20💫

ERREN
Zu Beginn unseres eher unfreiwilligen Aufeinanderhockens, hatte ich um ehrlich zu sein damit gerechnet, dass Luis sich vollkommen abkapseln würde. Ich hatte nicht einmal mehr damit gerechnet, dass er mir überhaupt irgendeine meiner Fragen beantworten würde! Zu meiner Überraschung hatte er mir allerdings doch ein paar Antworten gegeben, meine Frage über die Gefängnisstrafe des Mannes schien sowohl Luis, als auch seinen Wolf ziemlich verärgert zu habe. Die Beiden schienen vehement nicht darüber reden zu wollen...das verleitete mich irgendwie dazu ein mulmiges Gefühl zu haben. Irgendetwas sagte mir, dass dieser Clark unserem Mate sehr wehgetan hatte. Ob die Narbe auf Luis's Rücken wohl von Clark stammt? Hat er ihm das angetan? überlegte mein innerer Wolf laut, was für mich auch irgendwie logisch klang. Sofort merkte ich, wie diese unbändige Wut aus der Duschen wieder langsam in mir aufbrodelte. Wenn er Luis tatsächlich so schwer verletzt hatte, dann würde ich diesen Clark bei unserer nächsten Begegnung eigenhändig umbringen! Erst ein putziges Niesen neben mir holte mich wieder aus meiner Wut heraus, es war so, als wäre meine Wut vollkommen weggeblasen. Amüsiert richtete ich meinen Blick wieder auf Luis, der noch immer neben mir in der Badewanne saß. Eindeutig kam das Niesen von ihm! "Hör auf so blöd zu glotzen, alter Mann." schnaubte Luis genervt, aber kaum hörbar. "Tut mir wirklich leid, aber dein Niesen ist nun mal das Niedlichste was ich je gehört habe." lachte ich, woraufhin Luis nur ein genervtes Schnauben von sich gab.

Unauffällig rutschte ich ein kleines Stück dichter an Luis heran, ehe ich langsam meinen Arm hinter ihm auf den Rand der Badewanne ablegte. Innerhalb von Sekunden hörte ich wie sich der Herzschlag meines Mates deutlich steigerte. Luis schien richtiges Herzrasen zu haben, woraufhin mein Wolf sich wieder in den Vordergrund drängte. Wir schlangen unsere Arme um Luis's Mitte und ließen uns dann richtig herum in die Badewanne hinein rutschen, Luis zogen wir dabei direkt auf uns. Vollkommen verkrampft landete der Alpha etwas unbeholfen auf unserer Brust und sofort fing er an sich gegen uns zu wehren. Aber weder mein Wolf, noch ich wollten Luis einfach wieder loslassen, weshalb sein Widerstand mit einem verzweifelten Ächzen abebbte, als er erkannte, dass er sich aus meinem Griff nicht befreien konnte. "Es ist alles in Ordnung...dir kann überhaupt nichts passieren." sagte ich beruhigend und versuchte meinen Mate etwas zu beruhigen, doch es funktionierte nicht. Leider musste ich feststellen, dass Luis sich sogar so unwohl fühlte, dass seine Wölfin in seinen Augen erschien. Anscheinend hatte er genug Angst, dass auch sie sich ein Bild von der Situation machen wollte. Da dieses grelle weiß jedoch nicht mehr aus den Augen unseres kleinen Mates verschwinden wollte, schien Luis's Wölfin die Situation überhaupt nicht zu gefallen. Auch Luis's Körper schien deutlich klar zu machen, dass ihm diese Situation überhaupt nicht geheuer war. Er zitterte am ganzen Körper und selbst seine Atmung war ziemlich hektisch, schon beinahe panisch.

Enttäuscht über die nicht wirklich positive Reaktion meines Mates hob ich den ziemlich verstörten Alpha auf meinen Schoß, wobei Luis und seine Wölfin ein panisches und vermutlich eher unabsichtliches Winseln von sich gaben. Er hatte sogar seine Augen zusammen gekniffen, was uns seine Angst noch mehr verdeutlichte. Sein Herz schlug beinahe so schnell, dass ich Angst hatte, es würde bald einfach aussetzen. Abgesehen davon war er in meinen Armen vollkommen verkrampft und schien sich dort überhaupt nicht wohl zu fühlen. Eigentlich müsste er sich bei mir sicher und geborgen fühlen, da ich sein Mate war...normalerweise müsste ich sogar nur neben ihm stehen und sofort müsste es ihm besser gehen. Luis sollte eigentlich ein warmes Gefühl von Sicherheit und Zufriedenheit in seinem Inneren langsam aber sicher aufsteigen fühlen so, wie es damals bei meiner Mate und mir war. Ich spürte diese Wärme in Luis's Gegenwart, allerdings hatte ich auch das Gefühl ich könnte ihn zerbrechen, wenn ich einen Fehler machte. Luis schien im Gegensatz zu mir allerdings nur Unbehagen und Angst zu verspüren. Nachdem ich erkannte, dass Luis sich nicht mehr in meinen Armen beruhigen konnte, gab ich meinen Mate frei und sofort krabbelte Luis von mir herunter, direkt auf die andere Seite der Wanne. Dort kauerte er sich zusammen und so, wie es aussah schien er sich erst einmal beruhigen zu müssen. Warnend funkelte seine Wölfin mich aus Weiß glühenden Augen heraus an und gerade, als ich mich entschuldigen wollte, vernahm ich das Klicken der Badezimmertüre. Wenig später wurde diese von meinem Sohn geöffnet, welcher sich danach grinsend in dem Türrahmen lehnte. "Na?" witzelte er und grinste frech doch, als er Luis und mich genauer musterte, verging ihm das Grinsen. Sein eben noch amüsierter Gesichtsausdruck wich einem eher besorgten Ausdruck.

