1.12. 🎄

Brandt× Havertz

Für julianshavertz

Pov. Julian:

Wieder stand ich vorm Spiegel und betrachtete mich kritisch. Jedes kleinste Detail an mir musterte ich und fühlte mich mit jeder Sekunde ekliger. 
Wie sehr ich diesen Körper hasste. Jeden verdammten Zentimeter dieses Körpers hasste ich. 
Meine Nase, meine Haare, meine Beine, einfach alles. Die Leute hatten schon recht, wenn sie sagten, dass ich zu dick war. 
Ich meine, im Gegensatz zu den Anderen hatte ich nicht nur kaum Muskeln sondern auch viel zu viel Fett an mir. 
Keine Ahnung, warum Edin mich trotzdem so viel spielen lässt. 
Wenn ich Trainer wäre, würde ich mich nicht mal in den Kader nehmen. 
Ich war so in meinen negativen Gedanken vertieft, dass ich gar nicht merkte, wie Kai hinter mir den Raum betreten und mich wahrscheinlich eine ganze Weile lang still und heimlich beobachtet hatte. 
Erst als er seine Arme von hinten um meine Taille legte, löste ich meinen Blick vom Spiegel und sah stattdessen zu Boden. Ich wusste genau, was jetzt kommen würde. 
Immer wen Kai mich so sah, versuchte er mir zu erklären, dass ich für ihn der hübscheste, perfekteste Mensch auf der Welt war und das ich nicht so an mir zweifeln sollte. 
Tja, für ihn war ich hübsch und perfekt; für mich und die meisten anderen halt nicht. 
Ganz im Gegenteil. 
"Was machst du hier schon wieder?", wisperte der Jüngere leise, doch ich schwieg; wusste er die Antwort doch ganz genau. 
"Jule, hör auf so unfair zu dir und deinem Körper zu sein. Du siehst perfekt aus", raunte Kai leise; durch einen kurzen Blick nach oben konnte ich sehen, dass mein Freund mich durch den Spiegel eindringlich und einfühlsam zugleich ansah.
"Auch wenn du es mir nicht glaubst; ich bin nicht der Einzige, der das denkt. Was meinst du wie viele Männer es da draußen gibt, die dich um deinen Körper und dein Aussehen beneiden? Und wie viele Mädels, die dich anhimmeln. Auch wenn mir das eigentlich nicht so gefällt."
Ich schwieg noch immer; wusste ich doch wie unrecht er hatte. Niemand beineidete mich um meinen Körper und erst recht niemand himmelte mich an. 
Das war alles nur ausgedacht, um mich zu beruhigen und auf eine bessere Laune zu bringen.
In Wahrheit lachten mich alle für meinen hässlichen, ekelerregenden Körper aus. Würde ich wahrscheinlich auch tun, wenn ich an ihrer Stelle wäre. 
Und dass Kai nur noch aus Mitleid mit mir zusammen war, das wusste ich auch schon lange.
Wer würde denn sonst gerne mit jemandem wie mir zusammen sein?
Ich war nicht nur hässlich, fett und ekelhaft, sondern auch undiszipliniert und unsportlich. 
Sonst würde ich ja kaum so aussehen wie ich aussehe. 
Zugeben will Kai es zwar nicht, aber ich hatte es schon lange durchschaut. 
Eigentlich sollte ich mich deshalb von ihm trennen und ihn freigeben, aber irgendwie quälte mich dann die Angst, dass ich vollkommen allein sein würde. Und das würde ich. 
"Kann ich bitte allein sein", nuschelte ich nach einigen Minuten leise; konnte Kais Anwesenheit nicht mehr ertragen. 
Mein Freund seufzte enttäuscht auf, bevor er seine Arme von mir löste und niedergeschlagen nickte. Er wusste, dass es so keinen Sinn hatte mit mir reden zu wollen und mich von seiner Meinung zu überzeugen. 
Mit einem geknickten 'Ich koche dann mal Mittag. Komm runter, wenn du soweit bist'  schlurfte er aus dem Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich. 
So lange ich konnte versuchte ich, mich im Schlafzimmer zu verstecken, doch ich wusste auch, dass ich das nicht ewig konnte. 
Wenn ich nicht runter kommen würde, würde Kai wieder hoch kommen. Und auch, wenn ich unsere Beziehung für am Ende hielt, wollte ich ihm nicht noch mehr Umstände bereiten, denn schließlich tat er so gut wie alles für mich, obwohl ich ihm nichts dafür zurückgeben konnte.

