Kehrer x Sané [3/3]
Thilo hatte der Klinik, die ich raus gesucht hatte, zu gestimmt. Heute vor drei Tagen hatte ich den Anruf bekommen, dass er im Krankenhaus liegen würde. Heute wurde er wieder entlassen. Ich hatte den behandelnden Arzt mittgeteilt, dass Thilo einen Entzug machen würde und alles nötige abgeklärt. Thilo hatte bereits ein paar Entzugserscheinungen und ganz ehrlich? Ihn so sehen zu müssen war das schlimmste für mich. Zu sehen wie schlecht es ihm ging, tat mir unfassbar weh. Ich liebte diesen Mann und wollte das es ihm gut ging. Mir war bewusst, dass es ihm mit Alkohol nicht besser gehen würde. Es war eine Sucht und machte ihn krank. Jetzt lag er hier vor mir in seinem Bett, hatte Schweißausbrüche und Zitterte die ganze Zeit. Er hatte Stimmungsschwankungen bekommen. Es kam vor, dass er aus heiteren Himmel zusammenbrach und weinte. Es kam aber auch genauso plötzlich, dass er total wütend wurde und alles und jeden zusammen schrie. Beim ersten Mal hatte ich wirklich Angst bekommen, doch dann hatte mich sein Arzt beruhigt. Er sagte, dass diese extremen Erscheinungen nicht lange anhalten würden. Bald sei er wieder weitestgehend er selbst. Ich ließ mich neben ihm auf der Matratze nieder und fuhr sanft über seinen Rücken. "Leroy." Wimmerte er direkt. Das war es was ich meinte. Es tat verdammt weh ihn so zu sehen und eigentlich wollte ich dem ganzen auch möglichst aus dem Weg gehen. "Ich bin hier Thilo. Alles wird gut. Du schaffst das." Sprach ich ruhig auf ihn ein. Thilo kam zu mir gekrochen und legte seinen Kopf auf meinen Schoß. "Wann darf ich raus?" "Gleich, du musst gleich noch kurz die Entlassungspapiere unterschreiben, dann darfst du gehen." Erklärte ich ihm, was der Arzt mir heute morgen erzählt hatte.
Die Ärzte hier behandelten ihn nicht mehr wie einen normalen Menschen. Sie taten so als wäre er Abschaum, ein Fehler der Gesellschaft. Natürlich merkte Thilo das. Es verletzte ihn und ich wusste das es sein Selbstwertgefühl ziemlich schrumpfen ließ. Er fühlte sich so wie sie ihn behalten. Sie sprachen nicht mehr mit ihm, sie sahen ihn nicht an und sie berührten ihn nicht mehr freiwillig, es wurde Schnick Schnack Schnuck darum gespielt, wer ihn behandeln musste. Es war unglaublich demütigend und es war mehr als deutlich, dass es Thilo nicht half sich besser zu fühlen. Desto mehr freute ich mich ihn heute endlich hier raus zu bekommen. Ich konnte nur hoffen, dass sie ihn in der Klinik wie ein vollwertigen Menschen behandeln würden. Ich strich sanft über die Haare meines Freundes und küsste seine Stirn. "Ich bin bei dir, wir schaffen das zusammen." Flüsterte ich ihm zu. Thilo schluchtzte nur auf.
Er presste plötzlich seine Hände auf seinen Bauch und rollte sich zu einer Kugel zusammen. Ich hatte vergessen zu erwähnen, dass er in Form einer Entzugserscheinung seit zwei Tagen Magenkrämpfe hatte. Die Leute hier im Krankenhaus weigerten sich ihm etwas dagegen zu geben, sodass er sie aushalten musste. Ich wusste, dass er gerade nicht reden konnte und fuhr bloß besorgt über seinen Rücken. Nach mehreren Minuten, in denen er sich nicht bewegt hatte, löste er sich langsam aus seiner Haltung. Ich sah in sein Gesicht und sah mehrere Tränen seine Wangen runter laufen. Ich unterdrückte ein Seufzen und zog ihn auf meinen Schoß. Er drückte sich an mich und weinte still in meine Brust. Ich strich ihm über den Rücken und wartete bis er sich beruhigt hatte.
In den letzten drei Tagen waren Pres und ein paar andere aus seinem Team hergekommen. Sie haben ihn als einzige wie einen normalen Menschen behandelt. Sie haben ihn abgelenkt und die Sucht nicht einmal angesprochen. Sie hatten Thilo angesehen, dass er nicht darüber reden wollte und hatten das Thema einfach sein gelassen. Auch seine Familie war kurz hier.
