Tag 1603 - Vergebung

Noch bevor meine Familie eintreffen konnte, klopfte es an meiner Tür. Wenn ich nicht unter Schlafstörungen leiden würde, hätte ich nichts von demjenigen, der meinte um diese gottlose Uhrzeit an meiner Tür zu klopfen, mitbekommen. Es war noch so früh am Morgen, dass gerade die ersten Sonnenstrahlen am Firmament zu erkennen waren - wenn man sich anstrengte. So früh, dass die Straßenlaternen nicht Mal abgeschaltet waren. Dennoch meinte jemand um diese Uhrzeit schon bei mir erscheinen zu dürfen und nach dem energischen Klopfen zu urteilen, schien es denjenigen äußerst wichtig. So wichtig das er mir nun beinah die Haustür einhämmerte, da ich anscheinend seiner Meinung nach diese nicht schnell genug öffnete. Wenn ich nicht wach gewesen wäre, hätte derjenige sich wahrscheinlich einfach hindurch geschlagen und wäre eingebrochen, um mich aus dem Bett zu zerren.

Um meine Haustür zu retten, machte ich widerwillig auf und hätte sie beinah direkt wieder zugeschlagen.
"Was willst du hier?" ,zischte ich Kazutora an. Dieser sprang einen Schritt zurück, nur um sofort wieder einen auf mich zu zu kommen.
"Ich... Ähm..." ,druckste er dann doch herum, worauf ich hinaus trat, ihn an der Schulter zurück schob und meine Haustür hinter mir schloss.
"Ich hab dir doch gesagt, dass du dich hier nicht blicken lassen sollst, bis das mit meinem Lämmchen geklärt ist" ,fuhr ich ihn an, wobei ich mich immer wieder umblickte, obwohl ich wusste, dass sie um diese Uhrzeit sicher noch schlafen würde.
Kazutora hatte den Anstand wenigstens zerknirscht auszusehen, wobei er die Lippen verzog und sich unsicher am Hinterkopf kratzte. Seine Haare trug er - wie immer heutzutage, in einem unordentlichen Knoten am Hinterkopf und seine blonden Strähnen waren einem schwarz gewichen. Einzig die vorderen Strähnen trug er noch in diesen unnatürlichen blondton.
"Ich weiß, ich... Ich weiß..." ,meinte er dann betreten, wobei er seine Hände knetete, "aber ich muss dich um etwas bitten."
Auffordernd sah ich ihn an.
"Ich... Du musst mich mit Chifuyu gehen lassen."

Ich hob eine Augenbraue an. Chifuyu sollte heute abreisen, um seine neue Identität in Fukuoka den Hauptsitz Shōsha's, anzunehmen. Eine Identität an welche Chifuyu und Takashi seit dem Tag, als wir mit Tenjiku das Bündnis eingingen, gearbeitet hatten.
"Warum sollte ich?" ,wollte ich skeptisch von ihm wissen. Seit Kazutora aus dem Knast und wieder bei uns war, hatte er immer Chifuyu's Nähe gesucht. Zuerst dachte ich das dies daran lag, dass er um seine Vergebung flehte, doch glaubte ich langsam das mehr dahinter steckte. Doch seit mein Lämmchen wieder hier war, hatte ich kein Auge mehr darauf haben können, da es ihm verboten wurde, auch nur in die Nähe meines Hauses zu kommen. Damit er ihr nicht über den Weg laufen würde, bis ich wusste, wie sie über die ganze Sache dachte und weil ich auch wahnsinnige Angst davor hatte, wie sie reagieren würde, wenn sie erfuhr das ich ihm vergeben hatte. Er war erst seit kurzem raus, doch hatte ich ihn mehrfach im Knast besucht, auch wenn er alles was in meinen Leben schief gelaufen war, eingeleitet hatte. Durch seine Tat begann alles den Bach runter zu gehen. Er hatte nicht nur meinen, sondern auch ihren Bruder getötet und damit mich und mein Mädchen in den Abgrund gestürzt.
Doch auch er war mit uns gefallen.
Tief.
Unbemerkt.
Und hatte sich verloren.
War bereit sich das Leben zu nehmen.
Mehrfach.
Vielleicht hatte ich ihn deshalb vergeben.
Weil er mich an mein Lämmchen erinnerte.
Weil auch er gebrochen war.
So wie sie.
So wie ich.

