Russell x Verstappen - Verletzungen (Teil 1)

Georges PoV 

Seit 2019 sahen Max und ich fast jedes Rennwochenende. Immer wieder standen wir zusammen in einem Gruppengespräch, liefen uns aufm Paddock übern Weg oder standen gemeinsam auf dem Podium. Dennoch war mir nie der Gedanke gekommen, dass aus uns mehr als nur Rennfahrerkollegen werden könnte. Selbst eine Freundschaft klang bis vor einigen Monaten noch unwahrscheinlich. Wir hatten zwar kein Problem miteinander, wenn wir uns auf der Rennstrecke nicht gerade in die Quere kamen, doch wir lebten einfach aneinander vorbei. Zurückblickend konnte ich nicht sagen, woran genau es gelegen hatte und wann es angefangen hatte sich zu ändern. 

Ich wusste jedoch noch, wie es zu unserem ersten Date gekommen war, wobei wir es zu dem Zeitpunkt niemals so bezeichnet hätten. Wir hatten kurz vorm Rennen mit einigen Leuten zusammen gestanden, die jedoch nach und nach zu ihren Garagen gegangen waren. Schließlich waren Max, Lando und ich zurückgeblieben. Lando schwärmte von einem Restaurant, welches er entdeckt hatte. Es war leicht zu durchschauen, dass er Jemanden suchte, der mit ihm dort hin ging. 

  "Das klingt doch nach einem Restaurant für uns beide", hatte Max sich an mich gerichtet. Nicht weil er wirklich mit mir essen gehen wollte, sondern einfach nur um Lando zu ärgern. Dieser durchschaute das Spiel des Niederländers auch direkt. 

  "Als würdet ihr beiden jemals nur zu zweit essen gehen. Wenn ich nicht mitkomme, geht ihr dort eh nicht hin." 

  "Was macht dich da so sicher?", hakte ich nach, weswegen Lando mich nur mit hochgezogener Augenbraue ansah. Uns war allen Drei bewusst, dass er Recht hatte. Max und ich hatte noch nie etwas zu zweit unternommen und erst Recht nicht abseits des Paddocks. 

  "Dann bin ich morgen gespannt, ob ihr es genauso gut findet, wie ich", gab Lando als Antwort zurück. 

  "Wir werden berichten", behauptete Max. 

  "Wärt ihr dann auch so lieb euer Essen für mich zu fotografieren? Vielleicht würde ich eins eurer Gerichte beim nächsten Mal dann auch testen." 

  "Gar kein Problem", stimmte ich. Lando schüttelte bloß grinsend den Kopf, ehe auch er sich auf den Weg zu seinem Team machte. Ich schaute ihm einige Sekunden nach, bevor ich mich Max zuwandte. "Damit können wir ihn nicht durchkommen lassen", stellte ich ernst fest. 

  "Auf gar keinen Fall", stimmte der amtierende Weltmeister mir zu. "Dann gehen wir beiden heute Abend wohl essen." Schulter zuckend wandte nun auch er seinen Blick von Lando ab, um mich anzusehen. "Treffen wir uns nachher um acht in der Hotellobby?"

  "Ich reservier uns einen Tisch", teilte ich ihm mit und bestätigte damit seine Frage. "Wer besser beim Rennen abschneidet, bezahlt die Rechnung", schob ich noch hinterher, bevor wir ebenfalls in die Richtungen der Garagen liefen. 

Am Abend hatten wir überraschend schnell in ein Gespräch gefunden und aus dem Essen, um Lando zu ärgern, wurde ein richtig schöner Abend. Danach begannen wir häufiger etwas zu zweit zu unternehmen und auch unser Chat füllte sich stetig. Irgendwann hatten wir den Punkt erreicht, dass mindestens einmal am Tag telefonierten und kurz darauf sahen wir ein, dass zwischen uns mehr als Freundschaft war und all unsere Treffen eigentlich Dates gewesen waren. Seit drei Wochen durfte ich Max nun meinen Freund nennen, allerdings nur für mich, da ansonsten Niemand von unserer Beziehung wusste. 


