Stroll x Ocon - Podiumsplatz
Lances PoV
Grinsend lehnte ich mich über die Bar, um meine Getränkebestellung loszuwerden. Der Barkeeper macht sich sofort an die Arbeit zwei Gläser zu befüllen, während ich meinen Blick durch die Hotelbar gleiten ließ. Ein Großteil der anderen Fahrer, sowie einige deren Crewmitgliedern, Familien oder Freunde waren auch dort, um das Rennwochenende ausklingen zu lassen.
Obwohl wir ein erfolgreiches Rennen hatten, war unser Team kaum vertreten. Dass mein Vater kein Interesse an dem sinnlosen Gesaufe, wie er es immer nannte, hatte, war mir schon im Voraus klar gewesen. Die Tatsache, dass sein Sohn beim Rennen den zweiten Platz belegt hatte und dadurch seit langen endlich mal wieder aufm Podium stand, schien für ihn kein Grund zu sein, mal eine Ausnahme zu machen. Fernando hatte mir nicht einmal gratuliert. Aus seiner Abneigung mir gegenüber hatte er aber nie ein Geheimnis gemacht. Wir wurden einfach nicht warm miteinander.
Ich nahm die beiden Drinks in die Hand und steuerte auf Pierre, Charles, Lando, Carlos, Yuki und Daniel zu, die alle zusammen standen. Charles schien zu bemerken, dass ich auf sie zukam, weswegen er die Anderen auf mich aufmerksam machte. Sofort verstummte das vorherige Gespräche und alle Blicke waren auf mich gerichtet. Es schien Niemand so wirklich begeistert über mein Auftauchen zu sein, weswegen ich einmal schwer schluckte und mich dann an Pierre wandte.
"Weiß du, wo Esteban ist?", erkundigte ich mich nach seinem Teamkollegen.
"Er wollte aufs Zimmer", antwortete Pierre mir knapp, woraufhin ich nickte und mich wieder von der Gruppe entfernte. Kaum war ich ein paar Schritte entfernt, setzen sie ihr Gespräch wieder fort. Ich stellte die Gläser an der Theke ab, verließ die Hotelbar und machte mich auf den Weg zum Hotelzimmer von Esteban.
Nachdem ich dort geklopft hatte und keine Reaktion bekam, holte ich die Ersatzkarte, die vom Franzose erhalten hatte, hervor, um mir Zutritt zum Zimmer zu verschaffen. Ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich die Tür aufdrückte. Eigentlich vertraute ich Esteban, dennoch hatte ich jedes Mal, wenn ich sein Zimmer unangekündigt, betrat Angst, etwas zu sehen, was mir das Herz zerbrechen könnte. Ich wartete eigentlich nur auf den Tag, an dem mein Freund realisierte, dass er Jemand viel besseres als mich verdient hätte und davon gab es mehr als ausreichend Personen.
Das Zimmer war dunkel. Lediglich von draußen fiel durch die Außenbeleuchtung etwas Licht ins Zimmer, wodurch ich erkennen konnte, dass Esteban auf seinem Bett lag. Das Rennen endete für ihn nach einem Überholmanöver von Kevin im Reifenstapel. Ich hatte den Unfall nicht gesehen, sondern wurde lediglich über Funk darüber informiert. Man hatte mir jedoch sofort mitgeteilt, dass Esteban in Ordnung war und selbständig aussteigen konnte. Ich konnte verstehen, dass er nach dem Ende nicht in Feierlaune war, dennoch hatte ich gehofft, zumindest mit meinem Freund auf meinen Podiumsplatz anstoßen zu können. Ich wollte das Ergebnis nicht alleine feiern.
Leise schlich ich mich zum Bett, um mich dort über Esteban zu lehnen. Seine Augen öffneten sich daraufhin ein Stück und kurz zuckte er zusammen, weil er vermutlich nicht damit gerechnet hatte, dass er nicht mehr allein im Zimmer ist.
"Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken. Ich wollte nur schauen, ob du schläfst", entschuldigte ich mich und drückte ihm einen Kuss auf die Schläfe.
"Solltest du nicht unten an der Hotelbar sein und dein Podiumsplatz feiern", murmelte er träge, was mich vermuten ließ, dass ich ihn tatsächlich geweckt hatte. Esteban drehte sich auf den Rücken, wodurch wir uns besser ansehen konnte. Eine Hand legte in meinen Nacken und zog mich sanft zu sich herunter. "Erstmal herzlichen Glückwunsch zum zweite Platz." Ein zärtlicher Kuss wurde auf meinen Lippen platziert. "Ich kam noch gar nicht dazu, dir zu gratulieren." Ein zweiter Kuss folgte.