Lange konnte ich darüber allerdings nicht nachdenken, da Luis sich aus der Wanne erhob und direkt auf meinen Sohn zu lief. Bei Derek angekommen nahm ich schon beinahe wie in Zeitlupe wahr, wie Luis ihm sein Knie ohne Vorwarnung in die Weichteile rammte. Wütend funkelte Star meinen Sohn noch einmal mit ihren weißen Augen an, ehe die Beiden einfach wortlos aus dem Zimmer liefen. Mein Sohn hingegen war vor Schmerz wimmernd zu Baden gesunken und fluchte leise vor sich hin, während er leicht nach vorne gekrümmt auf dem Teppich kniete. "Du musst doch auch zugeben, dass du daran selbst schuld bist, oder? Ich meine, du hast ihn ja mal wieder ordentlich provoziert." stellte ich seufzend fest, während ich noch ein Stück weit gegen den Wannenrand sinken ließ. "Verdammt...hat es wenigstens funktioniert?" fluchte mein Sohn leise und sah mich noch immer mit Tränen in den Augen an. "Nicht wirklich, Luis lässt mich noch immer nicht an sich heran. Dafür habe ich aber erfahren, dass der Mistkerl aus dem Wald Clark heißt und eigentlich im Gefängnis sitzen müsste...vermutlich, weil er Luis irgendetwas angetan hat. Aber sowohl Luis, als auch seine Wölfin haben mir deutlich gemacht, dass ich in dieser Hinsicht nicht weiter nachfragen soll." klärte ich meinen Sohn seufzend auf, ehe auch ich mich erhob und aus der eigentlich relativ bequemen Wanne heraus stieg. Ich lief auf meinen Sohn zu und streckte ihm sogar meine Arme hin, damit er vom Boden aufstehen konnte.

Nachdem ich meinem Sohn dabei geholfen hatte aufzustehen, liefen wir gemeinsam in mein Schlafzimmer, wobei mir auffiel, dass Derek ziemlich versteift lief. Mein amüsiertes Grinsen versuchte ich mir wirklich zu verkneifen, doch allzu gut gelang es mir dann doch nicht. Mit einem leichten Grinsen auf den Lippen, lief ich neben Derek hinaus auf den Flur. "Lach du nur, alter Mann!" schnaubte mein Sohn unzufrieden, während wir gemeinsam den Weg nach unten antraten. "Ich kann trotzdem nicht verstehen, warum Luis sich von dir fern hält. Ich meine, ihr seid Mates!" brummte mein Sohn sichtlich frustriert und sah mich mitleidig von der Seite aus an. "Ich kann ihm in jeder Sekunde, in der ich ihm nahe bin ansehen, dass er sich unwohl fühlt. Ich kann und will ihn nicht quälen, indem ich mich ihm aufdrängen oder ihn gar zwinge in meiner Nähe zu sein. Es ist eben nicht so einfach wie bei Ace und dir..." seufzte ich leise und lief unten angekommen, zusammen mit Derek in die Küche. Kaum hatte ich von Ace gesprochen, trafen wir ihn auch schon dort an. Der Mate meines Sohnes war gerade dabei sich zwei Flaschen Wasser zu schnappen und reagierte überhaupt nicht auf unsere Anwesenheit, im Gegenteil! Er schnappte sich nur die Flaschen und lief wortlos aus der Küche hinaus, direkt weiter in das Wohnzimmer, auf der anderen Seite des Hausflures. Die einzige Reaktion auf uns...oder viel mehr auf mich, war ein warnendes Funkeln in Ace's Augen. Anscheinend hatte er Luis schon getroffen...