Ich stand mit Lando, Charles und Lewis zusammen aufm Paddock. Das Sprintrennen, sowie die darauffolgenden Pflichttermine lagen bereits hinter uns. Ich hatte hinter Sergio und Charles den dritten Platz erreicht. Max hatte sein Rennen nach einem Crash mit Lewis nicht beenden können. Er war selbständig aus seinem Wagen ausgestiegen, zumindest von außen betrachtet waren keine Verletzungen ersichtlich gewesen und laut Sergio war er auch schon aus dem Medical Center entlassen wurden. Dennoch fehlte jede Spur vom Älteren. Eine ganze Weile hatte ich in seinem Fahrerzimmer auf ihn gewartet, da dort noch immer seine Sachen herum lagen. Leider gehört dazu auch sein Handy, weswegen er telefonisch nicht erreichbar war. Schließlich hatte ich es allein im Fahrerzimmer nicht mehr ausgehalten und hatte entschlossen draußen zu warten, wo sich die anderen Drei zu mir gesellt hatten. 

  "Was macht ihr heute Abend noch so", erkundigte sich Lando. 

  "Kommt jetzt wieder eine Restaurant-Empfehlung?", fragte Charles sofort nach. 

  "Vielleicht wäre eine Einladung zum Essen überzeugender", merkte Lewis an. 

  "Meine Empfehlungen sich überragend. Habe ich Recht, George?", wandte Lando sich an mich. Ich nickte als Antwort nur, während ich meinen Blick weiterhin suchend übers Gelände streifen lies. "Allerdings gebe ich ihm und Max keine Empfehlungen mehr. Die gehen ja einfach ohne mich essen", berichtete der McLaren-Fahrer. 

  "Du würdest bei einem romantischen Date zu zweit halt stören", kam es von Lewis. Mein Teamkollege stieß mich grinsend von der Seite an. Wäre ich in dem Moment nicht damit beschäftigt gewesen, mir Sorgen um Max zu machen, hätte mich sein Grinsen vielleicht mehr beunruhigt. 

  "Hab ich etwas verpasst?", wurde Charles sofort hellhörig. 

  "Mich würde es nicht stören, wenn sie sich lieber verliebt in die Augen starren würden statt zu Essen. Ich möchte einfach nicht allein ins Restaurant gehen müssen. Sie könnten mich als Alibi mitnehmen. Ein Essen zu dritt ist unauffälliger als zu zweit", meinte Lando. 

  "Ich komme auch mit", entschloss Charles. 

  "Ein Doppeldate?", hakte Lewis grinsend nach. 

  "Auf einmal willst du mit?", wollte Lando wissen. 

  "Mir erzählt hier ja Niemand etwas, also muss ich es selbst rausfinden und das geht am Besten, wenn ich in der ersten Reihe dabei bin", erklärte Charles seinen Sinneswandel. 

  "Habt ihr Max gesehen?", erkundigte sich Sergio, der sich zu uns stellte und sofort meine Aufmerksamkeit hatte. Es trug nicht zu meiner Beruhigung bei, dass Maxs Teamkollege ebenfalls nicht wusste, wo sich dieser aufhielt. "Christian sucht ihn. Die vom Medical-Center sagen, er ist rausgegangen, aber weder in der Garage, noch im Motor-Home hat ihn irgend Jemand gesehen. Er scheint sogar noch in seinem Rennoverall herum zu laufen." Während der Berichterstattung war Daniel dazu gestoßen. 

  "Ich hab vorhin Jos gesehen", berichtete Daniel, weswegen ich ihn kurz irritiert ansah. Mir war nicht klar, was Maxs Vater damit zu tun haben sollte. "Und er sah nicht besonders glücklich aus", schob Daniel hinterher. 

  "Max konnte nichts für den Crash", meinte Charles. 

  "Und seit wann interessiert Jos das?" Ich erinnerte mich an einige unschöne Geschichte, die ich über Maxs Vater gehört hatte. Bisher hatte ich Max jedoch nie drauf angesprochen, weswegen ich nicht wusste, wie viel Wahrheit hinter all dem steckte. 

  "Oder es gibt eine ganz harmlose Erklärung für das Ganze", kam es zögerlich von Lando. 

  "Worauf wollt ihr eigentlich gerade hinaus? Ja, Jos ist vielleicht nicht immer der liebevollste Vater, aber er würde Max nicht in irgendeinen Wald vergraben oder sowas. Max wurde aus dem Medical-Center entlassen. Es geht ihm also zumindest den Umständen entsprechend gut. Das wird Jos nicht ändern", mischte Lewis sich ein. Daniel und Charles tauschten einen skeptischen Blick. "Vielleicht hat Jos ihn einfach direkt ins Hotel gebracht, damit er sich ausruhen kann." 