Das Krankenhaus hatte uns die Entscheidung, wie wir es ihnen sagten, abgenommen. Sie hatten seine Familie benachrichtigt und ihnen die nackte Wahrheit erzählt. Als sie hier waren, hatten sie ihn bloß enttäuscht angeschaut. Niemand hatte ein Wort gesagt, alle hatten sie nur geschaut, als wäre er ein hässliches Tier im Zoo. Irgendwann verließen die bitteren Worte seiner Mutter ihren Mund. "Du gehörst nicht länger zu unserer Familie." Sie hatte es abwärtend und angeekelt gesagt. Alle hatten zustimmend genickt und waren dann gegangen. Ich habe zwei Stunden damit verbracht Thilo zu trösten, er lag weinend in meinen Armen und war irgendwann einfach ein geschlafen. Seine Familie war schon immer eine wichtige Stütze in seinem Leben gewesen und das diese ihn nun verstoßen hatte, nahm ihn verdammt mit. Es hatte ihm den Boden unter den Füßen bloß noch mehr weggerissen, sodass es immer schwerer wurde an ihn ran zu kommen.
Schließlich hatte Thilo sich weitestgehend beruhigt und lehnte jetzt bloß noch so an meiner Brust. "Komm, wir gehen. Lass uns die Entlassungspapiere unterschreiben und dann zu mir fliegen." Thilo nickte und stand langsam auf. Ich nahm seine gepackte Tasche und verließ mit ihm das Zimmer. Beim Empfang bat ich um die Papiere. Die Frau konnte ihren angeekelten Blick in Thilos Richtung nicht lassen und schob mir die Papiere zu. Ich seufzte frustriert und gab sie an meinen Freund weiter. Wie grausam konnten Menschen sein? Merkten sie denn alle nicht, sie sehr sie ihn damit verletzten? Thilo unterschrieben zitternd und gab der Frau die Zettel wieder. Ich legte eine Hand an seinen Rücken und führte ihn dann bestimmend aus diesem schrecklichen Krankenhaus raus. In der Tiefgarage öffnete ich ihm die Beifahrertür seines Autos und fuhr uns zum Flughafen. Thilos Sachen würden hier bleiben. Er durfte sie eh nicht mitnehmen und er wollte auch nicht. Er hatte mir gestern Abend erzählt, dass er in England bei mir komplett neu anfangen wollte. Er wollte Paris und die damit verbundene Sucht hinter sich lassen und einen neuen Lebensabschnitt starten. Ich hatte ihn nach seiner Zustimmung bei der Klinik angemeldet. Sie meinten, dass wir morgen Mittag bei ihnen vorbeikommen könnten, wenn wir wollten.
Jetzt wollte ich Thilo erstmal bei mir in Sicherheit in England wissen. Das Leben in Paris hatte ihn zerstört und ich konnte nur hoffen das es bei mir Zuhause besser werden würde. Thilo und ich kamen mit ein paar Problematiken in das Flugzeug und flogen auf direktem Weg nach England. Mein Freund schief die ganze Zeit auf meiner Schulter und hielt im Schlaf meine Hand. Es war echt verdammt süß, wie er im Halbschlaf meine Hand gegriffen hatte und sie seit dem nicht mehr los gelassen hatte. Erst als das Flugzeug zur Landung ansetzte wecke ich ihn vorsichtig auf. Er murrte etwas vor sich hin, bis ich ihm einen sanften Kuss gab. Danach war er ruhig und kuschelte sich mit einem zufriedenem Geräusch an mich. Sobald wir aussteigen durften taten wir genau das und stiegen in mein Auto. Einer meiner Kollegen war so nett und hatte es hier hin gefahren, damit wir jetzt ohne Probleme zu mir fahren konnten.
Die Fahrt verlief sehr still. Thilo blickte stumm aus dem Fenster auf die vorbei ziehenden Häuser und sagte nichts, deswegen hatte auch ich nicht unbedingt das Bedürfnis etwas zu sagen. Sobald ich den Wagen geparkt hatte und wir beide in meinem Flur standen, striff er sich die Schuhe von den Füßen und ging ohne Umstände nach oben. Etwas verwirrt zog ich mir ebenfalls die Schuhe aus und folgte ihm.