Als ich in die Küche kam, stand Kai noch am Herd und rührte in einem der drei Töpfe, die auf dem Herd standen herum. Von der Seite sah es so aus, als hätte er geweint. In mich hinein seufzend sah ich zum Tisch, der bereits gedeckt war. Augenblicklich begann mein Magen zu knurren. 
Am liebsten würde ich jetzt das ganze Essen in mich hineinschaufeln; vor allem wenn es das war, wonach es roch. Aber ich konnte nicht noch mehr essen; konnte nicht noch mehr zunehmen. Nein, im Gegenteil. Ich werde noch mehr trainieren müssen, um wieder halbwegs ansehnlich zu werden. 
Schweigend setzte ich mich an den Tisch und wenige Sekunden später kam Kai mitsamt zwei Tellern mit meinem Lieblingsessen. Einen stellte er vor mich, doch ich sah ihn nicht mal an.
Fragend musterte der Jüngere mich, während er mit dem Essen begann.
"Keinen Hunger", nuschelte ich leise.
"Lüg mich nicht an. Ich weiß ganz genau, dass du Hunger hast."
Leise sah ich zu Boden und kaute nervös auf der Lippe herum. Ja verdammt, genauso ist es, aber was soll ich denn machen? Ich musste einfach stark bleiben; es ist doch nur die eine Mahlzeit.
"Ich habe gerade erst was gegessen", redete ich mich heraus," Als du mit den Hunden draußen warst."
Laut und verzweifelt seufzte Kai auf und sah mich traurig an. Es brach mir das Herz, ihn so zu sehen.
"Ich wünschte, du könntest dich mal aus meinem Augen sehen; nur einen einzigen Tag", hauchte Kai verletzt," Dann würdest du sehen, wie wunderschön und liebenswert du bist. Wie verdammt perfekt dein gesamter Körper ist. Dass du kein Gramm zu viel wiegst und dich für nichts schämen musst. Wie sehr ich dich und deinen Körper liebe und wie sehr es mich verletzt, dich so zu sehen; dir dabei zusehen zu müssen, wie du dich und deinen Körper langsam aber sich zerstörst."
Ohne eine Antwort von mir abzuwarten stand Kai auf und verschwand nach oben ins Schlafzimmer.
Ich hingegen blieb, perplex von dem was Kai gerade zu mir gesagt hatte, sitzen und starrte ins nichts; musste seine Worte erstmal verarbeiten. 
Auch wenn Kai  mir schon hunderte Male gesagt hatte, dass ich perfekt war, so wie ich war, hatten mich diese Worte besonders getroffen. 
Mir war nicht bewusst gewesen, wie verzweifelt und verletzt er war... wegen mir. Wie sehr er leiden musste. Doch dieser Schmerz in seiner Stimme hatte es mir mehr als nur deutlich gezeigt. Und dass Kai leidet, war so ziemlich das letzte, was ich wollte. 

