Kapitel 3
Einige Zeit später waren die beiden Männer dann in ihre Umkleidekabinen gegangen, und wärmten sich für den bevorstehenden Kampf auf. Die zwei Frauen waren an ihrem Tisch sitzen geblieben, und hatten sich jeweils noch ein Bier bestellt. Weder Ricke noch Wiebke hatten zuvor etwas Alkoholisches trinken wollen, da sie sich mit den beiden Männern hatten solidarisch zeigen wollen. Doch jetzt da sie unter isch waren, konnten sie sich jeweils eine Flasche gönnen.
"Ben ist süß, nicht wahr?", durchbrach Ricke die Stille, und setzte ihre Flasche an ihre Lippen, um einen kräftigen Schluck des kühlen Bieres ihre Kehle hinunter laufen zu lassen. "Wenn du das sagst...", antwortete die junge Frau nur. Sie wusste genau, was ihr Gegenüber damit beabsichtigte. Und darauf hatte sie keine Lust.
"Er ist doch super...", versuchte Ricke ihre Freundin aus der Reserve zu locken, doch das wirkte ebenfalls nicht.
"Ich hoffe, du betrügst meinen Bruder nicht?", war das einzige, was Wiebke darauf erwiderte, und ebenfalls einen Schluck ihres Bieres trank. Die Reaktion von Ricke war ein genervtes Schnauben.
"Mensch Wiebke, veräppel mich nicht." "Du veräppelst mich doch! Denkst du wirklich, dass ich mich einfach so für einen anderen Mann interessieren könnte?" Sie hatte zunächst selbstsicher und standfest klingen wollen, doch mit jedem Wort, dass über ihre Lippen kam, wurde ihre Stimme brüchiger und ihre gute Laune schwand.
"Nein, natürlich nicht. Aber du solltest dich nicht so zwanghaft an Tobi festhalten. Das tut dir nicht gut."
Schweigen trat ein, und kurz richtete Wiebke ihre Aufmerksamkeit auf den Lärm, der von unten bis zu ihnen hinauf drang. Vermutlich hatte der Favorit gerade einen guten Schlag ausgeteilt.
"Sollen wir vielleicht mal runtergehen? Wir können direkt am Oktagon stehen, wenn du das willst?" Ricke klang geknickt, und Wiebke wusste, dass sie das ihretwegen war.
"Hör mal, es tut mir Leid. Ich weiß, du meinst es gut, aber ich finde Ben einfach nicht... ansprechend." Ihr versöhnliches Lächeln versiegte sofort, als sie sah, wie Ricke sie anstarrte.
"Du findest ihn nicht ansprechend... okay jetzt muss ich aber fragen: Sind es seine tollen Augen? Oder vielleicht doch sein voluminöses Haar, durch das man seine Hand gleiten lassen will? Vielleicht sind es auch seine Muskeln, die sind echt abstoßend!" Als würde sie etwas furchtbar ekliges im Mund haben, verzog Ricke ihr Gesicht zu einer Grimasse, und Wiebke konnte nicht anders, und musste lachen.
"Du spinnst doch, Ricke. Wirklich."
So schnappten sich die zwei jungen Frauen ihr Bier, und ihre Taschen, und gingen hintereinander Richtung Glaswand. Ricke wusste wo sie hin musste, sie war schon oft genug da gewesen, und so steuerte sie gekonnt auf die Tür zu, die sie wieder nach draußen auf den Balkon brachte.
"Wir müssen auf der anderen Seite runter. Da kommt man gleich unten bei den Plätzen raus." Wiebke nickte nur, und folgte ihrer Freundin.
Immer wieder kamen ihr furchtbar aufgetakelte Frauen entgegen, die tatsächlich in 10 Zentimeter Absätzen hier durch die Massen stolzierten. Und sie hatte ihre Jogginghose angezogen. Gut, man erkannte nicht auf den ersten Blick, dass es sich bei der schwarzen Stoffhose um eine Jogginghose handelte, aber irgendwie fühlte sie sich unwohl, und auch etwas fehl am Platz.
"Sag mal Ricke, muss man hier antanzen wie eine billige Bordsteinschwalbe?" Sie konnte sich die Frage einfach nicht verkneifen.
"Haha, das habe ich beim ersten Mal als ich hier war auch gedacht. Aber nein, musst du natürlich nicht. Deine Jogginghose ist völlig akzeptabel..", sagte Ricke, und kassierte für den frechen Spruch einen kleinen Schubser von Wiebke. Doch wirklich übel nahm sie es ihrer Freundin nicht.