Ich fand ihn in meinem Schlafzimmer wieder. Dort lag er in meinem Bett und presste sich einen Pulli ins Gesicht, welchen er anscheinend zuvor aus meinem Schrank genommen hatte. Ich lächelte bei dem Anblick und sagte "Och Baby, komm her." lächelte ich und öffnete meine Arme für ihn.
Thilo blickte auf und kam sofort zu mir. "Ich brauche dich Leroy." murmelte er in meine Halsbeuge. Ich legte meine Arme um ihn. "Ich werde da sein, versprochen. Komm lass uns ein paar meiner Pullis für dich ein packen, damit du sie morgen mit nehmen kannst." schlug ich ihm vor. Er drückte sich näher an mich. "Ich will da nicht hin. Ich will nicht von dir getrennt sein." murmelte er leise. Ich drückte ihn näher an mich. "Hey Schatz, ich bin doch nicht aus der Welt und wir sind auch nicht getrennt. Ich bin in deiner Nähe und wir werden uns öfter sehen, als die letzte Zeit. Als du in Frankreich warst und ich in England, waren wir nicht mal im selben Land. Jetzt sind wir in der selben Stadt. Vertrau mir Thilo, wir werden uns sehen. Ich werde so oft wie irgendwie möglich kommen und Zeit mit dir verbringen. Wir haben die letzten Jahre mit deiner Sucht überstanden. Auch wenn es nicht immer einfach war, haben wir es geschafft. Dann schaffen wir es jetzt auch, wenn du diesen Entzug machst. Unsere Beziehung hat schon viel mehr ausgehalten, als das. Also glaub mir, wenn ich sage, dass wir das schaffen." Thilo drehte seinen Kopf etwas und legte sanft und liebevoll seine Lippen auf meine. "Wir schaffen das wenn du das sagst. Lass mich bloß bitte nicht alleine." Ich lächelte "Werde ich nicht, versprochen." Damit legte ich meine Lippen erneut auf seine und zog ihn somit in einen liebevollen Kuss.
Am nächsten Tag blieben wir so lange, wie irgendwie möglich im Bett liegen und kuschelten mit einander. Der Arzt hatte tatsächlich Recht, denn ich merkte wie seine Entzugserscheinungen etwas nachließen. Sie verschwanden zwar nicht, aber sie wurden weniger. Das war es, was zählte. Schließlich mussten wir dann aber doch aufstehen. Widerwillig machten wir uns fertig und ich steckte in Thilos Koffer, den wir gestern Abend noch gepackt hatten ein paar von meinen Pullis, die er am liebsten mochte und am meisten trug, wenn er bei mir war. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er es als schlimm empfinden würde, wenn ich ihn dort alleine ließ und dann hatte er wenigstens noch irgendwas von mir.
Irgendwann war es dann soweit, dass wir vor der Klink standen. Wir wurden schon von einem freundlich wirkenden Mann erwartet. Sobald wir im Gebäude waren nahm ich Thilos Hand. Ich spürte wie er sich in meine Hand krallte und strich sanft mit meinem Daumen über seinen Handrücken. "Alles wir gut Baby, glaub mir es ist besser wenn du erstmal hier bleibst." versuchte ich ihn etwas zu beruhigen. "Ich weiß, aber ich will hier nicht alleine bleiben." erklärte er. "Herr Sané kann sie immer besuchen kommen, Herr Kehrer." sprach der Mann vor uns. Wenigstens sprach man hier mit ihm.
Wir kamen in einem Büro an. Der Mann nahm hinter einem massiven Holztisch platz. Thilo und ich ließen uns auf die beiden Ledersessel fallen, die vor dem lackierten Tisch standen. "Also erstmal Herzlich Willkommen hier. Ich würde sie gern einmal in alles einweisen und dann kurz über das Programm hier reden." leitete er seinen folgenden Monolog ein. Ich hört relativ aufmerksam zu, bis ich merkte wie unruhig Thilo auf seinem Stuhl hin und her rutschte. Ich legte sanft meine Hand auf seinen Oberarm und lächelte ihn an, als er seinen Kopf zu mir drehte. "Okay, vielleicht machte es wenig Sinn das ganze jetzt theoretisch aufzuzählen. Sie sehen es ja dann im Laufe der Zeit." brach der Mann seinen Monolog ab. Ich nickte ihm lächelnd zu.
