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Kapitel: Der Beginn eines neuen Tages
Wie jeden Morgen wache ich pünktlich um 6:00 Uhr auf. Der Wecker auf meinem Nachttisch klingelt laut und unerbittlich, aber ich ignoriere ihn für ein paar Sekunden, genieße die Ruhe, bevor der Trubel des Tages beginnt. Schließlich strecke ich mich und schwinge die Beine aus dem Bett. Noch halb verschlafen schleppe ich mich ins Bad, wo die Dusche mein erster Rettungsanker ist. Das heiße Wasser auf meiner Haut vertreibt die letzten Reste von Müdigkeit und bereitet mich auf einen langen Schultag vor.
Nach der Dusche folgt meine morgendliche Routine: Zähneputzen, Gesichtspflege, Schminken. Nicht zu viel – nur so viel, dass ich frisch aussehe. Als ich fertig bin, stehe ich vor meinem Kleiderschrank und kämpfe wie jeden Morgen mit der schwersten Entscheidung des Tages: Was ziehe ich an?
Ich ziehe ein rotes Kleid heraus, schüttele dann den Kopf. Zu auffällig für die Schule. Ein schwarzes Shirt? Nein, das ist zu förmlich. Schließlich entdecke ich eine perfekte Kombination: eine blaue Jeans, ein passendes Jeanshemd, ein weißer Cardigan, meine weißen Vans und eine blaue Tasche. Perfekt. Ich lege alles auf mein Bett und ziehe schließlich mein Kopftuch aus der Schublade.
Ja, ich trage ein Kopftuch. Seit ich sechs Jahre alt bin. Es ist ein Teil von mir, genauso wie mein Name. Mein Name ist Leyla, ich bin 17 Jahre alt und stehe kurz vor meinem Abschlussjahr. Meine Eltern, Mehmet und Gül, haben mich immer unterstützt, und dafür bin ich unglaublich dankbar. Obwohl ich Einzelkind bin und mir oft Geschwister gewünscht habe, weiß ich, dass meine Eltern alles für mich tun. Sie sind meine größten Cheerleader.
Ich blicke auf die Uhr: 7:00 Uhr. Noch genug Zeit, um zu frühstücken. Mit meiner Tasche über der Schulter und meinem Handy in der Hand gehe ich nach unten in die Küche, wo meine Eltern bereits am Frühstückstisch sitzen.
„Guten Morgen," sage ich und gebe ihnen jeweils einen Kuss auf die Wange, bevor ich mich zu ihnen setze.
„Guten Morgen, meine Süße," antwortet mein Vater mit einem Lächeln, während meine Mutter mir einen Teller mit frischen Croissants hinschiebt.
Während ich mir ein Nutellabrot schmiere – denn mal ehrlich, wer liebt kein Nutella? – bringt mein Vater ein Thema zur Sprache, das mir in letzter Zeit immer wieder durch den Kopf geht.
„Leyla, hast du dich schon für ein College entschieden?" fragt er.
Ich schlucke meinen Bissen herunter und schüttle den Kopf. „Noch nicht, Dad. Aber ich denke darüber nach."
„Du solltest dir bald eines aussuchen," sagt meine Mutter sanft, „aber mach dir keinen Stress."
„Ja, keine Eile," fügt mein Vater hinzu. „Konzentrier dich erst mal auf deinen Abschluss. Danach sehen wir weiter."
Ich nicke dankbar und nehme den letzten Bissen meines Brots. In Wahrheit warte ich noch auf Zusagen von den Colleges, bei denen ich mich beworben habe. Meine Favoriten sind „The College of New Jersey" und „College of Saint Elizabeth". Beide sind großartige Schulen, und ich hoffe, dass ich eine Zusage von mindestens einer bekomme.
Als ich auf die Uhr schaue, bemerke ich, dass die Zeit knapp wird. Ich stehe auf, schnappe mir meine Tasche und verabschiede mich. „Ich muss los! Bye, Mom! Bye, Dad!"
Mein Vater erhebt sich ebenfalls. „Warte, ich fahre dich."
Während wir gemeinsam ins Auto steigen, erzählt er mir noch von dem besonderen Abend, der heute ansteht. „Vergiss nicht, heute pünktlich nach Hause zu kommen, Leyla. Sean und ich feiern heute bei uns zu Hause unsere 42-jährige Freundschaft."
Ich lächle. Meine Eltern und die Dolans haben eine ganz besondere Beziehung, die über Jahrzehnte gewachsen ist. „Ich werde nicht zu spät kommen, Dad," verspreche ich, bevor ich ihm einen Kuss auf die Wange gebe und ins Schulgebäude gehe.
In der Schule
Ich gehe direkt zu meinem Schließfach, um meine Bücher zu holen, als plötzlich eine vertraute Stimme hinter mir ertönt.
„Hey, Hübsche."
