Ricciardo x Verstappen - Machtlos (Teil 1)

Widmung: Jimine_Lover

Daniels PoV

Gut gelaunt hatte ich mich vorm Motorhome von RedBull platziert und wartete auf die Ankunft von Max. Christian hatte sich dazu gesellt, da er mit Checo sprechen wollte. Schmunzelt betrachtete mich der Teamchef. 

  "Hattest du das Gefühl, dass Max etwas ahnen könne?", erkundigte er sich. 

  "Nein, ich habe ihm vor einigen Wochen gesagt, dass ich nicht über das Thema sprechen möchte. Bisher hat er sich dran gehalten", antwortete ich. "Wie viel weiß Checo?"

  "Wir haben ihn darüber informiert, dass eine Vertragsauflösung in Überlegung ist. Wir wollten ehrlich sein und mit offenen Karten spielen. Deinen Namen haben wir nicht erwähnt, da wir den Vertrag auch ohne dich aufgelöst hätten. Es sind zwei getrennte Entscheidungen. Dir ist also hoffentlich bewusst, dass du nichts mit Checos Rauswurf zu tun hast und es schon gar nicht deine Schuld ist." Ich nickte. Natürlich tat es mir für Checo leid, doch hatte Christian recht. Es war nicht meine Entscheidung gewesen. Christian und das Team hatten sich für diesen Weg entschieden und es wäre dämlich gewesen, das Angebot, was sie mir gemacht hatten, auszuschlagen. 

Ab der nächsten Saison würde ich wieder für RedBull fahren. Max und ich würden wieder Teamkollegen werden. Während sich bei unserer letzten Zeit als Team eine enge Freundschaft entwickelt hatte, würden wir nun als Paar antreten. Vielleicht sogar als Ehepaar, wenn Max zum Antrag, den ich für das anstehende Rennwochenende geplant hatte, ja sagen sollte. 

Ich blickte auf die Uhr, woraufhin mir ein Seufzen entwich. 

  "Sie kamen wieder auf die brillante Idee, dass sie zusammenfahren könnten. Bisher kamen sie immer nur gerade noch so rechtzeitig, wenn sie als Fahrgemeinschaft unterwegs waren", schmunzelte Christian. "Was kommt denn zu erst? Die Verkündung, dass du zu uns zurückkehrst oder der Antrag?" Christian, der unsere Beziehung von Beginn an unterstützt hatte, gehörte zu den wenigen Personen, die ich eingeweiht hatte. Ich musste sicherstellen, dass Max eine Lücke in seinem Terminkalender hatte und da war Christian ins Spiel gekommen. 

  "Ich denke, ich werde ihn zur Location bringen und erstmal nur vom Wechsel erzählen. Den Antrag würde ich dann erst später am Abend machen." Das Klingeln meines Handy verhinderte, dass ich meinen Plan weiter ausführte. 

  "Sicher Max, der Jemanden braucht, der mir sagt, dass er und Checo sich verspäten werden", vermutete Christian. Völlig Abwegig war der Gedanke nicht. Ein Blick aufs Display zeigte aber bereits, dass es nicht die Realität war. 

  "Jos", informierte ich Christian über den Anruf von Maxs Vater, ehe ich diesen annahm. "Geht Max mal wieder nicht an sein Handy?", begrüßte ich den ehemaligen Rennfahrer, der mich tatsächlich meistens nur anrief, wenn er seinen Sohn nicht erreichte. "Er müsste gerade Autofahren, weswegen er wohl nicht rangeht. Ausnahmsweise ist also kein Stream oder der Simulator schuld." 

  "Wo bist du gerade?", erkundigte sich Jos ohne auf meine Worte einzugehen. Seine Stimme klang belegt. 

  "Ich stehe mit Christian vorm Motorhome und warte auf Max. Wieso?"

  "Max hatte einen Autounfall. Ich habe gerade einen Anruf von der Polizei bekommen."

  "Was?", brachte ich hervor, wobei ich haltsuchend nach der Wand hinter mir griff. Christian trat näher und musterte mich besorgt. 

  "Ich weiß noch nicht, wie schlimm es ist. Sie bringen ihn, sobald es möglich ist, ins Krankenhaus." 

  "Was heißt, sobald es möglich ist? Wieso nicht sofort?" 

  "Er ist im Wagen eingeklemmt. Es wird wohl noch einen Moment dauern. Der Polizist meinte nur, dass die Einsatzkräfte ihre bestes geben werden. Sie melden sich bei mir, sobald es etwas neues gibt. Ich sag dir dann sofort Bescheid. Ich bin gerade aufm Weg zu Sophie, um sie zu informieren. Danach komme ich oder wir zu euch, werden aber halt ein paar Stunden brauchen. Kannst du solange ..."

  "Ich fahre sofort hin", unterbrach ich Jos. In meinen Augen brannten die ersten Tränen, die ich jedoch versuchte wegzublinzeln. Max brauchte mich jetzt. "Wie schlimm ist es?"

