Tag 1609 - Machtlos

Ich schloss meine Augen und begann mich auf meine Atmung zu konzentrieren. Die Sonne schien am Firmament und erhitze meine Haut. Der Wind raschelte leise in den Baumkronen, welche in satten grün erstrahlten. Hier und da hörte man eine grille Zirpen.
Es war friedlich.
Hier war es friedlich.
In meinem Garten.
Mein Zuhause.
Den Ort den ich geschaffen hatte.
Doch der Schein trügte.
Nichts war friedlich.
Alles versank im Chaos.
Wartete nur darauf zusammen zu brechen.
Auf den Einschlag, der unausweichlich kommen würde und alles vernichtete, dass ich erschaffen hatte.
Der alles unter sich begrub und nicht Mal mehr die Ahnung hinterließ, welch sicherer Hafen dieser Ort für uns alle war.
Dennoch saß ich einfach nur hier und lauschte der scheinbar friedlichen Stille.
Machtlos etwas an dem zu ändern, was das Schicksal für uns bereit hielt.

Dem, was mich und diesen Ort, in den Abgrund ziehen würde.
Die Dunkelheit streckte schon ihre eisigen Krallen nach mir aus.
Hielt mich weiter in meiner Melancholie gefangen.
Schickte mein Herz ins Exil.
Dazu verdammt einsam und allein zu verkümmern.
Dazu verdammt zuzusehen.
Dazu verdammt nichts zu tun.
Dazu verdammt niemanden zu retten.
Nicht meine Familie.
Nicht meine Freunde.
Nicht mein Lämmchen.
Nicht Mal mich selbst.
Machtlos.
Absolut machtlos.

Es gab schon einige Momente in denen ich mich so gefühlt hatte.
Damals als meine Eltern starben.
Als mein Bruder starb.
Mein ältester Freund.
Ihre Mutter.
Jene Nacht in der mein Lämmchen verschwand.
Als sie wieder auftauchte und ich erfuhr, was ihr zugestoßen war.
Als sie sich das Leben nehmen wollte.
Als sie mein Mädchen eingewiesen hatten.
Als sie wieder auftauchte und Selbstjustiz verübte.
Als sie mich verlassen hatte.
All die Jahre in denen ich nicht wusste wo sie war.
Die Alpträume.
Die Hoffnungslosigkeit.
All das hatte mir gezeigt, wie machtlos ich eigentlich war.
Nichts als ein dummer Junge der glaubte etwas bewirken zu können und doch nichts bewirkte.
Doch dies was ich jetzt fühlte, war eine neue Stufe der Machtlosigkeit.

Eine Stufe die ich niemals angestrebt hatte.
Die ich niemals erreichen wollte.
Eine die mich dabei zusehen ließ, wie man mein Lämmchen - mein Mädchen, die schon viel zu viel erlitten hatte, vor meinen Augen an einen der größten Wichser der Welt, verkaufte. Dieses entsetzten das ich dabei verspürte, erinnerte mich an jenes aus der schrecklichsten Nacht meines Lebens und doch war es ganz anderes. Denn diesmal war sie es gewesen, die bereitwillig in diese Hölle hinab stieg.
Obwohl sie wusste was sie erwarten würde.
Obwohl sie wusste wie ich reagieren würde.
Obwohl sie wusste das wir uns vielleicht nie mehr wieder sehen würden.
War sie dieses Risiko bereitwillig eingegangen.
Hatte sich verkaufen lassen.

Ich stieß ein freundloses Lachen aus. Und noch eins.
Und noch eins.
Und noch eins.
Bis es einen hysterischen Klang annahm.
Bis es in ein in einen Laut überging, der an ein verwundetes Tier erinnerte.
Bis nichts als erstickte Laute entkamen und heiße Tränen meine Wangen hinab liefen.
Bis ich zur Seite kippte und meine Faust gegen mein vor Schmerz schreiendes Herz drückte.
Bis ich beruhigende Laute und eine Berührung an meinen Haar wahrnahm.
Bis ich die Machtlosigkeit heraus schrie.

