Kimmich x Goretzka - Angebot
Leons Pov
Ich genoss das warme Wasser auf meiner Haut und versuchte für einen Moment nicht an das vor wenigen Minuten beendete Spiel zu denken. Unsere Leistung hätte besser sein können. Ein Unentschieden war kein Sieg, weswegen in der Kabine nicht die beste Stimmung herrschte. Die Stimme von Niklas Süle, der so eben in der Tür zum Duschbereich erschienen war, beendete das Schweigen.
"Wie ich sehe, habe ich umsonst gewartet." Seine Aussage brachte ihm einige irritierte Blicke ein.
"Er hat auf den Anschiss von Manu oder Josh gewartet, weil er vorhin für einen kurzen Moment unkonzentriert gewesen war", erklärte Lucas Hernández, der nun ebenfalls den Raum betrat und sich zu seiner freien Dusche begab. Mein Blick glitt zu den Beiden genannten Personen. Überrascht stellte ich fest, dass Joshua bereits seine Dusche abstellte, nach seinem Handtuch griff und kommentarlos den Duschbereich verließ.
"Vielleicht hat er eine neue Taktik", mutmaßte Kingsley Coman. Ebenfalls schweigend verließ nun auch Manuel den Raum, was die Verwirrung von uns allen nur noch verschlimmerte. War irgendwas vorgefallen? Hatte ich etwas verpasst? Warum hatten die Beiden es so eilig? Und noch wichtiger war, warum sah Manuel Joshua heute ständig so seltsam an. Sein Blick war unruhig, beinahe schon nervös, als würde er die ganze Zeit auf eine schlechte Nachricht warten, die ihm Josh übermitteln würde.
Ich beeilte mich nun ebenfalls mit dem Duschen, um meinen Mitspielern in die Umkleide zu folgen. Egal ob es aus Neugier war oder aus Sorge, die Anderen verfolgten scheinbar das gleiche Ziel und wollten schnellstmöglich in die Nähe von Manu und Josh, um nichts zu verpassen.
In der Umkleide steuerte ich direkt meinen Platz an, jedoch nicht ohne in Joshuas Richtung zu blicken. Der Kleinere trug bereits eine Jogginghose. Gerade als er nach seinem Shirt greifen wollte, ertönte das Piepen eines Handys. Er hielt inne, schloss die Augen und atmete einmal tief durch. Manuel war neben ihm ebenfalls in der Bewegung gestoppt und starrte auf das Handy, welches vor ihnen auf der Bank lag. Unsicher blickte Josh kurz zu Manu, dann griff er nach dem Handy, entsperrte es und tippte einige Male drauf herum, ehe seine Augen begannen üben den Bildschirm zu wandern, um die dort geschriebenen Worte zu lesen. Sein Blick wurde ungläubig.
Manuel stand sichtbar unruhig daneben, was ein seltener Anblick bei unserem Torhüter war. Erst als sein Blick den von Joshua traf, trat er näher an diesen heran. Bereitwillig drehte der Mittelfeldspieler das Handy in seine Richtung. Während nun auch Manuel den Text las, stand Joshua einfach nur reglos dort.
Nur sah ich mich in der Kabine um, wobei ich feststellen musste, dass nicht nur ich die Szene beobachtete. Irgendwas ging hier vor sich, aber außer Joshua und Manuel schien Niemand eingeweiht zu sein.
"Machst du es?", ergriff Manu das erste Mal das Wort seitdem er das Spielfeld verlassen hatte.
"Ich...", setzte Josh unsicher an, wurde jedoch direkt von seinem Gegenüber wieder unterbrochen.
"Du musst da wirklich noch überlegen? Deutlicher können sie es dir kaum noch machen."
"Ich weiß."
"Vor drei Jahren meintest du noch, dass du sofort zusagen würdest. Sie hätten dich vermutlich auch gerne genommen, aber jetzt wollen sie dich um jeden Preis ... wortwörtlich." Die Beiden flüsterten lediglich, doch aufgrund der bestehenden Stille, waren ihre Worte zu verstehen.
Serge Gnabry stand von seinem Platz auf und war mit wenigen Schritten bei den beiden Beobachteten. Widerstandslos ließ Joshua sich das Handy von Serge aus der Hand nehmen, was er sicherlich nicht bei jedem von uns zugelassen hätte, doch Serge gehörte halt zu seinen engsten Freunden.
"Du hast ein Angebot bekommen", sprach Thomas Müller seine Vermutung laut aus.