Ich hatte ihn vergeben.
Doch nicht gleich zu Beginn.
Ich war zu ihm gegangen, um ihn zu sagen, dass ich auf ihn warten würde.
Auf seine Entlassung.
Das ich dann mit ihm Plätze tauschen würde.
Das ich ihn töten würde.
Doch dann zeigte er mir die Narben. Jene welche die meines Lämmchens so erschreckend ähnelten.
Er sagte mir, dass er mir zuvor kommen würde, sobald er die nächste Gelegenheit dazu erhielt.
Doch ich war stur und wünschte ihm Glück dabei. Als ich ihn Monate später wieder besuchte, hatte er zusätzlich Striemen am Hals. Sie waren schon ein wenig verblasst, doch auch sie erinnerten mich schmerzlich an mein Mädchen.
Ich wollte ihm sagen das er sich mehr anstrengen sollte, doch waren mir die Worte im Hals stecken geblieben. Ich war daraufhin ohne ein Wort gegangen. Als ich das nächste Mal kam, zierten frische Wunden sein Gesicht. Er erzählte mir, dass er es endlich geschafft hatte, alle im Knast gegen sich aufzubringen und das es nun nicht mehr lange dauern konnte.

Ich verschwand wieder, ohne ein Wort gesagt zu haben und lief stundenlang umher, bevor ich mein Smartphone aus der Tasche zog und unseren Anwalt anrief. Von da an tat ich alles notwendige um Kazutora verlegen zu lassen und am Leben zu erhalten. Erst schob ich es darauf, dass ich es war, der ihn töten wollte, doch machte ich mir nur etwas vor. Ich wollte ihn retten. Wenn ich es schon nicht schaffte mein Lämmchen oder mich selbst zu retten, dann wenigstens Kazutora. Denn auch er brauchte jemand der ihn ein Seil zuwarf, um aus dem Abgrund zu klettern. Das er mein Bruder tötete, war ein Unfall gewesen. Baji nicht. Doch bereute er es zutiefst und das schon seit der Sekunde, in der er das Messer in Baji rammte. Doch war Baji es schlussendlich selbst, der sich tötete. Kazutora's Messerstoß wäre vielleicht tötlich ausgegangen, doch hätte er gerettet werden können, wenn er sich nicht auch noch selbst verletzt hätte. Kazutora war nicht Baji's Mörder. Baji selbst war es.

Doch war es Kazutora, welchen die Tat bis an sein Lebensende verfolgen würde. Eine Tat die er bis heute zwar nie wirklich aufgeklärt hatte, dennoch konnte ich nicht anders als ihm zu vergeben.
Ihm ein Zuhause zu schenken.
Eine Familie.
Auch wenn mich Chifuyu dafür verflucht hatte.
Auch wenn mein Lämmchen mich dafür verfluchen würde.
Es machte mir Angst, dennoch konnte ich nicht anderes und ich hoffe das auch sie verstehen würde.
Verstehen das Baji niemals gewollt hätte, dass Kazutora für seinen tot verantwortlich war.
Das er deshalb die Klinge gegen sich selbst gerichtet hatte.
Damit wir Kazutora vergeben konnten.
Etwas das Chifuyu jedoch nicht bereit war zu tun, auch wenn ich ihn versuchte begreiflich zu machen, dass Kazutora keine wirkliche Schuld traf.  Das er psychische Probleme hatte, welche mit Verlustängsten einher gingen.
Das er sich nach Liebe und Akzeptanz sehnte, weshalb er in seinen labilen Zustand nicht klar dachte und groteskerweise so gehandelt hat.
Doch wollte er nichts davon hören, auch wenn er wie er es sagte, für meine Heilung akzeptierte, dass Kazutora in unserer Siedlung lebte, so wollte und könnte er ihm niemals vergeben.