Zaghaft klopfte ich an unserer Schlafzimmertür, nachdem ich mich aus meiner kleinen Starre gelöst hatte. Als Kai mir keine Antwort gab, öffnete ich die Tür und spähte vorsichtig hinein. 
Der Jüngere stand am Fenster, sah nach draußen und weinte; das konnte man selbst von hinten sehen und sein Schluchzen war auch deutlich zu hören, auch wenn er versuchte, es zu unterdrücken.
Langsam trat ich ein, blieb allerdings in der Nähe der Tür stehen. Die Situation überforderte mich und ich hatte absolut keine Ahnung, was ich tun sollte. 
"Weißt du, ich liebe dich Julian", begann Kai schließlich zu reden, bevor ich irgendwas sagen konnte," Ich liebe dich wirklich mehr als alles andere auf dieser Welt. Du bist das wertvollste in meinem Leben und ich weiß nicht, was ich ohne dich machen sollte. Aber ich kann mir nicht mit ansehen, wie du so verzweifelt bist, wie du deinen Körper so sehr hasst, dass du ihn mit allen Mitteln verändern willst und dabei nicht merkst, dass du einen komplett gesunden und normalen Körper zerstörst und krank machst. Ich habe alles versucht... als was mir möglich ist, um dir zu helfen. Aber anscheinend kannst du mir nicht glauben, dass du perfekt bist, dass du nichts ändern musst an dir...."
"Was soll das heißen?", fragte ich vorsichtig, denn auch wenn ich der Meinung war, dass eine Trennung eigentlich das Beste für Kai wäre, so konnte ich doch nicht zulassen ihn zu verlieren, doch das drohte gerade zu passieren.
"Ich möchte, dass du dir Hilfe suchst... professionelle Hilfe, die dir hilft, wieder ein normales Verhältnis zu deinem Körper aufzubauen...sonst.... auch wenn es  feige rüber kommt, aber sonst kann ich nicht mehr mit dir zusammen sein... es geht einfach nicht."
"Nein", rief ich panisch," Nein Kai, das kannst du nicht machen bitte.... ich liebe dich doch."
Schluchzend kam ich auf ihn zu und warf mich förmlich in die Arme des Jüngeren, dem auch einige Tränen über die Wangen rannen.
"Ich liebe dich auch, Jule", wisperte er leise," Aber wenn du dir keine Hilfe suchst, sehe ich keine Zukunft für uns."
Nun sah Kai mir flehend in die Augen.
"Bitte lass dir helfen", hauchte er weinend," Bitte..."
"Aber ich bin doch nicht verrückt", murmelte ich mehr zu mir selbst als zu Kai.
"Das bist du auch nicht", gab er einfühlsam zurück," Du hast nur ein etwas schwieriges Verhältnis zu deinem Körper... aber du musst dir trotzdem helfen lassen."
Eigentlich sträubte sich alles in mir gegen eine Therapie; zu groß war meine Angst, dass ich mich selbst oder andere mich für verrückt erklären könnten.
Aber auf der anderen Seite hatte Kai recht; ich konnte ihn irgendwie verstehen und wollte ihn unter keinen Umständen verlieren.
Und wenn das die einzige Möglichkeit war, ihn an meiner Seite zu behalten, dann würde ich das tun. Ich würde alles für ihn tun.
"Ich unterstütze dich auch... wo ich nur kann, das verspreche ich dir.", fuhr Kai nach inr Weile verständnisvoll fort, nachdem er seine Hände an meine Wangen gelegte hatte und mir eindringlich in die Augen sah," Aber das kann ich nur, wenn du dich in eine Therapie begibst... für dich und auch für mich....und für uns." 
Während ich über seine Worte nachdachte, sah ich ihm einfach in die traurig aussehenden Augen, bis ich schließlich ein leises aber entschlossenes 'Okay' rausbrachte. 
"Wirklich?", vergewisserte mein Freund sich leicht verwundert über meine schnelle Antwort. Wahrscheinlich hatte er nicht damit gerechnet, mich so schnell von einer Therapie überzeugen zu können, doch er hatte genau die richtige Stelle bei mir getroffen und das war er selbst.
"Ja"; bestätigte ich flüsternd," Ich will dich nicht verlieren... und ich will mich auch nicht selbst kaputt machen." 
Fest schloss mein Freund mich in seine Arme; drückte mich so fest, dass ich fast keine Luft mehr bekam. "Das ist wundervoll", freute er sich und auch ich musste nun etwas lächeln," Das ist die richtige Entscheidung und ich verspreche dir auch, immer für dich da zu sein. Wir schaffen das zusammen."
"Wir schaffen das", stimmte ich zuversichtlich zu und das meinte ich auch so. 
Ich war mir absolut sicher, dass ich mit Kai an meiner Seite alles schaffen könnte und würde; solange er nur bei mir bleibt. 

Das war der erste Oneshot im diesjährigen Adventskalender 🙈😇
Ich kann euch gleich beruhigen; so viel Drama wirds nicht immer geben...
Ich hoffe natürlich trotzdem, dass er sich gefallen hat und wünsche euch einen schönen ersten Dezember ❤❤
Bis Morgen 🥰

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