F o r t y - o n e
Kapitel: Dunkle Wege, schwere Entscheidungen
Leylas POV
Ich rannte weiter, die Tränen brannten heiß auf meiner Haut, während ich ziellos durch die dunkle Gasse lief. Die Welt um mich herum war ein verschwommenes Chaos aus Schatten und flackernden Lichtern. Alles fühlte sich surreal an, als ob ich in einem schlechten Traum gefangen wäre. Doch der Schmerz in meiner Brust erinnerte mich daran, dass es keine Flucht gab.
Ich hatte alles erwartet – Wut, Missbilligung, sogar Ablehnung –, aber nicht das. Nicht diese unbarmherzigen Worte von Nashs Oma. Ihre Abscheu hatte meine letzte Hoffnung zerstört. Ihre Verachtung hallte noch immer in meinem Kopf, als hätte sie ihre Worte in mein Herz gebrannt.
Meine Schritte wurden langsamer, als ich die Orientierung verlor. Ich blieb stehen und zog mein Handy hervor. „Scheiße." Der Bildschirm blieb schwarz. Der Akku war leer. Natürlich. Meine Schultern sackten nach unten, und ich schüttelte verzweifelt den Kopf.
Was sollte ich jetzt tun? Wo war ich überhaupt?
Mein Blick wanderte die dunkle Straße entlang, aber alles war still. Die Einsamkeit dieser Gasse machte mir Angst. Doch mitten in meiner Verzweiflung tauchte ein Gedanke auf: Grayson.
Ich wollte bei ihm sein. Ich wollte, dass er mich in die Arme nahm, dass er mir sagte, alles würde gut werden. Ja, ich war wütend auf ihn, und ja, er hatte mich zutiefst verletzt. Aber ich brauchte ihn. Sein Schutz, seine Nähe – das war alles, wonach ich mich sehnte.
Doch was, wenn er mich wieder enttäuschte? Was, wenn ich ihm wieder vertraute und er diesen Vertrauensbruch wiederholte? Der Schmerz seines Verdachts war noch zu frisch, zu tief. Mein Kopf sagte mir, ihn zu meiden, aber mein Herz flehte um seine Gegenwart.
Ich seufzte schwer und entschied mich, irgendwie zurück ins Hotel zu kommen. Aber wie?
Autos fuhren an mir vorbei, ihre Scheinwerfer warfen tanzende Schatten auf die grauen Wände der Gasse. Ein verzweifelter Gedanke durchfuhr mich: Ein Auto anhalten. Das klappte doch immer in Filmen, oder?
Ich stellte mich an den Straßenrand und streckte zögerlich meine Hand aus. Ein Auto nach dem anderen raste an mir vorbei, ignorierte mich völlig. „Nicht gerade nett", murmelte ich und spürte, wie die Tränen erneut über meine Wangen rollten.
Mit gesenktem Kopf lief ich weiter, meine Hand immer noch halbherzig ausgestreckt. Vielleicht hielt ja doch jemand an.
Graysons Gesicht erschien plötzlich vor mir. Ein sanftes Lächeln auf seinen Lippen, die Hände in den Hosentaschen. Seine Augen sahen mich mit dieser Mischung aus Wärme und Entschlossenheit an, die mich immer in den Bann zog. Er nahm seine Hände aus den Taschen und breitete die Arme aus, als wolle er sagen: „Komm her."
Ein leises Lächeln stahl sich auf mein Gesicht, und ich machte einen Schritt auf ihn zu – doch ein hupendes Auto riss mich aus der Illusion. Grayson war weg. Er war nie da gewesen. Mein Herz sank noch tiefer.
Ein Auto hielt plötzlich am Straßenrand an, und ich trat zögernd näher. Der Fahrer, ein junger Mann mit einem freundlichen Gesicht, kurbelte das Fenster herunter. „Wollen Sie irgendwohin?"
Ich nickte hastig. „Ja... könnten Sie mich ins Hollywood Hotel bringen?"
Er lächelte. „Sie haben Glück. Ich fahre da gerade vorbei. Steigen Sie ein."
Ich öffnete die Beifahrertür und setzte mich. „Danke. Sie sind meine Rettung", sagte ich ehrlich und streckte ihm die Hand entgegen. „Ich bin Leyla."
Er nahm meine Hand und erwiderte mein Lächeln. „Schöner Name. Ich bin Shawn."
Der Name ließ etwas in mir klingeln, aber ich konnte nicht genau sagen, warum. Dennoch war ich froh, endlich aus der Dunkelheit herauszukommen.
Graysons POV
Es war 22 Uhr, und die Dunkelheit hatte sich wie eine erstickende Decke über die Stadt gelegt. Ich lief durch die Flure des Hotels, mein Handy fest in der Hand. Immer wieder versuchte ich, Leyla anzurufen, doch jedes Mal landete ich direkt bei der Mailbox. Ihr Handy war aus.
