Teil 5 Etwas beginnt - Robin und Kira V

Kira fuhr zur nächsten Tankstelle, die einem Freund ihres Großvaters gehörte.
Karl war ein Vertrauter ihres ganzen Lebens. Viele Stunden hatte sie hinter dem Tresen verbracht, hatte die Kunden mit ihren Witzen unterhalten, hatte mit Karl und seiner Frau Karten gespielt.

Anna war letztes Jahr überraschend gestorben, und Karl hätte beinahe aufgegeben. Sie hatte ihn viele Stunden lang getröstet und ins Leben zurückgeholt.

„Hallo, Sonnenschein!" begrüßte er sie.
Sie lächelte ihm zu. Etwas war anders heute! dachte er. Sie strahlt von innen!
Sie wartete, bis ein Kunde den Verkaufsraum verlassen hatte, räumte am Regal alle Kondome in XL ab, legte sie auf den Tresen.

Karl lachte. „Kaufst du für die Nachbarschaft mit ein?" zog er sie auf.
„Neihein!" antwortete sie.
„Hast du gestern auf dem Konzert jemanden kennengelernt?" wollte Karl wissen.
„Ja! Ihn!"

„Wen? Robin?" Er wusste von der Schwärmerei der Kleinen. Daran waren auch immer wieder Beziehungen von ihr gescheitert, weil keiner so war wie der unvergleichliche Robin Westen! Er und Anna hatten ihr oft zu bedenken gegeben, dass sie den Musiker doch gar nicht kannte, dass er womöglich, wahrscheinlich sogar, ganz anders wäre, als sie ihn sich zurecht träumte.

„Jaha!" Sie drehte eine Pirouette.
Karl verschlug es kurz die Sprache. „Und? Wie ist er?" fragte er dann.
„Besser als erträumt! Perfekt! Einzigartig!" jubelte sie.
Karl zog die Stirn kraus. Hoffentlich verrannte das schöne Mädchen sich da nicht in etwas!

„Aber sag ihm: Wenn er dich unglücklich macht, bekommt er es mit mir zu tun!" erklärte er sehr ernst.
„Okay! Ich richte es aus." Sie bezahlte und hüpfte zur Türe. „Ich stell ihn dir schon mal vor!" versprach sie.

Als sie ihren Einkauf zu Hause auf den Tisch legte, musste Robin lachen. „Hast du eine Großhandlung ausgeraubt?"
„Nein, nur die Tankstelle eines Freundes geplündert!" berichtete sie aufgedreht. Es war so schön, in das Haus zurückzukommen und zu wissen, dass Robin da war!
„Freund?" fragte er misstrauisch.
„Ja, ein 65jähriger Freund meines ganzen Lebens!" antwortete sie lächelnd. „Ein dritter Großvater!"

Robin nahm sie in den Arm. Na, das konnte ja was werden, wenn er bei dem Wort Freund schon so zusammenzuckte! dachte er.

Engumschlungen gingen sie zum Herd. Sie sah ihm interessiert zu, wie er aus den vorbereiteten Zutaten eine Tortilla zauberte, die dann auch noch göttlich schmeckte.

Kira ließ Kaffee aus der ultramodernen Maschine.
Robin saß nach dem Frühstück zufrieden auf seinem Stuhl. Die Arme hatte er hinter seinem Kopf verschränkt, das Shirt war hochgerutscht.

Kira versuchte, nicht auf die feinen Härchen zu stieren, die hinter dem Bund der Jeans verschwanden, die sie heute Nacht so oft gestreichelt hatte, weil sie ihr den Weg gewiesen hatten zu....!

Stop! rief sie sich zur Räson.

Robin hatte ihren Blick genau gesehen. Er hatte das Gefühl, vor Glück zu platzen.
Daran könnte ich mich gewöhnen! dachte er. Eine heiße Nacht, Frühstück mit der Schönheit, und danach.....!

Stop! rief er sich zur Räson.

Doch irgendwie hörten sie nicht auf ihre inneren Stimmen, beide nicht.
Gleichzeitig standen sie auf, langsam gingen sie aufeinander zu. Vorsichtig zog er sie an sich.

„Mein Gott, hat es mich erwischt!" murmelte er in ihre blonde Mähne.
„Wurde ja auch Zeit!" murmelte sie an seiner Brust.
Und dann brachen alle Schranken der Beherrschung.

Als er gerade zwischen Himmel und Erde war, läutete sein Handy.
Verdammt! Warum hatte er das Ding denn nicht ausgemacht! Er fischte es unwillig aus der Jeans, die auf dem Boden lag.
Fred! las er auf dem Display. O Gott! Den hatte er ja ganz vergessen!