Ich drehe mich um und sehe Grayson, wie er lässig an den Schließfächern lehnt, ein freches Lächeln auf den Lippen. Seine grünen Augen funkeln vor Schalk.
„Hey," antworte ich, während ich mich wieder meinem Schließfach zuwende.
„Du siehst heute wieder unglaublich aus," sagt er und kommt ein Stück näher.
„Ich weiß," sage ich trocken. „Danke."
Er lacht leise. „Gott, ich kann mich gar nicht sattsehen."
Ich stöhne innerlich. „Grayson, du konntest früher viel besser flirten."
„Hey!" protestiert er gespielt beleidigt. „Ich kann es immer noch. Du bist nur immun gegen meinen Charme." Er richtet demonstrativ seinen Kragen, zwinkert mir zu und reicht mir dann seine Hand. „Lass mich deine Bücher tragen, Sweety."
Ich gebe nach und drücke ihm meine Bücher in die Hand, während wir uns auf den Weg machen. Es dauert nicht lange, bis ein paar Mädchen uns über den Weg laufen. Sie werfen Grayson schüchterne Blicke zu und kichern nervös.
„Hi, Grayson," hauchen sie fast synchron.
Er hebt kaum merklich die Hand zum Gruß. „Hi."
Die Mädchen rennen kichernd weiter, und ich schüttele nur den Kopf. „Du bist so ein Idiot," murmle ich und schmunzele.
Grayson grinst. „Das sagen sie alle."
Mittagspause. Wie immer treffen Grayson und ich Ethan und meine Freundinnen in der Cafeteria. Mira und Riley sitzen bereits an unserem üblichen Tisch. Mira strahlt wie immer – sie ist die Königin unserer Schule, genauso beliebt wie Ethan und Grayson. Riley hingegen wirkt etwas nervös, wahrscheinlich weil Ethan in der Nähe ist. Die beiden sind so offensichtlich ineinander verliebt, dass es fast schmerzhaft ist, ihnen zuzusehen. Doch keiner von beiden traut sich, den ersten Schritt zu machen.
„Leyla," sagt Grayson plötzlich und stupst mich mit dem Ellenbogen an. „Dein Lover boy starrt dich wieder an."
Ich folge seinem Blick und sehe Nash Grier, der am anderen Ende des Raums sitzt. Unsere Blicke treffen sich, und ich spüre, wie mein Herz schneller schlägt. Diese Augen... Es gibt nichts Vergleichbares.
„Ihhh," kommentiert Grayson trocken. „Was findest du bloß an diesem Typen?"
„Er ist perfekt," sage ich leise und verliere mich wieder in Nashs Blick. Doch Grayson unterbricht meine Gedanken.
„Sweety, ich sage dir nur eines: Von dem Typen halte ich mich fern. Du solltest das auch tun."
Ich will etwas erwidern, doch in diesem Moment betritt Suzy die Cafeteria – die Schülerin, die Grayson seit zwei Jahren um den Finger wickeln will.
Suzy. Der Name allein reicht, um mein Magen sich zusammenziehen zu lassen. Sie schlendert in die Cafeteria, als wäre sie auf einem Laufsteg, ihr platinblondes Haar weht über ihre Schultern, und ihr Ausschnitt ist – wie immer – viel zu tief. Sie wirft Grayson einen flüchtigen Blick zu, bevor sie zu Nash geht und ihn auf die Wange küsst.
„Oh, guck mal, Grayson! Dein großer Schwarm ist mal wieder beschäftigt," sage ich spöttisch.
Grayson verdreht die Augen, doch ich sehe, wie sich sein Kiefer leicht anspannt. „Sweety, eines Tages wirst du verstehen, dass Suzy und ich einfach füreinander bestimmt sind."
Ich lache trocken. „Ja, klar. Genau wie Nash und ich füreinander bestimmt sind."
Grayson schüttelt den Kopf, lehnt sich zurück und verschränkt die Arme. „Unterschied: Nash ist ein Idiot, und Suzy ist... naja... perfekt."
Ich mache ein Geräusch, das irgendwo zwischen einem Stöhnen und einem Lachen liegt. „Suzy? Perfekt? Die lässt jeden an sich ran, Grayson. Glaub mir, sie ist alles andere als perfekt."
Grayson ignoriert meinen Kommentar und widmet sich demonstrativ seinem Sandwich. Ich kenne diesen Blick. Er will nicht über Suzy diskutieren, weil er insgeheim weiß, dass ich recht habe. Aber ich lasse das Thema fallen – zumindest fürs Erste.
„Wie läuft's eigentlich mit Nash?" fragt er plötzlich, sein Tonfall eine Mischung aus Neugier und Spott. „Habt ihr euch schon mal berührt, oder starrst du ihn immer noch nur aus der Ferne an?"
„Es ist romantischer, ihn aus der Ferne anzuschmachten," antworte ich trocken.
Grayson grinst. „Oh, das klingt ja nach einer großen Liebesgeschichte."
