DAY 5 /2
Am Nachmittag bringen wir unsere Skier und Snowboards zum Auto, bevor wir zum Mittagessen in eine Berghütte einkehren. Der Duft von deftigem Essen lockt uns ins Innere, wo wir uns an einem großen Holztisch niederlassen.
Ich bestelle Sauerkraut, Knödel und Krustenbraten und wir stimmen uns mit einer Tasse dampfend heißem Glühwein auf den bevorstehenden Partyabend ein.
"Gehen wir gleich wieder ins Hofstadl?", fragt Nino in die Runde. "Wart ihr da vorgestern?", hakt Vito interessiert nach. Nino nickt zustimmend. "Auf jeden Fall, das wird euch richtig gefallen", verkündet Asya und klatscht in die Hände. "Oh ja, da geht richtig die Party ab. Von außen denkt man, das ist so eine urige Berghütte wie diese, aber drinnen steppt der Bär", grinst er.
"Okay, gekauft", beschließe ich kurzentschlossen. Das klingt genau nach der Party, die ich brauche.
Vito verschließt seine Finger unter dem Tisch mit meinen und schenkt mir ein zustimmendes Lächeln.
Die Gerichte sind auch hier köstlich und ich frage mich, wie ich nach dem Urlaub ohne die deftige Hausmannskost leben soll, an die ich mich schon gewöhnt habe. Vor allem, da ich nur eine Gelegenheitsköchin bin, und für mich selbst oft keinen großen Aufwand mache.
Nach dem Essen brechen wir auf und laufen zur Talstation des Star Jet, an der das Hofstadl liegt.
Die rustikale Fassade mit ihrer typischen alpinen Bauweise, den hölzernen Balken und den großen Fenstern strahlt eine gemütliche, traditionelle Atmosphäre aus. Über der Eingangstür prangt ein beleuchtetes Schild, das von weither sichtbar ist. Der Duft von Feuerzangenbowle liegt in der kalten Luft und aus dem Inneren dringt laute Partymusik, begleitet von den Stimmen und dem Lachen der Feiernden. Die Lichterketten, die um das Gebäude und die umliegenden Bäume gespannt sind, leuchten in der aufkommenden Dämmerung und wirken in der Nachweihnachtszeit noch immer festlich.
Beim Betreten werden wir von einem wahren Hexenkessel begrüßt: Der Innenraum ist eine Mischung aus rustikaler Gemütlichkeit und vibrierender Party-Energie. Massive Holztische und Bänke säumen die Wände, während die Tanzfläche im Zentrum bereits gut gefüllt ist. Ein DJ steht hinter seinem Pult auf einer kleinen Bühne, überall glitzern Discokugeln und LED-Lichter, die die Stimmung zusätzlich anheizen.
Die Bar ist umlagert, Skifahrer in voller Montur bestellen Bier, Schnaps, Glühwein und die berüchtigte Feuerzangenbowle. Ein süßer Geruch von Alkohol und Zimt mischt sich in die warme Luft. Oben auf den Balkonen tanzen Gäste, während ein paar Mutige auf den Tischen stehen. Die Stimmung ist ausgelassen und das Publikum international.
Ich bin auf Anhieb verliebt.
Ich greife nach Vitos großer Hand und schmiege mich an ihn, um ihn in der Menge nicht zu verlieren. Ich drücke mich enger an ihn, während wir uns durch die Menschenmassen schieben, und uns zu einem freien Tisch durchschlagen.
"Was wollt ihr trinken?", fragt der große Blonde mit den tätowierten Armen in die Runde. Mit glänzenden Augen sehe ich ihn an. "Feuerzangenbowle!"
Die anderen stimmen zu, und Vito schlägt sich durch an die Bar, um zu bestellen.
Wenig später tritt eine Kellnerin an unseren Tisch, beladen mit einem großen Tablett voller dampfender Tassen, auf denen jeweils eine Edelstahlzange mit einem brennenden Zuckerhut liegt. Der Schein des Feuers leuchtet blau über den rustikalen Tassen, die mit Zuckerstangen bemalt sind.
Sie stellt die Tassen mit geübten Handgriffen ab und lächelt freundlich. "Bitte schön, die Feuerzangenbowle. Lasst es euch schmecken." Ihre Stimme ist freundlich, aber sie muss gegen die dröhnende Musik ankämpfen.
Vorfreudig nehme ich einen vorsichtigen Schluck. "Süß und heiß - genau das Richtige."
Vito nippt vorsichtig und hebt überrascht eine Augenbraue. "Nicht schlecht. Aber gut, dass wir vorhin so fettig gegessen haben, sonst wären wir nach der einen Tasse hier betrunken."
"Schließe nicht von dir auf andere", mahnt Nino grinsend. "Yuna und ich sind gut im Training."
"Jaja, aber nur beim Saufen. Die Piste runter braucht ihr dann wieder doppelt so lange wie alle anderen", wirft Pepe ein und zwinkert mir zu.
"Das ist nicht nur eine Frechheit, es ist auch eine glatte Lüge", hält Nino dagegen. Pepe winkt ab und wechselt das Thema. "Morgen machen wir aber endlich die Schneemobiltour, ja?"
Asya sucht meinen Blick und nickt auffordernd Richtung Tanzfläche. Ich schalte sofort. "Wir gehen tanzen", informiere ich die drei Männe. Bevor sie antworten können, ziehe ich Asya mit auf die Tanzfläche.
