S e v e n t y - e i g h t

Kapitel: Zurück zu meiner Familie

Graysons POV

Ich renne zum Auto, mein Atem geht schwer, und meine Gedanken überschlagen sich. Wie konnte ich so blind sein? Wie konnte ich nur die Wahrheit direkt vor meinen Augen übersehen? Mein Kopf pocht, und mein Herz schlägt so laut, dass es in meinen Ohren dröhnt.

Ich reiße die Tür auf, werfe mich auf den Fahrersitz und schlage mit voller Wucht gegen das Lenkrad. „Verdammter Idiot," murmle ich, während ich meinen Kopf gegen das kühle Leder sinken lasse. Meine Hände zittern, und meine Brust fühlt sich an, als würde sie gleich bersten.

Warum? Warum habe ich ihr nicht zugehört? Warum habe ich zugelassen, dass mein Zorn mich so blind macht? All die Jahre voller Zweifel, voller Wut – und für was? Für einen Fehler, der niemals hätte passieren dürfen.

„Bitte," flüstere ich leise, obwohl niemand da ist, um mich zu hören. „Bitte lass es nicht zu spät sein." Meine Stimme bricht, und ich merke, wie mir die Tränen kommen. Ich habe alles zerstört.

Ich starte den Motor und fahre los, meine Hände umklammern das Lenkrad so fest, dass meine Knöchel weiß werden. Ich weiß nicht, was ich sagen werde, wenn ich sie sehe. Ich weiß nicht, ob sie mir überhaupt zuhören wird. Aber ich weiß eines: Ich muss es versuchen. Ich kann nicht noch einmal scheitern.

Leylas POV

Ich liege auf der alten Bank im Garten, umgeben von den verstreuten Briefen. Seinen Briefen. Das Papier ist zerknittert und an einigen Stellen von seinen Tränen verwischt. Und jetzt, nachdem ich jeden einzelnen gelesen habe, fließen auch meine Tränen unaufhörlich.

Die ganze Nacht war ich wach, jede Seite habe ich wieder und wieder gelesen, als könnte ich so die verlorene Zeit zurückholen. Er hat so sehr gelitten. Seine Worte brennen sich in mein Herz, als hätte er sie direkt in meine Seele geschrieben.

„Leyla, ich warte auf dich," schrieb er in einem der ersten Briefe. Seine Handschrift war zittrig, seine Worte voller Hoffnung – Hoffnung, die er nie aufgegeben hat. Doch ich wusste nichts davon. Dank Büsra habe ich all die Jahre in dem Glauben gelebt, dass er mich vergessen hat. Aber er hat nie aufgehört, an uns zu glauben.

Ich nehme den letzten Brief in die Hand, halte ihn an meine Brust gedrückt und schließe die Augen. Seine Worte hallen in meinem Kopf wider:

„Ich liebe dich, Sweety. Ich liebe euch beide. Vergib mir. Ich warte auf dich."

Meine Tränen laufen über mein Gesicht, während ich versuche, die Schwere dieser Erkenntnis zu begreifen. Er hat auf mich gewartet. All die Jahre hat er gehofft, dass ich zu ihm zurückkomme. Und ich... ich war ahnungslos. Ich habe ihn im Stich gelassen, ohne es zu wissen.

Meine Finger zittern, als ich den Brief wieder auf die Bank lege. Mein Blick wandert über die Felder, und ich denke an ihn – an seine Augen, seine Stimme, die Art, wie er mich immer angesehen hat. Grayson... Wenn du mir nur ein einziges Mal zuhören könntest. Wenn du mir die Chance geben würdest, alles zu erklären.

Ich wische mir die Tränen weg, doch sie kommen immer wieder. Ich fühle mich wie verloren – zerrissen zwischen Hoffnung und Angst. Was, wenn es zu spät ist? Was, wenn er mich wirklich nicht mehr will?

Graysons POV

Ich parke mein Auto vor ihrem Haus, mein Herz rast so schnell, dass ich kaum atmen kann. Ist sie hier? Ich steige aus, und meine Hände zittern, während ich zur Tür gehe.

Ich klopfe. Einmal. Zweimal. Keine Antwort. Ich drücke die Klingel, warte und klopfe erneut. Nichts.

Panik steigt in mir auf, wie eine Welle, die mich zu ertränken droht. Ich rufe ihren Namen, meine Stimme bricht fast. „Leyla! Bist du da?" Doch nur die Stille antwortet.

