James x Kimmich

für southsiderider

Seufzend betrat ich die Toiletten der Halle, in der zurzeit unsere Meisterschaftsfeier stattfand. Jeder aus dem Team hatte viele Freunde und Verwandte mitgebracht. Dazu kamen die Verantwortlichen des Vereins, der Trainerstab und weitere Mitarbeiter. Die gesamte Halle war voll und überall saßen oder standen Menschen, die sich angeregt unterhielten. Während einige das Buffet plünderten, tanzten anderen zu der Musik des DJs, die selbst noch auf den Toiletten leise zu hören war.

Ich hatte absolut keine Lust mich mit irgendjemanden zu unterhalten oder zu feiern, doch so eine Meisterschaftsfeier konnte man nicht eben mal verpassen. Die Medien würden innerhalb weniger Tage herausbekommen, wer auf der Feier war und wer nicht da war. Daraus würden Gerüchte entstehen, für die ich noch weniger Nerven hatte und die dem Verein schaden würden. Somit verkroch ich mich lieber für ein paar Minuten auf den Toiletten, um durchzuatmen und runterzufahren, bevor mich Leon, Niklas und Serge, die alle bereits angetrunken, auf die Tanzfläche zerren würden.

Um das klarzustellen: ich liebte die verrückte Art meiner besten Freunde und hatte mit ihnen jedes Mal unheimlich viel Spaß. Auch an diesem Abend, den ich eigentlich nur zu Hause verbringen wollte, schafften sie es mich zum Lachen zu bringen und dass ich mich amüsierte. Doch wenn sie angetrunken waren und ich die Person spielen musste, die auf sie aufpasste und dafür sorgen musste, dass sie sich nicht komplett blamierten und abschossen, konnten sie anstrengend und nervenaufreibend sein.

In Gedanken vertieft stützte ich mich an dem Waschbecken ab und betrachtete mich selbst im Spiegel. Für uns alle war es heute Abend Pflicht in einem Anzug zu erscheinen. Ich trug den einzigen Smoking, den ich überhaupt besaß, in schwarz und dazu eine Fliege, die Mats mir gebunden hatte, bevor wir hierher gefahren waren. Sowohl Fliegen als auch Krawatten konnte ich überhaupt nicht binden und war dabei auf die Hilfe meiner Kollegen angewiesen. Anzüge mussten wir ohnehin nur zu Events tragen. Wozu musste ich es lernen, wenn ich es nicht einmal permanent brauchte?

Meine Haare hatte ich wie jeden Tag zur Seite gegelt - viel mehr wusste ich mit ihnen auch nicht anzufangen. Das Auffälligste in meinem Gesicht war wohl weder mein drei Tage Bart, auf den ich so stolz war, noch meine grünen Augen. Beides rückte durch dunkle Augenringe in den Hintergrund. Für die Medien waren es Augenringe, die durch das Feiern der Meisterschaft und die dadurch verkürzten Nächte zustande kamen. In Wirklichkeit lag es an etwas anderem, weshalb ich nächtelang wach lag und nicht einschlafen konnte. Es war genau eine Person, die sich durchgehend in meinen Kopf herumtrieb und nicht verschwand.

Als auf einmal die Tür der Toiletten aufging, wurde ich aus meinen Gedanken gerissen und schüttelte schnell den Kopf. Ich musste mich nicht einmal umdrehen, da ich die Person, die nun den Raum betrat, schon durch den Spiegel sehen konnte. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen und versuchte die Fassung zu bewahren. Wieso musste der Mensch, an den meine Gedanken immer wieder ungewollt abschweiften, nun auch noch hier sein?

In Sekundenschnelle legte ich mir einen Plan zurecht, um so schnell wie möglich vor ihm zu entkommen, ohne dass es komisch werden würde:

Part 1) James nicht ansprechen.

Part 2) James nicht antworten, falls er mich ansprechen würde, ihm nicht einmal in die Augen sehen. Ein Blick in seine tiefen braunen Augen und ich würde mich verlieren.

Part 3) Händewaschen, es musste schließlich so aussehen, als wäre ich auf Toilette gewesen.

Part 4) Den Raum verlassen.

Somit löste ich mich aus meiner Starre und stellte den Wasserhahn an, während ich die Seife benutzte. ,,Hier bist du" vermerkte James und lehnte sich an die Tür, womit ich den Raum nicht verlassen konnte ,,ich habe dich den ganzen Abend lang gesucht."

Ich erwiderte nichts. Stattdessen stellte ich den Wasserhahn wieder ab und rupfte mir ein paar Papiertücher aus dem Spender, um meine Hände zu trocknen. ,,Josh, bitte ignorier mich nicht. Ich vermisse dich." James Stimme klang verzweifelt und hatte einen flehenden Unterton, was mein Herz verkrampfen ließ. Ich wollte nicht, dass er litt oder unglücklich war. Er war mir wichtig und würde mir immer etwas bedeuten, da konnten wir uns noch so weit voneinander entfernen. Doch jedes einzelne Wort, machte es nur noch schwerer das zwischen uns gehen zulassen.