Die Sonne sank immer weiter unter den Zenit und tauchte den Himmel langsam in ein malerisches rot, als Ken-chin auf die Veranda trat. Ich erkannte ihn an seinen Schritten. Er schien sich stumm mit meiner Schwester zu verständigen, welche immer noch beruhigend über mein Haar strich, obwohl ich keine Kraft mehr hatte zu weinen. Anscheind hatten die beiden sich stumm geeinigt, denn mein bester Freund trat zu mir und setzte sich zu meinen Füßen.
"Sie wurde abgeholt und angeblich soll Tanaka sich an die Abmachung gehalten haben, doch meinte Kakucho das Sue wohl erst in den späten Abendstunden zurück kommt" ,kam es sanft von meinem Vize, doch wusste ich nicht sorecht, wie ich mich fühlen sollte.
Erleichtert? Dankbar? Glücklich? Oder doch wütend?
Keines der Gefühle schien richtig. Ich fühlte mich emotional erschöpft.
Zu ausgelaugt, um irgendetwas fühlen zu können. Kraftlos. Doch weder Ken-chin, noch Emma, schienen eine Antwort von mir zu erwarten und auch sie schienen weder das eine noch das andere zu fühlen. Zumindest sagten auch sie nichts. Und so saßen wir drei einfach nur stumm da und lauschten weiter der heimtückischen Stille, die uns allen Märchen erzählte.

So lange bis die Sonne von der Dunkelheit verschluckt und meine Glieder steif wurden. Bis die Kälte sich in meine Knochen frass und mich in einen Zustand versetzten, welche ich noch aus einer Zeit ohne mein Lämmchen zu gut kannte.
Mühsam raffte ich mich hoch und begab mich ins Bad, um die Kälte zu vertreiben, doch ganz gleich wie hoch ich die Temperatur auch stellte, drang keine Wärme zu mir durch.
Während das warme Wasser auf mich niederprasselte und meine Tränen verschleierten, informierte mich Ken-chin darüber, dass mein Lämmchen bald eintreffen würde.
Nur mit Shirt und Trainingshose bekleidet, trat ich nach der Dusche nach draußen vor mein Haus, wo auch der Rest meiner Familie auf die Ankunft meines Mädchens wartete. Diese verstummten sofort, als ich einen Fuss vor die Tür machte und sie in mein ausdrucksloses Gesicht blickten, obwohl ich sie zuvor noch rege diskutieren gehört hatte.
Ich schloss meine Augen und schob meine Hände tief in die Hosentaschen, als ich aus der Ferne ein Motorengeräusch vernahm. Mit jedem Meter, welchen das Fahrzeug näher kam, spannte ich mich mehr und mehr an.
Spürte wie der Panzer aus Melancholie Risse zog.
Als hätte diese ein Gespür dafür, wie mein Lämmchen näher kam.
Als hätte nur sie die Werkzeuge dafür, diese Schale zu sprengen.
Als könnte nur sie diese Knacken, um die Gefühle darunter zu befreien.

Der Wagen hielt vor meinen Füßen. Ich öffnete meine Augen und sah zu diesem. Wummernde Bässe drangen aus dem inneren des Fahrzeugs, dessen Fahrertür sich öffnete. Takeomi erschien und lief einmal um die Limousine herum. Er nickte mir zu, ehe er nach der Hintertür griff und diese öffnete. Schallendes Gelächter drang durch die Musik zu uns herüber, doch schienen sie noch nicht begriffen zu haben, dass sie angekommen waren, weshalb Takeomi sie darauf hinwies.
Dann drehte sich der beste Freund meines verstorbenen Bruders zu mir.
"Erschreck dich nicht und berühr sie auf keinen Fall" ,meinte er plötzlich zu mir, bevor ich ein Rumpeln im inneren vernahm, gefolgt von mehrstimmigen Gelächter.
Ich hörte das Knacken deutlich, als sich meine Melancholie verabschiedete, um Entsetzen, Panik und Sorge Platz zu machen.
Was sollte das heißen?
Doch noch bevor ich meine Gedanken laut aussprechen konnte, klatschte mit einen Mal eine Hand, hinter der geöffneten Tür des Wagens auf den Asphalt. Blutverschmiert und eindeutig die meines Lämmchen. Gefolgt von einer zweiten, welche genauso vom getrockneten Blut überzogen war.
Was zur...?

