Kapitel 39

Ardy

"Ist das dein Ernst?", fragte er mich mit wütender Stimme. "Was meinst du?" Ich stellte mich dumm in der Hoffnung, dass er nicht alles gehört hatte und ich mir irgendeine Ausrede einfallen lassen konnte. "Was wohl? Du willst ihn umbringen? Und wolltest mir davon nichts erzählen?" Ah, verdammt. Er hat tatsächlich alles mitbekommen. "Versteh doch, ich muss es tun." "Nein, das verstehe ich nicht! Ardy, du kannst doch nicht einfach jemanden umbringen." "Es ist nicht einfach irgendjemand. Er ist der Mörder meiner Eltern. Wegen ihm bin ich durch die Hölle gegangen!" "Das ist kein Grund ihn umzubringen. Ich will nicht, dass du dich wieder in Schwierigkeiten bringst. Wenn du so weiter machst, wird das alles irgendwann nochmal rauskommen und dann wanderst du wieder in Gefängnis. Du weißt doch jetzt wer er ist und sogar wo er wohnt. Was willst du mehr? Du hast mir versprochen nichts zu unternehmen." "Ich wusste, dass das irgendwann ein Problem werden wird...", sagte ich leise, mehr zu mir selbst als zu Taddl. Doch immer noch so laut, dass er es verstand. "Was meinst du?" "Du bist ein Polizist und ich der Boss einer illegalen Gang. War doch klar, dass wir uns irgendwann wegen was illegalem in den Haaren haben." "Ich will dich doch nur beschützen." "Du brauchst mich nicht beschützen! Seit ich 6 Jahre bin, muss ich alleine klar kommen und das schaffe ich jetzt auch." "Ist ja auch in Ordnung. Ich will nur nicht, dass Blut an deinen Händen klebt." "Dafür ist es zu spät. Und ich werde diesen Wichser umbringen, auch wenn ich dafür in den Knast komme." "Jetzt hör auf damit! Schlag dir deine dumme Idee wieder aus dem Kopf und belasse es einfach dabei. Du hast es doch all die Jahre auch geschafft." "Und all diese Jahre habe ich über ihn nachgedacht, ich habe es bis jetzt nicht geschafft zum Grab meiner Eltern zu gehen! Wegen ihm! Du wirst mich nicht davon abhalten können ihn umzubringen." "Ardy..." Seine Stimmte war plötzlich ganz ruhig. "Wenn du das tust, dann gehe ich." Es entstand eine Stille, welche ich aber schnell unterbrach. "Dann tue es." Taddl zog die Augenbrauen hoch. "Du stellst die Rache also über mich?" "Richtig. Es war dumm zu glauben, dass du mich verstehst und mich und meine Gang unterstützt." Taddl nickte langsam und wütend. "Ja, das war dumm." "Dann geh jetzt." Taddl sagte nichts mehr, drehte sich nur um und ging zum Auto. Ich beobachtete aus dem Küchenfenster wie er ins Auto stieg und weg fuhr. "Fuck!", schrie ich und warf aus Wut eine Tasse auf den Boden, welche zersprang. Ich merkte wie mir die Tränen die kamen, versuchte sie jedoch zurückhalten. Langsam ließ ich mich auf den Küchenstuhl fallen und legte mein Gesicht in meine Hände. Warum habe ich mich eigentlich auf ihn eingelassen? Was habe ich mir dabei gedacht? Es war doch klar, dass das nicht halten wird. Er war ein Polizist und kämpfte für das Gute und für die Rechte und ich tat genau das Gegenteil. Es heißt ja immer, dass Gegensätze sich anziehen, aber in diesem Fall sollten sie es lieber nicht tun. Fick das Gesetz! Er verstand einfach nicht worum es mir dabei geht. Es geht mir nicht nur um Rache. Ich musste einfach endlich diese Alpträume loswerden. Ich wollte Taddl in die Augen sehen können ohne gleich an den Mörder denken zu müssen. Ich wollte, dass die Stimme aus meinem Kopf verschwindet und vor allem wollte ich endlich das Grab meiner Eltern besuchen können. Ich hatte es mich nie getraut. Jedes Mal, wenn ich dachte, dass ich soweit war und vor dem Tor vom Friedhof stand, hatte ich sofort die Bilder der Leichen im Kopf und konnte nicht weitergehen. Ein paar Mal, wenn ich versuchte die Bilder auszublenden und den Friedhof betrat, hörte ich die Schreie meiner Eltern in meinen Ohren und ich sah die Bilder noch klarer. Jedes Mal, wenn das passierte, war ich kurz davor auf dem Boden zusammenzubrechen. Diese dummen Therapien haben mir auch nicht weitergeholfen. Sie haben mir vielleicht geholfen es zu verdrängen, doch bei jeder kleinen Erinnerung, kam alles sofort wieder hoch. Aber das würde Taddl nicht verstehen. Er sieht nur den Mord und die Strafe dahinter. Vielleicht ist es besser, dass sich unsere Wege trennen und nicht mehr zusammenfinden. 

Taddl 

Ich ließ mich ins Sofa fallen und merkte wie mir langsam Tränen über die Wange liefen. Warum verstand er denn nicht, dass ich ihn nur beschützen will? Dieser Typ, mein "Vater" hat zwei Menschen eiskalt umgebracht und wenn er Ardy sieht scheut er wahrscheinlich auch vor ihm nicht zurück. Ich wollte nur das Beste für ihn. Ich will ihm helfen und von mir aus auch mit ihm zu einer neuen Therapie gehen, dafür sind solche Therapien doch da. Doch er sieht nur die Rache und das Morden. Ich weiß, dass er schon mal Leute umgebracht hat und wahrscheinlich auch Leute, die gefährlicher waren, als der Mörder seiner Eltern. Aber irgendwie hatte ich dieses Mal ein ganz komisches Gefühl bei der Sache. Ich weiß nicht ob es daran lag, weil er mein Vater war oder einfach nur, weil ich mir Sorgen um Ardy machte. Wahrscheinlich war es eine Mischung aus beidem. Ich sah diesen Typen nicht wirklich als mein Vater an. Er war ein Mörder und irgendwo auch ein Feigling, weil er sich der Polizei nicht stellte und einfach abgehauen ist. So jemanden brauchte ich nicht als Vater. Ich bin schließlich mein Leben lang ohne Vater ausgekommen. Jedoch fragte ich mich trotzdem wie es ihm ging und was er jetzt machte. War er ein Obdachloser und versuchte über die Runden zu kommen? Hatte er eine neue Familie gegründet und uns vergessen? Dachte er manchmal noch an mich? Wie dem auch sei. Ich musste einfach hoffen, dass Ardy es sich nochmal überlegt und nicht zu ihm geht und ihn umbringt. Vielleicht geht er unser Gespräch ja nochmal durch und überlegt sich, ihn einfach in Ruhe zu lassen. Ich seufzte. Warum kümmerte mich das überhaupt noch? Ardy hatte nicht mal drum gekämpft, dass ich blieb. Er meinte einfach, dass ich gehen soll. Und das tat ich auch. Aber sind wir mal ehrlich, die Beziehung war sowieso zum Scheitern verurteilt.

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