  "Ich weiß es nicht, Daniel, man konnte es mir noch nicht sagen. Sie müssen ihn zunächst aus dem Wagen rausholen, um sich ein genaueres Bild zu machen."

  "Was ist mit Checo? Er muss mit im Wagen gewesen sein."

  "Er lebt. Mehr wollte oder durfte der Polizist nicht über Checos Zustand sagen. Meld dich bitte, wenn du mehr weißt." Ich nickte, obwohl Jos es gar nicht sehen konnte und beendete das Telefonat dann einfach. 

  "Max und Checo hatten einen Unfall", informierte ich Christian, ehe ich bereits Richtung Parkplatz stürmte. Christian brauchte einen Moment, um meine Worte zu verarbeiten, ehe er mir folgte. 

  "Wie schlimm ist es? Und was hast du jetzt vor?" 

  "Checo lebt. Max ist eingeklemmt. Mehr weiß Jos nicht. Ich fahre zu ihnen."

  "Daniel, du weißt, doch gar nicht, wo genau sie sind."

  "Irgendwo zwischen Hotel und Rennstrecke. Ich finde sie schon."

  "Ich komme mit", entschloss Christian, als wir gerade den Parkplatz erreichten. Er packte mich am Arm, als ich mein Auto ansteuerte, und zog mich zu seinem Wagen, wo ich auf den Beifahrersitzt gedrückt wurde. Christian nahm hinterm Lenkrad Platz. So schnell es beim Verkehr aufm Parkplatz und mit all den Fußgängern möglich war, manövrierte er das Auto vom Parkplatz und brachte uns auf den Weg Richtung Hotel. Ohne uns an irgendwelche Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten fuhren wir die Strecke, auf der der Unfall passiert sein muss, sofern die Beiden keinen Umweg gefahren waren, passiert sein musste. 

Bereits aus der Ferne entdeckte ich das Blaulicht und die Schlange von Autos, die aufgrund einer Straßensperre nicht weiterkamen. Die Meisten waren am Wenden, was die Verkehrssituation nicht unbedingt übersichtlicher machte. Christian stellte seinen Wagen einfach im Grünstreifen ab. Das Auto hielt noch nicht einmal richtig, als ich bereits ausgestiegen war und das letzte Stück bis zur Absperre rannte. Christian folgte mir. 

An der Absperrung standen zwei Polizisten, die bereits mit einigen Schaulustigen diskutierten und uns dadurch zu spät bemerkten. Sie schrien uns zwar noch hinter her, konnten ihren Posten aber auch nicht verlassen. Stattdessen traten uns ein Feuerwehrmann in den Weg, der jedoch nur Christian zu erwischen bekam. Ich wich seinem Arm aus. 

Ich hatte mich nicht auf den Anblick des verunfallten Wagens vorbereitet. Selbst wenn ich es versucht hätte, wäre mir beim Anblick des Schrotthaufens vermutlich schlecht geworden. Auf der ganzen Fahrbahn verteilt lagen Fahrzeugteile. Das Wrack lag auf der Fahrerseite in einem Graben. Ein Baum hatte weitere Überschläge offenbar abgebremst. 

Mit mehreren Sanitätern und Feuerwehrleuten waren sie am Wagen am hantieren. Die Türen eines Rettungswagens wurden gerade geschlossen, als ich ankam.  

Von hinten wurde ich am Arm gegriffen. Der Polizist, der in mein Blickfeld trat, schien mir eine Ansage machen zu wollen. Jedoch schien er mich zu erkennen und entspannte sich augenblicklich. Ich würde nichts tun, was Max oder Checo schaden könnte. Ich war kein Schaulustiger und auch kein Reporter, der eine neue Schlagzeile widerte. Ich war Angehöriger. Es ging hier um das Leben einer geliebten Person. 

  "Wir tun was, wir können, das verspreche ich Ihnen. Solange Sie die Kollegen bei ihrer Arbeit nicht behindern, können Sie hier bleiben. Aber sind Sie sich sicher, dass Sie das wirklich wollen? Sie könnten auch beim Rettungswagen warten."

  "Ich bleibe hier", murmelte ich. "Ich bleib bei Max." Der Polizist musterte mich kurz, ehe er nickte und vermutlich zu seiner Position zurückkehrte. Langsam ließ ich mich zu Boden sacken. Ich saß zwischen all den Autoteilen auf der Fahrbahn und starrte auf das Wrack aus dem sie noch immer versuchten, meinen Partner zu bergen. Christian erschien an meiner Seite. Er setzte sich zu mir und legte mir eine Hand auf die Schulter. 

  "Checo ist aufm Weg ins Krankenhaus. Es ist eine Operation notwendig, aber sie haben Hoffnung. Seine Frau ist informiert", brachte er mich auf den aktuellsten Stand.

