10. Kapitel - Es ist dunkel

Sofort habe ich Joshua's Aufmerksamkeit geweckt.

Das kann ich ihm nicht verdenken, er ist keinesfalls der erste, der nach diesem Satz interessiert ist. Ob es ein Fehler war, ihm das so früh anzuvertrauen, wird sich noch zeigen, aber das bezweifele ich.

"Kannst du das auch genauer erklären?", fragt Joshua dann.

"Ja, klar. Ich mache eben YouTube, Vlogs, um genau zu sein." Ich zucke mit den Schultern und beobachte Josh's Reaktion: Er nickt langsam, während er wohl überlegt, wieviele Abonnenten ich habe. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass er das denkt, und wette, dass er mich innerhalb der nächsten Minute fragen wird. Also lächele ich und schaue Joshua von der Seite an.

Na komm schon, denke ich und zähle weiter. Fünfzehn, sechzehn. Und dann kommt die Frage auch schon. Hab' ich ja gesagt.

"Und- hast du viele Abonnenten?" Nicht, dass ich mit so einer Zahl angeben will, es ist schließlich 'nur' eine Zahl, die nichts über mich aussagt- na gut, vielleicht ein ganz bisschen-, trotzdem antworte ich, mit einem gewissen Stolz in der Stimme: "Ungefähr 390.000."

Joshua's Augen weiten sich ein Stück. "Das... Das ist voll viel!", staunt er. "Fast so viel, wie Essen Einwohner hat."

"Bist du jetzt neidisch?", necke ich ihn und boxe ihm freundschaftlich gegen den Arm, woraufhin er lachend zurück schnippst.

"Vielleicht.", meint er dann. "Das macht dich auf jeden Fall zu einem besonderem Mädchen."

"Wäre ich sonst etwa nicht besonders?"

"Doch, klar! Aber nicht jedes Mädchen macht YouTube und dann auch noch so erfolgreich und... Keine Ahnung, zeigst du mir was?"

Tja, gut, dass ich mein Handy mitgenommen habe. Als hätte ich das schon vorher gewusst.

"Dir doch gerne.", sage ich und betone den Satz auf eine sehr dumme Art.

Bevor ich allerdings dazu komme, es hervorzuholen, öffnet sich die Tür und Joshua's Schwester kommt in den Raum. "Das Essen ist jetzt fertig, ihr sollt runterkommen."

Ich schaue Josh an, er zurück. "Wir kommen ja schon."

Wenig später haben wir fertig gegessen und unterhalten uns noch ein bisschen, oder um genau zu sein, meine Mutter unterhält sich mit der von Josh, unsere Väter sind in der Garage, Chris hat es nämlich geschafft meinem Vater mit einem 'Wie haben ein Motorrad' dahin zu locken, und Josh und ich albern herum, während drinnen im Wohnzimmer der Polis' Mockingjay läuft- Joshua's Schwester, die übrigens auch einen Namen hat: Lisa, schaut den Film gerade. Meine Eltern scheinen sich sehr gut mit Josh's zu verstehen und das gefällt mir durchaus. Denn auch wir beide verstehen uns super, deswegen ist das ziemlich praktisch.

Josh erzählt mir vom Handball, im Gegenzug ich ihm etwas über YouTube, ein Thema, das ihn offensichtlich ziemlich interessiert. Er selbst schaut nämlich auch gerne YouTube Videos und hat sogar schon mal von meinem Kanal gehört, was mich überrascht hat. Ich weiß zwar, dass ich nicht wenige Abonnenten habe und darum auch nicht gerade unbekannt bin, aber vom Content her, geht das wohl in eine etwas andere Richtung als das, was er normalerweise schaut, Gamingvideos.

Draußen ist es mittlerweile dunkel, nur noch der Fernseher im Wohnzimmer und eine Lampe auf der Terrasse spenden Licht. Ich habe keine Ahnung, wie spät es ist, aber das ist wohl auch nicht so wichtig. Meine Eltern haben jedenfalls noch nicht davon geredet, dass wir bald gehen werden.

Ich gähne leise- müde bin ich schon- und nicke dann, als Antwort auf etwas, dass Josh gesagt hat.

"Wollen wir noch kurz in den Garten gehen, wir können uns auf die Schaukel setzen.", schlägt Joshua vor und ich sehe wage, wie er lächelt. In dem schwachen Licht glänzen seine Augen auf eine hübsche Art, so, dass sie noch eisblauer aussehen, als vorher. So hellblau, dass es fast leicht gräulich wirkt.