"Ich glaube kaum, dass Chifuyu das möchte" ,meinte ich deshalb zu dem ehemaligen Vize der ersten Division. Dieser zuckte sichtlich zusammen, wobei er seinen Blick hob und mir nervös entgegen blickte.
"I-Ich weiß. Aber Mikey... du musst es mir erlauben. Du musst" ,flehte er mich an, weshalb ich ihn prüfend ansah. Er zuckte immer wieder, während seine Anspannung aus sämtlichen Poren tropfte.
"Nimmst du deine Pillen nicht?" ,fragte ich ihn daraufhin, da ich wusste das seine Impulse immer zum Vorschein kamen, wenn er sie nicht einnahm.
"Doch nehm ich. Wirklich!" ,behauptete er felsenfest, auch wenn es gerade alles andere, als danach aussah.
"Gut" ,erwiderte ich ruhig, sah aber nicht zu ihm, sondern suchte die Umgebung ab, in der Angst doch mein Lämmchen irgendwo zu erblicken.
"Bitte Mikey" ,begann Kazutora wieder, "bitte, ich flehe dich an. Ich kann Chifuyu nicht alleine dorthin lassen. Ich... Bitte, wenn ihm etwas passiert... Ich... Ich kann das nicht."
In seinen sandfarben Augen huschten so viele Emotionen umher, doch handelten sie alle von Angst und Besorgnis. Sie zeugten von etwas das Kazutora sich in seiner Position besser nicht erlauben sollte, wenn ihn sein Leben lieb war.
"Kazutora" ,meinte ich deshalb warnend zu ihm.
"Ich will ihn doch nur beschützen" ,hauchte er nun traurig, wobei er mir einen Blick zukommen ließ, der nach purer Verzweiflung schrie.

"Er will deinen Schutz nicht, Kazutora. Er will das du ihn in Ruhe lässt und sicher nicht, dass ich ihn mit dir auf eine Mission schicke, für die er alleine vorgesehen war und du nicht Mal ansatzweise dafür ausgebildet wurdest."
Ich hörte ihn schlucken, worauf er beteten zu Boden sah. Niedergeschlagen atmete er aus und schloss seine Augen.
"Dann schick jemand anders. Egal wen... nur lass ihn nicht alleine gehen. Er... Chifuyu ist zu naiv um Gefahr zu wittern, selbst wenn sie direkt vor seiner Nase wedelt. Ich... Es darf ihm nichts passieren. Bitte Mikey."
Ich seuftzte schwer, weil ich mich so gut in seine Lage hineinversetzen konnte.
"Ich überlege mir was, okay?"
Kazutora's Kopf fuhr wieder hoch.
"Aber er fährt doch gleich schon ab" ,drängte er mich, wobei er seine Fäuste ballte. Genau darin lag das Problem. Ich würde so schnell niemanden mit dieser Ausgabe betrauen können, da Chifuyu die Sache von Anfang an alleine durchziehen wollte. Deshalb hatte ich niemand für diese Aufgabe heran gezogen und diejenigen welche ich von ihren Posten abkommandieren konnte, waren alle mehr als ungeeignet für diesen Job.

Diejenigen aus unserer Familie die geeignet wären, kannte so gut wie jeder, weshalb die Wahl auch auf Chifuyu fiel, da er nie außerhalb unserer geschützten Mauern agierte und somit auch niemand sein Gesicht kannte. Das sich der jüngste aus unserer Familie für's Hacken interessierte, kam mir in der Erfüllung von Baji's letzten Wunsch gerade recht. So konnte er uns helfen, ohne in die Schussbahn zu geraten und zudem hatte er sich einen Namen unter den Hackern gemacht, welche uns bei unserem Plan zugute kam. Es fügte sich wie ein Puzzleteil zusammen. Auch wenn ich ungern den Vize der ersten Division diese Aufgabe anvertraute, da diese mit einen großen Risiko verbunden war. Doch da alles so perfekt passte, konnte ich Chifuyu den Wunsch zu helfen, nicht abschlagen. Dabei hoffte ich selbst, dass ihm nichts geschah und je weniger davon wussten, desto sicherer war dieses Unterfangen. Weshalb wir auch niemand zusätzlichen für diesen Auftrag auserkoren hatten. Und auch Chifuyu meinte, dass es so sicherer war.

