Pavard x Hernández - Ignorieren

Wunschsatz: "Warum ignorierst du mich?" 

Benjamins PoV

Manchmal ist es einfacher, ein Problem zu ignorieren, als nach einer Lösung zu suchen. Für manche Probleme gab es vielleicht auch gar keine Lösung oder die Lösung brachte neue Probleme mit sich. Manchmal funktionierte das Ignorieren. Doch nicht alle Probleme verschwanden mit der Zeit, weswegen Ausdauer haben musste. Ausdauer und Glück. Ich scheiterte an der zweiten Voraussetzung. 

Viele Personen würden mich für einen besten Freund wie Lucas Hernández beneiden. Die Wahrheit war jedoch, dass ein bester Freund wie Lucas Hernández ein Fluch war, wenn dieser das Problem war, welches man ignorieren wollte. 

Ein Lucas Hernández ließ sich nämlich nicht ignorieren. 

Es hatte keine 24 Stunden gedauert bis mein Mannschaftskollege bemerkte hatte, dass ich ihm aus dem Weg ging. Für einen winzigen Moment hatten sich unsere Blicke getroffen. Mir war sofort klar gewesen, dass er realisiert hatte, dass sich etwas verändert hatte und er nach der Ursache dafür suchte. Zunächst schwieg er. 

Das Schweigen hielt jedoch keine drei Stunden. 

Bereits am Abend klingelte es an meiner Wohnung. 

Ich konnte mir denken, wer vor meiner Tür stand, weswegen ich nicht öffnete. Im Nachhinein hätte mir klar sein müssen, dass Lucas das nicht von seinem Vorhaben abbringen würde. Als hätte er bereits geahnt, dass ich nicht öffnen würde, hatte er seinen Zweitschlüssel mitgenommen. Ohne überhaupt ein zweites Mal zu klingeln, schloss er dich Wohnungstür auf und kam zielsicher Richtung Schlafzimmer. 

Andere Personen hätten vermutlich zunächst Gerufen oder in den vorderen Räume der Wohnung nachgeschaut. Lucas hingegen ignorierte die Küche, das Wohnzimmer und das Badezimmer und ging stattdessen den Flur entlang zum Schlafzimmer. 

Ich lag auf meinem Bett und starrte einfach an die Decke. Aus dem Augenwinkel konnte ich beobachten, wie Lucas sich in den Türrahmen lehnte. 

  "Warum ignorierst du mich?", beendete der Ältere die Stille. Für einen Moment überlegte ich, den Versuch, ihn zu ignorieren, fortzusetzen, doch war mir bewusst, dass Lucas ohne eine Antwort nicht gehen würde. 

  "Ich ignoriere dich nicht", bestritt ich daher ohne den Blick von der Decke abzuwenden.

  "Und warum lügst du mich an?", schob Lucas die nächste Frage hinterher. 

  "Tue ich nicht", behauptete ich. 

  "Benji ..." Lucas brauchte nicht mehr als meinen Namen zu sagen, um mich dazu zu bringen meine Position zu verlassen. Seufzend setzte ich mich auf. 

  "Was willst du hören?"

  "Wie wäre es mit der Wahrheit?", schlug Lucas vor. 

  "Die habe ich dir gerade erzählt." 

  "Das stimmt nicht und das wissen wir beide." Lucas stieß sich vom Türrahmen ab und kam aufs Bett zu, weswegen ich aufstand. Wäre ich sitzen geblieben, hätte er sich zu mir gesetzt und seinen Arm um meine Schulter gelegt. Meine Bewegung brachte Lucas zum Stehen bleiben. "Warum hast du mich heute ignoriert?", fragte Lucas erneut.

  "Nur weil ich mal mehr mit den Anderen als mit dir gesprochen habe, ignoriere ich dich nicht gleich", versuchte ich mich rauszureden.

  "Du hast nicht weniger mit mir gesprochen, sondern gar nicht." 

  "Du doch auch nicht mit mir."

  "Weil du mir ganz offensichtliche Zeichen gegeben hast, dass du mich nicht in deiner Nähe haben wolltest." 

  "Und wieso bist du dann hier?", hakte ich nach. 

  "Es stimmt also", meinte Lucas, wodurch ich erst realisierte, dass ich ihm eine indirekte Bestätigung gegeben hatte. 

  "Du hast dir da irgendwas eingeredet."

  "Für wie dumm hältst du mich eigentlich?"

  "Wieso bist du hier, Lucas?" Das erste Mal während des Gespräches sah ich ihm in die Augen. Aufmerksam musterte er mich. 

  "Zuerst beantwortest du mir meine Frage." 

  "Das habe ich bereits", erwiderte ich. 

  "Nein, du hast mich nur angelogen. Ich will die Wahrheit."

  "Nur weil dir meine Antwort nicht gefällt, bedeutet es nicht, dass es eine Lüge ist."

  "Ich kenne dich, Benji, ich erkenne, wenn du lügst."

