Brandt x Havertz

für Pieczkowski

Anmerkung: Kai ist kein Fußballer sondern Rennfahrer.

Ich fuhr mir durch die Haare und biss von meinem Apfel ab, bevor ich mich auf mein Sofa fallen ließ und den Fernseher anmachte. Ein weiteres Mal biss ich in meinen Apfel und starrte auf den Fernseher, auf dem ich das Rennen meines Freundes sehen konnte. Ich wusste, dass er ebenfalls versuchte sich jedes meiner Spiele anzusehen oder ins Stadion zugehen, wenn er keine eigenen Termine hatte. Mittlerweile bezeichneten die Medien ihn schon als Dortmundfan, so oft wie er im Signal Iduna Park schon gesichtet worden war.

Nun war ich wieder an der Reihe ihn zu unterstützen. Es machte Spaß, ihn zu zusehen, wie er seinen Traum lebte und seine Leidenschaft ausübte. Rennsport war das, was Kai liebte und selbst wenn ich um 7 Uhr aufstehen musste, um ihn bei seinem Grand Prix zu verfolgen, würde ich das tun. Gestern Nachmittag hatten wir ein anstrengendes Spiel gegen Frankfurt, was wir in den letzten Sekunden aus der Hand gegeben und 1:2 verloren hatten. Kai hatte sich trotz seines Qualifying fast das ganze Spiel angeguckt und mich nach der Niederlage aufgemuntert.

,,Ich begrüße Sie herzlich zum 13. Rennen der Formel 1 Saison 2019 in Spa" begrüßte der Kommentar die Zuschauer, ,,die Fahrer beenden jetzt ihre Einführungsrunde und stellen sich in die Staraufstellung. Die Startampeln wurden nun aktiviert! Jetzt geht es los, der Große Preis von Belgien! Die beiden Silverpfeile vorne. Vettel und Leclerc in der Verfolger Position. Die Ampeln sind aus. Lewis Hamilton bleibt vorne. Vettel ist weiterhin dritter. Und..."


,,Da kracht es!" meldete sich nun auch der zweite Kommentartor zu Wort.

,,Oh, das sieht nach einem heftigen Unfall aus, nach einem sehr heftigen Unfall!"

,,Ein McLaren und ein Toro Rosso sind neben der Strecke."

,,Ich meine, dass es Alex Albon in seinem Toro Rosso ist. Bei ihm scheint nichts kaputt zu sein. Er fährt wieder auf die Strecke. Aber bei dem McLaren sieht es nicht gut aus."

,,Das ist Havertzs McLaren, nicht wahr?"

,,Sieht ganz danach aus. Schauen wir uns die Startwiederholung noch einmal an."

Ich saß kerzengerade auf dem Sofa und blickte schockiert auf den Fernseher. Mein Herz raste und ich zitterte bei dem Gedanken, dass Kai etwas zugestoßen war am ganzen Körper. Die Wiederholung des Rennstarts wurde eingeblendet, vor allem Kamerabilder, die Kais Unfall aufzeichneten.

Da er als zehnter gestartet war, hatte er Autos hinter und vor sich. Kaum waren die Startampeln aus, kam Kai gut weg und machte, soweit ich das einschätzen konnte, eine Position gut. Dennoch war an seiner linken Seite ein blaues Auto, der Toro Rosso von Alex, den die Kommentatoren angesprochen hatten. Die beiden fuhren nebeneinander und bogen in die erste Kurve ein, bis plötzlich ein weiteres Auto neben Kai fuhr, ein gelber Renault. Drei Autos in einer Kurve, die nur für ein Rennauto gedacht ist? Das konnte natürlich nicht gut gehen. Das gelbe Auto, was noch vergeblich versuchte zu bremsen, fuhr Kai in die Seite und haute ihn damit weg. Da Alex allerdings noch immer auf Kais linker Seite war, kollidierten die beiden. Alex‘ Wagen drehte sich, doch kam im Kies zu stoppen, bevor er an die Bande knallte. Kais Wagen hatte so viel Schwung, dass der Kies ihn nicht stoppen konnte. Mit voller Wucht wurde er gegen die Bande geschleudert.

Nachdem die Szenen vorbei waren, wurden wieder Live Bilder gezeigt. Ein Safety Car fuhr vor allen anderen Autos. Soweit ich wusste, wurde ein Safety Car bei einem Unfall auf die Strecke gebracht und fuhr mit einer begrenzten Geschwindigkeit. Die anderen Fahrer mussten dem Auto hinterherfahren und durften niemanden Überholen, während Mitarbeiten der Strecke versuchten den Fahrer aus seinem kaputten Auto zu holen und das Auto abschleppten.