Nach ein paar Minuten kamen Wiebke und Ricke an einer von zwei Security Männern bewachten Tür an, die sich jedoch freuten, als sie erkannten, dass es Ricke war, die geradewegs auf sie zulief.
"Hey Rikki, schön dich zu sehen!", sagte der etwas größere der beiden, und umarmte sie, bevor auch der Zweite, der einen üppigen Vollbart bis zur Brust trug, sie in die Arme schloss.
"Wen hast du uns denn mitgebracht?", wollte der Bart-Mann nun wissen.
"Ich bin die Schwester von Georg...", beantwortete die Blonde die Frage. Sie war davon ausgegangen, dass die beiden wussten, wer Georg war, da er hier wohl eine große Nummer war, und sie ja auch Ricke kannten.
"Oh wow, das gute Aussehen ist wohl nur an dich vererbt worden, junge Dame...", scherzte der glatzköpfige Riese, bevor er ihr die Hand hinhielt.
"Mein Name ist Bully, freut mich, endlich mal die Schwester von Georg kennenzulernen."
Wiebke ergriff seine Hand, und musste feststellen, dass Bully einen unglaublich starkeb Händedruck hatte.
"Ich bin Wiebke, freut mich ebenfalls."
"Ich bin Stefan." Auch dem Bärtigen reichte sie die Hand, dieses Mal jedoch ohne davon Quetschungen zu erhalten.
Ricke und die beiden Männer unterhielten sich noch kurz, tauschten Höflichkeiten aus. Offensichtlich war Bullys Großvater seit zwei Wochen im Krankenhaus, wegen eines Herzinfarkts, was ihn ziemlich mitnahm, doch seine Frau und er gingen ihn wohl jeden Tag im Krankenhaus besuchen. Tatsächlich konnten sich Ricke und Wiebke nach einiger Zeit von den beiden Quasselstrippen losreißen, und fast schon erleichter atmete Wiebke aus, als sie durch die Tür hindurch erneut in einen stillen Flur traten.
"Bully ist bei seinen Großeltern aufgewachsen, und seine Großmutter ist bereits vor einem Jahr verstorben...", erklärte Ricke ihrer Freundin. Doch sie lächelte nur zaghaft, und ging neben Ricke den Gang entlang.
"Dort hinten..." Ricke deutete in den Gang der nach links führte "... sind die Trainingshallen. Und dort geht's zum Oktagon."
Gespannt wartete Wiebke darauf, dass Ricke endlich die Tür öffnete, und bekam große Augen, als sie hinter zwei Sitzreihen, die nur drei Meter vom Oktagon entfernt aufgestellt waren, zu stehen kam.
Mittlerweile kämpften zwei andere Männer, die schon mehr als nur mitgenommen aussahen. Beiden floss das Blut nur so über's Gesicht, und die junge Frau fragte sich, wie die Zwei da noch erkennen konnten, wo sie hinschlagen mussten. Da Wiebke so gefesselt vom Anblick der zwei Männer war, bekam sie gar nicht mit, wie Ricke sie an der Hand gepackt hatte, und hinter der zweiten Stuhlreihe mit sich zog, und sie in der ersten Reihe auf einem der Stühle platzierte, auf dem Besetzt stand. Wiebke setzte sich gleich neben sie, und trank erneut etwas von ihrem Bier, das mittlerweile schon nicht mehr so kühl war, jedoch immer noch lecker schmeckte.
Wiebke konnte ihren Blick einfach nicht losreißen von dem Geschehen vor ihr. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass es ihr tatsächlich gefallen könnte. Doch das tat es. Und irgendwie hatte es etwas beruhigendes, wenn das vermutlich auch etwas psychopathisch klang, doch sie stellte sich gerade vor, wie Tobi dort oben so vermöbelt werden könnte, und das befriedigte sie ungemein. All die Wut, die sie den letzten Tag über verspürt hatte, war weg, sie hatte sich in Luft aufgelöst, und sie genoss es einfach, dem Treiben im Oktagon zusehen zu können.
"Ich wusste, dass es dir gefallen würde!", musste Ricke beinahe schreien, da das Gebrüll um sie herum so laut war.
Der MMA-Neuling konnte nur nicken, doch ihr Blick blieb auf den zwei Männern haften.