"Wie geht's dir? Was haben sie im Medical Center gesagt?"
"Es ist alles in Ordnung. Kein Grund zur Sorge."
"Sicher?" Als Antwort erhielt ich ein Nicken. "Hättest du dann vielleicht Lust noch etwas mit nach unten zu kommen? Es muss ja nicht lange sein. Nur zusammenanstoßen." Esteban schien zu zögern, nickte dann aber.
"Ich zieh mich bloß eben an und komme dann nach. Du kannst uns ja schon mal was zum Anstoßen organisieren." Lächelnd drückte ich ihm noch einen Kuss auf die Lippen, bevor ich vom Bett aufstand.
"Dann bis gleich."
"Bis gleich", erwiderte der Ältere, während er sich langsam aufsetzte. Ich kehrte zurück in die Hotelbar, die sich in der Zwischenzeit weiter gefüllt hatte. Die Redbull-Fahrer, mit denen ich mir das Podium geteilt hatte, sowie deren Crew waren dazugekommen. Max hatte sich Pierre und den Anderen angeschlossen, während Sergio bei Kevin, Nico und Fernando saß.
Die Drinks, die ich vorhin abgestellt hatte, waren, wie nicht anders erwartet, weg, weswegen ich neue bestellte und es mir dieses Mal auf einen der Barhocker bequem machte. Zum Glück musste ich nicht all zu lange alleine dort sitzen, da Esteban nur wenige Minuten später den Raum betrat.
Pierre löste sich daraufhin aus der Gruppe und lief auf seinen Teamkollegen zu, dem er sich in den Weg stellte, um ihm irgendwas zu zuflüstern. Esteban lächelte ihn daraufhin an und antwortete etwas auf französisch, wovon nur Wortfetzen bei mir ankamen, die ich nicht übersetzen konnte. Zwar hatte ich durch Esteban etwas französisch gelernt, doch wenn er mit seinem Landsmann sprach, kam ich nur selten mit und erst Recht nicht, wenn sie soweit wegstanden und es im Raum so laut war. Pierre erwiderte noch etwas, bevor er zu seiner Gruppe zurückkehrte und Esteban zu mir kam.
"Was wollte Pierre?", erkundigte ich mich, während ich ihm eins der Gläser reichte.
"Nichts wichtiges." Esteban zog sich einen der Barhocker näher zu mir und setzte sich auf diesen. Er hob das Glas und schien gerade etwas sagen zu wollen, als er es doch wieder abstellte und eine Hand auf mein Bein legte. "Guck nicht so grimmig, Mon amour. Du weißt, dass ich nur dich liebe." Seufzend nickte ich. "Außerdem haben wir was zu feiern und da passt ein Lächeln viel besser für." Mit einem Finger drückte Esteban leicht meinen rechten Mundwinkel nach oben, weswegen ich nach seiner Hand griff, um diese von meinem Gesicht wegzuziehen, dabei jedoch grinsen musste. Zufrieden, weil er seinen Willen bekommen hatte, nahm Esteban seine Hand von meinem Bein und griff nach seinem Glas. Ich tat es ihm gleich, während ich seine andere Hand noch immer in meiner hielt.
Ich brauchte nicht meinen Vater, die Crew oder meinen Teamkollegen, um meinen Podiumsplatz zu feiern. Esteban war bei mir. Mehr brauchte ich gar nicht.
Wir verließen unsere Plätze im Laufe des Abends nicht mehr. Während der Barkeeper unsere Gläser einfach immer wieder auffüllte, waren Esteban und ich in unser Gespräch vertieft. Immer wieder kam es zu kleinen Berührungen zwischen uns, wobei mit jedem Glas die Vorsichtig, damit niemand erfuhr, dass wir mehr als nur beste Freunde waren, nachließ. Ich konnte mir denken, wie dieser Abend enden würde und konnte es kaum erwarten, doch gleichzeitig genoss ich auch unser kleines Spielchen in der Bar. Es war nur eine Frage der Zeit bis es einer von uns beiden nicht mehr aushielt und den Anderen nach oben schleifen würde.
