DAY 3 /2
Fantasiere ich? Vermisse ich ihn schon so sehr, dass ich eine Fata Morgana sehe?
Ich blinzele und starre ungläubig in seine grüngrauen Augen. Sein Mund verzieht sich zu einem zufriedenen Lächeln.
Reflexartig schnellt meine Hand nach vorne und fasst in sein Gesicht. Ich muss wissen, ob er echt ist, ob ich träume oder ob ich einfach mittlerweile völlig den Verstand verliere.
Die kurzen Stoppeln seines gepflegten Dreitagebarts kitzeln an meinen Handinnenflächen.
"Vito?", formen meine Lippen, doch vor lauter Aufregung kommt kein Ton aus meinem Mund.
Trotzdem nickt er grinsend und breitet seine Arme aus. "Kannst du mich jetzt endlich vernünftig begrüßen?"
Ich stolpere zwei Schritte nach vorne, überbrücke die letzte Distanz zwischen uns und lasse mich in seine Arme fallen. Sein vertrauter Geruch steigt in meine Nase, seine starken Arme umschlingen mich, und noch bevor ich wirklich realisieren kann, was hier gerade passiert, laufen mir dicke Tränen über die Wangen.
Er drückt mich kurz fest an sich, dann hebt er mein Kinn mit seinem Zeigefinger an, sodass ich gezwungen bin, ihm wieder in die Augen zu sehen.
Sanft legt er seine Hände an meine Wangen, dann wischt er mir mit seinen Daumen die Tränen von den Wangen und küsst mich auf den Mund.
Mein Herz rast und meine Lippen kribbeln unter seiner Berührung. Vito küsst mich liebevoll, dann drückt er mich erneut an sich.
Erst jetzt schaffe ich es, stammelnd ein paar Wörter hervorzupressen. "Was machst du hier? Wie bist du.. Du hast doch gesagt, dass du erst im Januar zurück kommst?" Meine blauen Augen starren ihn an, die Verwirrung steht mir ins Gesicht geschrieben.
Dann fahre ich herum und schaue von Asya zu Pepe und dann zu Nino. Alle drei grinsen zufrieden und scheinen nicht annähernd so überrascht zu sein, wie ich. "Wusstet ihr etwa, dass er kommt?", frage ich mit hoher Stimme.
Asya zuckt unschuldig mit den Schultern, ihre dunklen Augen funkeln schelmisch.
"Wieso habt ihr denn nichts gesagt?"
"Weil es dann keine Überraschung gewesen wäre?", gibt sie trocken zurück.
Ich drehe mich wieder zu Vito, dessen sonnengebräuntes Gesicht im warmen Licht weichgezeichnet wirkt. "Seit wann wusstest du schon, dass du kommst?" Ich bin noch immer völlig konfus und überwältigt von meinen Gefühlen.
Er greift nach meiner Hand und zieht mich wieder an sich. Ich lasse ihn nur zu gerne gewähren. Viel zu sehr habe ich seine Nähe in den letzten vier Monaten vermisst.
"Ich schlage vor, dass du mir hilfst, meinen Koffer auszuräumen und ich dir währenddessen alles in Ruhe erzähle, okay?"
Wieder blicke ich zu unseren Freunden. "Ist das okay für euch? Wir wollten doch Party machen", sage ich und schenke Nino einen entschuldigenden Blick.
Der zieht eine Augenbraue hoch und sieht mich ernst an. "Eine Party ohne dich ist natürlich nur halb so gut, aber verdammt: du hast den Mann vier Monate nicht gesehen. Also ja - das ist okay für uns!"
Ein warmes Gefühl durchströmt meinen Körper. Pepe nickt zustimmend. "Macht es euch gemütlich im Chalet, wir kommen später nach. Zumindest Pepe und ich. Wer weiß, in welchem Bett Nino heute Nacht schläft", feixt Asya.
Ich stimme in ihr Lachen ein. Erst jetzt kommt Vito dazu, auch die anderen zu begrüßen. Er wendet sich zuerst Pepe zu, der ihn mit einem festen Handschlag begrüßt, ihn dann aber direkt in eine herzliche Umarmung zieht. "Gut, dass du gesund und wohlbehalten zurück bist", sagt Pepe ernst und klopft ihm dabei kräftig auf den Rücken. "Du hast uns gefehlt, man."
