten schon aus, um sie schwer zu verletzen. Das hatte sie schon einmal erlebt und konnte gut darauf verzichten. Also hoffte sie auf die schweren Bücher, die sie heute bekommen hatte und nun ihre Tasche erschwerten.

Vielleicht könnte sie sich damit genug verteidigen, um weg zu laufen. Nur wohin? Sie hatte keine Ahnung wie sie nach Hause kommen sollte, wenn sie hier ziellos davon lief und sich verirrte. Sie spürte wie sich ihr Puls beschleunigte und ihre Atemzüge unkontrolliert von den Wänden widerhallten. Ruhe bewahren! Mahnte sie sich selbst, wie so oft.

„Du bist echt heiß, weißt du das Kleine?" Blondie kam ihr gefährlich nahe.
„Hört zu, ich weiß ihr habt zu tief in die Flasche geschaut. Ihr wollt doch jetzt keine Dummheit machen...u-und ich will keinen Ärger. Also verzieht euch einfach und sucht jemanden, der auch mit euch freiwillig Spaß hat."

Die beiden machten nicht den Eindruck, als wollten sie auf Shirley hören. Wäre auch zu einfach gewesen. „Keine Angst, Süße. Ich werde sehr nett zu dir sein. Du willst es doch auch."
Woran hatte er das denn interpretiert? War der Typ so dämlich oder legte er es darauf an eine von ihr verpasst zu bekommen? „Ich warne euch!"

„Hab dich nicht so", gluckste der dunkelhaarige und zog ihre Arme so unerwartet nach hinten, dass ihr die Tasche aus der Hand fiel.
„Was wolltest du denn damit? Uns Angst machen?", fragte Blondie und hob die Tasche auf. Verflixt! Er hatte sie durchschaut. Dann warf er das Ding ein paar Meter weit weg und grinste finster. So sehr sich Shirley auch wand, der Typ mit den kurzen dunklen Haaren war echt stark. Er hielt ihre Arme fest auf dem Rücken verschränkt.
„Lass mich los!"
„Wir tun dir nichts, wenn du dich nicht wehrst."

Als ob sie das glauben würde. Ihre Motive waren sicher nicht ganz rein. Der Alkohol tat sein übriges. Wenn sie nicht bald einen Einfall hatte, wie sie aus der Situation raus kam, würde sie das Opfer einer Vergewaltigung werden.

Da half es auch nicht, das ihr Vater Polizist war. Der Blonde kam ihr gefährlich nahe. Er hob die Hand und berührte unsanft ihr Gesicht. Mit der anderen zupfte er an ihrem Oberteil herum. Panisch trat sie ihm gegen sein Bein, was dazu führte, dass er für einen flüchtigen Moment von ihr abließ.

Fluchend schlug er ihr ins Gesicht. Der Schlag hallte wie ein Echo durch die Gasse und Shirleys halbes Gesicht brannte entsetzlich. Doch war ihr dieses Gefühl nicht fremd. Wütend spuckte sie den Blonden an. Gleich darauf zog der Kerl hinter ihr an ihren Haaren.
Sie schrie vor Schock und Schmerz. Sinnlos, es kümmerte niemanden.

Plötzlich wurde Blondie von hinten an der Schulter gepackt und umgedreht. Hinter ihm war der Kapuzentyp aus dem Bus aufgetaucht. Er hob den Arm und schmetterte Blondie seine Faust ins Gesicht. Gleich noch einmal und der betrunkene Kerl ging taumelnd zu Boden.

Der andere Typ musste Shirley los lassen, um sich auf den Fremden zu stürzen. Dieser war aber um einiges flinker und konnte dem dunkelhaarigen Mistkerl gekonnt ausweichen. Danach verpasste er ihm einen kräftigen Tritt in den Rücken, sodass der Kerl auch zu Boden ging.

Er landete direkt quer auf Blondie, der sich gerade wieder aufrappeln wollte. Unter dem Gewicht seines Kumpels brach er erneut zusammen. Der Fremde zerschlug die beiden Bierflaschen an der Hauswand neben sich. Er hielt ihnen den restlichen, scharfkantigen Teil entgegen und sagte mit tiefer Stimme: „Haut ab!"