Ich gehe zum Fenster und ziehe vorsichtig den Vorhang zur Seite. Das Haus ist dunkel, leer. Es fühlt sich an, als hätte jemand die Luft aus meinen Lungen gesogen. Wo bist du?

Ich drehe mich um, lasse meinen Blick über die Felder schweifen. Und dann sehe ich sie. Da liegt sie. Auf der alten Bank, ihre Gestalt eingefallen, umgeben von verstreuten Briefen. Meinen Briefen.

Mein Herz springt, und ich renne los. Meine Schritte sind schwer, aber ich halte nicht an, bis ich vor ihr stehe. Sie richtet sich langsam auf, als sie mich bemerkt, ihre Augen weit vor Überraschung.

„Leyla," flüstere ich, mein Blick wandert über die Briefe zu ihren verweinten Augen. Sie hat sie gelesen. Sie hat alles gelesen.

Ich sinke auf die Knie vor ihr, lege meine Hände sanft an ihre Wangen und wische die Tränen weg, die weiter über ihr Gesicht strömen. Meine eigenen Tränen laufen ebenfalls, aber ich halte nicht inne. Ich kann sie endlich berühren, endlich bei ihr sein.

„Grayson," flüstert sie, ihre Stimme bricht, und ihre Augen füllen sich erneut mit Tränen.

Ich schüttle den Kopf, meine Hände zittern leicht an ihrer Haut. „Es tut mir so leid," sage ich leise, meine Stimme rau. „Leyla, es tut mir so leid."

Sie schließt ihre Augen, legt ihre Hände über meine und lehnt ihren Kopf an meine Hand. „Du hast gedacht... ich hätte dich ersetzt," flüstert sie.

Ich nicke, unfähig, die Worte auszusprechen, die sie verdient. „Ich war blind," sage ich schließlich. „Blind vor Wut und Enttäuschung. Ich hätte dir zuhören sollen. Ich hätte wissen müssen, dass du mich niemals ersetzen würdest."

„Grayson," sagt sie, ihre Stimme zittert. „Er ist dein Sohn. Er ist deins."

Ich sehe sie an, und in diesem Moment bricht alles in mir zusammen. „Ich weiß," flüstere ich. „Ich weiß."

Sie wirft sich in meine Arme, ihr Schluchzen erfüllt die Luft um uns herum. Ich halte sie so fest, wie ich kann, als könnte ich sie nie wieder loslassen. Die Last, die mich all die Jahre gequält hat, beginnt sich langsam zu lösen. Zum ersten Mal seit fünf Jahren fühle ich mich frei.

Die Sonne steht hoch am Himmel, als wir am Kindergarten ankommen. Mein Herz schlägt schwer in meiner Brust, die Nervosität macht meine Schritte schwer. Ich werde meinen Sohn sehen. Den Jungen, der all die Jahre ohne mich aufgewachsen ist.

Wir stehen unter den anderen wartenden Eltern. Leyla hält meine Hand, und ich merke, wie ihre Finger sich leicht um meine verkrampfen. Sie ist nervös. Ich bin es auch.

Dann klingelt es. Die Türen des Kindergartens öffnen sich, und die Kinder rennen heraus, ihre Gesichter strahlen vor Freude. Mein Blick wandert durch die Menge, bis ich ihn sehe. John.

Er rennt zu Leyla, wirft sich in ihre Arme und lacht. „Mama!" ruft er, und ich spüre, wie mein Herz in meiner Brust schmerzt – vor Freude und vor Traurigkeit.

Leyla beugt sich zu ihm herunter, flüstert ihm etwas ins Ohr. Er bleibt stehen, seine Augen weiten sich, und er dreht sich langsam zu mir um. Für einen Moment scheint die Zeit stillzustehen.

„Papa?" flüstert er, seine Stimme klein, unsicher.

Ich knie mich hin, öffne meine Arme. „Ja, John," sage ich leise. „Ich bin dein Papa."

Er rennt los, wirft sich in meine Arme, und ich halte ihn so fest, wie ich kann. Tränen laufen über mein Gesicht, aber es ist mir egal. Mein Sohn.

„Papa," sagt er wieder, seine kleinen Arme um meinen Hals. „Bleibst du jetzt für immer?"

Ich sehe zu Leyla, und sie nickt, ihre Augen voller Tränen, aber ihr Lächeln heller als die Sonne. „Ja, mein Kleiner," sage ich und drücke ihn an mich. „Ich bleibe für immer."

Für immer.

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