Reus x Götze - Vergessen
Wunschsatz: "Wenn man zu lange auf jemanden wartet, dann vergisst man ihn irgendwann. Du hast dich in all den Jahren nicht blicken lassen, also komm damit klar."
Marcos PoV
Die Saison lief nicht optimal. Der FC Bayern hatte sich bereits einen guten Vorsprung beim Kampf um den Meisterschaftstitel erkämpft und zu Beginn der Saison auch den Superpokal gegen uns gewonnen. Den Deutschen Pokal konnten wir nicht mehr gewinnen, weil wir gegen St. Pauli rausgeflogen waren. In der Champions League waren wir bereits in der Gruppenphase ausgeschieden, um anschließend in der Europa League nicht mal das Achtelfinale zu erreichen. Diese Saison schien zum Scheitern verurteilt zu sein.
Als wäre das noch nicht schlimm genug, lief auch mein Privatleben alles andere als gut. Scarlett hatte sich von mir getrennt und wollte die Scheidung. Sie hatten offenbar Jemand neues kennengelernt, weswegen sie einen Umzug nach Kiel plante. Natürlich wollte sie gemeinsam mit unserer Tochter umziehen, die dadurch über 400 Kilometer von mir entfernt wäre. Meine Mannschaftskollegen waren der Meinung, dass ich einen Anwalt einschalten sollte. Mir war jedoch bewusst, dass ich dadurch das eigentlich noch gute Verhältnis zwischen Scarlett und mir zerstören würde und somit riskierte, dass sie das alleinige Sorgerecht beantragte. Sie konnte die meiste Zeit für unsere Kleine Dasein, während ich ständig unterwegs war, wodurch Scarlett bereits einen klaren Vorteil hatte für eine mögliche Gerichtsentscheidung. Es schien für mich also nur die Optionen zu geben, dass wir das gemeinsame Sorgerecht hatten, die Beiden aber in Kiel lebten oder Scarlett das alleinige Sorgerecht bekam und die Beiden trotzdem in Kiel lebten.
Neben meinen eigenen Problemen war ich noch Ansprechpartner von Erling, der noch immer mit sich rang, ob er den BVB verlassen sollte, Julian, welcher unter seiner Fernbeziehung mit Kai litt und Mats, der ebenfalls in einer Beziehungskrise steckte, geworden.
Ich war nervlich am Ende, was wieder herum Auswirkung auf meine Leistung aufm Spielfeld hatte. Von meiner eigenen schlechten Leistung genervt, kam es leider hin und wieder vor, dass ich meine schlechte Laune an Anderen ausließ, was bloß für neue Probleme sorgte. Abends kehrte ich dann in mein für mich allein viel zu großes Haus zurück, wo mich die dort herrschende Stille irgendwann in den Wahnsinn treiben würde. Ich fühlte mich allein und war mit der kompletten Situation überfordert. Am liebsten hätte ich mich einige Tage oder sogar Wochen einfach in meinem Bett verkrochen, doch leider würde dadurch wahrscheinlich alles noch schlimmer werden. Mir blieb also keine andere Wahl, als mich jeden morgen aus meinem Bett zu klären und mich meinem Leben, welches einem Scherbenhaufen ähnelte, zu stellen.
Ich saß an einem spiel- und trainingsfreien Tag abends auf meiner Couch und führte mir mein derzeitiges Leben vor Augen. Ich hatte nicht mal einen Ansatz einer Idee, wie ich all die Probleme aus der Welt schaffen sollte und wo ich überhaupt anfangen sollte.
Ein Klingeln an der Haustür riss mich schließlich aus meinen Gedanken. Seufzend stand ich auf und lief in den Flur, um dort die Tür zu öffnen. Als ich sah, wer vor mir stand, hätte ich die Tür am Liebsten direkt wieder zugeschlagen. Ich hatte noch nicht einmal angefangen, mein Leben in Ordnung zu bringen und dann stand bereits die nächste Sorge vor meiner Tür.
Mit einem zaghaften Lächeln stand Mario Götze dort.
"Hey", brachte er leise hervor, während ich ihn einfach nur schweigend anstarrte. Wir waren beste Freunde gewesen. Ich hatte damals seinen Wechsel zum FC Bayern akzeptiert, war jedoch erleichtert gewesen, als er nach Dortmund zurückgekehrt war, um einige Monate später erneut zu wechseln. Für mich war es immer ein Rätsel gewesen, warum Mario zum PSV Eindhoven gewechselt war. Seine Erklärung, dass er einen Neustart brauchte, konnte ich damals nicht nachvollziehen. "Kann ich vielleicht reinkommen?"