Das benutzte Papier schmiss ich in den Mülleimer daneben und drehte mich zur Tür, immer darauf bedacht, James nicht in die Augen zusehen. Er stand weiterhin in der Tür und versperrte mir den Weg, womit er mich zwang meinen Plan umzubauen:,,Ich muss zu Leon. Er wartet sicherlich schon auf mich."

,,Ich warte seit Wochen auf dich. Darauf, dass ich endlich wieder bei dir sein und deine Nähe spüren kann" entgegnete der Kolumbianer hauchzart. Wie sollte man bei solchen Worten von dem Mann seiner Träume noch stark bleiben?

,,James, wir haben es probiert. Es funktioniert nicht" murmelte ich und suchte an der Wand irgendeinen Punkt, den ich fixieren konnte.

,,Ich liebe dich, mi amor" gestand er und betonte den Kosenamen, den er mir nach seiner ersten Liebeserklärung gegeben hatte. Zu dem Zeitpunkt waren wir auf den Punkt genau drei Monate zusammen und verbrachten diesen Tag im Englischen Garten, der Ort an dem wir schon unser erstes Date hatten. Es war ein perfekter Tag und so mit der schönste, den ich jemals erleben durfte.

,,Bitte hör auf" wisperte ich schwach und schüttelte leicht den Kopf. Eineinhalb Jahre waren wir zusammen, hatten zusammen Höhen und Tiefen durchgestanden. Doch das letzte Tief war zu stark und unsere Beziehung überstand es nicht. Zwischen uns herrschte dauerhafte Funkstille, wenn wir uns nicht gestritten hatten. Wir funktionierten als Team nicht mehr und hatten gespaltene Meinungen, so sehr wir uns auch liebten.

,,Schau mich an, mi amor" bat mich James sanft und legte seine Hand an meine Wange. Sofort spürte ich, wie eine vertraute Wärme durch meinen Körper strömte. Er alleine schaffte es, dass ich mich in Sekunden wohl und geborgen fühlte. Auch wenn ich mich erst versuchte dagegen zu wehren, hob er leicht meinen Kopf an, ,,schau mir in die Augen und sag mir, dass du mich nicht mehr liebst, dann lasse ich dich in Ruhe. Versprochen."

Es passierte das, was ich unbedingt vermeiden wollte. Ich blickte direkt in James tiefe braune Augen, in denen so viel Liebe und Zuneigung lag. Immer wieder verlor ich mich in seinen Augen und konnte von ihnen nicht ablassen. ,,Das kann ich nicht und das weißt du. Ich werde dich immer lieben" gab ich zu.

Auf James Lippen breitete sich ein leichtes Lächeln aus, was sich automatisch auch auf meinen Lippen spielte. Langsam kamen wir uns immer näher, bis er letztendlich die letzten Zentimeter überbrückte und mich in einen gefühlvollen Kuss zog. In meiner Brust fühlte sich dieser Kuss wie ein Feuerwerk an, auf das ich sehnlichst gewartet hatte. Ich vermisste seine Berührungen mehr, als ich erwartet hatte und genoss diesen Moment. Viel zu lange her ist der Moment, an dem wir uns zuletzt so nah waren.

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Murrend setzte ich mich langsam auf und öffnete die Augen. Während ich mir verschlafen durch die Haare fuhr, blickte ich mich in dem Zimmer um, in dem ich gerade aufgewacht war. Nicht eine Sekunde musste ich darüber nachdenken, wo ich war und wie ich hierhergekommen war. Unzählige Male war ich schon hier, bin hier eingeschlafen und aufgewacht. Allerdings lag sonst immer ein besonderer Mensch neben mir, neben dem ich jeden Morgen aufwachen und jeden Abend einschlafen wollte.

Wo sich James nun herumtrieb, wusste ich nicht, was vermutlich besser so war. Es war ein Fehler letzte Nacht nach unserem Kuss auf der Meisterschaftsfeier mit zu ihm zufahren. Wir wussten ganz genau, worauf das hinauslaufen würde und vermutlich wollten wir genau das. Das letzte Mal, dass wir miteinander geschlafen hatten, dass wir den anderen spüren lassen haben, wie sehr wir ihn trotz all unserer Streitereien liebten, war schon Monate her. Unsere Gefühle füreinander waren immer noch da und vergingen nicht.

Doch wie sollten wir jemals voneinander loskommen, wenn wir so weitermachten wie bisher? Wir hatten uns getrennt, weil wir vor einem Problem standen, was wir nicht lösen konnten, ohne dass einer von uns beiden unglücklich war. Es war keine leichte Entscheidung, doch eine notwendige, damit wir beide unsere Wege gehen konnten. Solche Nächte wie die gestrige machten uns die Trennung nur noch schwerer und härter, so verlockend sie auch waren.

Somit stand ich auf und sammelte meine Klamotten vom Boden auf. Meine Boxershorts und meine Hose zog ich mir direkt an, bevor ich die Tür öffnete und mit meinem Sakko nach unten lief. Etwas umständlich zog ich mir mein Hemd von gestern Abend an und schlüpfte in meine Schuhe, als plötzlich eine Stimme hinter mir ertönte, die ich unter Tausenden wiedererkennen würde:,,Du gehst schon?"