Ich rolle mit den Augen. „Was ist mit dir und Suzy? Habt ihr schon die Hochzeitskarten verschickt?"
„Sweety, ich könnte dir jetzt erzählen, wie weit wir schon gegangen sind," sagt er und lehnt sich grinsend zurück.
„Tu es nicht," warne ich ihn, aber es ist zu spät.
Grayson schließt die Augen, legt eine Hand dramatisch auf sein Herz und stöhnt laut. „Ohhh, Grayson! Nicht aufhören! Ohhh!"
Ich werde rot und schlage ihm auf den Arm. „Halts Maul!"
Doch er macht weiter. „Grayson, bitte! Genau da! Genau da! Ohhhh!"
Die anderen am Tisch brechen in schallendes Gelächter aus, während ich verzweifelt versuche, ihn mit meinem Sandwich zum Schweigen zu bringen. Schließlich stopfe ich ihm tatsächlich ein Stück Brot in den Mund, was ihn endlich zum Schweigen bringt – zumindest für ein paar Sekunden.
„Du bist unmöglich," murmle ich und versuche, mein Gesicht hinter meinen Händen zu verbergen.
Nach dem Unterricht warte ich mit Ethan auf Grayson, um gemeinsam nach Hause zu gehen. Es dauert wie immer eine halbe Ewigkeit, bis Grayson endlich auftaucht. Er sieht gestresst aus, seine Augen sind düster, und er telefoniert. Als er näher kommt, höre ich nur die letzten Fetzen des Gesprächs.
„Ja... Ich bin in der Nähe. Okay, ich warte."
Er steckt sein Handy zurück in die Tasche und schaut uns an. „Ethan, sag Dad, dass ich später komme."
Ich spüre, wie sich ein Knoten in meinem Magen bildet. „Wieso? Wohin gehst du?" frage ich.
Grayson schaut mich nicht an. „Nur etwas erledigen," murmelt er ausweichend.
Dann sehe ich ihn. Den schwarzen Van. Er hält ein paar Meter entfernt, und bevor ich etwas sagen kann, läuft Grayson darauf zu, steigt ein und verschwindet.
„Super," murmele ich und sehe ihm nach. „Was auch immer er da macht, ich werde ihn umbringen."
Ethan schüttelt nur den Kopf. „Mach dir keine Sorgen, Leyla. Er weiß, was er tut."
Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihm glauben soll. Grayson weiß zwar meistens, was er tut, aber diese krummen Geschäfte, in die er verwickelt ist, machen mir trotzdem Sorgen. Ich beschließe, ihn später darauf anzusprechen – sobald ich ihn zu fassen kriege.
Als ich nach Hause komme, empfängt mich der vertraute Geruch von Mamas Küche. Sie steht am Herd und summt leise vor sich hin, während sie einen großen Topf umrührt.
„Mama, was kochst du?" frage ich und versuche, einen Blick in den Topf zu erhaschen.
„Finger weg!" ruft sie und schlägt spielerisch nach meiner Hand. „Das ist für später. Geh nach oben und zieh dich um. Wir gehen gleich zu den Dolans."
„Schon gut, schon gut," murmle ich und mache mich auf den Weg in mein Zimmer. Während ich nach einem passenden Outfit suche, greife ich zu meinem Handy und versuche, Grayson anzurufen. Keine Antwort.
„Typisch," murmle ich und werfe das Handy aufs Bett.
Ich ziehe ein schlichtes, aber elegantes Kleid an, das für den Anlass angemessen ist, und binde mein Kopftuch neu. Bevor ich wieder nach unten gehe, schaue ich aus dem Fenster. Der Himmel färbt sich langsam orange, und die letzten Sonnenstrahlen des Tages tauchen alles in ein warmes Licht.
„Leyla, bist du fertig?" ruft meine Mutter von unten.
„Ja, ich komme!" rufe ich zurück, schnappe meine Tasche und gehe nach unten.
Als wir bei den Dolans ankommen, ist das Haus bereits voller Leben. Die beiden Familien haben sich im Wohnzimmer versammelt, lachen und reden laut. Mein Vater und Seans Lachen hallt durch das ganze Haus, während sie alte Geschichten austauschen.
Doch während alle anderen beschäftigt sind, wandern meine Gedanken immer wieder zu Grayson. Wo ist er? Was macht er? Und warum hat er mich nicht zurückgerufen?
Ich setze ein Lächeln auf, um meine Sorgen zu verbergen, und nehme an der Unterhaltung teil. Doch in meinem Inneren bleibt die Unruhe.
„Leyla," sagt mein Vater plötzlich und klopft mir auf die Schulter. „Grayson hat gesagt, er kommt später. Mach dir keine Sorgen."
Aber genau das tue ich. Grayson ist mein bester Freund, und ich weiß, dass er in etwas verwickelt ist, das ihn in Schwierigkeiten bringen könnte. Ich beschließe, dass ich heute Abend Antworten von ihm bekommen werde – egal, was es kostet.
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