"Was machst du hier?", stellte ich eine Gegenfrage, wobei meine Stimme abweisender klang als beabsichtigt. Mit Marios Umzug nach Eindhoven war der Kontakt zwischen uns abgebrochen. Ich hatte immer wieder versucht, den Kontakt zu halten, während von Marios Seite gar nichts kam. Irgendwann hatte er meine Anrufe nicht mehr angenommen und meine Nachrichten blieben unbeantwortet.
"Können wir reden?"
"Es gibt nichts mehr zu reden. Die Chance hast du verspielt."
"Bitte, Marco ... "
"Wenn man zu lange auf jemanden wartet, dann vergisst man ihn irgendwann. Du hast dich in all den Jahren nicht blicken lassen, also komm damit klar", unterbrach ich Mario und wollte die Tür schließen. Der Kleinere war jedoch schneller und verhinderte es, indem er einen Fuß dazwischen schob.
"Ich weiß, dass ich mich scheiße verhalten habe und das tut mir leid. Es war nie meine Absicht, dir wehzutun oder dich im Stich zu lassen, aber ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten."
"Was meinst du?", hakte ich nach. Mario hatte meine Neugier geweckt. Der Plan, ihn schnellstmöglich wieder loszuwerden, ruhte für den Augenblick. Nervös biss Mario sich auf die Unterlippe, wobei er meinem Blick auswich. "Meinst du nicht, dass du lang genug geschwiegen hast?"
"Kann ich bitte reinkommen?" Ich zögerte, machte dann aber einen Schritt zur Seite und gewährte meinem ehemaligen besten Freund dadurch Eintritt in mein Haus. Dieser nutzt seine Chance direkt und kam rein. Hinter ihm schloss ich die Tür. Ohne Anstalten zu machen mit ihm in einen der anderen Räume zu gehen, blieb ich im Flur stehen und sah den Kleineren abwarten an. Statt mir endlich eine Erklärung zu geben, stand Mario schweigend dort und musterte die Bilder an der Wand. "Die Kleine ist groß geworden", brach er sein Schweigen, als er scheinbar merkte, dass ich ungeduldig wurde.
"Was meintest du gerade damit, dass du es nicht mehr ausgehalten hast?", kam ich auf das vorherige Thema zurück ohne auf seine Anmerkung einzugehen. Für einen kurzen Moment schaute Mario noch auf die Bilder, bevor er sich mir zuwandte.
"Ich ... " Er fuhr sich durch die Haare, während er nach den richtigen Worten zu suchen schien. Schließlich entfuhr ihm ein Seufzen. "Ich kann es dir nicht sagen. Tut mir leid."
"Dann geh", verlangte ich, wobei ich bereits nach der Türklinke griff.
"Ich hab dich vermisst, Marco."
"Daran bist du selber Schuld. Du bist derjenige, der den Kontakt abgebrochen hat."
"Ich weiß."
"Was willst du hier? Warum bist du nach Dortmund gekommen? Wieso hast du bei mir geklingelt?"
"Weil ich dich sehen wollte."
"Ganz ehrlich, Mario, ich habe zur Zeit genug andere Sorgen. Ich kann nicht auch noch dich hier gebrauchen. Du wolltest keinen Kontakt mehr zu mir, also leb jetzt mit den Folgen."
"So stimmt das nicht. Ich wollte Kontakt zu dir, aber es hätte alles komplizierter gemacht."
"Wir haben es doch auch hinbekommen, als du in München gelebt hast. Wieso hätte es dieses Mal komplizierter sein sollen, wenn die Entfernung sogar geringer ist?"
"Weil meine Gefühle sich verändert haben", flüsterte Mario ohne mich anzusehen. Ratlos blickte ich ihn an.
"Kannst du bitte aufhören irgendwelche Andeutungen zu machen und endlich Klartext reden?"