Doch Kazutora's Sorge um den Jungen, war mehr als berechtigt.
"Also gut. Du gehst..." ,knickte ich ein, worauf ich meine Hand einhaltgebietend hochhob, als er gerade den Mund aufmachen wollte, "du sagst ihm, dass dies mein ausdrücklicher Wunsch war. Wirst ihn aber nicht belästigen und ihm weitmöglichst aus dem Weg gehen. Ich rede mit Takashi, damit er dir eine Identität zulegt, die passen könnte. Du machst genau das, was dir gesagt wird und wirst nur eigens agieren, wenn Chifuyu in größtmögliche Gefahr gerät, verstan-..."
Weiter kam ich nicht, da wurde ich schon mit Wucht in seine Arme gezogen.
"Danke, danke, danke, danke, danke Mikey" ,kam es erstickt von den Jungen mit dem Tigertattoo. Ich wusste das Chifuyu mich für meine Entscheidung kalt machen wollen wird, doch wusste ich auch, dass er sich fügen würde, auch wenn es ihm nicht passte. Kazutora war die passendeste Wahl, welche sogar Ken-chin und Takashi ansprachen, als das für und wieder dafür das er alleine ging, diskutiert wurde. Da Kazutora so gut wie niemand mehr kannte und er kein zu unterschätzender Gegner war. Das war Chifuyu zwar auch nicht, doch wie Kazutora schon sagte, war er nicht gerade feinfühlig für Gefahr und Kazutora war äußerst kampferprobt, nicht nur durch seine Jahre im Knast. Er konnte sie wen nötig da raus holen, sollte es Ärger geben.
"Ich schwöre du wirst es nicht bereuen" ,meinte er zu mir, als er mich erleichtert ansah und einen Moment später davon rannte.
"Oh, dass werde ich leider doch... auf die eine oder andere Weise" ,kam es mir leise über die Lippen, als ich ihm hinterher sah, wie er in Richtung Chifuyu's Haus davon lief.

Noch bevor ich im Badezimmer ankam, erreichte mich auch schon der Anruf des Vizen der ersten Division, ob das mein verschissener ernst sei und das wir das anders abgemacht hätten. Chifuyu war vielleicht kein Mörder, doch nach seinem Tonfall zu schließen, überlegte er ernsthaft einer zu werden. Ich wusste das er vehement dagegen war, mit Kazutora auch nur die selbe Atemluft zu teilen, doch als dieser noch im Knast war und er hörte, dass Kazutora sich versucht hatte das Leben zu nehmen, war er der erste, der sich dafür einsetzte ihn da raus zu bekommen. Er hatte viele Akten studiert und ist Gerichtsprozesse durchgegangen, als würde sein Leben davon abhängen, doch als Kazutora aus dem Knast kam, wollte er von dessen Entschuldigung nichts hören. Ganz zu Schweigen davon, dass ich ihn wieder in Toman Aufnahm, um ihm einen Lebenssinn zu geben. Er ging ihm so gut er konnte aus dem Weg, doch sorgte er sich um sein Wohlergehen. Etwas das nicht ganz ins Bild passte, doch war ich bisher zu beschäftigt mit meinen eigenen Dämonen klar zu kommen und war es um ehrlich zu sein auch jetzt noch, weshalb ich ihn klipp und klar sagte, dass er einen Weg finden sollte, um damit klar zu kommen. Ich weiß, nicht gerade mitfühlend, doch war ich auch nicht gerade für meine einfühlsame Art bekannt. Außer es ging um mein Lämmchen und selbst da tat ich mich ab und an, schwer.

Als meine Familie später eintraf, klopfte mir Ken-chin wohlwollenden auf die Schulter.
"Gut das du ihn doch mitschickst" ,meinte er zu mir, wobei er sich an einen der Stühle stellte, um diesen meiner Schwester zurück zu ziehen. Langsam erkannte man nun deutlich, die kleine Wölbung ihres unteren Bauches und angeblich war auch ihre Morgenübelkeit verschwunden.
"Jo alter, gut das du den Tiger mitschickst" ,meinte dann auch Takashi, als er als letzter mit Yuzuha und Hakkai eintraf, während mein Vize mit den Kawata Zwillingen den Tisch deckte. Sanzu schielte über sein Handy zu uns.
"Den Tiger?" ,fragte der pinkhaarige skeptisch.
"Unser Codewort für, halt den Rand und misch dich nicht in Dinge ein, die dich nichts angehen" ,sprang Nahoya sofort ein.
"Du meinst wohl für, zieh Leine wenn wir Gangangelegenheiten besprechen, die nichts mit Tenjiku zutun haben" ,meinte nun auch der Commandant der zweiten Division.
"Ach Quatsch, dass war doch für, wer zu neugierig wird, bekommt auf die Fresse" ,kam es von Ken-chin, welcher meiner Schwester einen riesen Haufen Dorayakis servierte, wobei er Sanzu einen üblen Blick zukommen ließ. Ein wenig wehmütig sah ich die Dinger an. Normalerweise waren diese, sowie Taiyaki's aus meinem Haus und in meiner Nähe verbannt worden, doch musste eine Schwangerschaft dies wohl außer Kraft setzten.