,,Was sollte ich sonst tun?" antwortete ich mit einer Gegenfrage und richtete mich auf, nachdem meine Schuhe gebunden waren. Im Gegensatz zu gestern war meine Stimme nun stämmiger und ich hatte nicht das Gefühl jeder Zeit einzubrechen, nur weil James bei mir war.

,,Du könntest mit in die Küche kommen und frühstücken. Wir könnten reden" schlug der Kolumbianer vor.

,,Und dann was?" wollte ich aufgewühlt wissen und drehte mich zu meinem Exfreund, ,,dann kommen wir wieder zusammen und tun so, als wäre unsere Trennung nicht gewesen? Ich kann dir sagen, wie lange das funktionieren wird und zwar bis zu dem Tag, an dem du dich wieder mit deiner Rückkehr zu Real und deinem Umzug nach Madrid beschäftigst."

,,Wir finden eine Lösung. Das haben wir immer" entgegnete James und verschränkte die Arme vor der Brust.

,,Hierbei nicht. Du musst nach Madrid, zurück zu Real, weil du diesen Verein liebst und die Stadt für dich wie ein zu Hause ist. Ich gehöre zu Bayern und möchte nicht aus München weg. Genauso wenig, wie ich eine Fernbeziehung will. Es gibt dafür keine Lösung, James" fasste ich unsere Streitereien der letzten Monate zusammen. Die Distanz zwischen uns waren wir nicht gewohnt und würde uns kaputt machen. Eineinhalb Jahre waren wir fast ununterbrochen zusammen und nun sollten wir uns lediglich in der Sommerpause sehen? Immerhin hatten wir unter der Saison keine Zeit zwischen zwei Ländern zu pendeln und die Winterpause verbrachten wir beide bei unseren Familien. Wenn auch nicht sofort, würde die die Fernbeziehung uns langsam kaputt machen und leiden lassen. Keiner von uns konnte das gebrauchen, während er dabei war in drei verschiedenen Wettbewerben um den Titel zu kämpfen.

,,Das soll es gewesen sein? Die letzte Nacht hat dir nichts bedeutet?" hakte James verletzt nach. Mit der Zeit wurden seine Augen glasig. Auch wenn er versuchte die Tränen wegzublinzeln, gelang ihm das kaum.

,,Natürlich hat mir das etwas bedeutet. Noch nie habe ich jemanden so geliebt wie dich und werde es vermutlich auch nicht. Das, was wir haben, hatten... war einzigartig, aber es vorbei. Du gehst nach Madrid, wie du es wolltest. Ich wünsch dir nur das Beste für deine Heimkehr und hoffe, dass du dort alles erreichen kannst, was du dir erträumst. Du bist ein begnadeter Fußballer und ich bin stolz auf dich. Stolz auf das, was wir zusammen erreicht haben, auf unsere gemeinsame Zeit und darauf, dass du dir nun einen deiner Träume erfüllst, eine zweite Chance bei deinem Herzensclub" lächelte ich schwer. Gewiss war es schmerzhaft James gehen zulassen, aber das war das, was wir brauchten.

,,Gott, du bist unglaublich" gestand James und fuhr sich übers Gesicht, ,,ich liebe dich auch so sehr. Du musst wissen, dass ich mich bei dir immer zu Hause und sicher gefühlt habe. Auch wenn ich in Deutschland nicht immer glücklich war, hast du es geschafft, dass ich trotzdem jeden Tag mit einem Lächeln beginne und diese Stadt nach und nach lieben lerne. Du hast meine Zeit zu einer unbeschreiblich schönen Erinnerung gemacht. Danke."

Leicht lächelnd sahen wir uns für einen Moment in die Augen. Es wäre nicht richtig gewesen, wenn wir uns noch einmal nah gekommen wären. Wir beide wussten, dass ich nie gehen würde, wenn wir noch einmal schwach werden würden und der Abstand zwischen uns bestehen bleiben müsste. Damit, dass die gestrige Nacht unsere letzte Nacht war, mussten wir uns anfreunden. ,,Viel Erfolg weiterhin in München. Ihr seid ein unfassbares Team und könnt zusammen noch viel erreichen. Vor allem du, als junger hungriger Spieler, kannst hier zum Weltstar werden, wie ich es mir für dich wünsche" fügte James noch ehrlich hinzu.

,,Misch die spanische Liga wieder etwas auf und wer weiß" setzte ich an und öffnete seine Haustür, ,,vielleicht sieht man sich mal wieder."

Damit schloss ich die Tür wieder hinter mir und damit auch ein weiteres Kapitel in meinem Leben. Mit einem lachende und einen weinenden Auge machte ich mich nun auf den Weg nach Hause. Die Zeit mit James war traumhaft schön, sodass ich nur glücklich sein konnte, wenn ich an unsere gemeinsamen Momente dachte. Doch die Tatsache, dass die Momente vergangen waren und keine neuen dazukommen würden, ließ mein Herz brechen. 

Ich hoffe, dass er dir gefällt❤

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