Philipp x Dahoud [1/2]

Mit Kopfhörern in den Ohren lief ich durch die Straßen. Mein Kopf hielt ich leicht gesenkt, denn ich gehörte definitiv nicht zu den Leuten, die zu viel Aufsehen erregen wollten.

Es war nicht immer gut hier in Ney York zu viel aufsehen zu erregen, denn dann wurden auch die Typen auf einen aufmerksam, von denen man es einfach nicht wollte. Hier liefen relativ viele Typen rum, die Freunde hatten, mit denen man entweder ebenfalls befreundet war, oder einfach von ihnen fern blieb.

Ich wusste ungefähr wer diese Typen waren und bei welchen man aufpassen sollte, doch ich wollte es auf nichts ankommen lassen. Ich kam aus einem Haushalt, der relativ hoch angesehen war.

Das lag vor allem an dem Unternehmen meines Vaters und dem Geld, dass er damit einbrachte. Doch es lenkte mich auch ziemlich schnell in das Licht des braven Jungen und ich musste selber zu geben, dass ich mich in dieser Rolle ziemlich wieder fand.

Ich wurde so erzogen, dass ich mich von Drogen fern hielt, keinen Alkohol trank und nur die braven Kinder, der Freunde meiner Eltern, kennen durfte. Für mich war das alles völlig normal und ich hatte auch bis heute, bis zu meinem 25 Lebensjahr nur zwei mal Alkohol getrunken, einmal zu meinem Abitur und einmal zu meinem 18 Geburtstag und auch da nur ein Glas Champagner.

Ans Rauchen und Kiffen hatte ich noch nicht mal ernsthaft einen Gedanken verschwendet. Außerdem hatten meine Eltern klare Vorstellungen von meiner Zukunft, welche sie mir auch regelmäßig verdeutlichten.

Ich sollte endlich ein Mädchen kennen lernen, es ordentlich ausführen und so weiter, dann sollte ich mit ihr zusammen kommen und sie schließlich heiraten. Wir sollten zusammen zeihen und mindestens zwei Kinder kriegen, am besten ein Mädchen und einen Jungen.

Das alles sollte in den nächsten fünf Jahren passieren, da meine Eltern fanden, dass man seine Kinder auf jeden Fall alle kriegen sollte, bevor man 30 Jahre alt war. Zudem war auch klar, welche Art Mädchen ich mit nach Hause bringen sollte.

Sie sollte, ordentlich und gepflegt sein, lange Haare haben, vernünftige und teure Klamotten, Eltern haben, die einen gewissen Status hatten und so weiter.

Das alles hatte schon oft dazu geführt, dass ich fast verzweifelt war. Ich stand einfach nicht auf Mädchen. Ich konnte Mädchen auch einfach nicht ausstehen, jedenfalls nicht die, die meine Eltern mir vorstellten.

Sie sahen immer alle gleich aus. Lange, blonde Haare, Rock bis zu den Knien, Strumpfhose drunter und Bluse. Sie trugen kaum Make up und sollten mich mit ihrer gestellten Freundlichkeit beeindrucken.

Sie waren immer alle glücklich, trugen Absätze bis nach Timbuktu und klapperten durch die Gegend. Es war einfach immer das selbe. Sie waren alle Luxus gewöhnt und stellten sich einfach unfassbar an.

Nie würde eine von ihnen die Türklinke eines öffentlichen Klo anfassen, sie wurden sauer, wenn man ihnen die Tür nicht aufhielt. Sie weigerten sich irgendwo essen zu gehen, was kein fünf Sterne Restaurant war. Es war einfach zum kotzen.

Sie waren das genaue Gegenteil zu mir. Ich hatten kein Problem damit mal nur eine Jogginghose und ein altes Basic T-Shirt anzuhaben. Ich ging gerne mal einfach nur zu Mc Donalds oder sonst wohin und hatte auch kein Problem damit ein öffentliches Klo zu besuchen.

Ich wusste zwar, dass mein Vater immer versucht hatte mich genauso zu erziehen, wie diese Mädchen, doch zum Glück hatte meine Mutter da immer gegengewirkt. Sie hatte immer dafür gesorgt, dass ich nicht ganz so arrogant und eingebildet wurde, wie mein Vater mich erzogen hatte.

Ich war meiner Mutter wirklich dankbar, dass sie so gegen meinen Vater gewirkt hatte, denn die Vorstellung, dass ich genauso abgehoben und eingebildet geworden wäre, zählte definitiv nicht zu meinen Lieblingsvorstellungen.

Ich hatte meine Französisch Sachen unterm Arm und ließ mich auf einer kleinen Betonmauer am Meer nieder. Ich mochte diesen Ort, er war zwar nicht leer, jedoch lag er nicht in dem Viertel in dem ich groß geworden war.

Das hieß, dass hier also auch Leute waren, die normal waren und nicht das Geld in den Arsch geschoben bekamen. Denn wenn ich ehrlich war, dann mochte ich es viel lieber, bei solchen Menschen zu sein.

Menschen, bei denen sich nicht immer alles um Geld drehte, hatte die Sicht noch nicht verloren. Die Sicht auf das Leben. Die Sicht auf das Wichtige. Sie waren nicht verblendet, sie wussten, was zählte und was nicht. Sie kannten die Werte von Ehrlichkeit, Freundlichkeit und Zuvorkommenheit. Sie wussten was im Leben wichtig war, dass es mehr gab als Geld.

Das war es, was ich in meinem Viertel vermisste. dort drehte sich alles um Geld. Es ging darum, wer eine größerer Zahl auf dem Konto hatte, es ging darum zu zeigen das man Geld hatte und wie viel man hatte.