"Nein, dass war für, Quasselstrippen sollten besser ihren Rand halten, wenn ihnen ihr Leben lieb ist" ,mischte auch Inui sich ein.
"Ähh... Ähh... Das war für, sollte das Wort nur einmal deinen Mund verlassen, egal zu wem, wird dein Blut den Boden rot färben" ,versuchte nun Pah einen drauf zu setzten, wobei er sein Messer warnend in der Luft hielt.
"Ach ja? Ich dachte das war für, zieh jetzt endlich Leine, bevor wir dich hier raus schleifen" ,drohnte ihm nun auch Hakkai, der eigentlich immer zeimlich still blieb.
Jetzt fehlte nur noch Souya.
"Manchmal bedeutest es aber auch-..."
"Ja, ja, ich hab ja verstanden ihr Pisser" ,fauchte Sanzu als er Angry unterbrach und seinen Stuhl zurück schob. Alle grinsten sich an, als der pinkhaarige das weite suchte.
Ich beeugte derweilen jedoch die dampfenden Dinger auf Emma's Teller. Der Tisch war zwar einladen gedeckt, doch lagen meine Augen nur auf den Dorayaki's.
"Oh sorry Mikey, ich..." ,bemerkte meine Schwester mein starren, "ich stell sie weg, okay?"
Doch noch bevor sie aufstehen und Ken-chin mich mit Blicken erdolchen konnte, da ich es wagte seiner schwangeren Freundin ihre Heißhungerattacke zu vermiesen, beugte ich mich vor und stahl ihr eines vom Teller.

Ich seuftzte leise auf, als ich in den fluffigen Teig bis. Auch wenn mein Lämmchen die um einiges besser hinbekam, so war es doch eine Wohltat, diese wieder zu schmecken. Das starren meiner Familie ignorierend, ass ich das Dorayaki auf. Ich verstand, warum sie mich so fassungslos ansahen. Das erste Mal als es diese gab, nachdem mein Lämmchen aus meinen Leben verschwunden war, bin ich ausgeflippt. Ich schlug fast alles im Haus meines Großvaters kurz und klein. Danach hatte niemand mehr gewagt ein Dorayaki in meiner Gegenwart zu essen. Und als ich dann etwas später vor einem Taiyakistand, in Tränen ausgebrochen bin, hatte sich auch das erledigt. Seltsam das Gebäckstücke so eine Wirkung auf mich haben konnten. Doch erinnerten sie mich einfach viel zu sehr an mein Lämmchen. Ich verweigerte sie mir, um mich selbst zu strafen. Um mir etwas vorzuenthalten das ich liebte. Weil ich etwas verloren hatte, dass ich mehr als alles liebte.

"Willst du noch eines, Mikey" ,fragte meine Schwester mich nun zaghaft, als ich zuende gegessen hatte. Ich spürte die brennenden Blicke der anderen, als ich seufztend ablehnte.
"Wirklich nicht? Ich mach dir auch ganz frische" ,versuchte mich mein bester Freund zu überzeugen. Er hatte irgendwie in unserer Familie den Frühstücksdienst übernommen. Jeden Morgen kam er zu mir herüber und zauberte uns allen etwas zu essen.
Selbst an den Tagen, wenn ich nicht aus meinen Zimmer gekommen war. Es gab keinen Tag, an denen sie hier nicht gemeinsam frühstückten, um mir das Gefühl zu geben, dass ich nicht alleine war.
Selbst an den Tagen, an denen ich mich mehr allein fühlte, als der letzte Mensch auf Erden.
Selbst an den Tagen, an denen mich meine Trauer überwältigte und ich den ganzen Tag zu nichts zu gebrauchen war.
Selbst an den Tagen, an denen mein Selbsthass überwog und ich völlig ausrastete.
Selbst an den Tagen, an denen ich nicht ein Wort zu ihnen sagte.
Sie waren immer da.
Waren gekommen um mich aufzumuntern.
Hatten mich nie aufgegeben.
Sie waren mehr als nur meine Freunde.
Sie waren meine Familie.
Die Menschen die immer für mich da waren, ganz gleich wie ich mich benahm.
Die Menschen bei denen ich mich fallen lassen konnte.
Und deshalb, auch wenn sich mein Magen zusammen zog und der Dorayaki in mir brannte, für all das was ich verloren hatte, nickte ich.
Ich nickte für den Dorayaki.
Ich nickte für meinen besten Freund.
Ich nickte für meine Familie.
Ich nickte für meine eigene Vergebung.
Ich nickte für einen Weg in die richtige Richtung.
Einen Weg zu mir selbst.

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