Thilo lief eine Träne über die Wange, welche ich sanft weg strich. "Hey, nicht weinen. Alles wird gut. Du bist hier damit es dir wieder besser geht. Ich bin nicht weit weg und wenn irgendwas ist, dann kannst du immer irgendjemanden Bescheid sagen, damit ich angerufen werde. Mein Klingelton wird immer an sein und ich werde sofort kommen, wenn du mich brauchst. Ich komme so oft wie ich irgendwie kann. Ich werde vor und nach dem Training kommen, immer wenn ich keine Termine habe komme ich dich besuchen und helfe dir hier bei ja? Aber irgendwie müssen wir dir helfen und dich wieder gesund pflegen. Das weißt du, dass wolltest du selber und du brauchst keine Angst haben. Ich werde dir helfen das durch zu stehen. Wenn du hier wieder raus kommst, bist du stärker als jetzt, dass verspreche ich dir." Thilo nickte mit nassen Augen und stand von seinem Stuhl auf, um zu mir zu kommen.
Ich ließ ihn auf meinen Schoß und nahm ihn in den Arm. "Es ist kein langer Abschied, ich komme morgen früh direkt wieder in Ordnung?" Thilo nickte und kuschelte sich an meinen Hals. "Ich liebe dich, bitte vergiss mich nicht." murmelte er in diesen. Erschrocken drückte ich ihn weg. "Was redest du denn da? Ich werde dich nicht vergessen. Ich werde bei dir bleiben, ich werde weiter mit dir zusammen sein und dich regelmäßig besuchen kommen. Ich verspreche es dir, habe ich irgendwann mal ein Versprechen nicht gehalten?" fragte ich ihn etwas bestürzt. Wie kam er denn auf die Idee, dass ich ihn vergessen könnte? Er schniefte einmal. "Also bleibst du wirklich mit mir zusammen? Auch wenn ich jetzt zu den abgestürzten Assis gehöre, die ihr Leben nicht im Griff haben?" Ich legte meine Hände auf seine Schultern und sah ihm tief in die Augen. "Ich kann mir denken, dass diese Einstellung von den Ärzten im Krankenhaus und von der Reaktion deiner Familie kommt. Ich weiß, dass dir deine Familie verdammt wichtig war, aber ihre Reaktion war falsch. Dich aus ihrer Gemeinschaft zu stoßen war falsch und das angeekelte Verhalten der Ärzte war genauso falsch. Bitte schenke all dem keinen Glauben. Du bist nicht weniger Wert und du bist kein Fehler der Gesellschaft. Du hast eine Sucht. Das wars. Du hast eine Phase in deinem Leben gehabt, in der du nicht anders weiter wusstest. Das ist zwar nicht besonders schön, aber noch lange nicht wie schlimm wie die Ärzte und deine Familie tun. Denk doch lieber an deine Freunde, an die Leute, die für dich da sind. Merk dir bitte eine Sache, du bist nicht abstoßend oder sonst was. Du bist ein vollwertiger Mensch, nicht weniger. Und ich liebe dich." damit beendete ich meinen Vortrag und zog ihn in eine Kuss. Ich spürte, wie sehr er diesen gerade brauchte und zog ihn danach an mich. "Danke Leroy, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viel mir das bedeutet." sagte er an mich gekuschelt. Ich lächelte bloß und gab ihm einen Kuss auf die Haare.
Der Mann lächelte uns an und stand dann auf. "Ich lasse sie beide mal alleine und warte draußen. Kommen Sie bitte raus, wenn sie sich verabschiedet haben. Herr Sané kann morgen früh ab acht Uhr zu Ihnen zu besuch kommen." Damit verließ er den Raum. Ich zog Thilo auf die Beine und dann in einen intensiven Kuss. Als wir uns lösen sah Thilo mich schwer atmend an. "Ich liebe dich." ich lächelte ihn an und erwiderte dann "Ich dich auch." Thilo lächelte und nahm dann meine Hand. Zusammen gingen wir zu der Tür, durch welche der Mann eben verschwunden war. Vor dieser fanden wir ihn dann auch wieder. Ich lächelte Thilo noch einmal an und küsste ihn kurz. "Bis morgen." damit drehte ich mich um und ließ Thilo alleine. Er sollte erstmal anfangen sich hier etwas einzuleben und das möglichst ohne mich.
•••
Ich habe leider vergessen wer sich eine letzte Fortsetzung gewünscht hat. Da ich selber auch Interesse daran hatte noch eine Fortsetzung zu schreiben, habe ich es gemacht 🤷
Es wird allerdings keinen vierten Teil geben. Das heißt es wird nichts über Thilos Klink Aufenthalt geschrieben 🐢✌🏻
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