"Danke", antwortet Vito leise, seine Stimme klingt aufrichtig. "Ich habe euch auch vermisst."
Nino steht daneben und wartet geduldig, bis Pepe zurücktritt, bevor er Vito mit einem warmen Lächeln umarmt. "Gott sei Dank bist du wieder zurück", sagt er mit einem kurzen Nicken.
Auch Asya umarmt ihn besonders fest und die Situation bekommt schlagartig eine gewisse Schwere. An jedem Tag habe ich gehofft und gebangt, dass Vito nichts passiert, und dass er den Auslandseinsatz unbeschadet übersteht. Zumindest körperlich ist er unversehrt, alles andere wird die Zeit zeigen.
"Freut mich echt, euch alle zu sehen", erwidert Vito mit einem Lächeln. "Aber jetzt klaue ich euch Yuna, um sie ganz für mich allein zu haben."
Wir verabschieden uns von unseren Freunden und laufen zu Vitos
Wagen. Er nimmt mir die schweren Skier ab, doch seine freie Hand streift immer wieder die meine. Jedes Mal durchzuckt mich ein kleiner elektrischer Schauer und ich kann nicht anders, als ihn immer wieder zu betrachten.
Er ist wirklich hier.
Endlich.
Das Warten hat ein Ende.
"Du musst mich nicht so oft ansehen", sagt er leise, fast amüsiert, als wir bei seinem Wagen ankommen. Seine Stimme zieht mich zurück in den Moment. "Ich laufe nicht weg."
"Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser", antworte ich und schenke ihm ein schiefes Lächeln.
Er verstaut unsere Skier in seinem Kofferraum und öffnet die Beifahrertür für mich, bevor er selbst einsteigt.
Im Chalet angekommen, stellt Vito seinen Koffer ab und sieht sich neugierig um, während ich ihm die Räume zeige.
"Hier ist die Küche", erkläre ich, während ich ihm den offenen Raum mit den modernen Geräte zeige. "Und das Wohnzimmer. Der Kamin ist unglaublich gemütlich, besonders am Abend."
Seine Augen folgen meinen Gesten, doch sein Blick bleibt immer wieder auf mir hängen. Ich spüre förmlich, wie er mich mustert und mein Herz schlägt schneller.
"Und hier ist unser Zimmer."
Ich öffne die Tür und trete beiseite um ihn hereinzulassen. Der Raum ist warm und gemütlich, mit dicken Wolldecken und großen Kissen, die das Bett einladend machen.
"Es ist wunderschön", murmelt er schließlich und lächelt. "Genau wie du." Wohlwollend betrachtet er mich.
Ich ziehe meine Skijacke aus und hänge sie auf einen Kleiderbügel. Vito folgt meinem Beispiel, und bald hängen unsere dicken Skiklamotten zum trocknen am Kleiderschrank.
Darunter trage ich nur noch meine schwarze Thermowäsche - enganliegend und warm.
Als ich zu Vito sehe, hat er sich ebenfalls ausgezogen und steht nur in Boxershorts und Shirt da. Seine dunkel gebräunte Haut schimmert im warmen Licht, und ich kann nicht anders, als ihn anzustarren. Seine Muskeln zeichnen sich klar und definiert ab, jede Linie seines Körpers scheint noch härter und straffer zu sein, als vor vier Monaten.
"Wie viel Sport hast du da gemacht?", frage ich schließlich, meine Stimme leiser als beabsichtigt. Meine Finger gleiten über seine Bauchmuskeln, die sich unter meiner Berührung anspannen. Seine Haut ist warm, trotz der kühlen Winterluft draußen.
"Genug, um die Zeit zu vertreiben", antwortet er mit einem schiefen Lächeln und greift nach meiner Hand. "Aber weißt du, woran ich wirklich gearbeitet habe?"
Ich schüttele den Kopf, noch immer ein wenig abgelenkt von der Nähe seines Körpers.
"Daran, die Zeit ohne dich zu überstehen", sagt er ernst, bevor er mich an meiner Hand zu sich zieht, seinen Kopf senkt und mich zärtlich küsst.
Nur zu gerne lasse ich mich darauf ein, genieße, wie seine Lippen die meinen liebkosen. Mein Bauch kribbelt und mein Herz schlägt schneller.
Manchmal kann ich es selbst kaum glauben, dass er nach all den Jahren immer noch so eine starke Wirkung auf mich hat.
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