Ich erzählte Esteban gerade etwas von meinem letzten Urlaub in Kanada, wobei meine Hand auf seinem Bein lag und ich immer mal wieder leicht zudrückte. Zwar nickte Esteban hin und wieder oder gab irgendein Laut, als Zeichen dass er mir zuhörte, von sich, doch war ich mir sicher, dass er es in Wahrheit gar nicht tat. Siegessicher grinste ich. Dieses Mal würde ich nicht derjenige sein, der als Erster nachgab.
Plötzlich tauchte Pierre neben uns auf, weswegen ich nur knapp ein genervtes Aufstöhnen unterdrücken konnte. Dass er nichts mit mir zu tun haben wollte, war eine Sacher, aber deswegen musste er nicht ständig versuchen, Esteban von mir fernzuhalten. Er hatte kein Recht sich in unsere Beziehung einzumischen.
"Esteban", sprach Pierre seinen Teamkollegen an, der aber nicht wirklich reagierte. Daraufhin umfasst Pierre sein Kinn und drehte sein Gesicht einfach in seine Richtung. Als er ihn erneut ansprach, blinzelte Esteban einige Male und schien dann zu realisieren, dass Pierre vor ihm stand. Kurz glitt sein Blick in meine Richtung. Seine Hand legte sich auf meine, die noch immer auf seinem Bein lag. Pierre sagte etwas auf französisch und wusste genau, dass er mich dadurch aus dem Gespräch ausgrenzte. Esteban antwortete nur mit einem kurzen Satz, jedoch ebenfalls auf französisch, woraufhin Pierre den Kopf schüttelte und einfach nach Estebans Hand griff, um ihn vermutlich auf die Beine zu ziehen. Jedoch griff ich dazwischen und löste seinen Griff, bevor er den Plan in die Tat umsetzen konnte.
"Wieso kümmerst du dich nicht um etwas, was dich auch etwas angeht?", fuhr ich ihn an.
"Es geht mich etwas an, wenn mein Teamkollege sich hier besäuft statt die vom Arzt wegen Verdacht auf Gehirnerschütterung verordnete Bettruhe einzuhalten", erwiderte Pierre wütend. Aus Reflex wollte ich ihm irgendeinen Spruch um die Ohren hauen, realisierte dann aber seine Worte und schaute geschockt zu Esteban. Ich hätte ihn niemals auch nur gefragt, ob er mit in die Hotelbar kommt, wenn ich diese Information schon früher gehabt hätte. "Ein super Freund bist du", schnaubte Pierre, bevor er Esteban doch auf die Beine zog und einen Arm um dessen Hüfte schlang.
"Es geht mir gut und ich kann allein...", setzte Esteban an, wobei er Pierre von sich schob. Doch ehe er seinen Satz beendet hatte, sackte mein Freund plötzlich in sich zusammen. Pierre bekam ihn rechtzeitig zu fassen, bevor er aufm Boden aufschlagen konnte.
"Toll gemacht, Stroll, ab hier übernehme ich dann wohl mal lieber." Wütend funkelte Pierre mich an, weswegen ich es nicht wagte, zu widersprechen. Er hatte ja Recht. Es war meine Schuld. Ich hatte Esteban geweckt und überredet mit mir an die Bar zu kommen, nur weil ich meinen Podiumsplatz nicht allein feiern wollte. George, der in unserer Nähe gestanden hatte, half Pierre Esteban auf die Beine zu bekommen. Die Beiden brachten meinen Freund, der zumindest bei Bewusstsein gewesen war, raus.
Ich blieb geschockt zurück und verstand noch nicht wirklich, wie sich die Situation hatte so schlagartig ändern können. Charles tauchte vor mir auf. Hinter ihm entdeckte ich Max.
"Ich wollte das nicht", erklärte ich sofort, da ich damit rechnete, dass Charles Pierres Part übernehmen wollte. "Ich würde Esteban niemals absichtlich Schaden. Ich wusste nichts von dem Verdacht auf Gehirnerschütterung. Mir hat Niemand etwas davon erzählt. Esteban meinte, er würde ihm gut gehen."
"Das denkt auch keiner", meinte Charles ruhig.
"Aber Pierre ..."
"Pierre macht sich Sorgen um seinen Teamkollegen. Eigentlich weiß er aber auch, dass es nicht deine Absicht war, dass sowas passiert. Vielleicht solltest du dich erstmal schlafen legen und morgen sieht die Welt dann schon wieder ganz anders aus." Ich schüttelte den Kopf.
"Ich muss zu Esteban."
"Pierre ist bei ihm und wird dafür Sorgen, dass er nochmal ärztlich untersucht wird. Du kannst gerade nichts tun", beteiligte sich nun auch Max am Gespräch.