Das patschenden Geräusch, welches den Händen - die sich auf dem Asphalt fortbewegten, folgte, schien aus einem Horrorfilm entsprungen und hinterließ eine unangenehme Gänsehaut auf meinen Körper. Alles spannte sich an, als auch ein Paar Knie den Händen folgten und mein Mädchen auf allen Vieren in mein Sichtfeld krabbelte. Nur um sich dort direkt kichernd auf den Rücken fallen zu lassen. Der Schein der Straßenlaterne schien auf ihre von Blut besudelten Gestalt und ließ ihr Kichern - im wahrsten Sinne des Wortes, in einem krotesken Licht erscheinen.
Mir schnürrte sich die Kehle zu, als ich erkannte, dass sie über und über mit blauen Flecken übersät war.
Nein... Nein...
Meine Atmung ging stoßweise und fiel mir mit jedem Atemzug schwerer. Wie von selbst lief ich auf sie zu, doch wurde ich von einer Hand an der Brust aufgehalten.
"Nicht anfassen. Das ist nicht ihr Blut" ,kam es ruhig und eindringlich von Takeomi. Ich riss den Blick von meinem Lämmchen los und sah zu ihm. Er sah immer noch genauso aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte, wenn er mit meinem großen Bruder das Wohnzimmer belagerte. Streng und doch freundlich, weshalb ich nie verstanden habe, warum er nie einen richtigen Draht zu seinem Bruder gefunden hatte. Für mich strahlte er immer noch das Gefühl eines großen Bruders aus, doch schien das für Sanzu nicht der Fall zu sein, welcher jetzt aus dem Wagen trat und genauso lachte wie seine Königin.

Auch er war Blut besudelt, genau wie Ran, der als nächster aus dem Fahrzeug trat.
"Scheisse" ,fluchte Takashi hinter mir, doch blieben die anderen stumm.
Ich sah wieder zu meinem Lämmchen, die mit den anderen über etwas lachte, dass wir nicht mitbekommen hatten, doch wusste ich bei ihrem Anblick nicht, wie man überhaupt etwas zum Lachen finden konnte. Mein Beine trugen mich ohne nachzudenken zu ihr, worauf sie ihren Kopf zu mir drehte. Ihr Lachen verblasste, während ich sie ruhig musterte. Auch das Lachen der anderen verklang von Sekunde zu Sekunde, bis es sich in eine erdrückende Stille verwandelte.
Eine Dunkelheit legte sich über mich, während ich die Wunden betrachtete, welche ihre helle Haut übermalten. Die Farben zeugten von verschiedenen Stadien der Misshandlungen, die sie in Tanaka's Händen erdulden musste und auch wenn es auf den ersten Blick nicht danach aussah, als wäre eine davon lebensbedrohlich, so katapultierten sie mich zu jener schrecklichen Nacht.
Auch damals hatte sie dunkle Flecken an Hand und Fußgelenken, sowie um ihren Hals.
Auch damals hatte sie blutunterlaufene Augen, vom vielen würgen.
Auch damals hatten mir ihre Wunden entgegen geschrien, dass ich versagt hatte.
Schreie die tief in mein Herz drängen und sich wie viele kleine Fleischerhaken durch das Gewebe bohrten.

Als ihre Augen meine fanden, stand in ihnen einen Ausdruck, denn ich nicht sorecht deuten konnte. Ihre Pupillen waren riesig, doch waren sie nicht so ausdruckslos, wie sonst. Ihre Fassade bröckelte und ich funktionierte wie auf Autopilot, als ich an sie heran trat und meine Hände nach ihr ausstreckte. Doch noch ehe eine Hand sie berühren konnte, zog mich jemand an meiner Kleidung zurück.
"Nicht" ,zischten die Tenjiku Mitglieder im Chor, als hätte ich beinah in ätzende Säure gefasst und wäre Gefahr gelaufen bei lebendigen Leib zersetzt zu werden.
"Fass mich nicht an! Sonst vergesse ich, dass du der beste Freund meines Bruders warst!" ,knurrte ich ungehalten und riss mich los.
Als ich wieder zu meinen Lämmchen sah, schluckte sie schwer und streckte vorsichtig ihre Hände nach mir aus.
"Manjiro" ,hauchte sie so schwach, das mein Herz in zwei brach und ich mit einen großen Schritt bei ihr war. Ohne auf die weiteren Proteste der anderen zu hören, zog ich sie auf meine Arme. Sofort schlang sie ihre um meinen Nacken und drückte ihr Gesicht an meine Brust, als suche sie Schutz. Ein überwältigendes Gefühl schwappte über meine Sinne und blendete alles andere aus. So groß das ich es nicht fassen konnte. Es war als hätte ich die Sonne geschmeckt.
Sie schloss ihre Augen und kuschelte sich noch dichter an mich. Kleine Stromstöße jagten durch meinen Körper und trieben mein Herz auf Hochtouren, während ich ohne auf irgendjemand anderes als mein Lämmchen zu achten, zu meinem Haus lief.