Einer der beiden holte erneut zu einem Schlag aus, verpasste seinem Gegner somit einen fiesen Kinnhaken. Der Geschlagene taumelte noch kurz, bevor er umkippte, und nicht mehr aufstand, und in dem Moment ertönte der Gong.
"Als nächstes kommen Georg und Ben dran. Glaub mir, das wird noch spannender!" Ricke grinste wie ein Honigkuchenpferd, und Wiebke kam nicht umhin sich einzugestehen, dass ihr dieser Sport wirklich gefiel. Trotz allem hatte sie nun doch etwas Bammel davor, ihren Bruder gleich im Oktagon kämpfen zu sehen. Sie konnte das noch nicht richtig verarbeiten.
"Sag mal, Ricke, hast du keine Angst davor, das Georg schlimm verletzt werden könnte?"
Ricke schaute die Schwester ihres Freundes nachdenklich an, und nickte dann.
"Natürlich hab ich Angst. Das ist doch völlig normal. Aber ich hab auch Angst davor, dass er mit dem Auto einen Unfall haben könnte, oder dass ihm weiß der Geier was noch zustoßen könnte. Aber ich weiß, dass er hier sein Bestes gibt, und dass es niemandem gelingen wird, ihn ernsthaft zu verletzen. Ich glaube es einfach, mehr bleibt mir nicht übrig. Er liebt es, das ist seine Leidenschaft, ich könnte ihm das nicht verbieten. " Kurz drückte Ricke die Hand von Wiebke, die verkrampft auf ihrem Schoß lag, bevor sie ihr ein Lächeln schenkte, und auf die Bühne deutete.
Gerade als sie ihren Blick auf das Oktagon richteten, wurden die Lichter gedämmt, es war fast komplett dunkel, lediglich ein einziger, weißer Lichtstrahl schien von oben direkt auf die Mitte des Okatagons, in den just in diesem Moment der Moderator trat.
"Und nun, meine Damen und Herren, ist es Zeit, für den Kampf des Abends. Den Kampf auf den wir alle gewartet haben, und den wir so schnell nicht mehr vergessen werden.... Begrüßen Sie den eiskalten, unberechenbaren amerikanischen Spitzenkämpfer .... BEEEEEEEEEN MIIILLEEEEEEER!" Den Namen schrie der Moderator, als würde es kein Morgen geben, und kaum hatte er den Namen gesagt, wurde blaues Licht auf einen der Eingänge gerichtet, und aus den Lautsprechern drang ein Metalcover von Shippin' up to Boston von den Dropkick Murphies.
https://youtu.be/-JPGbFIjBOI
Während das Lied laut durch die Lautsprecher in die Halle tönte, rannte Ben wie ein Eichhörnchen auf Crack um den Käfig, und schmiss immer wieder seinen linken Arm in die Luft. Sein Brüllen konnte sogar die Musik übertönen, und auf einmal, kam ihr dieser Mann, den sie zuvor als unangenehm empfunden hatte, äußerst interessant vor.
"Nicht sabbern, Wiebke!", schrie Ricke der Frau neben ihr ins Ohr, woraufhin diese peinlich berührt ihren Blick senkte.
Mittlerweile war Ben im Käfig, und hatte sich in sein Ecke gestellt. Die Lichter waren wieder ausgegangen, nur der weiße und ein blauer Lichtstrahl erhellten die Dunkelheit.
"Und nun, der Mann der Stunde, dessen Name Programm ist. Begrüßen sie den unbesiegbaren Gladiator.... GEEEOOOOORG STAAAAAAAAAARK!"
Wiebke war gespannt wie ein Flitzebogen, und krallte sich mit ihren Händen im Stuhl fest. Ricke war aufgesprungen, wie die meisten Zuschauer, schrie und klatschte, um Georg anzufeuern. Dieser lief mit einem ihr unbekanntem Lied ein.
https://youtu.be/bVvRLwmm2Tg
Im Gegensatz zu Ben sprang er jedoch nicht durch die Gegend wie verrückt, nein. Er kam langsamen Schrittes in die Halle, schlug seine Fäuste gegeneinander, und schaute mit kaltem Blick nach vorne. Noch bevor er in den Käfig sprang, kam er auf sie und Ricke zu, blieb vor Ricke stehen, und zog sie an sich, um sie vor dem versammelten Publikum zu küssen.
