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Triggerwarnung: Homophobie
.:Harry:.
"So, genug getobt für heute, ab geht's nach Hause unter die Dusche, du kleines Sandmonster!"
Wie bereits einige Male, kommen mein Freund und ich erneut in den Genuss der vorgeschobenen Fluppe von Louis' Mini-me. "Aaaaaaber-... nur noch 10 Minuten!" versucht er es erneut, doch die letzten 'nur-noch-10-Minuten' sind bereits 20 Minuten her. "Nein, Luki, jetzt ist wirklich Feierabend. Harry und ich haben echt Hunger und deine Lippen sind mittlerweile ganz blau, du gehörst unter die heiße Dusche. Und dann gibt's lecker Pizza, okay?" Traurig lässt er die Schultern hängen. "Aber mir ist gar nicht so kalt!" schwört er, kann das Zittern seiner Unterlippe dabei aber selbstverständlich nicht kontrollieren.
"Na komm, Luke, wir machen ein Wettrennen zu unseren Sachen und der Gewinner bekommt noch eine Vanilla Bomb von Waffle Mike!" biete ich ihm an. Wie immer zieht eine Belohnung in Aussicht ganz fantastisch, sodass Louis seinem Sohn beachtlich hinterher sieht, der sich aus den Wellen kämpft, die ihm bis zu den Schultern reichen. "Wieso ist dieser Junge eigentlich so verfressen, von wem hat er das?" fragt er mich lachend, weshalb ich bloß frech die Augenbraue hebe und mit den Schultern zuckend dem rasenden Blondschopf hinterher jogge.
„Können wir dann jetzt?" drängelt Luke kurz darauf, einen Ärmel noch auf halb 8 hängen, während Louis noch versucht, die Handtücher, die er zu faul war, vorher zusammenzufalten, in die Strandtasche zu stopfen. „Geht ruhig schon vor, ich komme gleich..." brummt dieser entgeistert, als er einsieht, dass sein Plan nicht aufgeht, und die Tücher wieder herauszerrt, um sie nun doch zu falten. „Bist du sicher, dass ich dir nicht eben helfen soll?" frage ich ruhig, doch er schüttelt lächelnd den Kopf. „Und du möchtest auch sicher keine Waffel? Du verdienst eine Trost-Waffel, auch als Letzter im Wettrennen." schmunzle ich und küsse sanft seinen Kopf, als ich ihn vorsichtig an mich drücke. „Danke, Darling, aber nein. Ich freue mich einfach auf die Pizza gleich."
Ich überlasse ihn also seinem Kampf mit dem Handtuchberg, nehme Luke an die Hand und mache mich auf, die an Zucker nicht zu übertreffende Form einer Waffel zu kaufen, um die Milchzähnchen an meiner Hand zum Vorschein zu bringen. Während wir warten, beuge ich mich zu Luke hinab und richte ihm das noch immer schief hängende Shirt, gehe ihm anschließend liebevoll durch die Haare und bekomme dafür ein niedliches Lächeln geschenkt.
„Du hattest recht, glaube ich." flüstert er. Fragend hebe ich eine Augenbraue und gebe ein Brummen von mir. „Papa hat genug Lieb-haben für uns beide." Unweigerlich finden meine Mundwinkel den Weg in die Höhe, ich nicke wild und stimme ihm mit den Worten „...der hat so viel Lieb-haben übrig, das glaubst du gar nicht! Aber ich teile nur mit dir, wer anders bekommt da nichts von ab. Deal?" Frech lachend klatscht er meine Hand ab, die ich ihm hinhalte, zieht mich dann am Arm zu sich herunter, um mir ein Küsschen auf die Wange zu geben. Ich revanchiere mich selbstverständlich mit einem auf seiner glühende Wange, höre ihn dabei niedlich kichern.
Es ist wirklich fast gruselig, wie nah meine Emotionen an Vatergefühle heran kommen, wenn ich ihn ansehe, doch ich habe entschlossen, nicht weiter darüber nachzudenken.
Denn ich habe nicht das Gefühl, mich sorgen zu müssen, Louis wieder zu verlieren. So doof das klingen mag, ich war mir vorher noch nie so sicher mit einer Person. Ich kenne ihn schon jetzt besser, als ich viele meiner Ex-Freunde nach Jahren kannte und verliebe mich in jedes kleine, neue bisschen Louis, dass ich Tag für Tag doch noch kennenlernen darf, nur noch mehr. Ich bin in einem Alter, in dem ich sicher behaupten kann, genug Erfahrungen gesammelt zu haben, um anzukommen. Ein Zuhause zu finden, mit dieser einen Person alt werden zu wollen und ja, auch die Freuden des Vater seins erleben zu dürfen - egal ob es mein eigen Fleisch und Blut ist, oder nicht.
