Kapitel 1

Ardy

Ich schlenderte die Gänge entlang und schaute nach draußen in die Freiheit. Bald war es soweit. Jeden Moment müsste ich hier rauskommen. Sie sagten, dass ich heute raus käme, wenn ich mir nichts zu Schulden kommen lassen würde. Und bis jetzt war ich ganz brav. Naja... nicht wirklich. Aber ich habe es geschafft, dass mich keiner verpetzt. "Ardy?", sprach mich eine leise Stimme von hinten an. Ohne mich umzudrehen verdrehte ich die Augen und lief weiter. "A-Ardy...?" "Ich kann dich nicht hören. Du redest ziemlich leise." Er räusperte sich einmal. "Ardy, kann ich dich etwas fragen?", fragte er dieses mal etwas lauter. Nun drehte ich mich zu ihm um und musste mir versuchen das Lachen zu verkneifen. Vor mir stand ein kleiner, schmaler Junge. Vielleicht gerade 18 geworden. "Sieh dich an. Was hast du verbrochen? Hast du Süßigkeiten geklaut?" "Ähm... N-Nein ich habe-" "Interessiert mich nicht.", unterbrach ich ihn. "Was willst du?" "Ich habe gehört, dass du.... du sozusagen..." "Junge, drück dich endlich klar aus. Ich werde hier auch nicht jünger." "Ich hab gehört, dass du der Boss hier bist?" Dieses mal lachte ich wirklich. Ich sah mich selber nicht wirklich als "Boss" an. Eher als eine Respektsperson. Die Anderen im Knast kamen mir nicht in die Quere, denn ich hatte Leute die mir halfen es wie ein Unfall aussehen zu lassen, wenn mir jemand zu Nahe kam. Es dauerte lange diesen Ruf zu bekommen. Aber ich hatte ja auch Eineinhalb Jahre Zeit mir den Respekt zu verdienen und es hatte sich ausgezahlt. "Und jetzt?", fragte ich ihn. "Jemand hat mir erzählt, dass du mir vielleicht ein wenig helfen kannst." "Wobei?" "Dass die Anderen mir vielleicht nichts tun...?" "Dein Ernst? Seh ich aus wie ein Bodyguard? Such dir jemand anderen." Ich lief weiter, doch der Typ ließ nicht locker. "Ich würde dich nicht darum bitten, wenn es nicht wichtig wäre..." "Oh mein Gott, du nervst. Hör mal, ich komme heute hier raus also kann ich sowieso nichts für dich tun. Was hast du, denn so schlimmes gemacht, dass du Angst vor jemanden hier drin haben musst?" "Ich habe Drogen verkauft." "Was für Drogen?" "...Gras..." "Jetzt verarscht du mich aber. Gras? Mehr nicht? Und jetzt hast du Angst, dass andere Leute dir deswegen etwas tun?" Er nickte zaghaft. "Siehst du den Wichser da am Tisch am Fenster?" "J-Ja?" "Er hat ein Kind vergewaltigt. Er wurde hier drinnen zusammengeschlagen von anderen Häftlingen. Der daneben hat an seiner eigenen Frau eine schwere Körperverletzung begangen. Er wurde hier drinnen von anderen Häftlingen zusammengeschlagen. Merkst du den Unterschied? Das sind Leute die es nicht anders verdient haben. Nur, weil manche Leute hier sitzen heißt es nicht, dass sie kein Herz haben. Die anderen Häftlinge werden schon dafür sorgen, dass diese Typen so etwas nie wieder tun. Die interessieren sich für dich und dein Gras gar nicht." Er nickte langsam. "O-Okay..." Ich seufzte, weil ich immer noch seine Unsicherheit in den Augen sah. "Pass auf. Da ich heute entlassen werde und deswegen einen guten Tag habe werde ich dir jemanden vorstellen der dein Babysitter spielen kann, wenn du meinst, dass du es unbedingt nötig hast." Ich führte ihn durch den Gang und dabei kam mir ein Justizvollzugsbeamter mit vier weiteren Männern entgegen. Sie alle trugen andere