Die Musik dröhnt, die Lichter flackern im Rhythmus des Basses und die Energie des Hofstadls überträgt sich direkt auf uns. Wir wirbeln durch die Menge, lachen laut und bewegen uns im Takt der Beats. Es ist ein Moment voller unbeschwerter Freude. Ich reiße die Hände in die Luft, tanze mit Asya, wir drehen uns immer wieder umeinander und haben großen Spaß.
Zumindest bis ich merke, wie ein fremder Mann sich mir nähert. Er hat braunes Haar, blaue Augen, trägt eine Jeans und einen schwarzen Rolllkragenpullover. Er wirkt freundlich, aber seine Schritte sind unsicher und die Alkoholfahne, die ihn begleitet, ist eindeutig. "Mir gefällt, wie du tanzt. Willst du mit mir zusammen tanzen?", fragt er lallend und lächelt mich an.
"Nein, danke, ich tanze mit meiner Freundin", antworte ich höflich und drehe mich von ihm weg, doch er lässt nicht locker. "Ach komm schon, nur ein Tanz."
Mein Lachen erstirbt und mir wird die Situation schlagartig unangenehm. Mein Blick sucht Vito. Als ich ihn zwischen den vielen fremden Gesichtern entdecke, treffen meine Augen direkt auf die seinen. Er steht am Tisch und beobachtet mich aufmerksam. Sein Gesichtsausdruck ist ruhig, aber seine Blicke durchbohren den Raum erbarmungslos.
Der Mann versucht es erneut. "Nicht so schüchtern", sagt er und will mich an der Hand nehmen.
"Ich sagte nein", wiederhole ich, meine Stimme leicht zitternd. Die Musik um uns herum scheint plötzlich zu laut, die Menschenmenge erdrückend. Erneut schwenkt mein Kopf zu Vito und ich sehe ihn hilflos an.
Er zögert keinen Moment und steht auf. Mein Herz schlägt höher und ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel, dass es gleich bloß nicht eskaliert. Nichts will ich weniger, als dass Vito gleich mitten in der beschaulichen Berghütte eine Schlägerei vom Zaun bricht.
In unserer gemeinsamen Vergangenheit hat er leider oft vor Eifersucht überreagiert und den ein oder anderen Streit angezettelt, der nicht selten auch zu einer handfesten Auseinandersetzung wurde.
Auch wenn Vito sich in den vergangenen Jahren sehr zum Positiven geändert hat, kann ich gerade gar nicht einschätzen, wie die Situation gleich verlaufen wird.
Mit einer beeindruckenden Ruhe geht er auf uns zu, seine Haltung selbstbewusst, aber entspannt. Allein seine körperliche Erscheinung ist seit jeher fast natürlich autoritär. Er nickt meinem unerschütterlichen Verehrer zu und sagt in einem freundlichen Tonfall: "Ich löse dich mal ab, Kumpel."
Bevor der Fremde protestieren kann, nimmt Vito meine Hand und zieht mich an sich. Seine Arme legen sich schützend um meine Taille und er küsst mich sanft, aber mit einer Deutlichkeit, die keinen Raum für Missverständnisse lässt.
Die Spannung in meinem Körper löst sich sofort. Die unangenehme Situation ist wie weggeblasen und der aufdringliche Verehrer zieht sich wortlos zurück. Vito lächelt mich an, während wir auf der Tanzfläche stehen bleiben. "Alles gut bei dir?" fragt er leise.
Ich nicke und lehne mich gegen ihn, dankbar für die ruhigste, aber wirkungsvollste Machtdemonstration, die ich je erlebt habe.
"Jetzt ja", erwidere ich und küsse ihn erneut. Seine Lippen liegen wolkenweich auf meinen und ich schließe die Augen, um mich ihm voll und ganz hinzugeben. Die Musik erlischt in meinen Ohren, die Menschen um uns herum verschwinden und ich spüre nur noch Vito und mich.
Es dauert, bis wir es schaffen, uns voneinander zu lösen. Zu schön ist seine Nähe und die Zuneigung, die er mir gibt. Keine Ahnung, wie ich jemals daran zweifeln konnte, ob ich ihm noch eine Chance geben soll.
Vito ist mittlerweile genau der Mann, den ich mir immer gewünscht habe. Mit den Jahren der persönlichen Entwicklung und der Heilung haben wir es beide unabhängig voneinander geschafft, zu einem Menschen zu werden, den der andere nicht nur liebt, sondern der auch gut für ihn ist.
Er gibt mir die Geborgenheit und Sicherheit, die ich immer bei ihm gesucht habe. Trotzdem ist er wie früher witzig, liebevoll, treu, und so voller Liebe für mich. Er bemüht sich um mich, wie es kein Mensch jemals getan hat und gibt mir das Gefühl, die beste Frau der Welt zu sein.
Wie oft haben wir uns in der Vergangenheit unnötig kaputt gemacht, doch jetzt ist alles anders. Wir geben uns Kraft, unterstützen uns in allem und sind voller Vertrauen und Verständnis.
Auch wenn manchmal noch alte Ängste und Erinnerungen hochkommen, schaffen wir es immer, gut damit umzugehen und sie mit neuen, positiven Erlebnissen zu überschreiben.
Wir haben uns in all der Zeit noch nicht einmal wirklich gestritten. Natürlich haben wir noch die rosarote Verliebtheitsbrille auf, doch ich bin guter Dinge, dass wir diesmal alles besser machen.
Und vielleicht bekommen wir jetzt endlich unser gemeinsames Happy End.
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