Offensichtlich bin ich dieser Auffassung nicht allein, denn eine ältere Dame hinter mir scheint auf uns aufmerksam geworden zu sein, teilt uns freudig mit, wie schön sie es findet, dass es noch liebevolle, sich sorgende Väter auf diesem Planeten gäbe.
Ich richte mich wieder auf, drehe mich lächelnd zu ihr und antworte „Vielen Dank. Obwohl ich ergänzen muss, dass er nicht mein Sohn ist." Irritiert schiebt sie die Augenbrauen zusammen, zuckt zusammen, als sich Louis vorsichtig an Ihr vorbei schiebt und „...richtig, das ist nämlich mein ganzer Stolz." schmunzelt, als er zu uns stößt.
Man sollte nicht meinen, wie schnell sich die Ansicht einer Person ändern kann, doch der Gesichtsausdruck der Frau, ich würde sie auf Anfang 60 schätzen, wandelt sich in unter einer Sekunde von einem Lächeln zu purer Abneigung, als Louis seine Lippen auf meine drückt. „Oh Herr..." haucht Sie, bekreuzigt sich doch allen ernstes und geht einen Schritt zurück. Beide einen tiefen Atemzug nehmend entscheiden Louis und ich uns, wie so oft ohne ein Wort wechseln zu müssen, vor allem in Luke's Anwesenheit nicht weiter darauf einzugehen, doch tatsächlich ist es der Kleine, der die ältere Dame irritiert ansieht.
„Warum gucken Sie auf einmal so komisch?" fragt er sie so laut und deutlich, dass sich mehrere andere Menschen zu uns umdrehen. Doch die Frau mustert bloß mich und Louis, der mir den Arm um die Hüfte gelegt hat und mich so schützend noch etwas näher zieht, mit einem solchen Hass im Blick, während sie „...dass Sie so etwas vor Kindern tun, schämen sollten Sie sich!" brummt. Deutlich höre ich Louis angespannten Kiefer knirschen, doch erneut ist es sein Sohn, der sich aus dessen Arm windet und einen Schritt auf die grauhaarige Frau zugeht. „Warum sind so ein böser Mensch?" fragt er ruhig, weshalb Louis ihn mit einem leisen „Luke..." zurückziehen will, doch der Kleine scheint so festentschlossen, dass er nicht mal daran zu denken scheint, stattdessen noch einen weiteren Schritt auf sie zugeht.
Der ganze Platz ist mittlerweile ruhig und beobachtet, was hier passiert, was mir einerseits unfassbar unangenehm ist, doch andererseits bin ich so überwältigt davon, dass dieser kleine, 8-jährige Mini-Mensch gerade vor all diesen Menschen für mich und seinen Vater einsteht, dass ich nahezu wie eingefroren bin. Louis hingegen legt seinem Sohn eine Hand auf die Schulter und flüstert ihm zu, dass er gut sein lassen soll, doch der sieht nur kurz hoch, antwortet überzeugt „Nein, Papa", bevor er sich wieder zu der Dame dreht, die ihn mit hochgezogener Augenbraue mustert. „Warum sagen Sie so böse Sachen zu meinen Papas?"
H-Hat er gerade ‚meinen Papas' gesagt?
„Hat Sie keiner lieb? Das macht man nicht, so böse sein, haben Sie keinen Papa, der Ihnen das erklärt hat?" Ein Raunen geht durch die Menge um uns herum, doch die gute Frau scheint nicht zu merken, dass sie gerade von einem Grundschulkind belehrt wird und sich am besten einfach in Grund und Boden schämen sollte. „Das arme Kind, weiß schon nicht mehr, was sich gehört, kein Wunder bei diesem Umgang." Mehrere, bisher noch leise aber schockierte Stimmen erheben sich von den Seiten, doch Luke scheint noch etwas loswerden zu wollen. Er kommt zu mir herüber, greift nach meiner Hand und verkündet „Ich hab' einen ganz tollen Bonuspapa, der mir erklärt hat, dass ich viel schlauer bin als Sie, weil ich weiß, dass nie falsch ist, sich lieb zu haben. Aber ich kann Ihnen das auch erklären, damit Sie auch so schlau sind wie ich."