Ich war in einer Schockstarre und konnte mich nicht bewegen. Mein Kopf war leer und mein Herz raste. Wie besessen starrte ich auf den Fernseher und hoffte, dass es Kai gutging. Während die Fernsehbilder zwischen Kais kaputten Wagen und den Safety Car wechselten, wurde ein Funkspruch aus dem Team meines Freundes abgespielt. Jedes Formel 1 Team hatte per Funk Kontakt zu seinen Fahrern und konnte diesen jederzeit aufnehmen, umgekehrt genauso. ,,Kai, are you okay?"

Es kam keine Antwort, nicht einmal ein Geräusch. Sofort füllte sich mein Kopf mit panischen Fragen und mein Herz raste noch schneller, wenn das überhaupt möglich war. Konnte er nicht antworten? War er nicht mehr bei Bewusstsein?

,,Can you hear me? Are you okay?" hakte die Box weiter nach. Der besorgte Unterton war nicht zu überhören.

,,I‘m okay“ kam nach einiger Zeit eine Antwort von Kais zitternder Stimme, ,,I can hardly breathe."

,,Understood. Keep calm. The guys will help you out of the car“ wurde Kai informiert. Die Stimme aus der Box schien erleichtert, was auch mir ein paar Sorgen nahm. Er war zumindest ansprechbar.

Dennoch konnte ich nicht einfach in Dortmund sitzen und warten, bis Kai irgendwann nach Hause kam. Immerhin würde er ins Krankenhaus gebracht werden, wo weitere Untersuchungen anstanden, um sicherzugehen, dass er keine langatmigen Verletzungen von dem Unfall davon tragen würde. Ich wollte bei ihm sein, wenn er Diagnosen bekam und sich von dem Unfall erholte. Er war alles für mich und ich musste ihn sehen.

Ich griff mein Handy vom Wohnzimmertisch und wählte die Nummer von Olivia, seiner Pressesprecherin. Jeder Fahrer hatte jemanden, der ihn bei den Interviews zur Seite stand, dafür sorgte, dass er Termine einhielt, die den Sport betrafen und Tipps gaben, was sie der Öffentlichkeit Preis geben und was nicht. Olivia stand Kai von allen anderen im McLaren Team, neben seinem Teamkollegen Lando am nächsten. Da dieser allerdings noch sein Rennen fahren musste, war die Wahrscheinlichkeit wohl höher, dass Olivia wusste, was nun mit Kai passieren und ihn ins Krankenhaus begleiten würde. Somit wählte ich direkt ihren Kontakt aus und musste nicht lange warten, bis ich ihre Stimme hörte:,,Hey Julian, ich habe mir schon gedacht, dass du gleich anrufen würdest.“

,,Ich kann es nicht glauben“ war das einzige, was ich herausbekam. Kais Unfall war wie ein schlechter Traum, aus den ich nur noch aufwachen wollte, doch es nicht konnte.

,,Ist schon gut. Du bist sicher schockiert, wie wir auch“ entgegnete sie verständnisvoll.

,,Wie geht es nun weiter?“ erkundigte ich mich und fuhr mir verzweifelt meine Haare.

,,Ich bin auf dem Weg zur Unfallstelle. Kai wird von einem Medical Car abgeholt und ins Krankenhaus gebracht. Keine Sorge, ich werde mit ihm fahren und dir alles weiterleiten, was mit ihn zutun hat" erklärte mir Olivia. Ihre Worte sorgten dafür, dass ich ruhiger wurde. Dennoch würde ich erst aufhören mich zu sorgen, wenn ich bei ihm war.

,,Danke" murmelte ich, bevor ich aufstand und mich auf den Weg in den Flur machte, um mir meine Schuhe anzuziehen und meine Jacke zunehmen, ,,ich fahre nach Spa und bin in spätestens drei Stunden da. Schickst du mit die Adresse des Krankenhauses?“

,,Hast du kein Training? Kai will sicherlich nicht, dass du seinetwegen Ärger bekommst. Da sei sein Unfall noch so schwerwiegend“ erinnerte mich Olivia.

Ich klemmte mir mein Handy zwischen meine Schulter und mein Ohr, damit ich meine Schuhe zumachen konnte:,,Ich hatte gestern ein Spiel, deswegen habe ich heute den ganzen Tag frei. Wenn ich es morgen nicht rechtzeitig zum Training schaffe, melde ich mich aus familiären Gründen ab."