Ich hatte einen Kloß im Hals, meine Gedanken rasten. Wo war sie? Leyla kannte sich hier nicht aus. Was, wenn sie sich verirrt hatte? Oder schlimmer noch, was, wenn ihr etwas passiert war?
Mein Herz zog sich zusammen, als ich daran dachte, wie ich sie heute verletzt hatte. Meine eigenen Worte brannten wie Feuer in meinem Kopf. Warum hatte ich sie nur verdächtigt? Warum konnte ich mich nicht einfach zusammenreißen? Ich hatte ihr Vertrauen missbraucht, und jetzt zahlte ich den Preis.
Ich klopfte an ihre Zimmertür, hoffnungsvoll, dass sie vielleicht doch zurückgekommen war. Nichts. Das Schweigen hinter der Tür war wie ein Stich ins Herz.
Als letzte Hoffnung ging ich zu Nashs Zimmer. Vielleicht wusste er, wo sie war. Vielleicht war sie sogar bei ihm. Der Gedanke ließ meine Wut aufflammen, aber ich drückte sie herunter. Ich musste sie finden – das war alles, was zählte.
Nash öffnete die Tür, seine Augen verengten sich sofort, als er mich sah. „Was willst du?"
„Wo ist sie?" Meine Stimme war ruhig, aber angespannt.
„Keine Ahnung. Sie ist einfach weggelaufen", sagte er und lehnte sich lässig gegen den Türrahmen.
„Wohin?" Meine Stimme wurde lauter, drängender. „Warum ist sie weggelaufen? Was hast du getan?"
Sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. „Es geht dich einen Scheiß an. Verpiss dich."
Die Kontrolle, die ich mühsam aufrechterhalten hatte, riss. Ich packte ihn am Kragen und drückte ihn gegen die Wand. „Hör zu, du Mistkerl. Wenn ihr etwas passiert – egal was – wirst du das bereuen. Hast du verstanden?"
Ich ließ ihn los, bevor meine Wut mich zu weit trieb, und rannte zur Rezeption. Sie musste irgendwo sein. Sie musste einfach.
Leylas POV
Ich starrte Shawn an, während er fuhr. Irgendetwas an ihm war... seltsam. Seine Worte, seine Stimme, sein Lächeln – es war, als verbarg er etwas.
„Suchst du etwas?" fragte er plötzlich, ohne den Blick von der Straße zu nehmen.
Ich schüttelte den Kopf hastig. „Nein, nein... nichts. Danke."
Er lachte leise, aber es klang nicht wie echtes Lachen. „Wir sind gleich da. Das Hotel ist um die Ecke."
Als er vor dem Hotel hielt, drehte er sich zu mir um. „Warum warst du überhaupt alleine draußen, Leyla? Um diese Uhrzeit?"
Ich schluckte. „Es war einfach ein schwerer Tag. Ich musste raus, weg von allem."
Shawn nickte langsam, ein unheimliches Lächeln auf seinen Lippen. „Wenn mich etwas verletzt, laufe ich nicht davon. Ich schaffe es aus dem Weg."
Seine Worte ließen mich frösteln. Ich nickte nur stumm und stieg schnell aus dem Auto. Vor dem Eingang stand Grayson, sein Gesicht voller Sorge – und Wut, als er Shawn im Auto sah.
Grayson kommt mit schnellen Schritten auf mich zu, seine Bewegungen voller Spannung, fast so, als würde er gleich explodieren. Seine Augen wirken dunkel, voller Sorgen und einer Spur von Zorn.
„Wo warst du?" Seine Stimme klingt rau, fast wie ein Vorwurf. Aber da ist noch etwas – Angst?
Ich schlucke. „Weg. Es ging mir nicht gut, ich musste weg."
Sein Blick wandert für einen kurzen Moment zu Shawn, der ein paar Schritte entfernt steht. Die Spannung zwischen ihnen ist greifbar, als würde die Luft knistern.
„Ist alles okay?" Meine Stimme zittert ein wenig. Seine Miene verändert sich nicht.
„Ja", murmelt er, doch ich kann sehen, dass das nicht die Wahrheit ist. Seine Augen schweifen zurück zu Shawn, als wäre er auf der Suche nach einem Zeichen – oder einer Gefahr.
„Grayson, bist du dir sicher?" Meine Stimme ist jetzt sanfter, fast flehend. Ich will ihn beruhigen, ihn zu mir zurückholen. Doch er sieht mich an, seine Stirn in Falten gelegt.
„Hat er dir was angetan?" Seine Worte treffen mich unvorbereitet, lassen mich innerlich stocken. Warum denkt er das? Was glaubt er, ist passiert?