Eilig rannte jemand herbei und öffnete mir die Tür, doch nahm ich den Blick nicht eine Millisekunde von dem niedlichsten Geschöpf im Universum. Reines Glück rauschte durch meine Adern, obwohl eine kleine Stimme in mir sagte, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt wäre, so zu fühlen. Doch schrie diese Stimme gegen Wände. Denn das war es, was ich so verzweifelt wollte.
Ich wollte das sie sich bei mir anlehnte.
Ich wollte das sie bei mir Schutz suchte.
Ich wollte das sie sich von mir trösten ließ.
Ich wollte das sie mich brauchte, wie ich sie.
Das sie sich so verzweifelt an mich klammerte, wie ich mich an ihr.
Das wollte ich.
Schon damals.
Doch damals ließ sie es nicht zu.
Damals hatte sie mich einfach verlassen.
Hatte es mir einfach genommen, für sie da zu sein.
Doch jetzt würde ich mir dies nicht nehmen lassen.

Ich stieg mit ihr die Stufen hinauf und lief in mein Schlafzimmer, um sie dort in mein angrenzendes Bad zu bringen.
"Ich mach dich sauber, okay Lämmchen?" ,drang es mir leise über die Lippen, als ich mich mit ihr auf den Beckenrand der Badewanne setzte. Sie antwortet mir zwar nicht, doch drehte ich den Wasserhahn auf und begann vorsichtig damit, ihr die Schuhe auszuziehen. Einen kurzen Moment wartete ich auf Gegenwehr, bevor ich damit begann den kleinen Reißverschluss an ihrer Hüfte zu öffnen, der ein Teil des Kleides an Ort und Stelle hielt. Diesen Fetzen überhaupt als Kleid zu bezeichnen war ein Sakrileg, denn als ich den Knoten in ihren Nacken löste, rutschen die Bänder sofort von ihren Brüsten. Ich biss die Zähne aufeinander, als ich die vielen blauen Flecken unter dem getrockneten Blut erkannte. Hier und da verliefen kleine Schnitte über ihre Haut, die mit einer feinen Schicht Schorf überzogen waren. Einen kurzen Moment schloss ich meine Augen, um gab mir diesen Augenblick um mich zu sammeln, bevor ich das Wasser auf ihre Temperatur testet und sie hinein legte. Doch noch immer schien mein Lämmchen mich nicht loslassen zu wollen. Auch wenn ihr Körper im Wasser verschwand, hielt die ihre Arme um meinen Nacken geschlungen und ihren Kopf an meiner Brust gebetet.

"Ich mach dich sauber, okay Lämmchen?" ,fragte ich abermals und auch wenn es mir schwer fiel, löste ich ihre Hände um meinen Nacken. Riesige von Drogen geweitete Pupillen starrten mich an, als ich ihr in die Augen blickte. Ich biss die Zähne zusammen und hauchte ihr einen Kuss auf die Strin.
"Es wird nicht lange dauern" ,meinte ich dann und eilte schnell zu einem der Schränke, um einen Waschlappen hervor zu holen. Dann setze ich mich wieder an die Wanne und tauchte das Stück Stoff unter Wasser. Vorsichtig strich ich damit über ihre Beine, dennoch zog sie diese erschrocken an.
"Alles gut, ich wasch nur das Blut ab" ,versuchte ich sie zu beschwichtigen, wobei ich dieses Mal an ihrer Schulter ansetzte.
"Siehst du? Ich wasche es nur ab" ,sprach ich weiter beruhigend auf sie ein. Es war ein merkwürdiger Kontrast zu der Stimmung die sie an den Tag gelegt hatte, bevor ich sie in meine Arme gezogen hatte. Wo sie zuvor albern gewirkt hatte, so kam sie mir jetzt wie ein scheues Reh vor, dass ich bei der kleinsten Bewegung verschrecken konnte. Zuvor hatten um ihre Augen lachfältchen gelegen, doch jetzt sah sie mich mit einer Mischung aus Angst und Trauer an. Doch auch wenn man ihr voriges Verhalten als Außenstehender, als das erstrebenswertere interpretieren konnten, so war mir dieses lieber. Denn dies war echt.
Denn hier und jetzt trug sie keine Maske.
Sie war nicht die Königin Tenjiku's.
Sie war mein Lämmchen.
Mein kleines verlorenes Lämmchen.

