Kapitel: Schatten der Vergangenheit
Leylas POV
Ich sitze auf der Bank im Schulhof und starre auf die Uhr. Der Minutenzeiger bewegt sich träge, fast so, als wolle er mich ärgern. Fünfzehn Minuten – so lange warte ich schon auf Grayson. Natürlich ist er zu spät. Immer. Aber das ist typisch für ihn, und irgendwie finde ich es süß. Ein kleines Lächeln huscht über meine Lippen, als ich daran denke, wie er mich wahrscheinlich gleich mit irgendeiner charmanten Ausrede begrüßen wird.
Er ist mein Mann. Mein Ehemann. Diese Worte fühlen sich immer noch so surreal an. Wer hätte gedacht, dass wir uns jemals lieben würden? Und dann diese drei kleinen Worte sagen? „Ich liebe dich." Sie kommen so leicht über meine Lippen, wenn ich ihn anschaue. Und jedes Mal, wenn er es sagt, spüre ich, wie mein Herz schneller schlägt.
Ich lehne mich zurück und blicke in den Himmel. Es ist ein klarer Tag, aber in mir herrscht immer noch Chaos. Die letzten Wochen waren wie ein Sturm – voller Angst, Schmerz und schließlich Liebe. Aber diese Liebe fühlt sich zerbrechlich an, als wäre sie noch nicht gefestigt.
Grayson tut alles, um mich glücklich zu machen. Er ist unglaublich geduldig, liebevoll und einfühlsam. Selbst jetzt, eine Woche nach unserer Hochzeit, hat er mich nicht gedrängt. Er wartet. Wartet darauf, dass ich bereit bin. Wie konnte ich nur jemals denken, dass ich Nash liebe? Diese Beziehung war ein Witz, ein schlechter Scherz im Vergleich zu dem, was ich mit Grayson habe.
Aber es gibt auch dunkle Wolken, die über uns schweben. Die Sache mit Shawn, die Morde, die Ermittlungen – all das ist noch nicht vorbei. Die Nachrichten erinnern mich jeden Tag daran, dass die Polizei eine Spur hat. Und jedes Mal, wenn ich daran denke, zieht sich mein Magen zusammen. Was, wenn sie Grayson finden? Was, wenn sie ihn mir wegnehmen?
Ich schüttele den Kopf, versuche diese Gedanken zu vertreiben. Doch bevor ich weiter darüber nachdenken kann, höre ich eine Stimme hinter mir.
„Leyla?"
Ich drehe mich um und hoffe, Graysons vertrautes Gesicht zu sehen. Doch stattdessen steht Nash vor mir. Sein Anblick lässt meine Laune sofort sinken.
„Was willst du?" frage ich genervt und rolle die Augen.
„Ich will dich zurückhaben", sagt er, und seine Stimme klingt tatsächlich... ehrlich? „Leyla, es tut mir leid, dass ich dich betrogen habe. Ich hätte das niemals tun sollen."
Ich verschränke die Arme und sehe ihn kühl an. „Vergiss es, Nash. Du brauchst hier gar nichts versuchen. Es ist aus, und dabei bleibt es."
„Aber Leyla", fleht er, „ich liebe dich. Und ich weiß, dass du mich auch lie—"
„Nash, ich habe dich nie geliebt!" unterbreche ich ihn.
Sein Gesicht erstarrt, als hätte ich ihm ins Gesicht geschlagen. Für einen Moment steht er einfach da, unfähig zu reagieren.
Und dann spüre ich plötzlich zwei Arme, die sich um mich legen. Ich drehe mich um und sehe in die schönsten Augen, die ich kenne.
„Hey", sage ich leise, und ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus.
„Hey, Sweety", antwortet Grayson, seine Stimme warm und beruhigend.
Er gibt mir einen Kuss auf die Wange, und ich spüre, wie meine Anspannung verschwindet.
„Ich habe dich vermisst", sage ich.
„Ich dich auch", antwortet er, und ich sehe die Aufrichtigkeit in seinen Augen.
Doch Nashs Stimme unterbricht unseren Moment. „Das ist doch wohl ein Witz."
Grayson dreht sich langsam zu ihm um, seine Augen kühl und durchdringend. „Du bist hier der einzige Witz."
Ich muss kichern, obwohl ich versuche, ernst zu bleiben.
„Ich hab keinen Bock auf dich", sagt Nash wütend. „Ich will mit Leyla reden."
„Sie will aber nicht mit dir reden", erwidert Grayson ruhig. „Also verpiss dich."
Er nimmt meine Hand, und ich spüre die Wärme seiner Berührung.
„Was glaubst du eigentlich, wer du bist?" faucht Nash.
„Ihr Ehemann", sagt Grayson und küsst meine Hand.
Nash lacht höhnisch. „Du bist ein kleiner Bastard, mehr nicht. Ein verdammter Hurensohn. Verpiss dich!"
Es reicht. Ich trete einen Schritt nach vorne und stelle mich schützend vor Grayson. Meine Wut kocht über, und ich hebe meinen Finger, um Nash direkt anzusprechen.
„Wenn du es noch einmal wagst, so mit meinem Mann zu sprechen, wirst du es bereuen", sage ich scharf. „Der einzige Bastard hier bist du. Jetzt verpiss dich endlich und lass uns in Ruhe!"
Doch statt zu reagieren, starrt Nash plötzlich auf mein Handgelenk. Seine Augen verengen sich, und ich folge seinem Blick verwirrt.
„Was—?" Doch bevor ich weiter sprechen kann, greift er nach meinem Handgelenk und zieht meinen Ärmel hoch. Seine Augen weiten sich, als er die Narben und die blauen Flecken sieht.
„Was zum..." Seine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern.
Ich reiße meine Hand weg und ziehe den Ärmel hastig herunter. „Das geht dich einen Scheißdreck an!" fauche ich.
Ich drehe mich zu Grayson um und lege meine Hand auf seine Brust. „Gray, lass uns gehen."
Doch Nash lässt nicht locker. „Hat er dir das angetan?"
Seine Worte lassen mich erstarren. Ich schüttele den Kopf, aber Nash schaut weiterhin zwischen mir und Grayson hin und her.
„Grayson, komm schon", dränge ich, meine Stimme flehend.
Doch Nash geht einen Schritt auf uns zu. „Hast du sie geschlagen?"
Grayson dreht sich langsam zu ihm um, seine Kiefer mahlen vor unterdrückter Wut. „Niemals", sagt er kühl. „Ich bin nicht so wie du."
„Du hast sie geschlagen! Schau sie dir an!" schreit Nash und zeigt auf mich.
„Grayson, bitte", sage ich und ziehe leicht an seinem Arm.
Doch Grayson hebt seinen Finger und zeigt auf Nash. „Das geht dich gar nichts an, du Penner."
„Sei dir da mal nicht so sicher", murmelt Nash und bleibt stehen.
Ich ziehe Grayson hinter mir her, weg von Nash. Mein Herz rast, und die Panik in mir wächst. „Mach dir keine Sorgen", sage ich, obwohl ich selbst nicht überzeugt bin. „Der wird schon nichts sagen."
Grayson bleibt stehen, seine Augen fest auf mich gerichtet. „Das glaubst du doch wohl selber nicht."
Ich blicke zu Boden und presse meine Lippen zusammen. „Scheiße", flüstere ich schließlich.
Ich weiß, Nash wird nicht still bleiben. Nicht er. Und das macht mir mehr Angst, als ich zugeben möchte.
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