Wiebke war es furchtbar unangenehm, dass sie direkt daneben stand, doch die beiden schienen in ihrer eigenen Welt, und nachdem das Publikum auf den Kuss mit noch lauterem Jubel reagiert hatte, löste sich Georg von seiner Freundin, zwinkerte Wiebke kurz zu, und lief weiter, bis er die Treppen in den Käfig hinaufstieg, um ebenfalls in seine Ecke zu gehen.
Viel bekam Wiebke von der Moderation nicht mehr mit, sie war einfach zu aufgeregt, und wollte, dass es jetzt endlich anfing. Die beiden Männer schlugen ihre Fäuste aneinander, gingen wieder auseinander, und dann ertönte auch schon der erste Gong.
Zunächst geschah nichts, doch plötzlich rannte Ben los, riss seinen Arm nach oben, doch bevor er Georg treffen konnte, war dieser ausgewichen, und hinter Ben getreten, und verpasste ihm Schläge in die Seite. Ben verzog keine Miene, drehte sich lediglich, und duckte sich etwas, um Georg mit der Schulter von sich zu drücken, doch er war wie ein Fisch im Wasser. Er glitt an seinem Gegner vorbei, und kickte nun mit seinem rechten Fuß. Der Kick traf Ben am Kiefer, und dieses Mal konnte er es nicht verhindern, dass er etwas taumelte.
Etwas taumelte war vermutlich die Untertreibung des Jahres. Wäre das ein Zeichentrickfilm gewesen, würden um Ben's Kopf nun Sternchen tanzen. Es schien, als müsste er sich erst kurz sammeln, den Tritt verarbeiten, um dann gefasster weiter machen zu können. Georg war unterdessen von Ben weggetreten, tänzelte jedoch weiter leichtfüßig um ihn herum. Nun war es wieder Ben, der den nächsten Angriff startete, und dieses Mal tatsächlich mit seiner Faust Georgs Nase traf. Als hätte Wiebke den Schlag selbst abbekommen, kniff sie ihre Augen zusammen, und fasste sich an ihre eigene Nase. Sie konnte sich nicht vorstellen, was das für ein schmerzhaftes Gefühl war. Georg wirkte jedoch nicht so, als hätte ihm dieser Schlag tatsächlich geschadet, im Gegenteil, er schien nun irgendwie wie angestochen. Mit noch mehr Kraft, setzte Georg einen Schlag nach dem anderen in Ben's Gesicht, seine Seiten, und trat ihm immer wieder mit voller Wucht gegen sämtliche Körperteile. Währenddessen floss ihm das Blut nur so aus der Nase, bei Ben mittlerweile genauso. Wenn man die beiden so sah, konnte man sich nicht vorstellen, dass sie tatsächlich gute Freunde waren, die wenige Minuten zuvor noch miteinander rumgealbert hatten. Vor lauter Aufregung hatte Wiebke ihre Hände so fest zusammengeballt, dass sich ihre Fingernägel in ihr Fleisch gebohrt hatten, sodass nun auch sie an der Handinnenseite blutete. Doch das ignorierte sie im Moment einfach. Auch wenn es nicht sie selbst war, die dort oben im Oktagon stand, war sie voller Adrenalin, das sie den Schmerz, der verglichen mit dem, den die zwei Männer dort oben einander zufügten, nur gering war, vergessen ließ. Auf einmal ertönte ein Gong, und die beiden Männer sprangen auseinander, und gingen in ihre jeweilige Ecke, in der bereits jeweils ein Arzt, der die beiden dürftig untersuchte, und zwei weitere Männer warteten.
„Bei dir alles gut?", erklang Rickes Stimme, die ihre Schwägerin in spe besorgt anschaute. Diese nickte nur, und schaute gespannt in die Ecke, in der Ben saß. Er sah schon jetzt ziemlich übel aus. Das Blut, das teilweise vermutlich auch Georg gehörte, klebte überall an ihm, seine Seiten und sein linkes Auge färbten sich schon verräterisch rot, und seine Nase sah auch nicht mehr ganz so gerade aus. Und tatsächlich musste sie im Moment feststellen, dass sie noch nie einen attraktiveren Mann gesehen hatte.