Dort hatte man zum Beispiel keine Autos weil man sie brauchte, sondern weil man sie haben konnte. Man hatte Autos in der Garage stehen, mit denen man noch nie gefahren war, einfach damit sie dastanden und man über sie sprechen konnte.

Das war mit allem so, man hatte Häuser an den verschiedensten Orten der Welt, man hatte Angestellte, man hatte mehrer Pools, obwohl einer schon gereicht hätte, man hatte mehrere Schlafzimmer. Man hatte all diese Sachen. die man sich für Geld leisten konnte, einfach um zu zeigen, dass man Geld hatte und davon genug um nicht auf die Preise zu achten.

Ich hasste diese Art. Es gab nichts, was mich mehr nervte, doch was sollte ich machen? Ich war es Leid, dass sich immer alles um Geld drehte und wollte endlich Leute kennen lernen, bei denen das Geld keine so große Rolle hatte.

Ich seufzte auf und ließ meinen Blick auf meine Französisch Sachen gleiten. Natürlich hatte ich mit 25 Jahren schon lange mein Abitur, doch mein Vater bestand darauf, dass ich Spanisch, Französisch und Englisch fließend sprach.

Seiner Meinung nach waren das die wichtigsten Sprachen. Englisch war meine Muttersprache und Spanisch hatte ich im Abitur, deswegen fehlte nur noch Französisch und das lernte ich jetzt in meiner Freizeit.

Ich saß ungefähr zwanzig Minuten hier, bis ich merkte, dass sich jemand neben mich setzte. Ich sah auf und blickte direkt in das neugierige Gesicht eines jungen Mannes, den ich fast sofort erkannte.

Neben mir saß einer von den Typen, die man einfach nicht kennen wollte, zumindest sagte mein Vater das, es war kein Geheimnis, dass er auch gerne mal ein paar kriminelle Sachen am laufen hatte und für jemanden der erst zwei mal in 25 Jahren Alkohol getrunken hatte, war das wohl der falsche Umgang.

Auch wenn ich die Meinung meines Vater kannte, blieb ich sitzen und sah ihn an "Wer bist du?", wollte ich wissen. Ich war eigentlich relativ schüchtern, doch bei dem Jungen war von Anfang an alles anders.

"Mo und du?", stellte er sich vor und hielt mir freundlich die Hand hin. Ich lächelte zurück und nahm seine Hand an. Sie war angenehm warm und ich konnte mir vorstellen sie länger zu halten.

"Maximilian, aber meine Freunde nennen mich Mili", stellte ich mich ebenfalls vor. Das war der Punkt in meinem Leben, ab dem ich mich auf all das berief, was meine Mutter mir bei gebracht hatte. Ich wusste ganz genau, dass mir die Verhaltensweisen meines Vaters hier nichts bringen würden.

"Okay Mili", gab er zurück und deutete dann auf meine Französisch Sachen "Was steht da?", wollte er wissen. Sofort war mir aufgefallen wie neugierig er war.

""C'est merveilleux pour nous d'aimer travailler", dit Rosa Curi, l'une des brodeuses. Das heißt soviel wie "Für uns ist es wunderbar, wir gehen gerne arbeiten", sagte Rosa Curi, eine der Strickerinnen", erklärte ich ihm.

Mo sah eine Weile auf die Buchstaben in meinem Heft und nickte dann "Ist das französisch?", wollte er weiter wissen. Ich nickte und schlug das Buch zu. "Warum lernst du das?", wollte er weiter wissen. "Wegen meinem Vater"

Mo zuckte mit den Schultern "Meiner ist tot", gab er gleichgültig zurück. Erschrocken zog ich die Luft ein. Das war eine Möglichkeit, an die ich noch nie gedacht hatte. Ich hatte es immer für selbstverständlich gehalten, dass mein Vater immer nach Hause kam, wenn der Tag vorbei war. Nie war ich auf die Idee gekommen, dass das auch anders sein konnte.

"Das tut mir Leid, was ist mit deiner Mutter?", wollte ich stattdessen wissen, um das Thema zu wechseln. Mo lachte auf "Wenn das der Versuch war das Thema zu wechseln, hat es nicht geklappt. Sie sitzt im Gefängnis, Drogen", gab er zurück. Ich schwieg.

Damit hatte ich dann wohl alle kritischen Themen angesprochen, die ich ansprechen konnte. Nach Geschwistern fragte ich jetzt lieber gar nicht erst.

"Kannst du mir was bei bringen?", wollte Mo wissen. Verwirrt sah ich zu ihm "Was denn?", wollte ich wissen. Er zuckte mit den Schultern "Keine Ahnung irgendeinen Satz auf Französisch", führte er seine Bitte aus.

Ich überlegte kurz und entschied mich dann für "Bonjour, je m'appelle Mo et je viens de Ney York", Mo bat mich das ganze noch einmal langsam zu wiederholen. "Bonjour, je m'appelle Mo et je viens de Ney York", wiederholte ich mich also und sah ich abwartend an.

"Bonjour, je m'appelle Mo et je viens de Ney York", wiederholte er. Auch wenn man deutlich raushörte, dass er kein Französisch konnte und es sonst auch nicht sprach, doch man konnte ihn verstehen und wusste was er sagen wollte.

Lächelnd zeigte ich ihm den Daumen nach oben und nickte anerkennend "Das war gar nicht so schlecht", lobte ich ihn.

•••

Ich hoffe es hat euch gefallen, lasst mir gerne einen Kommentar da. Am Dienstag kommt dann der zweite Teil.

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