,,Aus familiären Gründen…“ wiederholte die Pressesprecherin , die in den letzten Jahren zu einer guten Freundin geworden war, meine Worte noch einmal langsam, ,,das ist echt süß. Fahr vorsichtig.“

,,Werde ich. Schick mir die Adresse und lass Kai nicht aus den Augen" bat ich sie und schnappte mir meinen Schlüssel von der Kommode, bevor ich mich von Olivia verabschiedete und zu meinem Auto lief.

Die Fahrt von Dortmund nach Spa dauerte zweieinhalb Stunden. Sonntagnachmittag waren die Straßen einigermaßen frei und nur an einigen Abschnitte kam ich auf der Autobahn in einen stockenden Verkehr. Olivia hatte mir die Adresse des Krankenhauses geschickt und geschrieben, dass Kai soweit alle Tests überstanden hat. Einige Diagnosen blieben noch aus, doch die Ärzte stellten bei Kai eine mittelschwere Gehirnerschütterung und eine Lungenprellung fest. Zur Beobachtung sollte er noch ein, zwei Tage im Krankenhaus bleiben.
Ich stellte meinen Wagen auf dem Parkplatz des Krankenhauses ab und betrat anschließend das Gebäude. Ich lief zum Empfang, an der eine Brünette Krankenschwester saß und mich freundlich anlächelte:,,Guten Tag, was kann ich für Sie tun?“

,,Ich wollte… einen Freund besuchen, Kai Havertz" erklärte ich ihr kleinlaut. Hoffentlich hielt sie mich nicht für irgendeinen Fan oder Reporter der einen verletzen Rennfahrer nachstellen wollte.

,,Blond, blaue Augen, groß und gutaussehend, wie auf den Bildern, die Olivia mir gezeigt hat“ betrachtete mich die Krankenschwester faszinierend, wofür sie von mir einen verwirrten Blick bekam.

,,Was?“ war das einzige, was ich herausbekam. Ich hätte von einer Krankenschwester sicherlich eine andere Antwort erwartet als diese.

,,Entschuldige, wenn ich Sie verwirrt habe“ schmunzelte die Krankenschwester und tippte kurzzeitig etwas auf ihren Computer ein. Dieses Lächeln hatte ich schon einmal gesehen, bei Olivia. Ich warf einen Blick auf ihr Namensschild und nun fiel der Groschen. ,,S. Fedel“ stand dort, wie ,,Olivia Fedel".

,,Sie sind…“ setze ich an und die Frau am Empfang nickte:,,Olivias Schwester, Sylivia. Ihr Freund liegt im Zimmer 129. Sie müssen ins erste Stockwerk und den langen Gang entlang bis zur Nummer 129.“

,,Danke“ lächelte ich und machte mich auf den Weg zu den Treppen. Ich wusste, dass Olivia aus Belgien kam und sie eine Schwester hatte, doch dass sie gerade in dem Krankenhaus arbeitete, in dem Kai eingeliefert wurde, war ein verrückter Zufall. In mancher Hinsicht war die Welt eben doch ein Dorf.

Ich lief den langen Flur entlang, den Sylvia mir beschrieben hatte. Schon von weitem konnte ich die Pressesprecherin meines Freundes vor seiner Zimmertür sehen. Als sie mich entdeckte winkte sie leicht und ich tat es ihr gleich, bis ich endlich bei ihr war und von ihr in eine kurze Umarmung gezogen wurde:,,Schön dich zusehen, Jule. Auch wenn ich dich lieber an einer Rennstrecke gesehen hätte.“

,,Dito“ gab ich zurück und löste mich wieder von ihr. Ich deutete auf die Zimmertür 129:,,Wie geht es ihm?“

,,Kai ist ziemlich müde, aber hat direkt nach dir gefragt, als er eingeliefert wurde. Er wollte nicht, dass du hierherfährst und ich sollte dir das sagen, doch du warst schon auf den Weg. Schau einfach mal rein. Ich bin mir sicher, dass er sich freut dich zusehen und nur wieder den Unnahbaren spielt, damit er stark wirkt" klärte sie mich auf. Ich nickte zustimmend und konnte Kai verstehen. Es war nie einfach zuzugeben, dass man Schmerzen hatte und Hilfe brauchte.