"Das ist nicht ein Angebot, sondern ein unglaubliches Angebot", informierte uns Serge, der noch immer Joshuas Handy in der Hand hielt. Joshua hatte scheinbar gewusst, dass er das Angebot heute bekommen würde. Warum hatte er nicht mit mir gesprochen? Warum wusste Manuel Bescheid, aber nicht ich?
"Du gehst?", hakte Leroy Sané nach. Der Angesprochene öffnete den Mund, schloss ihn jedoch wieder ohne ein Wort gesprochen zu haben.
"Jo, ich würde dich gerne bei uns im Team behalten, allein schon weil du zu meinen besten Freunden gehörst, aber du wärst dämlich, wenn du so ein Angebot nicht annimmst", redete Serge auf ihn ein. Joshs Blick richtete sich auf mich. Ich stand noch immer wie versteinert dort. Joshua selbst hatte mir irgendwann mal erzählt, dass er innerhalb von Deutschland nicht mehr den Verein wechseln wollte. Wenn er sich eines Tages für einen neuen Verein entscheiden würde, dann wäre dieser im Ausland. Ein Verein unzählige Kilometer von Bayern entfernt. Zu weit weg, um sich spontan für ein paar Minuten zu treffen. Zu weit weg, um sich jeden Tag berühren zu können. Vielleicht sogar zu weit weg, um unsere Beziehung aufrecht zu halten. Wir waren beide nicht für eine Fernbeziehung gemacht.
Am liebsten hätte ich ihn in diesem Moment fest umklammert und ihn angefleht, zu bleiben. Ich war zum FC Bayern München gewechselt, um bei ihm sein zu können. Er durfte jetzt nicht gehen. Doch gleichzeitig wollte ich seiner Karriere nicht im Weg stehen. Ich wusste nicht, welcher Verein das Angebot unterbreitet hatte, aber anhand der Reaktionen von Serge und Manu war deutlich, dass das Angebot von einem Verein kam, dem man nicht mal eben so absagte.
Erneut öffnete Josh den Mund, um etwas zu sagen, wurde jedoch vom Klingeln seines Handys davon abgehalten. Er nahm es Serge aus der Hand, schaute auf den Display und nahm dann mit einem Seufzen den Anruf entgegen.
"Ja, habe ich", waren seine ersten Worte beim Telefonat, da sein Gesprächspartner scheinbar keinen Wert auf eine Begrüßung legte. "Warte kurz." Joshua legte das Handy zur Seite, zog das Shirt, welches er noch immer in der Hand hielt, über und warf schnell seine Sachen in die Sporttasche. Nachdem er noch in seine Schuhe geschlüpfte war, das Handy wieder zur Hand genommen hatte und sich die Tasche über die Schulter gehängt hatte, verließ er die Umkleide.
"Er verlässt uns", beendete Lucas die Stille.
"Es ist doch noch gar nicht klar, ob er wirklich ...", begann Kingsley, wurde jedoch von Manuel unterbrochen.
"Ich würde mir Sorgen machen, wenn er ablehnt."
"Sollte das passieren und er hat keine verdammt gute Begründung so ein Angebot abzulehnen, bringe ich ihn höchstpersönlich in die Psychiatrie", kündigte Serge an.
Ich löste mich endlich aus meiner Starre und begann mich umzuziehen ohne den Gesprächen meiner Teamkollegen noch weiter zu lauschen. Ich wollte nichts mehr von Joshuas Wechsel hören. Doch nur, weil ich es nicht mehr hörte, hieß es nicht, dass ich an etwas anderes denken konnte. In meinem Kopf war nur ein Gedanke, der mir panische Angst machte ... Ich könnte Joshua verlieren.
Leider ließ diese Angst auch nicht nach, als ich in unserer gemeinsamen Wohnung saß.
Dort war ich wieder in meine Starre verfallen. Saß einfach auf der Couch und starrte gegen die weiße Wand.
Ein Leben ohne Josh konnte ich mir einfach nicht mehr vorstellen. Er war zum Mittelpunkt meines Lebens geworden. Dass einer von uns beiden eines Tages vielleicht den Verein wechseln könnte, hatte ich verdrängt. Ich hatte mir Gedanken darum gemacht, ob wir es nach inzwischen über einem Jahr Beziehung langsam wagen sollten, einige Mannschaftskollegen einzuweihen. Ich hatte sogar schon Ideen gesammelt, wie wir ihnen von uns erzählen könnten. Bei all meinen Überlegungen war es aber nie eine Option gewesen, dass es ein wir gar nicht mehr geben würde.
Erst spät am Abend schleppte ich mich vom Sofa ins Bett, wo ich auf die leere Bettseite starrte. Würde ich mich tatsächlich an diesen Anblick gewöhnen müssen? Sollte ich versuchen meinen Freund zum Bleiben zu überreden? Könnte ich es mir verzeihen, wenn ich ihm eine scheinbar große Chance zerstörte?
