T w e n t y
Kapitel: Alte Erinnerungen und neue Zweifel
Die Schule ist endlich aus. Normalerweise freue ich mich auf diese Momente, doch heute fühlt sich alles anders an. Nash ist krank, unser Treffen musste verschoben werden, und meine Freundinnen haben bereits andere Pläne. Riley verbringt Zeit mit Ethan, Mira ist mit Jack unterwegs – und ich? Ich sitze allein auf einer Bank vor der Schule. Es ist, als ob ich der einzige Mensch auf der Welt wäre.
Langsam leert sich der Schulhof. Die Stimmen verstummen, die letzten Schüler verschwinden, und ich realisiere, dass ich wohl zu Fuß nach Hause laufen muss. Es sind ungefähr 45 Minuten – wunderbar.
Mit einem Seufzen mache ich mich auf den Weg. Mein Kopf ist voller Gedanken an Nash. Was er wohl gerade macht? Liegt er im Bett und kuriert sich aus? Oder denkt er vielleicht auch an mich?
Plötzlich spüre ich ein leichtes Tippen auf meiner Schulter. Ich drehe mich um und sehe Grayson, der mich mit einem Grinsen ansieht, das so breit ist wie das eines kleinen Jungen, der gerade etwas ausgefressen hat.
„Was machst du hier allein?" fragt er und neigt den Kopf leicht zur Seite. „Ich dachte, du triffst dich mit deinem Loverboy Nash?"
„Das war der Plan", sage ich und zucke mit den Schultern. „Aber er ist krank."
Grayson nickt langsam und zieht dann John, unser Projekt-Baby, aus seiner Jacke hervor. „Na, wenigstens bin ich nicht allein", sagt er und zwinkert.
Ich runzle die Stirn. „Du bist mit dem Baby unterwegs? Warum?"
„Um ein paar Mädels anzulocken", antwortet er grinsend.
„Oh, und? Funktioniert es?" frage ich belustigt.
„Und wie! Ich habe schon drei Nummern bekommen", verkündet er stolz.
Ich lache. „Herzlichen Glückwunsch. Du scheinst echt ein Naturtalent zu sein."
Grayson verbeugt sich theatralisch. „Danke, danke. Und jetzt – wollen wir zusammen nach Hause laufen?"
„Hab ich eine Wahl?" Ich hebe eine Augenbraue.
„Nö", sagt er schulterzuckend.
Zusammen machen wir uns auf den Weg. Während wir laufen, fühle ich mich plötzlich in die Vergangenheit zurückversetzt. Diese Straßen, die ich jetzt gehe, sind die gleichen, auf denen Grayson, Ethan und ich als Kinder mit unseren Fahrrädern herumgefahren sind. Wir haben hier Abenteuer erlebt, am nahegelegenen See gespielt und uns immer wieder neue Streiche ausgedacht.
„Woran denkst du?" fragt Grayson und sieht mich aus dem Augenwinkel an.
„An die alten Zeiten", antworte ich leise. Er nickt und zeigt auf eine Wiese neben uns.
„Weißt du noch?" fragt er.
Ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus. „Ja, ich erinnere mich."
Flashback
Wir waren sechs Jahre alt, Grayson und ich. Wir lagen im Gras und beobachteten Ameisen, die scheinbar mühelos riesige Brotkrumen trugen.
„Leyli, morgen gehen wir zusammen in die Schule", sagte Grayson plötzlich und richtete sich auf.
Ich spürte, wie mein Magen sich verkrampfte. Morgen war mein erster Schultag, und ich hatte schreckliche Angst. „Freust du dich?" fragte ich unsicher.
„Ja, total! Es wird richtig Spaß machen! Wir werden viele neue Freunde machen." Grayson strahlte.
„Ich nicht", murmelte ich und zupfte ein Gänseblümchen aus dem Boden.
„Warum nicht?" fragte er und runzelte die Stirn.
„Was, wenn die anderen Kinder mich nicht mögen? Oder gemein zu mir sind?" Ich schluckte schwer.
Grayson lachte laut. „Leyla, das wird nicht passieren. Ich bin doch da. Ich werde dich beschützen. Ich bin genauso stark wie eine Ameise."
„Wirst du mein Superman sein?" fragte ich leise.
„Immer", antwortete er ernst. „Ich bin dein Superman. Und dein allerbester Freund."
Ich war so gerührt, dass ich ihn fest umarmte. „Und denkst du, dass in der Schule auch Mädchen mit dir spielen wollen?" fragte ich, halb belustigt.
Grayson zögerte. „Nö", sagte er schließlich.
„Warum nicht?" fragte ich und begann zu lachen.
„Weil sie mich alle eklig finden?" Seine Stimme war traurig.
„Genau!" Ich konnte nicht aufhören zu lachen. Bevor er reagieren konnte, rannte ich los.
Zurück in die Gegenwart
„Weißt du, das, was ich damals gesagt habe, gilt immer noch", murmelt Grayson und reißt mich aus meinen Gedanken.
„Dass du nicht eklig bist?" necke ich.
„Nein, dass ich dich immer beschützen werde – egal, was passiert", sagt er ernst.
Ein warmes Gefühl breitet sich in meiner Brust aus. „Danke, Gray."
Wir laufen weiter und reden über alles Mögliche, lachen über alte Erinnerungen und genießen einfach den Moment. Grayson bringt mich schließlich nach Hause, wo ich John übernehme und mich für den Abend zurückziehe.
Später am Abend
Ich scrolle durch Instagram, während John friedlich schläft. Auf meinem Feed sehe ich das Bild, das Grayson und ich heute gemacht haben. Wir sitzen im Auto, lächelnd, unbeschwert. Es war ein schöner Moment, und die Kommentare darunter sind durchweg positiv: „Ihr seid ein Traumpaar!" oder „Viel Glück für eure Zukunft." Doch ein flaues Gefühl bleibt. Was, wenn Nash das sieht?
Ich seufze und lege mein Handy weg. Egal, was andere sagen – ich weiß, dass das alles nur eine Fassade ist. Aber wie lange können Grayson und ich diese Illusion noch aufrechterhalten?
Graysons POV
Ich sehe mir das Bild an, das Leyla gepostet hat. Die Leute denken, wir wären das perfekte Paar. Perfekt. Ein Wort, das sich für mich so falsch anfühlt. Trotzdem bin ich froh, dass wir heute einen schönen Tag hatten. Vielleicht, nur vielleicht, könnte das alles irgendwann echt sein.
Doch jetzt lenke ich mich ab und treffe mich mit Aaron und Jack in der Stadt. Wir sitzen an einem Eisstand, lachen und flirten mit ein paar Mädchen – bis ich plötzlich jemanden sehe, der meine Stimmung augenblicklich kippen lässt.
Du bist also „krank", Nash? Wirklich?
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