Kleidung. Die Kleidung von Polizisten. "Was machen die hier?", fragte ich einen anderen Wärter. "Sie haben alle eine Ausbildung bei der Polizei beendet und schauen sich heute das Gefängnis an.", erklärte er mir. "Tja, schade, dass sie mich nicht mehr angucken können, sonst hätten sie noch einen schönen Abschluss gehabt." "Für diesen Spruch bekommst du gleich 3 Monate länger.", witzelte er. "Dass sagen Sie nur, weil Sie mich noch länger hier haben wollen." "Bild dir nichts ein." Ich lachte und lief weiter. "Wie kannst du so locker mit den Wärtern-" "Pssst! Das Wort Wärter hören die hier drinnen gar nicht gerne. Wenn, dann Justizvollzugsbeamter." "Okay... wie kannst du so locker mit ihnen reden?" "Warum sollte ich das, denn nicht können? Das sind auch nur Menschen und wenn man über ein Jahr mit ihnen zusammen ist, dann versteht man sich halt. Man muss sich mit ihnen gut stellen. Erstens können sie nichts dafür, dass du hier bist. Zweitens sind sie sowieso stärker als du und Drittens, wenn du ihnen das Gefühl gibst ordentlich und vernünftig zu sein dann kannst du Glück haben und wegen guter Führung eher rauskommen." "Warum bist du hier?" "Schwere Körperverletzung." Endlich waren wir in dem Zimmer von Michael angekommen. "Hey.", begrüßte ich ihn. "Na, bist ja immer noch hier." "Nicht mehr all zu lang will ich hoffen. Ich hab dir jemanden mitgebracht. Das ist....Wie heißt du eigentlich?" "Anton.", antwortete er. "Anton.", wiederholte ich. "Er hat ein bisschen Angst, kannst du ihn vielleicht babysitten?" "Wenn er mir nicht allzu sehr auf die Eier geht, sollte ich das hinkriegen." Da ich jetzt entlassen werde, wird Michael die Respektperson sein. "Bora.", meldete sich eine autoritäre Stimme. "Pack deine Sachen, in fünf Minuten im Aufenthaltsraum." "Jetzt geht's los was?", sagte Michael. Ich ging auf ihn zu und umarmte ihn brüderlich. "Und denk dran: Du musst dir deinen Respekt noch etwas erarbeiten. Auch, wenn sie wissen, dass du gut mit mir befreundet bist." "Das kriege ich hin. Schließlich habe ich vom Besten gelernt. Ich wünsche dir alles Gute da draußen." "Ich meld mich mal." "Das will ich schwer hoffen." Ich ging in mein Zimmer und packte schnell ein paar Sachen ein, die ich mir hier drinnen gekauft habe. Zum Beispiel einen Schokoriegel, ein Buch und Duschgel. Mehr hatte ich tatsächlich nicht. Als ich hier rein kam habe ich angefangen zu lesen und bis jetzt habe ich noch nicht die Lust daran verloren. Hätte niemals gedacht, dass mich ein paar Wörter auf Papier so sehr fesseln könnten. Mit diesen drei Sachen ging ich in den Aufenthaltsraum. "Viel Erfolg draußen, Bora.", sagte eine männliche Stimme. Es war einer der Wärter, dessen Namen ich immer vergaß. Auf jeden Fall war er es, der die vier Polizisten rumführte. "Danke." "Ich hoffe ich muss dich hier drinnen nicht wieder sehen. Und ich hoffe auch, dass die Vier hinter mir dich draußen nicht wiedersehen müssen." "Das hoffe ich auch." 

Und nochmal für die Schlingel, welche die Beschreibung nicht gelesen haben: Die Geschichte soll keine Drogenverherrlichung sein auch, wenn in der Geschichte vielleicht etwas Leichtsinnig damit umgegangen wird! Lasst die Finger von so einem Scheiß!

Ich wiederhole es nur nicht, dass mir noch was vorgeworfen wird.

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