Er drückte automatisch auf Lautsprecher, er hatte keine Geheimnisse vor der Schönen, und er fand es unhöflich, in ihrem Bett zu telefonieren, ohne dass sie mitbekam, worum es ging.

Kira vermerkte diese Geste auf der Liste in ihrem Kopf, deren Überschrift lautete: „Er ist besser als in meinen Träumen!"

„Sag mal, wo steckst du denn?" fuhr Fred ihn an, nachdem er sich gemeldet hatte.
„Willst du es genau wissen, oder reicht es, wenn ich sage, dass es mir verdammt gut ging, bis das Telefon geläutet hat?" nahm er den Kumpel auf die Schippe.

Kira lachte leise, Fred ebenso. „Okay! Freut mich zu hören, dass dich das rabiate Bergvolk nicht verschleppt hat! Kommst du irgendwann wieder mal ins Hotel?"
„Im Moment sieht es nicht danach aus!" konterte Robin. „Aber du könntest mir mein Gepäck vorbeibringen!"

Da fiel ihm etwas ein. „Wo warst du eigentlich letzte Nacht? Ich habe angerufen, weil ich nicht wusste, in welchem Hotel wir abgestiegen waren!"
Fred schwieg eine Weile. „Na, in der Stadt gibt es mehr als ein schönes Mädchen!" gab er schließlich zu.

Robin grinste. „Wenn du sie wiedersiehst, richte ihr meinen allerherzlichsten Dank aus, dass sie dich für mich unerreichbar gemacht hat!"
Fred versprach, das zu tun und auch Robins Koffer vorbeizubringen. Kira textete ihm die Adresse, speicherte sie auch auf Robins Handy ab. „Für Notfälle!" sagte sie nur.

„Du glaubst doch nicht, dass ich dich je wieder aus den Augen lasse!" flüsterte er, bevor er da weitermachte, wobei sie gestört worden waren.

Am Nachmittag kauften sie ein, Robin merkte wieder, wie beliebt seine Kira überall war. Von allen Seiten wurden sie begrüßt, angelächelt, immer wieder musste sie ein paar Worte mit Menschen wechseln. Auf dem Rückweg fuhr sie bei Karl vorbei, ihr Großvater war auch gerade da.

„Also, bitte! Das ist Robin! Begutachten und als gut für mich befinden!" wies sie die beiden Männer an.
Karl und Paul musterten den jungen Mann, der ihre Kleine im Arm hielt, sie bei ihren Worten verliebt anstrahlte, der ihnen höflich die Hand gab, sie ebenso anstrahlte, eigentlich die ganze Welt anstrahlte. Er hatte so gar nichts von einem wilden Rockstar, und sie waren beide mehr als erleichtert.

„In Ordnung!" erklärte ihr Großvater. „Genehmigt!" Er war kein Mann der großen Worte, aber Robin verstand die drei, und er war schwer zufrieden damit!
„Dankeschön!" sagte er nur artig.

Zu Hause wartete Fred, er hatte ihn schon wieder vergessen! Stolz stellte er Kira vor.
„Danke! Wir kennen uns schon!" Der Freund grinste ihn an. Kira bat ihn herein, doch er wollte nicht stören. Wahrscheinlich hatte er auch noch andere Pläne für den Abend, wie Robin vermutete.
„Also, dann hole ich dich am Freitagnachmittag ab!" sagte Fred noch und fuhr weg.

Seine Worte machten Robin das Herz schwer. Freitagnachmittag! Heute war Dienstag! Was würde dann sein? Was würde aus ihnen werden? Sie tourten noch drei Monate lang durchs Land, dazwischen immer ein paar freie Tage.

Sie luden gedankenverloren die Einkäufe aus, Robin wollte kochen. Aber im Moment hatte er weder Lust dazu noch Appetit.
Er musste mit ihr reden! Es musste einen Weg für sie geben, sie mussten ihn nur finden.
Kira ahnte seine Gedanken sehr genau, weil ähnliche sie selbst quälten.

„Setz dich erst einmal!" bat sie ihn schließlich. Müde ließ er sich in einen Sessel fallen, doch die Müdigkeit kam aus seinem Herzen. Noch nie hatte er eine solche Panik verspürt wie in diesem Moment.

Sie setzte sich ihm gegenüber.
Kein gutes Zeichen! dachte er.

Zu viel Abstand!
Abstand, den sie zu ihm wollte?

Hatte sie erreicht, was sie geplant hatte?
Ihren Schwarm rumzukriegen?

