Kapitel 38
Luke
Kates wunderschöne blaue Augen strahlen mir entgegen, in die sich die Müdigkeit schleicht. Ich streiche ihr sanft über ihr Haar und halte mit der anderen Hand ihre kleine, kalte in meiner. Nie in meinem Leben bin ich einem schöneren Menschen von innen wie von außen begegnet und ich weiß, dass mir nie wieder jemand wie sie begegnen wird. Und ich weiß auch, dass sie mir bald entrissen wird. Dass ich mich verabschieden muss.
Ihre Lider schließen sich, die Bürden des Lebens und ihrer Krankheit immer noch auf den Schultern.
Ich kann mich genau an den Tag erinnern, als ich sie das erste Mal sah. Wie verzweifelt und gebrochen sie war. Ich habe mich oft gefragt, ob ich damals das Richtige getan habe und habe zu Gott gebetet, dass er mir doch die Kraft und Weisheit geben soll richtig zu handeln. Wenn ich zurück blicke sehe ich, dass der Herr meine Gebete erhört hat, denn mir hätte nichts besseres als Kate passieren können.
Meine Liebe zu ihr ist unendlich, ich würde alles für sie tun und habe alles versucht um sie glücklich zu machen, denn wenn sie es ist bin ich es auch.
Es war und ist nicht leicht, doch das ist es nie im Leben, es kommt lediglich darauf an wie man mit den Dingen umgeht und ob man es sich noch schwerer als nötig macht. Ich hätte sie niemals aufgegeben, auch wenn sie es so oft von mir verlangte.
Sie gibt mir Kraft, zeigt mir was es heißt aufrichtig zu lieben und hat mir mein Leben so viel leichter gemacht, obwohl ihres immer schmerzhafter und schwerer wurde. Sie ist so unglaublich stark, so stark.
Ich weiß, dass eine Wohnung im Himmel für Kate reserviert ist und das macht mir den Abschied um einiges leichter, denn ich weiß, dass sie es dort besser haben wird als hier. Und ich weiß auch, dass ich sie eines schönen Tages wiedersehen werde und dann kann uns nichts mehr trennen, denn der Tod wird überwunden sein. Dann kann mir nichts und niemand Kitty entreißen.
Mein Blick schweift über ihre sanften, rosanen Lippen, über ihre langen, schwarzen Wimpern bis hin zu ihrer kleinen Stupsnase. Gott, ich liebe einfach alles an ihr.
Ich liebe ihren Humor, liebe es wie sich ihre Nase kräuselt, wenn sie sich ekelt und liebe es, wie ihre Augen strahlen, wenn sie lacht. Ich liebe es, wenn ich der Grund bin, dass sie lacht und sich freut, egal ob es bloß ist, weil ich mich zum Idioten gemacht habe. Für ein kleines Lachen ihrerseits würde ich mich vor der ganzen Welt zum Idioten machen.
Die Zeit mit ihr war atemberaubend, so wenig wir auch gemeinsam hatten. Ich kann nicht beschreiben wie glücklich ich bin, sie in meinem Leben haben zu dürfen. Sie macht mich zum glücklichsten Mann der ganzen verdammten Welt und das allein mit ihrer Anwesenheit.
Ich streiche Kate sanft über ihre eingefallen, weichen Wangen. Es schmerzt sie so zu sehen, wo sie doch eigentlich die ganze Welt, alles Glück verdient hätte und ihren Mitmenschen so viel schenkt.
Mein Blick fällt erneut auf ihre Lippen, sodass ich nicht widerstehen kann meine auf ihre zu legen. Es ist wie eine Sucht, nur eben ohne negative Nebenwirkungen. Jedes Mal, wenn ich sie küsse, explodieren die Gefühle in mir. Meine Beine werden schwach, mein Herz schlägt schneller und alles um uns herum scheint nicht mehr zu existieren. Es gibt nur sie und mich und mehr brauche ich nicht.
Als ich mich wieder von ihr löse, verharre ich kurz über ihr und erwarte, dass ihr warmer Atem auf meine Haut trifft, doch ich spüre nichts.
Pure Panik kriecht in mir hinauf und lässt eine Gänsehaut auf meinem ganzen Körper entstehen. Das kann nicht sein, es kann einfach nicht sein. Sie schläft einfach nur.