„Nein, Grayson... Was ist los?" Ich trete näher, lege meine Hände auf seine Wangen, zwinge ihn, mich anzusehen. Seine Augen suchen meine, als ob er dort die Wahrheit finden könnte.
„Gray, es ist alles okay. Er hat mich nur zurückgebracht. Mehr nicht." Meine Worte sind leise, aber bestimmt. Ich spüre, wie sich sein Körper leicht entspannt.
„Okay, gut." Seine Stimme ist leiser jetzt, fast gebrochen. Seine Hände legen sich sanft über meine, und für einen Moment berühren sich unsere Stirnen. Es ist, als würden wir die Welt um uns herum vergessen.
„Es tut mir alles so leid", flüstert er, und seine Stimme zittert. Ich sage nichts, gebe ihm den Raum, den er braucht.
„Ich weiß nicht, warum ich das gedacht habe. Ich weiß es nicht. Ich bin ein Idiot. Ein scheiß Vollidiot." Sein Geständnis ist roh, ungeschönt. Es schmerzt, ihn so zu sehen, doch gleichzeitig liebe ich ihn dafür, dass er sich öffnet.
Ja, denke ich still, du bist ein Vollidiot. Aber du bist mein Vollidiot.
„E-es tut mir leid", wiederholt er, und diesmal sehe ich die Tränen, die langsam seine Wangen hinunterlaufen. Er bricht vor mir zusammen, und ich wische ihm sanft die Tränen weg.
„Gray...", flüstere ich, meine Stimme voller Wärme. Unsere Blicke treffen sich, und für einen Moment ist alles gesagt.
Doch plötzlich hören wir ein Lachen. Es kommt vom Auto, und wir drehen uns beide in die Richtung. Shawn lehnt an der Tür seines Wagens, ein spöttisches Grinsen auf seinem Gesicht.
Er zwinkert uns zu, bevor er in sein Auto steigt und davonfährt. Das Lachen hallt in meinen Ohren nach.
„Warum lacht er?" murmle ich. Doch ich bekomme keine Antwort. Stattdessen wendet sich Grayson wieder mir zu.
„Hast du mir vergeben?" Seine Stimme klingt verletzlich, fast wie die eines kleinen Jungen, der um Vergebung bittet.
Ich nicke, ein kleines Lächeln auf meinen Lippen. Er zieht mich sofort in eine feste Umarmung. Ich vergrabe mein Gesicht an seiner Brust, spüre seinen Herzschlag, der sich langsam beruhigt.
Endlich, denke ich. Genau diese Umarmung habe ich gebraucht. Bei ihm fühle ich mich sicher, unantastbar, wie in einer anderen Welt.
Später, in meinem Zimmer, bleibt er an der Tür stehen. „Zieh dich um und leg dich schlafen. Wir müssen morgen früh raus." Er beugt sich vor, drückt mir einen sanften Kuss auf die Stirn, bevor er geht.
Graysons POV
Ich schließe die Tür hinter mir und atme tief ein. Meine Hände zittern. Der Gedanke, dass Shawn ihr heute hätte wehtun können... Nein, ich will es mir nicht ausmalen.
„Verdammt!" Das Wort entweicht mir, laut und voller Wut. Meine Gedanken überschlagen sich. Ich muss ihn anrufen, mit ihm reden. Aber wie? Ich habe seine Nummer nicht. Jedes Mal, wenn er mich anruft, ist es eine unbekannte Nummer. Scheiße.
In diesem Moment klingelt mein Handy. Unbekannt. Mein Herz schlägt schneller.
Ich zögere nicht, nehme sofort ab. „Ja?"
Am anderen Ende höre ich sein Lachen. Dieses spöttische, abfällige Lachen, das mich vor Wut fast zerreißt.
„Warum lachst du?" Meine Stimme ist scharf, wie ein Messer, das durch die Stille schneidet.
„Weil ihr beiden einfach so süß seid", antwortet er, und ich kann das Grinsen in seiner Stimme hören. „Ihr passt so gut zusammen. Wann ist die Hochzeit? Ich hoffe, ich bekomme eine Einladung."
Ich balle meine freie Hand zur Faust. „Sie hat nichts damit zu tun. Lass sie da raus!"
„Oh, natürlich nicht." Sein Ton ist gespielt lässig, doch die unterschwellige Drohung ist nicht zu überhören. „Aber ich musste dir nur zeigen, wie schnell ich in ihrer Nähe sein kann. Wenn du nicht das tust, was ich von dir verlange... wirst du es bereuen."
Bevor ich etwas erwidern kann, legt er auf. Ich starre auf mein Handy, das Gewicht seiner Worte liegt schwer auf meiner Brust.
Scheiße. Was mache ich jetzt?
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