  "Und was ist bei Max? Haben die bei ihm auch Hoffnung?" Die Tränen, die ich zu Beginn noch versucht hatte zu unterdrücken, flossen mir nun übers Gesicht. Christian zögerte einen Moment zu lang. 

  "Sie werden alles versuchen, um ihn zu retten. Sie werden ihn nicht aufgeben. Max ist ein Kämpfer." 

  "Aber er ist nicht unsterblich", sprach ich schweren Herzens die Realität aus. Christian erwiderte nichts mehr, denn es war die Wahrheit. 

Ja, Max war ein Kämpfer und Aufgeben war ein Fremdwort für ihn. Er würde bis zum letzten Atemzug kämpfen, um zu siegen. Aber auch Max war nur ein Mensch, der gegen den Tod machtlos war. 


Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, die wir dort auf der Straße saßen und dem Einsatzkräften zusahen. Immer wieder glitten Blicke in unsere Richtung und mit jedem Mal schienen sie bemitleidender zu werden. Es wirkte als hätten die ersten von ihnen sich damit abgefunden, dass sie keine Chance hatten, ihn zu retten ... Dass Max keine Chance hatte diesen Unfall zu überleben. 

Max selbst konnte ich zu keinem Zeitpunkt sehen, da die Fahrerseite sich im Graben, der zumindest derzeit ohne Wasser war, befand. Genau dieser Graben schien die Bergung jedoch auch so schwierig zu machen. Sie kamen nicht richtig an Max heran. Zudem war der Baum im Weg. 

Die Feuerwehr hatte das Dach zumindest soweit möglich entfernt. Zwei Sanitäter waren bereits zuvor über die Beifahrerseite ins Innere des Auto gestiegen, um Max medizinisch zu versorgen. Als sie ein Spineboard ins Innere des Wagens reichten, kämpfte ich mich zurück auf die Beine. Christian blieb auf der Straße sitzen. Angespannt beobachtete ich durch den Schleier aus Tränen das Geschehen am Straßenrand. 

Als ich Max zwischen all den Einsatzkräften erstmalig erblickte, taumelte ich auf den Wagen zu. Ich hatte meinen Partner fokussiert, der auf einer Trage abgelegt wurde. Es schien überall Blut zu sein. Man hatte ihm bereits einen Zugang gelegt und eine Atemmaske aufgesetzt. 

Ich erreichte kurz nach den Sanitätern den Rettungswagen. Im Inneren wurde Max gerade an Geräten angeschlossen, dessen Aufgabe ich vermutlich lieber gar nicht wissen wollte. Als ich etwas sagen wollte, musste ich mich zunächst einmal Räuspern, um überhaupt ein Wort raus zu bekommen. 

  "Darf ich bei ihm bleiben?" Die beiden Sanitäter tauschten einen kurzen Blick aus, ehe einer der Beiden nickte. Während mein Blick zurück zu Max glitt, stieg ich ein. Ich versuchte nicht im Weg zu stehen, während die letzten Vorbereitungen für die Fahrt getroffen wurden. Mir wurde ein Sitz ausgeklappt, ehe wir dann auch endlich Richtung Krankenhaus losfuhren. Ganz vorsichtig legte ich meine Hand auf Maxs Arm. Für keine Sekunde ließ ich ihn aus den Augen. 

Erst als wir im Krankenhaus ankamen, war ich gezwungen ihn allein zu lassen. Er wurde auf direkten Weg in den OP gebracht. 

Mir blieb nichts anderes übrig als im Wartebereich herum zu sitzen. Christian und schließlich auch Jos, Sophie und Victoria stießen dazu. Wir saßen einfach alle schweigend dort und weinten stumm. Es gab keine Worte mit denen der Moment schön geredet hätte werden können. Niemand versuchte den Anderen Hoffnung zu machen, da es sich als Fehler herausstellen könnte. Doch wollte auch Niemand aussprechen, worauf es hinaus laufen könnte. 

Erst als ein Arzt den Raum betrat wurde die herrschende Stille unterbrochen. 

  "Wir konnten sämtliche Blutungen stillen und die beschädigten Organe zumindest vorerst erhalten. Die Werte sind jedoch weiterhin kritisch. Zum Aufatmen ist es noch zu früh. Ich muss Ihnen zudem mitteilen, dass Mr. Verstappen ins Koma gefallen ist. Ein typischer Schutzreflex des Körpers. Er zeigt keine Schmerzabwehrreaktion mehr. Die Pupillenreaktion funktioniert nur schwach. Zum aktuellen Zeitpunkt kann ich ihn noch keinerlei Auskunft darüber geben, ob Mr. Verstappen wieder aufwachen wird. Es tut mir leid, dass ich keine bessere Nachricht für Sie haben." 

Langsam glitt meine Hand zu meiner Jackentasche und umschloss das Schmuckkästchen, was sie im Inneren befand. 

Ich wollte Max fragen, ob er mein Mann werden wollte und nun wusste ich nicht, ob er jemals wieder aus dem Koma erwachen wird. 

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