DAY 7 /2

Nachdem Vito und ich auch wirklich noch geduscht haben, machen wir uns langsam fertig.

Heute ist ein besonderer Abend, deshalb wird das ganz große Programm aufgefahren. Ich schminke mich, klebe sogar Fake Lashes auf und benutze roten Lippenstift. Meine langen, blonden Haare drehe ich mit Wicklern zu großen Locken auf. "Hollywood-Locken", wie wir sie bei uns im Salon nennen.

Das schwarze Kleid, das ich mir für heute Abend gekauft habe, ist trägerlos und hat einen tiefen Herzausschnitt. Es schmiegt sich eng an meinen Körper, betont meine Kurven und fällt ab der Hüfte in einen ausgestellten Schnitt, der durch einen verführerisch hohen Beinschlitz ergänzt wird.

Als Vito nach dem Haare föhnen wieder zurück ins Schlafzimmer kommt, in einem klassischen schwarzen Anzug mit weißem Hemd, und sich gerade eine rote Krawatte um den Hals bindet, fallen ihm beinahe die Augen aus dem Kopf.

"In diesem Aufzug wolltest du ohne mich Silvester feiern?", fragt er, kneift die Augen zusammen, um mich genauer zu betrachten und schleicht beinahe raubtierartig auf mich zu.

Grinsend nicke ich. Allein seine Blicke schmeicheln mir. Ein gesundes Maß an Eifersucht kann ziemlich anziehend sein.

Vito zieht mich an sich und sieht mir tief in die Augen. "Gut, dass daraus nichts geworden ist", antwortet er zwinkernd und haucht mir einen Kuss auf die Schläfe, um mein Make-up nicht zu zerstören. "Du siehst wunderschön aus, mein Engel."

Ich greife nach den Enden seiner Krawatte und binde ihm mit geschickten Handgriffen einen Knoten. "Du siehst auch wirklich gut aus", antworte ich dann zufrieden und schenke ihm ein Lächeln.

Asya, Pepe und Nino stehen uns mit ihren Outfits in nichts nach. Asya hat ihre schwarzen Haare elegant hochgesteckt und trägt ein langärmliges, nachtblaues Abendkleid mit tiefem Rückenausschnitt.

Nino trägt wie Vito einen klassischen schwarzen Anzug mit weißem Hemd, allerdings mit schwarzer Krawatte, während Pepe mit seinem Sinn für Mode wie immer heraussticht.

Er trägt einen maßgeschneiderten Smoking. Sein Jackett ist aus dunkelblauem Samt mit einem tiefschwarzen Seidenspiegelkragen. Darunter trägt er ein weißes Hemd und seine Fliege ist passend zum Jackett ebenfalls dunkelblau. Seine Hose ist klassisch schwarz, als Accessoire trägt er ein Einstecktuch aus weißer Seide, das kunstvoll gefaltet ist.

Ich nicke Asya zu. "Da will uns wohl jemand die Show stehlen", lächele ich, wohl wissend, wie wichtig Pepe sein Aussehen ist, und wie sehr ihm dieses versteckte Kompliment schmeicheln wird.

Doch Pepe ist auch ein Gentleman, und so winkt er bescheiden ab. "Zwei so wunderschönen Frauen wie euch kann niemand die Show stehlen." Trotzdem umspielt ein zufriedenes Lächeln seine Mundwinkel.

Unser Silvesterabend beginnt mit der aufregenden Auffahrt zur Festung Hohensalzburg. Während die Festungsbahn uns höher trägt, glitzert die Stadt Salzburg unter uns wie ein funkelndes Sternenmeer. Oben angekommen, empfangen uns Fackeln und ein festliches Ambiente, viel schöner und beeindruckender, als ich gedacht hätte.

Der Abend startet mit einem Konzert im historischen Rittersaal. Die elegant gekleideten Musiker füllen den Raum mit den Klängen von Mozart und Strauss. Auch wenn ich nicht der größte Fan von klassischer Musik bin, ist die Live-Darbietung in dieser Location ein Highlight und berührt mich auf eine bisher unbekannte Art.

Nach dem Konzert begeben wir uns in den prunkvoll dekorierten Speisesaal der Burg. Die Tische sind mit funkelndem Kristall, Kerzen und floralen Arrangements geschmückt. Das Gala-Dinner selbst ist ein mehrgängiges Menü, das keine Wünsche offenlässt. Von feinstem Wild über zarten Fisch bis hin zu verführerischen Desserts wird jeder Gang mit exzellentem Wein begleitet.

Ich komme aus dem Staunen nicht raus und sehe mich immer wieder beeindruckt um. Zu schön ist die Kulisse, all die fein gekleideten Menschen und die geschmackvolle Musik. Es ist ein riesiger Unterschied zu der feuchtfröhlichen Après-Ski-Party, die wir gefeiert haben und fühlt sich an wie ein Ausflug in eine andere Welt.

Kurz stelle ich mir vor, wie es wohl wäre, eine echte Prinzessin zu sein und vor Jahrhunderten auf dieser Burg gelebt zu haben. Doch so verlockend dieser Gedanke ist, auch der Abend mit meinen Freunden im hier und jetzt ist wunderschön und mit meinem schicken Abendkleid fühle ich mich zumindest wie eine Prinzessin für einen Tag.

Nachdem wir uns das Gala-Dinner genüsslich auf der Zunge haben zergehen lassen und ein Gläschen Champagner vor uns steht, schlägt Asya vor, an der Burgführung teilzunehmen.