Gerade will die erzürnt dreinblickende Frau erneut ansetzen, als sich eine weibliche Stimme von der Seite erhebt. „Jetzt halten Sie verdammt nochmal endlich Ihr dummes Mundwerk!" Entrüstet atmet die Alte ein, doch die Mutter zweier Kinder neben uns lässt sich auch von dem leisen „Schatz..." ihres Mannes nicht zurückhalten. „Sie wurden gerade von einem kleinen Jungen zurecht gewiesen, der in seinem jungen Alter weitaus mehr Intelligenz, Respekt und soziale Kompetenzen mitbringt, als Sie es je erreichen werden, also tun Sie sich selbst den Gefallen und geben sich nicht die Blöße, sich hier vor versammelter Mannschaft noch weiter zum Affen zu machen. Der Kleine hatte mit seiner Familie einen wundervollen Tag am Strand, wollte diesen nun mit einer leckeren Waffel abschließen und hat nicht verdient mit ihrer altmodischen Intoleranz davon abgehalten zu werden. Wer im 21. Jahrhundert noch immer nicht verstanden hat, dass Liebe kein Geschlecht kennt, der hat am Familienstrand nichts verloren."
„So, nämlich!" hält Luke noch einmal fest, der sich an meine Seite gekuschelt hatte, bevor er sich nun wieder löst, an dem Wagen des Waffelstandes hochzieht und „Ist meine Waffel schon fertig?" fragt.
Mehr als deutlich hat er also die Unterhaltung beendet, was wohl auch die ältere Frau nun eingesehen hat, weshalb sie, von allen Augenpaaren des Platzes verfolgt, durch die Menge verschwindet.
„Dankeschön..." bedankt mein Partner sich leise mit einem vorsichtigen Streicheln über ihren Oberarm bei der jungen Mutter, die sofort mit einem „selbstverständlich" antwortet. „Ich finde es schrecklich, dass so etwas heutzutage überhaupt noch notwendig ist, aber noch viel schlimmer, wie viele Menschen einfach bloß schockiert daneben stehen, ohne etwas zu sagen." Absichtlich so laut, dass sich einige Leute in unserem Umkreis beschämt wegdrehen, hält sie das noch einmal fest, doch ich winke ab. „ So traurig das ist, man gewöhnt sich leider irgendwann dran..." seufze ich. „Das sollten Sie niemals tun müssen!" Schwer atmet Louis neben mir auf, da er genauso gut wie ich weiß, dass das leider noch eine lange Zeit Wunschdenken bleiben wird.
„Möchten Sie auch eine Waffel?" fragt Louis sie stattdessen und geht etwas zur Seite, um sie an die Theke zu lassen, doch ihr Blick fällt auf die Preistafel, bevor sie etwas beschämt den Kopf schüttelt. „Oh uhm, nein wir-... die passen nicht ganz in das Urlaubskassen-Budget..." lacht sie nervös, doch Louis sieht das natürlich anders, als er die Augen ihrer Kinder sieht, während Luke seinen Zuckertraum freudig entgegen nimmt. „Suchen Sie sich was aus, das ist das mindeste, was ich tun kann." Sie läuft hochrot an und schüttelt wild den Kopf, auch ihr Mann sagt sofort, dass das nicht nötig sei, doch da kennen sie meinen Liebsten schlecht. „Keine Widerrede, bitte, ich möchte mich wirklich erkenntlich zeigen! Was möchtet Ihr beiden für eine Waffel, hmn?" Er hat sich zu den Kindern hinabgehockt, denn er weiß, das er dort sicherlich keine Widerworte zu seinem Angebot bekommt.
Ich hingegen hocke mich währenddessen zu Luke hinab, der seine Vanillesoße bereits an der Nase hängen hat, sodass ich ihm diese grinsend mit dem Daumen davon wische. „Das war wirklich unfassbar stark und toll von dir gerade Luke, wir sind wahnsinnig stolz auf dich, der Papa und ich, weißt du das?" Mit roten Wangen lächelt er mich schüchtern an und fragt etwas unsicher„...war doch alles richtig, was ich gesagt habe, oder nicht?" Ich nicke wild. „ Absolut richtig, ja. Die Frau war bloß neidisch, dass sie nicht so schlau ist, wie du." Er nickt ebenfalls. „Ja, die war total doof, dabei ist das doch gar nicht schwer zu verstehen." Er hält mir seine äußerst schmierige, tropfende Waffel hin, bei der ich mit sicher bin, mindestens genauso dekoriert auszusehen, wie er, wenn ich hineinbeiße, doch mir würde dennoch niemals einfallen, das klebrige Angebot abzulehnen.
„'hab dich lieb." schmatzt er mir entgegen, bevor ich einen klebrigen und immernoch ein wenig sandigen Kuss auf die Wange bekomme, doch auch der stört mich nicht im geringsten.
Nicht als der glücklichste Bonuspapa auf diesem Planeten.
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