  "Dann wüsste aber zumindest Christian Bescheid", merkte Sergio an. 

  "Wo warst du?", ertönte genau dessen Stimme. Als ich zum Motorhome von Red Bull schaute, war Christian gerade dabei sich von diesem zu entfernen. Er folgte seiner Blickrichtung und entdeckte Max. Tatsächlich noch immer in Rennoverall und mit Cap aufm Kopf schien er aufm Weg zum Motorhome zu sein. Christian blieb zwei Meter vor Max stehen, der ihm zwar etwas zu Antworten schien, selbst aber keine Anstalt machte bei seinem Teamchef stehen zu bleiben. Mit gesenkten Blick ging er einfach an Christian vorbei, weswegen dieser seinem Fahrer verwirrt hinter her blickte, bevor er in unsere Richtung schaute. 

  "Er ist offensichtlich nicht im Wald vergraben", murmelte Lando zögerlich. 

  "Wer geht am Besten zu ihm?", fragte Sergio in die Runde. 

  "George geht", entschloss Lewis, ehe er mich leicht in die Richtung schubste. Ohne eine Antwort der Anderen abzuwarten, machte ich mich auf den Weg. Christian schien vor der Tür auf mich zu warten. 

  "Ich wäre für eine Rückmeldung, ob ich mir weiter Sorgen machen muss, sehr dankbar. Ansonsten sag Bescheid, wenn ich irgendwas tun kann." Ich antwortete dem Teamchef lediglich mit einem Nicken und ging weiter zum Fahrerzimmer von Max, welches ich nach einem Klopfen ohne Aufforderung betrat. 

Max entdeckte ich auf der kleinen Couch, die im Zimmer stand. Er war gerade dabei seine Schuhe zu öffnen. 

  "Na du", begrüßte ich ihn zögerlich. 

  "Ich hab gerade keine Lust auf Gesellschaft", blockte Max sofort ab ohne überhaupt den Kopf zu heben. Sein Gesicht, das seinen Schuhen zugewandt war, wurde von der Cap verdeckt. 

  "Es kommen wieder bessere Rennen. Außerdem bist du in der Fahrerwertung noch immer mit Vorsprung auf den ersten Platz und es war doch auch nur das Sprintrennen. Die großen Punkte gibt es erst morgen beim Hauptrennen", versuchte ich ihn aufzuheitern, bekam aber keine Antwort. "Hast du Schmerzen? Haben die Ärzte irgendwelche Verletzungen festgestellt?", schlug ich eine andere Richtung ein. 

  "George, bitte, ich möchte einfach allein sein." 

  "Und ich will dich nicht allein lassen. Da haben wir wohl ein Problem." Ein weiteres Mal bekam ich keine Reaktion, weswegen ich zu ihm rüber ging und mich zu ihm setzte. Als ich mich  zu ihm runterbeugte, um ihm ins Gesicht sehen zu können, da Maxs Blick noch immer starr auf den Boden gerichtet war, drehte er das Gesicht in die entgegengesetzte Richtung. Ich runzelte die Stirn. Sanft, jedoch gleichzeitig bestimmend, legte ich eine Hand an Maxs Kinn, um sein Gesicht in meine Richtung zu drehen. Mit der freien Hand schob ich ihm im gleichen Moment die Cap vom Kopf. 

Erschrocken weiteten sich meine Augen, als ein blaues Augen, sowie eine aufgeplatzt Lippe zum Vorschein kamen. Ich hatte bereits Bilder von Max nach dem Crash gesehen und diese Verletzungen waren definitiv auf keinen davon zu sehen gewesen. 

  "Was ist passiert?", fragte ich. 

  "Passiert bei einem Crash halt mal." Für Max schien das Thema damit beendet zu sein, da er mir die Cap aus der Hand nahm und aufstand, wobei er sichtbar zusammenzuckte, als hätte eine der Bewegung Schmerzen verursacht.

  "Du hattest einen Helm auf. Mal davon abgesehen, waren die Verletzungen direkt nach dem Crash noch nicht da", merkte ich an. 

  "Kannst du jetzt gehen." Max stand mit dem Rücken zu mir und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Ich stand zwar von der Couch auf, jedoch nur um zu ihm zu gehen und vorsichtig meine Arme von hinten um seine Hüfte zu lagen. Einen kleinen Kuss platzierte ich in seinem Nacken.

  "Rede bitte mit mir, Max. Ich will dir doch nur helfen, für dich da sein oder was auch immer ich gerade für dich tun kann." 