  "Blödsinn", meinte ich und wandte mich von ihm ab. Mit vor der Brust verschränkten Armen stellte ich mich vors Fenster. "Es ist spät ...", begann ich, wurde jedoch von Lucas unterbrochen. 

  "Ich werde nicht gehen." 

  "Das ist meine Wohnung."

  "Möchtest du mich nicht hier haben?", erkundigte sich der Kleinere. 

  "Wie gesagt, es ist spät und wir sollten langsam schlafen gehen." Schritte näherten sich mir. 

  "Soll das eine Einladung sein?"

  "Nein", sagte ich etwas zu schnell. 

  "Wieso nicht?"

  "Du hast eine eigene Wohnung mit einem eigenen Bett keine fünf Minuten von hier entfernt."

  "Das sind fünf Minuten mehr als bis zu deinem Bett." 

  "Ich habe mein Bett aber gerne für mich allein." 

  "Wieso? Hast du Angst, dass ich dir zu nah kommen könnte?" Ich schwieg. Es war genau das, was ich wollte. Ich wollte Lucas so nah es ging bei mir haben. Ich wollte seine Nähe spüren, mich in seinen Armen vor der Welt verstecken, ihn küssen, ihn einfach bei mir haben. Doch gleichzeitig war es das, wovor ich am Meisten Angst hatte. Ich hatte Angst, dass dadurch meine Gefühle noch intensiver wurden und es gar keinen Weg zurück mehr gab. "Oder hast du Angst, dass ich dich küssen könnte?", flüsterte Lucas, der inzwischen genau hinter mir stand. 

  "Red keinen Blödsinn", brachte ich hervor. 

  "Ist es denn Blödsinn oder ist es die Wahrheit?"

  "Wir sind Freunde", antwortete ich, während ich versuchte Abstand zwischen uns zu bringen. Ehe ich mich auch nur einen Schritt entfernt hatte, hielt Lucas mich am Handgelenk fest und zog mich näher zu sich. Ich hatte gar nicht die Chance irgendwas zu sagen oder sonst irgendwie zu reagieren, als bereits seine Lippen auf meinen lagen. Sanft, schon beinahe vorsichtig, küsste Lucas mich. Ich brauchte einen Moment, um zu verstehen, dass es wirklich passierte. Ich begann den Kuss zu erwidern, während ich Lucas Gesicht mit beiden Händen umschloss und ihn näher zu mir zog. 

Ich wollte, dass der Moment niemals endete. Alles, was danach kam, wollte ich gar nicht wissen. Ich ignorierte die Konsequenzen, die der Kuss mit sich brachte. 

Leider schien Lucas anderer Meinung zu sein, da er den Kuss schließlich löste. Er schien etwas sagen zu wollen, doch ehe er ein Wort sagen konnte, küsste ich ihn einfach wieder. Worte könnten alles kaputt machen. An meinen Lippen spürte ich Lucas Grinsen. Einige Sekunden erwiderte er den Kuss, dann löste er sich erneut von mir. 

  "Sind wir das? Sind wir wirklich nur Freunde?", fragte er mich. Schweigend sah ich ihn an. Ich wusste, was ich für ihn fühlte und dass diese Gefühle weit über Freundschaft hinaus gingen. Was ich nicht wissen konnte war, was geschehen würde, wenn ich meine Gefühle offen aussprach. Es war ein hohes Risiko, dass meine Worte unsere Freundschaft für immer zerstörten. Lucas Lippen streiften meine. Ich lehnte mich vor, um ihn richtig küssen zu können. "Mir reichte das nicht mehr", brachte der Kleinere noch hervor, bevor ich ihn küsste. Im nächsten Moment realisierte ich seine Worte jedoch, weswegen ich mich wieder löste. 

  "Was?", hauchte ich.   

  "Ich möchte mehr als Freundschaft, Benji, viel mehr." Verunsichert sah Lucas mich aus seinen braunen Augen an. "Ich hab mich in dich verliebt", flüsterte er. Einige Sekunden starrte ich ihn einfach ungläubig an, dann verzogen sich meine Lippen langsam zu einem breiten Grinsen und ich konnte nicht anders, als ihn einfach wieder zu küssen. Erneut löste Lucas den Kuss. "Soll ich den Kuss als ein, ich hab mich auch in dich verliebt, werten?", erkundigte er sich, wobei er mich vorsichtig anlächelte. 

  "Auf jeden Fall", bestätigte ich strahlend. "Wegen dem Ignorieren ... " Lucas unterbrach mich. 

  "Ich weiß, dass ich Recht hatte." 

  "Auf diese Diskussion lass ich mich nicht ein", meinte ich schmunzelnd.

  "Wenn du mich stattdessen küsst, ist das völlig in Ordnung für mich." 

  "Denk bloß nicht, dass du ab jetzt immer deinen Willen bekommst", stellte ich klar, ehe ich Lucas jedoch tatsächlich erneut küsste. 

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