F o r t y - s i x

Kapitel: Turbulenzen in der Luft

Leylas POV

Wir befinden uns gerade im Flugzeug auf dem Weg nach Miami. Die Aussicht aus dem Fenster ist beeindruckend, aber meine Gedanken kreisen immer noch um Nash und das, was gestern Abend passiert ist.

Gestern Abend – Flashback

Er hatte mich wortlos am Arm gepackt und aus Graysons und Ethans Zimmer gezerrt. Der Griff seiner Hand war so fest, dass ich spürte, wie die Wut in mir aufstieg.

„Nash, du tust mir weh!" rief ich, doch er schien mich nicht zu hören.

„Nash!" wiederholte ich lauter, und endlich ließ er mich los. Sein Gesicht war angespannt, seine Augen funkelten vor Zorn.

„Nur weil ich ein paar Tage nicht mit dir rede, tust du so?" Seine Stimme war schneidend.

Ich starrte ihn an, fassungslos. „Wie tue ich denn?"

„Das weißt du selbst," entgegnete er kühl.

Das reichte. Irgendetwas in mir riss. Ich ballte die Fäuste, fühlte, wie die Worte sich wie ein Sturm aus meinem Inneren drängten.

„Was glaubst du eigentlich, wer du bist?" begann ich, meine Stimme scharf wie ein Messer. „Du warst derjenige, der mich deiner Oma vorgestellt hat! Du hast mich in eine Situation gebracht, in der ich mich so gedemütigt gefühlt habe wie noch nie zuvor, und was hast du getan? NICHTS! Du hast kein einziges Wort zu ihr gesagt! Dann, als ich weggelaufen bin, warst du derjenige, der mir nicht hinterherkam. Du hast mich auf der Straße allein gelassen, Nash! Es hätte sonst was passieren können!"

Ich machte eine kurze Pause, um Luft zu holen, doch er stand nur stumm da. Das machte mich noch wütender.

„Und das Beste?" fuhr ich fort. „Du ignorierst mich tagelang, fragst nicht mal, wie es mir nach der Sache mit deiner Oma geht. Und jetzt tauchst du plötzlich auf, zerrst mich hier raus und regst dich auf, weil ich Zeit mit Grayson und Ethan verbringe? Weißt du was, Nash? Du hast keinen einzigen Funken Respekt verdient. Kein bisschen! Und jetzt... geh mir aus dem Weg."

Ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen, drehte ich mich um und ging. Er sagte kein Wort, unterbrach mich nicht einmal. Wahrscheinlich, weil er wusste, dass ich recht hatte.

Flashback Ende

Wenn ich so an meine Worte denke, fühle ich eine seltsame Mischung aus Stolz und Traurigkeit. Es musste gesagt werden. Vielleicht hilft es ihm ja, sich zu ändern – falls das überhaupt möglich ist. Doch ein Teil von mir zweifelt daran. Nash ist Nash.

Ich hole meine Kopfhörer aus der Tasche, bereit, die restlichen Stunden mit Musik zu überbrücken, als sich jemand neben mich setzt. Es ist ein Junge. Ich werfe ihm einen kurzen Blick zu, dann drehe ich mich weg. Doch irgendetwas an ihm kommt mir bekannt vor. Ich schaue ihn erneut an, versuche, mich zu erinnern.

Er bemerkt meinen Blick, zieht eine Augenbraue hoch und schüttelt leicht den Kopf. Erst da merke ich, wie lange ich ihn schon angestarrt habe. Peinlich.

„Alles okay?" fragt er mit einem leicht amüsierten Unterton.

„Ich... äh... ja, ja, alles gut," stammle ich und zwinge ein Lächeln hervor.

Er nickt, aber sein Blick bleibt auf mir haften. Nach einem Moment bricht er das Schweigen.

„Eh... kennen wir uns?" fragt er und mustert mich aufmerksam.

Ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung. Tun wir das?"

Er scheint nachzudenken, seine Stirn legt sich in Falten. Dann blitzt etwas in seinen Augen auf. „Ja, doch! Du bist die, die nachts alleine auf der Autobahn war... Wie heißt du nochmal? Le... Le... Leyla?"

Seine Worte lassen mich unwillkürlich lachen. „Die, die nachts alleine auf der Autobahn war?" wiederhole ich belustigt. „Wie sich das anhört!"

„Bin ich falsch?" fragt er grinsend.

