Kapitel 42
Ardy
"Es tut mir wirklich leid." Ich schüttelte nur den Kopf und presste die Waffe noch doller gegen seine Schläfe. Dann drückte ich ab. Nicht. Irgendwas hinderte mich. Es war, als hätte ich keine Kraft den Abzug zu betätigen. Ich schaute zu ihm. Seine Augen waren geschlossen, er zitterte, wimmerte, weinte, schwitzte. Dann hob ich meinen Blick und schaute direkt zu einem Bild von seinen beiden Jungs.
"Mama?", rief ich und blieb auf der Treppe stehen. "Papa?" Keine Antwort kam. Ich ging die Treppen runter und dann kam mir der komische Mann im Flur entgegen. "Hallo Kleiner. Du bist Ardian oder?" Ich nickte. "Hör mal, deine Mama und Papa müssen mal kurz weg. Ich bringe dich zu einer ganz lieben Tante, die kümmert sich solange um dich, okay?" "Aber Mama und Papa sagen, dass ich nicht mit Fremden mitgehen soll." "Oh nein, das sollst du auch gar nicht. Ich bringe dich nur zu der Tante und dann bleibst du bei ihr. Deine Mama und Papa wollten das so. In Ordnung?" Ich nickte. "Dann hol mal deine Jacke." Ich schaute an dem Mann vorbei und sah dort Mama. Schnell rannte ich in die Küche. Neben Mama war Papa. Sie lagen beide auf dem Boden und alles war rot. "Hey, Ardian. Na los, komm." Ich drehte mich zu dem Mann um. "Hast du sie getötet?" Der Mann kniete sich vor mich hin und schaute mir in die Augen. "Das war in Ordnung. Manchmal muss man das tun."
Ich blinzelte ein paar Mal um zurück in die Realität zu kommen. Was tat ich da gerade? Ich wollte ihn umbringen, weil er meine Eltern umgebracht hat? Machte ich es dadurch wirklich besser? Ich weiß am Besten wie es sich anfühlt seine Eltern zu verlieren. Ich kann mir nur vorstellen wie schlimm es für seine beiden Jungs sein muss, seinen Vater zu verlieren. Die Person, zu der man aufschaut, die alles auf der Welt reparieren kann, die dich beschützt und mit dir Blödsinn macht, der du dich anvertrauen kannst, wenn es um ein bestimmtes Thema geht, über das man mit Frauen nicht reden will. All das konnte ich nicht erleben. Und jetzt wollte ich die Rache dazu nutzen, dass seine Jungs das auch nicht erleben können? Nein. Sie konnten nichts dafür, dass ihr Vater so ein Arsch war. Ich sollte nicht genauso handeln wie er. Langsam zog ich die Waffe an seinem Kopf zurück und stand auf. Er öffnete die Augen wieder und schaute mich an. Dann setzte er sich langsam und zitternd aufrecht hin. "Ich werde nicht auf dein Niveau hinabsteigen und den gleichen Fehler wie du begehen. Ich will nicht, dass deine Jungs genauso leiden müssen wie ich und lernen müssen damit umzugehen keinen Vater zu haben." "I-Ich danke dir, v-vielmals." Wieder schüttelte ich mit dem Kopf. "Das heißt nicht, dass ich dich einfach gehen lasse und so tue als wäre nichts gewesen. Du wirst mit uns kommen. Zurück nach Köln. Da wirst du dich der Polizei stellen und gehst ins Gefängnis." Plötzlich hörte ich wie die Tür aufgemacht wurde und jemand herein gerannt kam. Ich drehte mich zur Küchentür um und sah Luna und Chris. "Alles gut bei dir?", fragte Chris. "Ja, alles in Ordnung. Ich erkläre euch alles während der Heimfahrt. Er wird mitkommen und sich der Polizei stellen." Dann wandte ich mich wieder an ihn. "Also, komm mit. Und versuch erst gar nicht uns irgendwie zu entkommen. Wir alle sind bewaffnet." Während Chris und ich mit ihm zu Auto liefen, hatte ich Luna gebeten irgendwas zu suchen womit wir seine Wunde versorgen konnten. "Und falls die Polizei fragt, wie die Verletzung entstanden ist, dann sagst du, dass es ein Unfall war. Deine Kinder haben getobt oder irgendwie so was." Er nickte nur zögerlich und immer noch total verängstigt.
(...)
Nach vier Stunden Autofahrt, dieses Mal ohne Verzögerung, kamen wir bei der Polizeistelle an. "Und versuch gar nicht erst einen von uns in die Pfanne zu hauen.", drohte ich ihm bevor wir ausstiegen. Ich ging vor, er lief in der Mitte, Luna und Chris hinter uns. "Ardy, was gibt es?", fragte einer der Polizisten. "Ich hab einen Mörder gefunden." Der Polizist runzelte die Stirn. "Julius Tjarks? Sagt ihnen vielleicht, was?" Er schien kurz zu überlegen, dann nickte er langsam. "Kommt mit, wir gehen der Sache nach." Da Chris und Luna an sich nichts mit dem Thema zu tun hatten, warteten sie draußen, während Julius und ich jeweils in ein Zimmer gebracht wurden. "Was macht dich so sicher, dass er es ist?", fragte der Polizist mich. "Ich würde ihn immer wieder erkennen. Machen sie irgendwelche Tests oder so. Ich schwöre ihnen, er ist es." Der Polizist nickte wissend. "Meine Kollegen sind bereits dabei Fingerabdrücke zu nehmen und ihn zu verhören." Dann kam ein zweiter Polizist rein. "Er hat gestanden.", sagte er zu uns. "Was passiert jetzt mit ihm?", fragte ich ihn. "Wir werden es erst auf Richtigkeit prüfen müssen. Und wenn er es wirklich ist, wird er ins Gefängnis gehen." "Ich hoffe doch lange genug.", murmelte ich, jedoch so, dass es keiner hörte. "Da er zwei Menschen getötet hat und dann noch untergetaucht ist, wird er wahrscheinlich lebenslang kriegen.", erklärte der Polizist mir. "Aber das muss der Richter entscheiden." Ich nickte wissend. "Gut, Ardy. Ich denke wir sind hier jetzt fertig. Alles weitere wird dann später auf dich zu kommen. Das heißt, du wirst vermutlich zum Gericht eingeladen." "Okay, danke." Ich stand auf, ging aus dem Raum und traf auf Taddl. Ich schaute nur kurz zu ihm, doch er sah mich nicht. Besser so. Schnell schaute ich weg, kehrte ihm den Rücken zu und lief aus der Wache. Dabei hatte ich so ein komisches Gefühl im Rücken, dass Taddl mich gerade anstarrte.
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