Die beiden schafften es völlig verdattert aufzustehen und Shirley rechnete schon mit erneuter Gegenwehr. Immerhin waren sie zu zweit. Doch der Fremde legte noch einen Satz nach: „Wenn ihr nicht sofort verschwindet, bekommt ihr mächtig Ärger mit den Rox. Das ist die East-Side, ihr Penner."

Gerade als der Blonde einen Schritt vortreten wollte, hielt ihn sein Kumpel am Arm zurück. „Vergiss es. Mit den Rox ist nicht zu spaßen." Blondie lies sich überreden und beide hauten ab.

Verwirrt, aber erleichtert über seine Hilfe, starre Shirley den Fremden an. Er zerschlug auch den Rest der Flasche mit seinen Händen und wandte sich zu ihr. Erst jetzt fielen ihr seine schwarzen Lederhandschuhe auf. Es waren Halbhandschuhe.

Deshalb hatte er ohne Probleme so kräftig zuhauen können. Bei dem Angriff war ihm die Kapuze vom Kopf gefallen, was seine dunklere Haare zum Vorschein brachte. Genau war die Farbe im schwachen Laternenlicht nicht zu erkennen. Ebenso wenig der Rest von ihm. Sie erkannte nur noch eine dunkle Jeanshose und dass er helle Haut hatte. Shirley strich sich unsicher die Haare aus dem Gesicht und suchte nach ihrer Tasche. Sie hob sie zügig vom Boden auf. Als sie sich wieder umdrehte, stand der Fremde direkt vor ihr.

Erschrocken wich sie zwei Schritte zurück, was ihn wohl amüsiere, denn er lächelte zaghaft.
„Was? Denkst du ich geh dir jetzt an die Wäsche, wo ich dich gerade davor bewahrt habe?", er schüttelte den Kopf. „Wenn ich das gewollt hätte, dann hätte ich mir nicht die Mühe gemacht, die zwei zu vermöbeln."

Shirley konnte ihre Erleichterung nicht verbergen. Doch noch immer spürte sie ihr Blut rauschen und den Schock ihren Magen zusammen ziehen. Sie hätte sich gewehrt, wenn er nicht gewesen wäre. Nur wie weit wäre Shirley damit gekommen?

„Du bist entweder sehr mutig oder sehr dumm, allein im Dunkeln durch die Stadt zu laufen."
„Nein", gab sie endlich zur Antwort. Ihre Stimme klang seltsam rau von ihrer trockenen Kehle. „Ich habe einfach nur Pech."
„Wenn du meinst. Also ich kann dir nur raten in Zukunft sicherere Wege zu nehmen."

Shirley nickte nur. Da fiel ihr ein, dass sie sich noch gar nicht für seine Hilfe bedankt hatte, also holte sie das schnell nach.
„Kein Ding", sagte er knapp. Dann wies er ihr an ihm zu folgen. „Ich bringe dich nach Hause."
„Schon gut, das ist wohl nicht nötig", lehnte sie ab.

„Warum? Traust du mir nicht?"
Sie brauchte ihm keine Antwort zu geben.
„Ich hab dir gerade den Hintern gerettet. Warum sollte ich dir jetzt was antun?"
„Keine Ahnung, was ihr Typen immer für kranke Ideen habt."
Er schnaubte nur verachtend.
„Ich will nur sicher gehen, dass du sicher nach Hause kommst. Das ist alles. Ich habe das Gefühl, dass die zwei eventuell wieder kommen. Also komm mit."

Mürrisch folgte Shirley dem Fremden. Er brachte sie tatsächlich zur Bushaltestelle zurück und wartete mit ihr auf den nächsten Bus. Der sollte erst in zwanzig Minuten kommen. Also setzte er sich lässig auf einen der Plastiksitze unter dem Häuschen und tippte vollkommen entspannt etwas auf seinem Smartphone ein.

Es war ein altes, zerkratztes Modell, passte aber irgendwie zu ihm. Er wirkte auch nicht gerade top gestylt. Der Pulli hatte hier und da einige Löcher und war schon reichlich ausgeblichen.
Die Haltestelle war im Vergleich zur dunklen Gasse hell beleuchtet, was es Shirley ermöglichte ihn unauffällig zu betrachten.