„Nein," antworte ich. „Du hast recht. Ich bin Leyla. Und du bist...?"

„Shawn," sagt er mit einem breiten Lächeln.

Ein Name, der Erinnerungen weckt

Wir geben uns die Hand. Sein Griff ist fest, ein wenig zu fest. „Wie geht es dir so?" fragt er beiläufig.

„Ganz gut. Und dir?" erwidere ich.

„Auch," antwortet er, und für einen Moment herrscht diese unangenehme Stille, die entsteht, wenn zwei Menschen sich kaum kennen.

Nach einer Weile bricht er das Schweigen. „Wo ist Grayson? Ist er nicht bei dir?"

Ich zeige nach hinten. „Doch, da hinten."

Wir drehen uns beide um, und in diesem Moment dreht sich Grayson zu uns. Sein Blick trifft meinen – oder besser gesagt, Shawns – und ich sehe, wie seine Augen sich weiten. Ein Ausdruck, der irgendwo zwischen Schock und Panik liegt. Was ist los mit ihm?

Shawn hebt die Hand und winkt, ich folge seinem Beispiel. Doch Grayson dreht sich hastig weg.

Graysons POV

Shawn sitzt neben Leyla. Scheiße.

Wie hat er es geschafft, einen Platz neben ihr zu bekommen? Ich wusste, dass er unberechenbar war, aber das? Das war zu viel. Die Vorstellung, dass er ihr etwas erzählen könnte – dass sie auch nur ansatzweise in Gefahr sein könnte – schnürte mir die Kehle zu.

Ich drehe mich weg und atme tief ein. Es gibt nichts, was ich tun kann. Nicht hier, nicht jetzt. Doch der Gedanke, dass Shawn ihr etwas antun könnte... oder ihr sagen könnte, was wir getan haben...

Mein Magen zieht sich zusammen. Ich drehe mich wieder um. Shawn schaut immer noch in meine Richtung. Sein Blick ist herausfordernd, fast amüsiert. Leyla hingegen kramt in ihrer Tasche, völlig ahnungslos.

Ich signalisiere ihm mit einer Kopfbewegung, Richtung Toiletten zu gehen. Shawn verdreht die Augen, aber er steht auf. Ich warte kurz, bevor ich ihm folge.

Er lehnt lässig an der Wand, als ich ankomme. Sein Grinsen macht mich wahnsinnig.

„Was tust du hier?" fauche ich. „Woher weißt du, dass wir hier sind?"

Er zuckt mit den Schultern und deutet mit dem Finger auf Steven, der ein paar Reihen vor uns sitzt. Steven. Natürlich. Wie konnte ich vergessen, dass Steven für Shawn arbeitet? Ein Schauer läuft mir über den Rücken.

Shawn klopft mir auf die Schulter. „Solange du dich gut verhältst, wird ihr nichts passieren. Aber falls du auch nur daran denkst, mich zu hintergehen..." Er lässt den Satz unvollendet, seine Augen funkeln gefährlich.

Ich beiße die Zähne zusammen und sehe ihm nach, wie er zurück zu seinem Platz geht.

Als ich zurückkomme, sieht Ethan mich an, seine Augen voller Sorge. Bevor ich ihm erklären kann, dass alles in Ordnung ist, höre ich eine Stimme, die „Oh Shit!" ruft.

Alle Blicke wandern zu einem Mann, der gebannt auf seinen Bildschirm starrt. Ethan, Leyla, Nash, Shawn und andere Passagiere sammeln sich um ihn, um zu sehen, was los ist.

Die Nachrichtensprecherin spricht mit ernster Miene:

„Heute berichten wir über einen Bankraub, der gestern gegen 17:00 Uhr in der Central Bank of USA stattfand. Es wurden 500 Millionen Dollar gestohlen, zudem entstand ein Schaden in Höhe von 10 Millionen Dollar. Tragischerweise kamen dabei drei Menschen ums Leben, darunter der Bankchef Bill Thompson. Die Polizei sucht weiterhin nach den Tätern."

Leyla hält die Hand vor den Mund. „Oh mein Gott."

Ich spüre Ethans Hand auf meiner Schulter. Seine Anspannung ist greifbar. Ich riskiere einen Blick zu Shawn, der mich kalt anstarrt. Doch es ist Nash, der mir den Boden unter den Füßen wegzieht. Sein Blick ist durchdringend, und dann... grinst er.

Scheiße.

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