Ich reiße mich von seinem Anblick los und stehe auf, Josh hat nämlich gar nicht erst auf eine Antwort gewartet, sondern ist in die Dunkelheit gelaufen. Also ich ihm hinterher.

"Josh?", frage ich, als ich glaube, ihm im Schatten erahnen zu können. Die Grillen zirpen laut, was irgendwie unheimlich ist. Unsere Eltern reden über die Schule. Ich sehe nicht wirklich viel.

"Josh, bitte! Ich sehe dich nicht.", beschwere ich mich und verschränke die Arme beleidigt. Ich habe keine Lust auf irgendwelche Versteckspiele, sondern will jetzt wissen, so Joshua ist.  

Also drehe ich mich einmal im Kreis, womit ich eigentlich nichts erreiche, denn wie bereits erwähnt, es ist dunkel. Ich seufze.

So etwas mochte ich noch nie. In der Grundschule wollen immer alle Verstecken oder 'Verstecken mit freischlagen' spielen, nur ich war stets diejenige, die strikt dagegen war. Fangen und so, alles kein Problem, aber Verstecken kann ich aus irgendeinem Grund nicht ab. So genau weiß ich das selbst nicht, aber es macht eben keinen Spaß. Hinter einem Busch hocken und warten, bis man entdeckt wird, das macht für mich keinen Sinn.

"Ich bin hinter dir.", flüstert plötzlich jemand in mein Ohr und ich fahre herum. Ja, ich habe mich erschreckt. Das war ja klar. Ich erkenne grob Umrisse einer Person- Joshua-, die vor mir steht. Beziehungsweise gerade noch hinter mir.

"Mann.", beklage ich mich leise. "Das war unfair."

"Schon mal an so etwas wie eine Handytaschenlampe gedacht?"

"Das wäre auch unfair."

"Bist wohl ziemlich aus auf Fairness."

"Vielleicht."

Ich lache leise, es würde mir komisch vorkommen, jetzt laut zu sein, weil es die Stimmung komplett zerstören würde.

Welche Stimmung?, fragt meine innere Stimme. Aber irgendwie hat der Moment schon so etwas wie 'Stimmung', oder es erscheint mit nur so.

"Wäre es denn jetzt auch unfair eine Taschenlampe anzumachen?", fragt Josh dann. Kurzerhand zücke ich mein Handy, mache die Taschenlampe an und blende ihn damit. Im Lichtstrahl sehe ich, wie er die Augen zukneift.

"Na, besser so?"

"Mel, wir gehen gleich!", ertönt in der Sekunde die Stimme meiner Mutter. Ich verdrehe die Augen. Also das hat die vielleicht nicht dagewesene Stimmung zerstört.

"Schade.", meine ich. "Ich wäre gerne noch länger geblieben, aber ich schätze mal, ich sollte jetzt gehen."

Josh nickt. "Sieht so aus. Sehen... wir uns morgen?"

Morgen ist schlecht. Ganz schlecht. Morgen will ich was mit Manu machen, das steht schon fest, auch wenn es relativ früh ist, weiß ich nicht, wie lange ich da bleiben werde. Ach ja und dann gibt es noch so etwas wie 'Schule'. Für die ich noch ein ist Sachen vorbereiten muss. Ich habe zwar sozusagen schon eine Art vorläufiges Zeugnis von der Schule, an der ich vorher war, ausgestellt bekommen, da ich zwar mitten im Schuljahr gewechselt bin, bald aber schon wieder Sommerferien sind- das Schuljahr ist unpraktischer Weise sehr kurz. Damit die Lehrer dieser Schule ungefähr wissen, wo ich in welchen Fächern stehe und solche Dinge.

"Ne, eher nicht, hab' noch was zu tun. Aber du gehst ja auf meine Schule, da sehen wir uns bestimmt."

"Mel!", ruft meine Mutter wieder vom Tisch.

Jaja, ich komme schon, denke ich. Josh begleitet mich noch bis zur Haustür, dann verabschieden wir uns erst mal. Ich meine, Nachbarn können sich schließlich ziemlich oft sehen. Und das werden wir hoffentlich auch.

Eigentlich habe ich zu dem Kapitel nicht wirklich was zu sagen... Also noch so 'ne Frage: Was für Musik hört ihr gerne? Lieblingslied? (Nein, dass sind nicht zwei Fragen oder so...) Also mein Lieblingslied ist 'My House' von Flo Rida <3. Das Lied ist sooo toll :).  

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top