Ich streckte meine Hand nach ihrer Wange aus und sobald meine Finger ihre zarte Haut berührten, schmiegte sie sich in diese.
Mein Herz machte einen Satz.
Am liebsten hätte ich die Zeit angehalten.
Selbst in jenen schrecklichen Moment.
Ihre Hände hoben und schlangen sich um meinen Arm, als wollte sie ihn nie mehr her geben.
Ich schluckte schwer und verharrte einen Moment in diesem Augenblick, bevor ich mich zwang in meinen tun weiter zu machen. Ich strich weiter behutsam über ihre Haut und dieses Mal zuckte sie nicht zurück. Sie ließ mich gewähren und schmiegte sich die gesamte Zeit über an mich, während ich das Blut fortwischte.
Als ich fertig war, hob ich die Hand und schnappte mir meine ihrer Strähnen, welche sich an der Spitze anfing zu Locken.
"Dein Haar hat auch was abbekommen" ,kam es mir heißer über die Lippen, während ich die geschwungene Haarsträhne betrachtete.
"Soll ich sie waschen?" ,fragt ich leise, immer noch fasziniert darüber, dass ihre Haare nicht mehr so glatt waren.
Ich spürte sie an meiner Hand nicken, worauf ich ihre Haarsträhne wehmütig los ließ und mich vorsichtig erhob. Bevor ich ihre Wange los ließ, strich ich mit dem Daumen sanft über ihre hell Haut und ließ ein kleines Lächeln erscheinen. Es war schwer mich von ihr zu lösen, wenn sie mich so nah an sich heran ließ, doch musste ich mich darum kümmern, dass alle Spuren ihres Martyriums beseitigt wurden.

Vorsichtig wusch ich ihr die Haare und ließ dann das Wasser ab, um sie behutsam aus der Wanne zu tragen. Sobald ich sie in den Armen hatte, klammerte sie sich wie zuvor an mich, während ich mit ihr zu meinem Ankleidezimmer lief und sie auf die Bank - welche in der Mitte stand, absetzte.
Mein Herzschlag setzte mehrere Schläge aus, als ich auf dieses niedliche Geschöpf blickte. Wie sie so da saß, tief in dieses riesige Handtuch gehüllt, welche selbst ihre Nase zum Teil bedeckte und nur ihre großen strahlend türkisfarbenen Augen zu mir empor blickten. So unendlich niedlich, dass ich am liebsten losgeheult hätte. Ein paar ihrer Locken waren heraus gesprungen und verdeckten teile ihres Gesichts. Am liebsten hätte ich ein Foto von ihr gemacht, um diese Bild einzufangen und für immer aufzubewahren, doch besinnte ich mich, warum ich mit ihr her gekommen war. Schnell wandt ich mich ab und kramte eine Boxershorts und ein Shirt von mir hervor.
"Das muss für heute gehen" ,meinte ich mit einem entschuldigenden Grinsen zu ihr, als ich mich vor ihr auf den Boden kniete. Einen Moment erstarrte ich und dachte an die Schachtel, welche schon seit Jahren in meinen Nachttisch lag. Eine Schachtel aus einer Zeit, in der noch alles gut war. Doch hatte sich seither nichts daran geändert, wie sehr ich ihr dieses Schmuckstück an ihren Finger stecken wollte. Ein resignierter Laut entkam mir, als ich mich kopfschüttelnd von den Gedanken befreite. Schon damals hatte sie die Idee nicht besonders erstrebenswert empfunden, irgendwann mal zu heiraten. Zudem waren wir nicht Mal mehr ein Paar, weshalb diese Gedankengänge mehr als lächerlich waren. Ich war lächerlich.

Am liebsten hätte ich vor Frust aufgeschrien, doch musste ich jetzt für mein Lämmchen da sein. Dieses winzige Geschöpf, welches mir so traurig eingehen blickte, als ich ihr das Shirt über den Kopf zog.
Ich zog sie wieder auf die Arme und lief mit ihr ins Schlafzimmer, wo ich sie unter die Bettdecke steckte. Zuerst wollte ich mich neben ihr zu Boden fallen lassen, doch als sie abermals ihre Arme nach mir aussteckte, gab ich ihr was sie brauchte.
Auch wenn es mich selbst zerriss.
Auch wenn wir eigentlich reden mussten.
Auch wenn nicht der richtige Zeitpunkt dafür war, dies zu genießen.
Solange sie mich wollte - egal in welcher Form, würde ich mich nicht verweigern. Niemals.
Denn ich war machtlos gegen sie.

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