Etwas frustrierter, als noch vor ein paar Minuten ließ ich mich auf einem der Barhocker an der Kücheninsel fallen und fuhr mir müde über das Gesicht. "Ihr Beiden solltet dringend miteinander reden oder euch irgendwie annähern, sonst dreht noch einer von euch durch...und ich habe mal die Vermutung, dass das nicht Luis sein wird. Er scheint ja die Einsamkeit zu lieben." merkte Derek an, während er anfing uns einen Kaffee zu kochen. Mein Sohn hatte recht, das wusste ich! So langsam merkte ich auch schon, wie mein Wolf immer fordernder wurde...doch ich wollte Luis nicht vollkommen verschrecken. "Ich weiß...ich habe aber noch nicht die geringste Ahnung, wie ich dieses Problem lösen soll." brummte ich, während mein Sohn eine Packung Milch aus dem Kühlschrank holte und kurz darauf auch schon etwas davon in den Kaffee gab. "Ich kann deutlich merken, dass mein Wolf immer fordernder wird...aber ich will Luis nicht anfallen, wie so ein Irrer. Das scheint ja der Kerl aus dem Wald schon gemacht zu haben." fügte ich meinen Worten noch hinzu und bekam von meinem Sohn eine Tasse Kaffee, ehe er die Milchpackung wieder in den Kühlschrank zurück stellte. Danach schnappte Derek sich noch seine eigene Tasse, doch bevor er noch etwas sagen konnte, betrat ein dunkel, schon fast schwarzhaariger junger Mann die Küche. "Was ist denn hier für eine miese Stimmung ausgebrochen?" fragte der mir noch völlig fremde Mann mit den vermutlich strahlendsten blauen Augen, die ich je gesehen hatte.

Etwas irritiert sah ich den Mann an, während dieser sich grinsend auf die Platte der Küchenzeile setzte. "Das ist Max...er ist, eh..." fing mein Sohn an ihn vorzustellen, doch er schien selbst noch nicht ganz so verstanden zu haben wer Max war. Derek schien keine passende Beschreibung für den Beta vor uns einzufallen, weshalb dieser sich einfach selbst weiter vorstellte. "Ich bin Luis's Beta und der der Bruder der Beiden. Natürlich nur der metaphorische Bruder...biologisch sind wir leider nicht verwandt." erklärte Max mir nun selbst, woraufhin ich verstehend nickte und erneut einen Schluck von meinem Kaffee trank. "Das wird sich vermutlich nicht besonders aufheitern, aber ich denke Luis wird dich niemals freiwillig an sich heran lassen...oder zumindest nicht in nächster Zeit." fügte Max seinen Worten noch hinzu, woraufhin ich ihn etwas überrascht ansah. Er schien eindeutig mehr zu wissen, als ich und das gefiel mir irgendwie garnicht! Lange genug konnte ich allerdings nicht darüber nachdenken, da Max erneut das Wort ergriff. "Ich gehe mal davon aus, dass du die relativ große Narbe auf seinem Rücken bereits schonmal gesehen hast...die stammt von Clark und ist für Luis noch ein ungeliebtes Andenken an die Dinge, die Clark ihm noch angetan hat. Vielleicht wird Luis dir irgendwann mal davon erzählen...vielleicht aber auch niemals. Tu dir selbst einfach den Gefallen und zwing ihn zu nichts, sonst verlierst du ihn vollkommen." fuhr Max mit ruhiger Stimme fort, ehe er sich wieder von der Küchenzeile herunter rutschen ließ und wenig später auch noch die Küche verließ. Nach dem was Max uns gerade erzählt hatte schwiegen sowohl Derek, als auch ich eine Weile, bis mein Sohn irgendwann wieder das Wort ergriff. "Von was für einer Narbe hat er gesprochen?" wollte mein Sohn leicht verwirrt wissen und sah mich mit einem fragenden Blick an, woraufhin ich nachdenklich meine Kaffeetasse auf der Platte der Kücheninsel absetzte. "Luis hat auf seinem Rücken eine ziemlich große Narbe, sie erstreckt sich von seinem Hosenbund bis hoch in seinen Nacken...über seine gesamte Wirbelsäule hoch. Ich habe sie nur ein paar Mal gesehen, aber das sah echt übel aus und muss vermutlich höllisch weh getan haben." murmelte ich leise vor mich hin und sah dabei nachdenklich hinunter auf meine leere Tasse. Was war Luis nur passiert, dass er sich so unsicher in meiner Nähe fühlte? Und viel mehr....was konnte ich tun, damit es ihm besser ging? Wie sollte ich denn jemandem helfen, der meine Hilfe nicht annehmen konnte oder wollte?

Als ich meinen Blick wieder von meiner Tasse löste und in Derek's Richtung sah bemerkte ich schnell, dass er leicht blass um die Nase war. Anscheinend hatten ihn meine Worte über die Narbe etwas überrumpelt. "Oh..." entkam es ihm nur als Reaktion und er stellte seine Tasse neben sich auf der Küchenzeile ab, während er das Ganze erst einmal verdaute. Als ich Luis's Rücken das erste Mal gesehen hatte, war es mir nicht wirklich anders ergangen, als Derek jetzt. Es hatte mich im selben Moment vollkommen überrascht und mir einfach die Sprache geraubt.

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