„Du blutest ja!", sagte Ricke erschrocken, und zog die Hände ihrer Nebensitzerin zu sich, um sie sich anzusehen. „Ist nicht so schlimm", versuchte Wiebke, die Sache auf sich beruhen zu lassen, doch da hatte Ricke schon ihre Tasche geöffnet, und ein kleines Desinfektionsmittel, das sie auf Grund ihrer Tätigkeit als Kindergärtnerin immer bei sich trug, sowie ein Taschentuch heraus geholt, und verarztete damit die Handinnenflächen der Tierärztin.
„Geht es dir wirklich gut? Du siehst irgendwie blass aus?", wollte Ricke wissen, nachdem sie die Wunden auch noch mit Pflastern versehen hatte. Doch Wiebke hatte ihren Blick immer noch auf das Oktagon gerichtet, und verfolgte mit ihren Augen ihren Bruder, der nun wieder stand, und in die Mitte der Fläche lief. So nickte die blonde Frau nur, und beobachtete weiter das Treiben, dass nach dem furchtbar lauten Trötgeräusch, nun wieder los ging. Ricke schüttelte nur ihren Kopf, und feuerte dann wieder tatkräftig ihren Freund an, der in diesem Moment mit einem Kick Bens Kopf traf. Sie mochte Ben, wirklich, aber wenn es um die Kämpfe ging, wollte Ricke nicht, dass er verletzte wurde. Sie wollte, dass er gewann. Und so schrie sie, wie der Großteil des restlichen Publikums, als Ben zu Boden sackte.
Erschrocken riss Wiebke ihre Augen auf, als sie sah, dass Ben nun am Boden kniete, und sich immer wieder mit seinen Fäusten gegen den Kopf schlug. Bevor Georg dieses Mal zuschlagen konnte, hatte Ben ihm, in dem Moment, als Georg auf ihn zukam, gegen das Knie geschlagen, und für einen kurzen Moment, hielt sie die Luft an, als sie sah, wie sein Bein einknickte, und er fast zu Boden ging. Doch er blieb stehen, und holte nun wieder zu einem Schlag aus.
Wiebke war sich sicher, dass sie dieser Kampf noch ins Grab bringen würde.
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Georg hatte gewonnen. Er hatte tatsächlich Ben k.o. geschlagen. Im ersten Moment war sie froh gewesen, dass es nicht ihr Bruder war, der von den Sanitätern nach draußen gebracht wurde, und im nächsten Moment, hasste sie sich selbst, da sie doch auch nicht wollte, dass es Ben schlecht ging. Ja, sie kannte ihn erst wenige Stunden, doch mittlerweile war er ihr mehr als nur sympathisch, und so war sie bei jedem weiteren Schlag, den er hatte einstecken müssen, zusammengezuckt, und war am Ende des Kampfes ein Häufchen Elend gewesen.
Kaum vorzustellen, wie es den MMA-Kämpfern gehen musste. Nach dem Kampf war Ricke sofort aufgesprungen, und zu Georg gesprungen, den sie durch das Gitter des Okatgons sofort geküsst hatte. Wiebke hingegen war sitzen geblieben, und versuchte das Gesehene weiter zu verarbeiten. Irgendwann kam Ricke wieder zu ihr, griff nach ihrer Hand, und zog sie hinter sich her. Jedoch nicht in die Richtung, aus der sie zuvor gekommen waren. Sie gingen auf direktem Wege wieder aus dem Stadion, und Wiebke staunte nicht schlecht, dass Ricke sich in diesem Labyrinth aus Gängen so gut zurechtfand.
„Was ist denn los?", wollte sie nun jedoch wissen, da sie bereits am Auto waren, und Ricke einsteigen wollte, dann jedoch merkte, dass Wiebke den Autoschlüssel hatte, und das Auto noch nicht geöffnet hatte.
„Na, wir fahren Heim." Als hätte sie nicht mitbekommen, dass Georg nicht da war, blieb sie neben der Beifahrertür stehen, und schaute sie erwartungsvoll an.
„Ja aber, was ist mit Georg?"
Ricke atmete laut aus, bevor sie antwortete. „Der fährt mit Ben ins Krankenhaus. Er nimmt sein Auto. Ich hab ihm gesagt, wir würden mitkommen, aber dein sturer Bruder wollte unbedingt, dass wir nach Hause fahren. Also, machst du das Auto auf?"
Ricke klang sichtlich genervt, offensichtlich hatte sie sich mit Georg gestritten, was sie jedoch nichts anging. Was ihr Sorgen machte, war, dass Ben ins Krankenhaus musste.