Mein Kopf war voll mit Fragen auf die ich keine Antwort wusste.
Ich wusste nicht, wie lange ich noch wach dort gelegen hatte. Schlussendlich war ich jedoch eingeschlafen.
Besonders erholsam war mein Schlaf nicht gewesen, was ich am nächsten Morgen deutlich spürte. Mein Blick lag direkt wieder auf der leeren Bettseite. Anders als am Abend lag die Bettdecke jedoch nicht mehr ordentlich dort. Joshua schien hier gewesen zu sein.
Mein Hand glitt übers Bettlaken, welches kalt war. Ich lauschte, doch konnte keine Geräusche aus den anderen Räumen der Wohnung wahrnehmen. Trotzdem quälte ich mich aus dem Bett und lief alle Räume ab, nur um festzustellen, dass ich, wie befürchtet, allein in der Wohnung war. Joshua war nicht hier.
Ich zwang mich dazu eine Kleinigkeit zu essen, ehe ich meine Sachen zusammensuchte und mich aufm Weg zum Trainingsgelände machte. Einige der Anderen waren bereits dort. Joshuas Platz war jedoch leer.
"Er trainiert heute nicht mit oder kommt nach, je nachdem wie lange das Gespräch dauert", erklärte mir Serge, der meinen Blick auf den leeren Platz scheinbar bemerkt hatte.
"Was für ein Gespräch?", hakte Lucas nach. Serge zuckte mit den Schultern.
"Als ich hier ankam, stand sein Berater bereits wartend im Flur. Josh kam aus der Trainerkabine, meinte nur kurz zu mir, dass er einen Termin hatte und deswegen nicht zum Training kommen würde und ist dann auch schon gegangen."
"Sie werden vermutlich die letzten Details besprechen", vermutete Thomas. "Wenn das Angebot wirklich so gut ist, wie ihr gestern erzählt habt, dann wird wohl nicht mehr all zu viel Redebedarf bestehen."
"Ich hätte sofort unterschrieben", meinte Serge.
"Ich denke nicht, dass Josh so dämlich ist und ablehnt", meldete sich nun auch Manu zu Wort.
Noch immer schweigend verließ ich die Kabine und betrat das Spielfeld, um dem Gespräch meiner Mitspieler zu entkommen.
Während des Trainings war ich überhaupt nicht bei der Sache. Selbst die einfachsten Schüsse und Übungen vermasselte ich. Doch es war mir egal. Alles war mir egal ... außer Josh. Ich wollte ihn zumindest für einen kurzen Augenblick in meinen Armen halten können. Seine Nähe könnte das Chaos in meinem Inneren zumindest für einen Moment beseitigen. Ich brauchte meinen Freund, um zumindest kurz durchatmen zu können.
Erst nachdem ich die Mittagspause mit Löcher in die Luft starren verbracht und noch eine Stunde des Trainings am Nachmittag vermasselt hatte, bekam ich Joshua zu Gesicht. Gemeinsam mit seinem Berater lief er am Rand des Spielfeldes Richtung Kabine entlang. In seiner Hand hielt er einen großen Umschlag, während er über einer Schulter seine Sporttasche hängen hatte. Die Beiden verabschiedeten sich noch kurz voneinander, dann setzte Joshua den Weg zur Kabine alleine fort. Neben ihm prallte ein Fußball auf den Boden und im nächsten Augenblick erschien nun auch Serge in meinem Blickfeld. Ich bezweifelte stark, dass der Ball aus Versehen in Joshuas Richtung geflogen war. Es war viel eher ein Trick, um in seine Nähe zu kommen, ohne einen Kommentar vom Trainer zu erhalten.
Mich interessierte dieser mögliche Kommentar jedoch nicht wirklich. Ich wusste nicht, wie lange ich noch die Möglichkeit dazu hatte, meinen Freund in den Armen zu halten, weswegen ich in seine Richtung lief. Joshua schien direkt zu bemerken, dass ich mich näherte, da sein Blick bereits in der nächsten Sekunde auf mir lag. Ich wollte ihn einfach nur küssen, ihn halten, seinen Duft einatmet, seinen Atem auf meiner Haut spüren, seinem Herzschlag lauschen...
Josh ließ seine Sporttasche zu Boden fall, drückte Serge den Umschlag in die Hand und kam mir einige Schritte entgegen. Kaum hatte ich ihn erreicht, zog ich den Kleineren auch schon fest in meine Arme. Ich drückte ihn fest an mich, während wir uns aneinander klammerten. Meine Stirn lehnte ich gegen seine. Schaute ihm einfach in die Augen.