Seine bronzefarbenen Haare standen wirr vom Kopf ab und sahen so aus, als hätte er sie seit drei Tagen nicht gekämmt. Allerdings war er nicht dreckig oder roch unangenehm wie die beiden Typen zuvor. Er war nur einfach nicht gestylt und sah müde aus. Trotzdem kam Shirley nicht umhin, ihn als gut aussehend abzustempeln. Er hatte ebenmäßige Gesichtszüge und volle – wenn auch nicht gekämmte – Haare. Mehr konnte sie, dank des Pullis nicht erkennen. Da hob er plötzlich den Kopf und grinste sie an.

„Na bist du fertig mit deiner Musterung?"
„Pff!"
Ertappt drehte sich Shirley weg und verbarg ihre rot gewordenen Wangen vor ihm. So toll sah er nun auch wieder nicht aus, sagte sie mehr zu sich selbst. Er war es offenbar gewohnt angestarrt zu werden, was ihm wohl mehr als genug Selbstvertrauen schenkte. Das alles schlussfolgerte sie aus seinem Verhalten.

Er packte sein Handy in die Hosentasche zurück und stand auf.
„Wie heißt du eigentlich?", fragte er und streckte den Hals, um ihr wieder ins Gesicht sehen zu können. Zum ersten Mal sah sie dem Fremden von nahem in die Augen und stellte verblüfft fest, dass sie eine ungeheure Ausstrahlung hatten. Golden aber braun gesprenkelt und das Laternenlicht reflektierend stachen sie direkt hervor und zogen Shirley magisch zu ihm hin. Natürlich nicht wörtlich zu verstehen, denn sie stand da wie angewurzelt und starrte ihn an. Dabei vergaß sie vollkommen, was er sie eben gefragt hatte.

„Oder willst du mir deinen Namen nicht verraten?"
Nach gefühlten zwei Minuten des Anstarrens fand Shirley ihre Sprache wieder. „Also es ist üblich sich zuerst vorzustellen und anschließend nach dem Namen des anderen zu fragen. Und ja ich halte es für besser uns nicht vertraut zu machen, da wir uns nach heute wahrscheinlich eh nicht wieder sehen."

Erst hob er die Augenbraue, dann lachte er. Sein Lachen war hell und melodisch. Außerdem präsentierte er ihr so strahlend weiße Zähne, dass er damit hätte Zahnputz Werbung machen können. „Okay. Hab verstanden."

Sie war etwas irritiert, als er im nächsten Moment eine Zigarettenschachtel und ein Feuerzeug aus den Taschen seines Pullis hervor holte und sich eine ansteckte. Wie konnte er als Raucher so verflixt weiße Zähne haben? Wie lange rauchte er schon?

Nach einer weiteren Zigarette von ihm kam endlich der Bus. Wortlos stiegen sie ein. Der Fremde begleitete Shirley doch tatsächlich solange, bis der Bus in ihrem Wohnviertel hielt. Allerdings wollte sie nicht, dass er herausfand, wo sie wohnte und bestand darauf, die letzten zwei Blocks alleine zu gehen.

„Nette Gegend", meinte er und schaute sich um. Die Gegend war eigentlich nichts besonderes. Ein Viertel mit lauter alten Einfamilienhäusern und Schlaglöchern im Asphalt, war nun wirklich kein Hingucker. „Jedenfalls besser, als ich es gewohnt bin."

Er lächelte wieder, nur dieses Mal unsicher. War es ihm unangenehm hier zu sein, wo er doch offensichtlich aus ärmeren Verhältnissen stammte? Zumindest hatte Shirley diese Vermutung anhand seiner Kleidung festgestellt.

„Du bist also nicht von hier?", fragte sie ihn vorsichtig.
Er schüttelte den Kopf. „Nein, definitiv nicht. Ich wohne am anderen Ende der East-Side auf einem Schrottplatz."
Gut er wollte ihr auch nicht sagen, wo er genau wohnte, was sie noch verstehen konnte. Trotzdem musste er ihr doch nicht so einen Bären auftischen. Sie beschloss aber nichts dazu zu sagen und verabschiedete sich nett von ihm. Außerdem bedankte sie sich noch einmal für seine Hilfe, wartete bis er ihr den Rücken zu wand und davon ging.

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