"Ich habe mich in dich verliebt, Marco, deswegen bin ich nach Eindhoven gezogen. Ich habe es nicht mehr ausgehalten dir dabei zu zusehen, wie du dein perfektes Leben mit Scarlett und euren Kleinen führst, also bin ich gegangen. Mir war klar, dass ich dich durch den Kontaktabbruch verletzten würde, aber ich musste egoistisch sein und mich selbst schützen. Ich hatte die Hoffnung, dass es besser werden würde, aber das wurde es nicht. Ich vermisse dich. Natürlich sind unerwiderte Gefühle ätzend, aber noch schlimmer ist es, dich zudem auch noch als besten Freund zu verlieren." Sprachlos starrte ich den Blonden an. "Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich nicht hergekommen wäre", brach Mario die eingetretene Stille einen Moment später und ging auf die Tür zu, vor der ich noch immer mit der Türklinke in der Hand stand. Da ich den Ausgang versperrte, blieb Mario keine andere Wahl als stehen zu bleiben.
Schweigend sahen wir uns einfach an. Mario schien etwas sagen zu wollen, bevor er jedoch auch nur ein Wort gesagt hatte, hatte ich mich vorgelehnt und ihn einfach geküsst. Ich konnte mir selbst nicht erklären, was mich dazu gebracht hatte, da meine Gefühle für Mario eigentlich nie über Freundschaft hinausgegangen waren. Mein Körper hatte einfach gehandelt ohne auch nur für einen winzigen Moment an die Folgen zu denken.
Mario hatte den ersten Schock über den plötzlichen Kuss noch gar nicht überwunden, als ich mich bereits wieder ruckartig von ihm löste und einige Schritte zurück stolperte. Es war für mich nie in Frage gekommen, dass ich Gefühle für Mario oder allgemein einen Mann haben könnte, weil es immer nur Scarlett für mich gegeben hatte. Dass unsere Beziehung schon lange nicht mehr optimal lief, hatte ich immer verdrängt. Es gab in meinen Augen keinen Grund, wieso unsere Ehe hätte scheitern sollen.
Im Nachhinein und mit dem Wissen, dass Mario in mich verliebt war, machten jedoch plötzlich eine Andeutungen von Scarlett einen Sinn. Während ich von Marios Gefühlen keine Ahnung hatte und er versuchte diese zu verheimlichen, schien Scarlett längst etwas geahnt zu haben. Ich hatte mir nie Gedanken darüber gemacht, dass sie mich immer mal wieder darauf angesprochen hatte, dass es Götzeus-Fans gab, oder andere Andeutungen in diese Richtung gemacht hatte. Selbst bei unserer Trennung hatte sie mir gesagt, dass ich irgendwann den Richtigen an meiner Seite haben würde. Ich hatte gedacht, dass sie sich lediglich versprochen hatte und daher nicht weiter nachgefragt. Im Gegensatz zu mir, schien Scarlett längst geahnt zu haben, dass zwischen Mario und mir mehr als Freundschaft sein könnte.
Mit drei großen Schritten war ich wieder bei Mario, welcher mich noch immer überfordert anstarrte. Ich küsste ihn wieder, während ich ihn mit dem Rücken gegen die Wand drückte und mich eng an ihn schmiegte. Zögerlich begann Mario den Kuss zu erwidern, wobei er seine Hände auf meine Brust legte.
Schließlich löste ich den Kuss und lehnte meine Stirn mit geschlossenen Augen an die von Mario.
"Ich habe gelogen", flüsterte ich.
"Womit?", fragte Mario ebenfalls flüsternd nach.
"Ich könnte dich niemals vergessen." Deutlich zärtlicher als zuvor, legte ich meine Lippen zurück auf Marios. Während der vorherige Kuss eher wild war, war dieser ruhig und liebevoll. Für einen Moment konnte ich das komplette Chaos, welches ich zur Zeit mein Leben nannte, vergessen. Es gab für diesen Augenblick nur Mario und mich.
Ich wusste nicht, was das zwischen uns nun war und in welche Richtung es sich entwickeln würde, doch war ich mir sicher, dass wir noch genug Zeit hatten, um das herauszufinden ... doch nicht mehr an diesem Abend. In den nächsten Stunden wollte ich es einfach nur genießen, dass Mario zurück in meinem Leben war und vermutlich eine noch wichtigere Rolle als jemals zuvor einnehmen würde.
Wenn man zu lange auf jemanden wartet, dann vergisst man ihn irgendwann ... doch Mario war für mich eine Ausnahme, was das anging. Es war für mich unmöglich ihn zu vergessen. Das wollte ich auch gar nicht und musste es zum Glück auch nicht.
Mario war wieder da und würde hoffentlich für immer bleiben.
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