  "Mich allein lassen."

  "Das ist das Einzige, was nicht zur Auswahl steht." Vorsichtig drückte ich den Kleineren etwas enger an mich und war froh, dass er meine Berührung überhaupt zuließ. "Die Anderen haben vorhin Andeutungen gemacht ...", begann ich vorsichtig zu erzählen, während ich immer wieder kleine Küsse auf Maxs Nacken platzierte.

  "Soll ich raten? Über meinen Dad?" Ich nickte leicht. "Ich konnte nichts für  den Crash. Es war ein Unfall, den ich nicht hätte verhindern können ohne einen Anderen zu verursachen." 

  "Und das sieht dein Dad genauso?", hakte ich nach. 

  "Keine Ahnung. Haben wir noch nicht drüber gesprochen." Seufzend legte ich meine Hände an Maxs Hüfte, um diesen zu mir umzudrehen. Erneut nahm ich ihm die Cap ab, die ich Richtung Couch warf. 

  "Ich bin jedenfalls der gleichen Meinung wie du und bin vor allem froh, dass nichts schlimmeres passiert ist." Ich lehnte mich vor und hauchte ganz vorsichtig einen Kuss auf seine verletzte Lippe. "Tut das weh oder darf ich einen richtigen Kuss riskieren?" 

  "Ich dachte, wir hätten es schon lange hinter uns, dass wir fragen müssen, ob küssen in Ordnung ist", antwortete Max, weswegen ich schmunzelnd die Augen verdrehte und zärtlich unsere Lippen miteinander verband. Aus Reflex zog ich Max dabei enger an mich, woraufhin dieser jedoch zusammen zuckte. Sofort löste ich mich. Der Ältere wollte mich wieder küssen, doch hielt ihn davon ab und griff stattdessen nach dem Reißverschluss des Overalls, den ich runterziehen wollte. Maxs Hand, die sich auf meine legte, hinderte mich daran. 

  "Früher oder später werde ich es doch sowieso sehen oder willst du die nächsten Tage dauerhaft im Rennoverall herum laufen? Ich werde dich nämlich nicht aus den Augen lassen bis ich mir sicher bin, dass alles in Ordnung ist." Seufzend ließ Max seine Hand sinken, woraufhin ich dem Overall öffnete und diesen von Maxs Schultern streifte. Vorsichtig schob ich darunter liegende Oberteil hoch, ehe ich es Max komplett auszog. Einige Stellen von Maxs Oberkörper begannen bereits langsam sich zu verfärben. Die Hämatome waren zu verteilt, um vom Unfall zu kommen. Mit den Fingerspitzen strich ich zögerlich über eine der Stellen. Als ich meinen Kopf hob, um Max in die Augen zu sehen, hatte dieser den Blick abgewandt. Ich drehte sein Gesicht zurück in meine Richtung und küsste ihn noch einmal zärtlich. "Wer war das? Was ist passiert?", fragte ich leise. 

  "Können wir bitte einfach ins Hotel?" Ich zögerte, würde mich aber wohl damit abfinden müssen, dass Max zumindest für den Augenblick nicht mit mir drüber reden würde. 

  "Ich bleib bei dir", teilte ich ihm meinen Entschluss mit, was er mit einem Nicken zur Kenntnis nahm und nicht widersprach. "Soll ich dir beim Umziehen helfen?", bot ich an, was aber abgelehnt wurde. 

Nachdem ich hatte zusehen müssen, wie Max sich beim Umziehen quälte statt meine Hilfe anzunehmen, machten wir uns zusammen auf den Weg ins Hotel. 

  "Können wir in dein Zimmer?", fragte Max im Aufzug leise, weswegen ich ihn skeptisch musterte. 

  "Damit du in der Nacht verschwinden kannst?", hakte ich nach, woraufhin ich ein Kopfschütteln bekam. 

  "Ich möchte bloß nicht in mein Zimmer." Um vermutlich zu beweisen, dass er nicht abhauen wollte, hielt Max mir seine Zimmerkarte hin. Ich nahm sie an, nur um sie Max in die Jackentasche zu schieben. 

  "Ich vertrau dir", erklärte ich und drückte ihm einen Kuss auf die Schläfe. Ein müdes Lächeln huschte über seine Lippen. 

Zumindest für die restliche Nacht musste ich mich vorerst damit zufrieden geben, dass Max bei mir war und ich ihn in meinen Armen in Sicherheit wusste.

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