"Kommt schon, wann hat man sonst die Gelegenheit, sich durch die Geheimnisse einer echten Burg führen zu lassen?" sagt sie und zieht mich vor Enthusiasmus beinahe von meinem Stuhl.

Pepe verdreht dramatisch die Augen, als müsste er sich auf eine mittelalterliche Tortur einstellen. "Ich hoffe, die Führung ist kurz. Meine Schuhe sind fürs Sitzen gemacht, nicht fürs Kopfsteinpflaster", murmelt er und schüttelt seinen Fuß in dem glänzenden Lackschuh.

Vito zuckt mit den Schultern. "Warum nicht? Vielleicht finden wir den Weinkeller, um ihn zu plündern." Diese Aussicht motiviert auch Nino, der sonst eher den Anschein macht, als würde er eine Burgführung für Folter halten.

Wir schließen uns der Führung an, aber es dauert nicht lange, bis unsere Clique ins Plaudern gerät. Während der Guide engagiert über Verteidigungsmauern und Geheimgänge referiert, bleiben wir gedanklich an einem Wandteppich hängen, der angeblich aus dem 16. Jahrhundert stammt.

"Der würde doch perfekt in den Salon passen", grinse ich, während Asya überlegt, ob das Muster zum Sofa in ihrem Wohnzimmer passen würde. Vito hebt skeptisch eine Augenbraue und murmelt: "Wenn wir den mitgehen lassen, werden wir das einzige sein, was am Ende an die Wand genagelt wird."

Pepe, der vor einer Ritterrüstung posiert und sich der leblosen Hülle selbst als "Lord Pepe" vorstellt, lenkt endgültig von der Führung ab. Unser Lachen hallt schallend von den steinernen Burgmauern wieder und ehe wir uns versehen haben, hat die Gruppe uns abgehängt und wir stehen allein in einem dunklen Flur.

"Perfekt", sage ich trocken. "Jetzt verbringen wir Silvester eingesperrt in irgendeinem Bunker."

"Übertreib nicht", sagt Nino lässig. "Das kann doch nicht so schwer sein. Links geht's sicher zurück."

Wir folgen seinem Tipp, doch er hat Unrecht. Suchend irren wir umher, folgen verschiedenen Abzweigungen, schauen ratlos in leere Gänge.

Je länger wir herum laufen, desto unruhiger werde ich. Haltsuchend klammere ich mich an Vitos Hand. Auch, weil die unebenen Wege hier unten wirklich nicht für Highheels konzipiert wurden.

Irgendwann stehen wir vor einer schweren, knarzenden Holztür. Asya drückt sie mit Schwung auf und wir landen in einem Raum, der aussieht wie der Kerker höchstpersönlich. Dicke Ketten hängen von den Wänden und in der Ecke steht ein riesiges Holzrad, das ganz bestimmt keine Deko ist.

Pepe inspiziert interessiert die alten Ketten. "Meint ihr, die stammen aus dem 13. Jahrhundert oder später? So rustikal und trotzdem robust.. Fast bewundernswert, wenn man mal darüber nachdenkt."

"Ja, wirklich faszinierend", sage ich sarkastisch. "Vielleicht kannst du ja ein Muster mitnehmen, falls du Asya mal zuhause an die Schlafzimmerdecke hängen willst."

Pepe verdreht grinsend die Augen. Ich kann mir gut vorstellen, welche Bilder sich gerade vor seinem inneren Auge abspielen.

Währenddessen hebt Vito eine alte Fackel von der Wand, die überraschenderweise tatsächlich noch funktioniert. "Ich fühle mich wie Indiana Jones", verkündet er mit leuchtenden Augen.

"Wunderbar", murmelt Asya. "Und was genau willst du mit dieser Rolle jetzt anstellen? Eine Schlangengrube finden?"

Ich sehe sie mit einem ernsten Blick an. "Sag das bitte nicht so laut. Sonst passiert's noch."

Als wir gerade überlegen, wie wir aus diesem Dungeon wieder herauskommen, ertönt plötzlich ein dumpfer Knall und wir schreien gleichzeitig auf.

Mein Herz rast, ich fahre erschrocken herum und entdecke zu meiner Erleichterung, dass es nur Nino war, der gegen ein massives Holzfass gestoßen ist.

Am Ende findet Vito durch Zufall einen kleinen Nebengang, der uns in die Waffenkammer führt. Hier stehen Schwerter, Helme und Hellebarden in Reih und Glied. Pepe schnappt sich ein Schwert und stellt sich auf einen Sockel.

"Schaut her, ich bin Lord Pepe der Furchtlose, Herrscher und Beschützer des guten Geschmacks", ruft er dramatisch. Ich lache so laut, dass ich fast weine, während Asya ihn mit Gelächter von seiner Bühne zieht.

"Bitte sag mir, dass hier irgendwo ein Ausgang ist", flüstert Nino. "Ich will nicht für immer hier festsitzen. Ich hab noch lange nicht den Pegel, den ich gleich brauche, um damit klarzukommen, dass ich keinen Neujahreskuss kriege."

Schließlich hören wir in der Ferne Stimmen und finden durch einen Seiteneingang zurück zur Gruppe. Der Burgführer sieht uns streng an. "Habt ihr euch verirrt?"

"Irgendwie ja", antwortet Asya kleinlaut und spielt mit dem Ring an ihrem Finger.

Der Guide seufzt genervt. "Dann lasst uns weitermachen, bevor ihr euch noch in den Burgturm einschließt."

Ich grinse in mich hinein, während wir wieder in die Gruppe integriert werden. Dieser Ausflug wird sicher noch lange Gesprächsthema bleiben.

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