,,Kitty?! Wach auf!"
Ich rüttele an ihrer Schulter, damit sie endlich wach wird und mir ihre unglaublichen Augen entgegen strahlen, doch nichts geschieht. Ihre Augen bleiben geschlossen und sie rührt nicht einmal den kleinen Finger. Ich reiße ihr hektisch die Decke vom Körper und lege mein Ohr auf ihr Herz, doch ich kann nichts hören, ich kann verdammt nochmal nichts hören.
,,Kate! Kate, wach auf, komm schon, bitte! Du darfst nicht gehen, bitte bleib noch hier!"
Meine zitternden Hände schließen sich um ihr zartes Gesicht und ich warte verzweifelt auf irgendeine Reaktion, doch es geschieht nichts. Es geschieht einfach nichts.
Alles in mir wird taub, stirbt ein wenig, während mir ununterbrochen heiße Tränen über die Wangen laufen. Das darf nicht sein, das darf einfach nicht sein. Es soll ein beschissener Traum sein, ich will aufwachen.
,,Kate!"
Ich brülle ihren Namen in der Hoffnung, dass sie dadurch endlich ihre Augen öffnet, doch es bringt nichts. Sie bleiben immer noch geschlossen.
Die Zimmertür öffnet sich und Kates Eltern kommen hereingestürmt, während ich meine Stirn bloß auf ihre lege, sie ein letztes Mal berühren will, ihre Nähe spüren will, bevor sie mir ganz entgleitet. Markerschütternde Schluchzer entkommen mir. Lass es bitte nicht real sein.
Anne entfährt ein spitzer Schrei und sie und ihr Mann kommen zu ihrer Tochter gestürmt. Zu dem leblosen Körper ihrer Tochter, denn ihre Seele ist nun frei.
Ich fühle mich, als wäre ich in Watte gepackt, als wäre ich nie wieder in der Lage wirklich zu leben. Als wäre mir etwas Überlebenswichtiges entzogen worden, was es auch ist.
Tobias und Anne reden wild durcheinander, weinen unkontrolliert, doch ich nehme es nicht wirklich wahr. Mein Blick ist stumm und starr an die Decke gerichtet, die Kate und ich noch vor wenigen Monaten zusammen bemalt hatten, was nun eines der materiellen Dinge ist, die hier noch von ihr übrig bleiben. Tränen laufen mir weiterhin stumm die Wangen hinunter und ich weiß, dass ich irgendetwas tun sollte, doch ich kann nicht. Ich bin wie gelähmt.
Es darf nicht wahr sein, es darf einfach nicht wahr sein. Ich spüre alles und gleichzeitig nichts, mit ihr ist auch ein Teil in mir gestorben. Der Schmerz ist so riesig und unbeschreiblich, wie ich ihn noch nie gespürt habe.
Kitty ist tot.
Ihr Weg auf dieser Erde ist beendet.
Du bist der großartigste Mensch, der mir je begegnet ist, behalte das immer im Kopf. Und vergiss nicht wie sehr ich dich liebe.
Kate wusste es. Sie wusste, dass es zu Ende ist, dass sie gehen muss. Sie muss es gespürt haben.
Dabei ist sie doch der großartigste Mensch. Ich liebe sie, ich liebe sie so sehr und werde es immer tun. Wie könnte ich sie vergessen? Ihr Lächeln, ihre Augen, ihre Stimme, einfach alles.
Und nichts von dem werde ich je wieder zu Gesicht bekommen. Nie wieder den Klang ihrer klaren Stimme hören. Nie wieder meine Hände über ihre weiche Haut fahren lassen können. Nie wieder.
Sie hat ihren Kampf zu Ende gekämpft. Sie hat alles Leid ausgehalten, das ein Mensch ertragen kann. Und ausgerechnet ich hatte das Privileg sie lieben zu dürfen. Ihr mein ganzes Herz schenken zu dürfen, sie berühren zu dürfen.
Wir werden uns wiedersehen. Und dann wird alles gut sein.
Kitty ist frei. Der eigentliche Teil beginnt erst jetzt, sie ist bereit für die Unendlichkeit und kann ihre Flügel ganz ausbreiten.
Flieg hoch mein kleiner Adler.
Ich liebe dich.
Und werde es immer tun.
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