7. Kapitel - Nichts tun

Eine Stunde später bin ich keinen Schritt weiter, ich liege auf der Couch und der Fernseher läuft. Eigentlich hab ich nicht vor jetzt noch irgendwas zu machen, was nicht unbedingt die beste Einstellung ist. Außerdem habe ich Hunger und meine Mutter ist noch nicht wieder da. Ob das gut oder eher schlecht ist, weiß ich nicht.

Schwerfällig richte ich mich auf, schalte den Fernseher leiser und gehe in die Küche, um den Kühlschrank zu studieren. So viel haben wir nicht, aber schließlich finde ich eine Packung Käse. Das ist doch ein guter Fund und besser als nichts.

Nachdem ich drei Schränke nach Tellern durchsucht habe- wobei ich nur irgendein Putzmittel finde, ansonsten ist alles leer-, entscheide ich einfach den Teller von heute morgen zu nehmen, der noch auf dem Tisch steht. Dann zwei Toasts in den Toaster und drei lange Minuten warten, bis sie fertig sind. Im Fernsehen läuft scheinbar jetzt eine Tierdokumentation, zumindest höre ich einen Elefanten. Was mich unerwarteter Weise zum Lächeln bringt, dabei hatte ich mir doch vorgenommen, für den Moment nicht mehr zu Lächeln.

Gerade, als ich die Packung Käse öffne und jeweils eine Scheibe Käse auf ein Toast lege, bemerke ich, wie die Tür aufgeschlossen wird. Meine Mutter, wer auch sonst. Und sie hat zwei vollbepackte Einkaufstüten, die sehr schwer aussehen.

"Hallo.", begrüße ich meine Mutter, die die Tüten auf den Boden stellt und ihren Schal an einen der neuen Haken hängt. Dann sieht sie zu mir.

"Oh, Melli.", meint sie nur, etwas überrascht. Vielleicht, weil sie nicht gedacht hätte, dass ich hier bin. Wäre ich ja auch nicht. Wenn ich mich nicht mit Manuel gestritten hätte. Super. Wirklich super.

"Soll ich dir irgendwie... helfen?", biete ich ihr meine Hilfe an. So nett bin ich normalerweise nicht. Aber ich habe weder etwas besseres zu tun, noch schadet es. Ich glaube, das ist auch gut, denn mein Mutter hat viel zu tun. Zumal sie auch wieder arbeiten gehen muss, und und und. Viel Zeug zu erledigen halt, wie das bei einem Umzug eben ist. Aber das war von vorne herein klar.

"Ja, gerne. Hier, du kannst das in den Kühlschrank tun.", kommt die Anweisung, ich nicke und eile zu meiner Mutter, um ihr die eine Tüte abzunehmen. Mein Gott, so hilfsbereit war ich seit gefühlten Monaten nicht mehr. Was aber zum Großteil an der Schule lag, die auch nicht einfacher wird. Ein Stapel Arbeiten, haufenweise Hausaufgaben und weg ist die Freizeit. Hievend hebe ich die Tüte hoch und stelle fest, dass sie schwerer ist als erwartet. Noch schwerer als erwartet.

"Und wie war es so?", frage ich meine Mutter.

"Ja, ganz gut. Ich war einkaufen, musste ewig warten, weil die Schlange vor der Kasse so lang war." Ich nicke und beginne Yoghurt und Aufschnitt in den Kühlschrank zu legen. Zudem noch ein paar andere wichtige Lebensmittel. In der Zeit geht meine Mutter wieder zum Auto und holt die Getränke.

"Was hast du denn so gemacht?", kommt es von ihr. Ich zucke mit den Schultern, lehne mich an die Arbeitsfläche und mir fällt mein Toast wieder ein. Das esse ich dann wohl gleich.

"Nichts besonders.", antworte ich. "Ich bin erst ziemlich spät aufgestanden und hab' dann noch ferngesehen." Den letzten Teil des Satzes unterstreiche ich mit einer Kopfbewegung Richtung Fernseher. Die Wahrheit war das nicht wirklich, gelogen aber auch nicht. Irgendsoein Zwischending, aber mir ist gerade nicht so, dass ich ihr anvertrauen will, dass ich es geschafft habe, mich sofort mit der erstbesten Person in Essen zu zerstreiten. Und es ist ja nicht mal die erstbeste Person. Es ist Manuel. Manuel ist nicht irgendwer, da bin ich mir sicher.

Ich seufze und zerknülle die leere Einkaufstüte.

"Du sollst morgens nicht fernsehen."

"Ja, ich weiß. Aber es ist nicht mehr morgens."

Der Blick meiner Mutter sagt alles. "Das ist eine Mal. Wie wäre es denn, wenn du mal rausgehst, dich ein bisschen umschaust. Oder mit mir spazieren gehst. Gute Idee?"

Ich lächele gezwungen. "Okay. Spazieren gehen ist in Ordnung. Aber vorher esse ich was."

Meine Mutter schmunzelt und geht dann, unter der Begründung noch was für ihre Arbeit machen zu müssen, nach oben. Ich nehme den Teller mit dem Käsetoast und schiebe ihn in die Mikrowelle. Dreißig Sekunden später ist das leckerste und einfachste Essen der Welt fertig. Ich liebe Toast mit geschmolzenem Käse. Man kann es innerhalb kürzester Zeit machen und es schmeckt super.

Nach dem 'Essen' mache ich den Fernseher aus, schneide meinen Vlog endlich mal zu Ende zu lade ihn hoch. Das wurde aber auch Zeit. Zum Glück ist das Internet hier gut, sodass es nicht lange dauert und das Video online geht. Wenigstens etwas habe ich heute geschafft. Danach kommt meine Mutter in mein Zimmer und fragt, ob ich jetzt mit spazieren gehen will. Naja, wollen vielleicht nicht, aber vielleicht ist die Idee wirklich gar nicht so schlecht. Vielleicht gibt es hier auch andere interessante Leute außer Manuel. Leute, die in meinem Alter sind und auf die Schule gehen, auf die ich auch gehen werde. Das wäre schön.

Also nicke ich und komme mit. Wir schauen uns ein bisschen die Gegend an, gehen sogar an dem Haus, in dem Manuel mit seiner Mutter-und Peter- wohnt, was meinem Herz einen kleinen Stich versetzt und mich zu dem Fenster, hinter dem ich die Wohnung vermute hochschauen lässt, halb in der Hoffnung, dass da jemand ist.

Meine Mutter zeigt mir einen kleinen Edeka Markt, er ganz in der Nähe ist und die Schule. Das graue, trostlose Gebäude, in dem ich meinen Abschluss machen werde. Es sieht aus, wie eine Schule eben aussieht, doch trotzdem irgendwie kann ich mich nicht damit zufrieden geben. Wir gehen an den Fahrradständern vorbei, vielleicht werde ich mit dem Fahrrad zur Schule fahren, nicht, das sie weit weg wäre, aber es wäre praktischer. Wir werden es sehen.

Schließlich kehren wir wieder zurück, es ist mittlerweile halb fünf und mein Vater sollte jetzt bald wieder da sein. Und ich soll meiner Mutter noch ein bisschen helfen. Dies und das. Bei uns im Flur stehen immer noch ein paar Umzugskisten, die darauf warten, ausgepackt zu werden. Besteck und andere Küchensachen, Schuhe und Handtücher. Mareike ist um diese Uhrzeit wieder zuhause und kann auf meine WhatsApp antworten.

Ja, das Kapitel ist so ein Lückenfüller...
Wie werden sich Melli und Manuel wohl vertragen? Was denkt ihr?

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