"Ich schreib Pierre gleich, dass er mir Bescheid sagen soll, wenn es etwas Neues gibt und ich sage dir dann Bescheid. Aber solange solltest du selbst erstmal zur Ruhe kommen. Esteban ist in guten Händen. Es wird alles gut werden", meinte Charles.
"Aber ...", setzte ich an, beendete den Satz jedoch nicht, sondern stand seufzend auf und nickte. Unter den wachsamen Blicken von Charles und Max verließ ich die Hotelbar und trottelte nach oben zu meinem Hotelzimmer. Dort schlüpfte ich aus meinen Schuhen, zog meine Hose aus und ließ mich aufs Bett fallen.
Es fühlte sich falsch an, jetzt nicht bei Esteban zu sein, aber Charles hatte Recht. Er war in guten Händen. Er war bei Personen, die ihm halfen und nicht wie ich, Schaden zufügten. Wieso hatte ich nicht gesehen, dass es meinem Freund schlecht ging? Hatte ich all die Warnsignale einfach übersehen oder noch schlimmer, einfach verdrängt? Wie sollte ich das bloß wieder gut machen?
Hellwach lag im dunklen Hotelzimmer, starrte an die Decke und ging den vergangenen Abend in Gedanken immer wieder durch. Ich, als sein Freund, hätte doch merken müssen, dass es ihm nicht gut ging.
Ich wusste nicht, wie lange ich dort bereits lag, als das Öffnen meiner Zimmertür mich aus meinen Gedanken riss. Sofort setzte ich mich auf, als ich erkannte, dass Esteban derjenige war, der mein Zimmer betreten hatte. Er legte die Ersatzzimmerkarte auf einem Regal ab, ehe er zu mir kam. Unsicher blieb er in der Mitte des Raums stehen.
"Es tut mir leid", murmelte er. "Ich hätte es dir sagen sollen, aber ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst. Du solltest deinen zweiten Platz feiern. Das wollte ich dir nicht kaputt machen. Und nur weil es ein Verdacht war, musste es ja nicht unbedingt bedeuten, dass ich wirklich eine Gehirnerschütterung hab. Es tut mir leid, ich wollte dir keinen Schrecken einjagen und auch nicht, dass du wegen mir Streit mit Pierre hast."
"Was hat der Arzt gesagt?"
"An der Diagnose hat sich nichts geändert. Ich soll ins Bett und am Besten die nächsten Stunden nicht allein sein. Pierre holt gerade ein paar Sachen aus seinem Zimmer, um heute Nacht bei mir zu schlafen." Ich nickte leicht und versuchte das Stechen in meiner Brust zu verdrängen. Ich war selber Schuld. "Aber eigentlich hatte ich gehofft, dass bei dir im Bett noch ein Platz für mich frei ist."
"Du willst trotzdem, was heute passiert ist, bei mir schlafen?", versicherte ich mich.
"Die Frage ist eher, ob du mich, nachdem was passiert ist, noch bei dir haben möchtest. Ich habe mich falsch verhalten. Nicht du. Es ist meine alleinige Schuld."
"Aber ich ..." Esteban überbrückte die letzten Schritte bis zum Bett und brachte mich mit einem Kuss zum Schweigen.
"Lance, wage es nicht, dir die Schuld dafür zu geben. Woher hättest du es wissen sollen, wenn ich es verheimliche? Du hast keine Schuld. Das war meine eigene Dummheit." Das Klingeln von Estebans Handy ertönte, weswegen er dieses hervorholte. "Pierre hat scheinbar gemerkt, dass ich mein Zimmer verlassen habe. Darf ich hier schlafen, sonst müsste ich jetzt zurück, bevor Pierre mir den Kopf abreißt."
"Natürlich darfst du hier schlafen. Ich bestehe sogar darauf." Esteban drückte den Anruf weg, schien Pierre stattdessen eine Nachricht zu schicken und schaltete dann sein Handy aus. Er legte es zur Seite, schlüpfte aus seinen Schuhe, sowie aus seiner Jeans und kam dann zu mir aufs Bett. Ich zog die Bettdecke über uns beide , ehe ich die Arme fest um meinen Freund schlang und diesen an mich drückte. Sanft begann ich ihm durch die Haare zu streichen, während ich beobachtete, wie Esteban langsam einschlief. Einen Moment betrachtete ich den Älteren noch, ehe auch ich die Augen schloss und wenig später ebenfalls eingeschlafen war.
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