War's das dann?
Aber er konnte das nicht wirklich glauben!

Wir müssen reden! Kein anderer Gedanke fand in ihrem Gehirn Platz. Wir müssen reden!
Doch zum Reden brauchte es Worte, und sie hatte kein einziges. Kein Wort, um ihn zu fragen, wie es weitergehen würde.

Waren ihm die fünf Tage mit ihr genug?
War er so?
War es so bei ihm?

Eine neue Stadt, eine neue Frau, verliebt sein für fünf Tage?
Aber sie glaubte nicht so recht daran!
Glaubst du, ich lasse dich je wieder aus den Augen? hatte er gefragt. Heute erst war das gewesen!
„Komm mit!" stieß er schließlich hervor.
„Wohin?" flüsterte sie.

„Auf die Tournee. Wir haben noch ungefähr zehn Stationen, haben dazwischen immer ein paar Tage frei. Dann können wir die Städte ansehen. Es ist Sommer! Wir können tanzen gehen! Wir können zusammen sein! Wir sind jung und frei! Wir können leben, wie wir wollen! Wir sind niemandem verpflichtet! Unsere Leben scheinen nicht zusammenzupassen, aber sie tun es perfekt. Wenn wir beide es wollen. Wir sind zwei kreative Seelen, wir werden immer Verständnis füreinander haben. Wenn ich mitten im Gespräch aufspringe, weil ich eine Melodie im Kopf habe und erst nach drei Tagen wieder auftauche. Wenn du einen Lauf hast und Tag und Nacht schreiben musst, ohne deine Umwelt wahr zu nehmen! Zum Ende der Tournee sind wir dann in Hamburg. Ich habe da eine Wohnung. Du kannst meine Eltern und meine Geschwister samt Anhang kennenlernen. Sie sind nett, du wirst sie mögen, und sie werden dich lieben. Wir können pendeln zwischen Regensburg und Hamburg. Es ist alles zu schaffen, wenn wir nur wollen. Komm in mein Leben, Kira, und lass mich in deines!"

Er merkte, wie wirr die Worte aus ihm heraussprudelten. Aber sie sprudelten aus seinem Herzen. Das war genau das, was er fühlte, was er wollte. Er wollte sie in seinem Leben. Er musste sie überzeugen, überreden. Sie musste ihm glauben, unbedingt.
Sie sah ihn mit großen Augen an, versuchte zu atmen.
Er hielt die Luft an.
Warum sagte sie nichts?

Dann öffneten sich ihre Lippen und nur zwei Buchstaben kamen heraus.

„Ja!" sagte sie.
„Ja?" fragte er sicherheitshalber nach, falls ihm seine Sehnsucht nach diesem Wörtchen die Sinne vernebelt hatte.
„Ja!" wiederholte sie.

Da riss er sie in seine Arme, bedeckte ihr perfektes Gesicht mit tausend Küssen. Lächelnd machte sie sich frei.
„Aber das war jetzt schon ein bisschen Wortverschwendung!" hielt sie ihm vor. „Bleibst du bei mir? hätte auch genügt!"

Er grinste sie frech an, so wie sie es liebte. „Gut! Ich gelobe Besserung! In Zukunft nur das Nötigste! Zieh dich aus!"
„Na, also! Geht doch!" parierte sie, während sie die Bluse aufknöpfte.
„Strip!" forderte sie ihn dann auf.

Aha! Es ging noch knapper! dachte er glücklich lächelnd und befolgte ihren Befehl.
Kochen konnte er später. Im Augenblick war er zu hungrig dafür.

Viel später kochte er dann ein hervorragendes Gulasch. Er hatte sich dafür entschieden, weil es eine Stunde auf dem Ofen dahin schmurgeln konnte, ohne beaufsichtigt werden zu müssen, was ihm herrliche 60 Minuten bescherte.

„Wir könnten eigentlich mit deinem Auto fahren, statt mit dem Tourbus!" schlug er später vor. „Dann wären wir motorisiert!"
„Super! Bloß mit dem Gepäck wird es eng!" gab sie zu bedenken.
Er zog sie lachend auf seinen Schoß. Mein Gott, war er in das patente Mädel verknallt!

„Du brauchst auch nicht so viel mitnehmen. Fred wäscht alle paar Tage in einem Waschsalon." erklärte er.
„Meine Wäsche? Ja, ganz bestimmt!" Das war ihr dann doch zu viel.
„Wäsche?" fragte er frech und begann, an ihr rumzumachen. „Wofür brauchst du denn Wäsche? Also, ich kann ganz gut ohne auskommen!"


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