"Ich will dich nicht verlieren", flüsterte ich ihm zu.
"Wirst du nicht", versicherte Joshua mir.
"Aber ..." setzte ich, zuckte dann jedoch wegen Serge zusammen.
"Kimmich!", schrie er, wobei er dem Papierstapel in seiner Hand gegen Joshuas Hinterkopf schlug. "Wann und wo hast du dein Gehirn verloren?! Bist du komplett bescheuert?! Da ..." Serge tippt auf das Papier. "Sollte nicht das Bayern-Logo sein. Warum lässt du dir so eine Chance entgehen?!" Erneut wollte er Josh mit dem Papier gegen den Kopf schlagen, jedoch sah dieser den Angriff dieses Mal kommen und nahm seinem Freund den Vertrag ab.
"Ich hätte mit etwas mehr Begeisterung gerechnet, dass ich bei euch bleibe."
"Natürlich will ich dich als Freund bei mir haben, aber das war vielleicht ein einmaliges Angebot, welches du nie wieder bekommen wirst. Warum tust du sowas dämliches?!"
"Weil hier mein Zuhause ist." Joshuas Blick richtete sich wieder auf mich, wobei er liebevoll lächelte. Ich konnte nicht anders als das Lächeln zu erwidern. Nur langsam drang es zu mir durch, dass ich den Kleineren nicht verlieren würde, dass er bei mir bleiben würde, dass er mich genau so brauchte und wollte, wie ich ihn. Diese Erkenntnis brachte mich dazu, übers ganze Gesicht zu strahlen.
"Aber du könntest dir doch dort ein zweites Zuhause aufbauen." Serge wollte die Beweggründe seines Freundes verstehen, doch dafür fehlte ihm eine wichtige Information, die bisher nur Josh und ich kannten.
"Ich möchte kein zweites Zuhause. Ich möchte mein Zuhause." Während Joshua mit Serge redet, blickte er mir in die Augen. "Ich brauche nicht mehr um glücklich zu sein. Ich will auch gar nicht mehr. Einfach nur mein Zuhause und am liebsten für immer."
"Und wenn es Jemand besichtigt?", erkundigte ich mich, weswegen ich im Augenwinkel einen irritierten Blick von Serge wahrnahm.
"Ich habe mein Glück viel zu lange für mich behalten. Ich vertraue dem Team. Sollen sie es doch besichtigen. Deren Meinung könnte sowieso nicht an meinen Gefühlen ändern", erklärte Joshua, der scheinbar verstanden hatte, worauf ich hinaus wollte. Strahlend lehnte ich mich zu ihm vor. Kurz vor seinem Gesicht stoppte ich noch einmal, gab ich ihm Chance seine Entscheidung zu überdenken. Grinsend nahm Josh mein Gesicht sanft zwischen seine Hände und zog mich weiter zu sich bis unsere Lippen auf einander trafen. Ich umklammerte ihn fester.
Am liebsten hätte ich ihn noch ewig geküsst. Jedoch zuckte Joshua plötzlich zusammen, löst sich von mir und drehte sich zu Serge rum.
"Hör auf damit!", beschwerte er sich. Statt etwas zu sagen, haute ihm Serge mit dem Papier auf die Stirn. Sofort entriss Josh es ihm und drückte es dafür mir in die Hand.
"Man erzählt seinem besten Freund, dass man verknallt ist!", nannte Serge den Grund für den schlag.
"Wird nicht wieder vorkommen, dass ich dir nicht sofort erzähle, dass ich mich verliebt habe ... weil ich auch nicht vorhabe, nochmal in die Situation zu kommen, mich in eine andere Person zu verlieben."
"Sag lieber Leon, dass du in ihn verknallt bist und nicht mir."
"Nach vierzehn Monate Beziehung sollte er das bereits wissen", merkte Joshua kleinlaut an.
"Bitte was?!" Lachend schlang ich einen Arm um Joshuas Schulter und zog ihn an mich, wobei ich eine Hand auf seinen Hinterkopf legte, um diesen vor weiteren Schlägen zu schützen.
"Ich brauch ihn noch ein paar Jahre, also bitte keine Schäden verursachen", bat ich Serge, ehe ich einen Kuss auf Joshs Stirn drückte.
"Ich bin gerade ernsthaft beleidigt, dass ihr mir nichts erzählt habt ... aber ich freu mich für euch." Lächelnd blickte ich zu Josh runter, der meinen Blick erwiderte. Ich konnte einfach nicht widerstehen und küsste meinen Freund liebevoll.
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