Ich klopfte zweimal an die Zimmertür, ehe ich sie vorsichtig öffnete und meinen Kopf hineinsteckte:,,Kai?“

Ein leichtes ,,Jule" war zuhören. Kai war also wach.

Behutsam betrat ich das Krankenzimmer und schloss die Tür hinter mir. Ich nahm mir einen Stuhl und setzte mich zu Kai ans Krankenbett, der mich verschlafen beobachtete:,,Du solltest doch nicht meinetwegen hierherfahren.“

,,Machst du Witze? Du erwartest von mir, dass ich zu Hause herumsitze, während du einen Unfall hattest und im Krankenhaus liegst. Ich habe mir Sorgen gemacht“ entgegnete ich und nahm seine Hand. Immer wieder Strich ich ihm über den Handrücken und war froh, ihn berühren, mit ihm reden zu können. Der Motorsport war ein gefährlicher Sport und bei Unfällen kann einiges schiefgehen.

,,Es ist doch nichts passiert“ winkte Kai ab. Prüfend musterte ich ihn und versuchte herauszufinden, ob dass ein Scherz war oder er das Ernst meinte. Es musste doch ein Scherz sein…

,,Du liegst nur mit einer mittelschweren Gehirnerschütterung und einer gequetschten Lunge im Krankenhaus. Das ist überhaupt nichts.“ Mein ironischer Unterton in der Stimme war dabei nicht zu überhören.

,,Im Vergleich zu anderen Dingen ist das gar nichts“ vermerkte Kai und mir wurde bewusst, dass er das wirklich alles so locker sah, wie er es sagte.

,,Stimmt, andere brechen sich im Motorsport alle Knochen oder kommen mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus. Im Vergleich zu denen, sind deine Verletzungen nichts“ murrte ich fassungslos. Kai hätte sich bei diesem Unfall durchaus schwerer verletzen können, als er es getan hatte. Jeder, der in den Rennwagen stieg und mit 300 km/h fuhr, setzte jedes Mal sein Leben aufs Spiel. Ich wusste nicht, wie ich reagieren würde, wenn Kai einen lebensgefährlichen Unfall hätte und mit einem kritischen Zustand ins Krankenhaus gebracht werden würde.

,,Der Arzt meinte, dass ich in zwei Wochen wieder problemlos fahren könnte. Wenn meine Lunge sich gut erholt“ erzählte mir Kai und schien meinen Sarkasmus gar nicht wahrgenommen zuhaben.

Ich löste meine Hand von seiner und schüttelte den Kopf:,,Du hattest heute einen Unfall und um das Mal klarzustellen: Das war kein leichter Unfall. Du bist mit knapp 300 km/h in die Bande geknallt und hattest Glück, dass du nicht schlimmer verletzt wurdest. Jetzt denkst du direkt ans nächste Rennen?“

,,Ich kenne das Risiko, Jule. Das gibt es in jedem Sport, nicht nur im Sport, überall. Dir kann immer etwas passieren, womit du nicht gerecht hast. Das ist das Leben“ seufzte Kai und legte seine Hand an meine Wange, ,,ich mache mir auch Sorgen, wenn du von jemanden auf dem Platz umgehauen wirst. Es gibt Fußballer, die sich so stark verletzt haben, dass sie nicht mehr spielen können.“

,,Ich weiß, dass du recht hast. Kannst du mir wenigstens versichern, dass du dich erst vollkommen erholst, bevor du dich auf das nächste Rennen vorbereitest?“ verlangte ich und sah in seine wunderschönen braunen Augen, in denen ich mich immer wieder verlieren konnte.

,,Ich verspreche dir, dass ich nicht in ein Rennauto steige, wenn ich mir nicht 100% sicher bin, dass ich damit ein Rennen problemlos fahren kann. Zwar liebe ich den Motorsport, aber ich riskiere die Zeit mit dir nicht" antworte er sanft.

,,Überzeugt" murmelte ich, bevor ich mich zu ihm lehnte und unsere Lippen verband. Wir beide liebten unseren Job, jeder auf seine Art, doch wussten wo unser Limit war. Auch wenn manchmal Dinge passierten, auf die man keinen Einfluss hatte.

Im Moment war ich nur froh, dass es Kai dem Umständen entsprechend gutging und ich bei ihm sein konnte.

Irgendwie habe ich den etwas ruiniert (genau wie das hochladen am Sonntag), aber ich hoffe, dass er dir trotzdem gefällt💘

Danke an OsByLynn fürs Überarbeiten

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