„Geht es Ben sehr schlimm?", wollte sie deshalb wissen, und suchte in ihrer Tasche nach ihrem Autoschlüssel.
„Ich schätze, dass es ihm nicht gerade blendend geht. Aber Georg ruft morgen früh an, und gibt Bescheid. Er meinte auch, dass er Ben dann vermutlich mit zu uns bringen würde. Also, machst du jetzt auf?"
Den Heimweg über schwiegen die beiden Frauen, und hingen ihren Gedanken nach. Wiebke machte sich tatsächlich Sorgen um Ben, und hoffte, dass es nicht zu schlimm war. Die Autofahrt zog sich, da sie dieses Mal nicht mit der Autofähre nach Meersburg übersetzten, und dann auch noch in einem Stau standen, da einige Hundert Meter vor ihnen wohl eine Unfallstelle war, was ihr die Polizeiautos und der Krankenwagen verrieten, die nach einigen Minuten an ihnen vorbeirasten. Immer wenn Wiebke in einen Stau fuhr, hoffte sie, dass es nur eine Baustelle war, die den Verkehr stocken ließ. Sie ertrug die Vorstellung nicht, dass nur wenige Augenblicke, bevor sie die Unfallstelle passiert hätte, einem anderen dort ein solches Unglück widerfahren war, und hoffte, dass es nicht zu schlimm war, und alle Beteiligten unverletzt waren. Nach fast einer halben Stunde setzte sich die Schlange in Bewegung, nachdem der Krankenwagen einige Minuten zuvor schon mit Blaulicht und Sirene abgedüst ab.
Ricke spürte, was Wiebke bedrückte, und drückte kurz ihre Hand, die auf dem Schalthebel lag.
Die restliche Fahrt verlief, trotz der zuvor bedrückenden Stimmung, etwas lockere. Ricke hatte versucht, ihre Freundin von ihren unschönen Gedanken abzulenken, und sie mit lustigen Geschichten der Kinder in ihrem Kindergarten abgelenkt. Tatsächlich hatte Wiebke mehr als nur einmal laut auflachen müssen. Und so erreichten sie um kurz nach 23 Uhr ihren Hof.
„Sag mal, hast du in deiner Küche vorhin das Licht angelassen?", wollte nun Ricke wissen, und deutete auf das Fenster, durch das man in der nächtlichen Dunkelheit sehen konnte, dass im Inneren des Hauses Licht brannte.
„Nicht, dass ich wüsste...", sagte sie, als sie ihr Auto vor dem Haus schließlich parkte, und den Schlüssel zog.
Mit einem unguten Gefühl im Magen gingen die zwei Frauen, Ricke mit ihrem Baseballschläger in der Hand, die sie in weiser Voraussicht in jedem ihrer Autos hier deponiert hatte, auf das Haus zu. Leise schloss Wiebke die Tür auf, und ging in Richtung der Küche. Die ganze Zeit über, die ihr wie Stunden vorkam, jedoch nur wenige Sekunden waren, hatte sie ihre Luft angehalten. Unmöglich vorzustellen, was war, wenn hier tatsächlich jemand im Haus war, der hier nicht hingehörte. Als sie schließlich die Küche erreichten, nickten sich die beiden Frauen zu, bevor sie hintereinander die Küche betraten. Sie wusste nicht, womit sie gerechnet hatte, doch als Wiebke den halbnackten, gut gebauten, blonden Mann vor sich stehen sah, der sich gerade an ihrer Kaffeemaschine zu schaffen machte, und an dessen Füße ihr Hund Rocky lag, kam ihr nicht mehr als ein entsetztes „Hallo?!", dass sie halb brüllte, über die Lippen. Der Mann erschrak nicht, er drehte sich nur um, und lächelte die zwei Frauen dann an.
„Will?!", hörte Wiebke ihre Freundin neben sich sagen, die daraufhin ihren Baseballschläger sinken ließ. „Hey Ricky...", sagte der Blonde, mit dem selben Akzent wie Ben.
Jetzt verstand sie gar nichts mehr.
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So, nach einiger Zeit nun tatsächlich das vollständige Kapitel... ich hoffe, ich konnte den Kampf einigermaßen authentisch beschreiben. Falls sich tatsächlich jemand damit auskennt, dürft ihr mir gerne Tipps geben :)
Würde mich freuen, wenn ihr vielleicht den ein oder anderen Kommentar da lassen würdet.
LG Red
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