E i g h t e e n

Kapitel: Familienbande und Geheimnisse

Der Tag war endlos, und ich fühlte mich ausgelaugt. Die Schule hatte uns heute keine Pause gegönnt. Nash und ich hatten kaum Zeit füreinander, genauso wenig wie Grayson und ich. Stattdessen war unser „Babyprojekt" in den Mittelpunkt gerückt, und wir beide wussten, wie wichtig es war: Immerhin zählte es 50 Prozent unserer Note.

Der Weg nach Hause zog sich, und Grayson bestand darauf, uns zuerst in die Stadt zu fahren, um Dinge für „unser Baby" John zu kaufen. Er nahm dieses Projekt viel zu ernst. Babysachen für ein Plastikbaby? Wer hätte gedacht, dass Grayson plötzlich den „Über-Vater" geben würde.

Jetzt waren wir endlich zu Hause. Ich stieg aus dem Auto und ging zur Haustür, während Grayson noch die unzähligen Einkäufe aus dem Kofferraum holte. Nach kurzem Klingeln öffnete meine Mutter.

„Wo wart ihr so lange? Wieso hat das so viel Zeit in Anspruch genommen?" Sie klang besorgt, und ich konnte es ihr nicht verdenken. Wir hatten niemandem Bescheid gesagt.

„Ein Kind zu bekommen dauert eben", sagte ich mit einem frechen Grinsen.

„Was?!"

Ihr Gesichtsausdruck war unbezahlbar.

„Mama, chill. Grayson und ich haben ein Schulprojekt. Wir müssen uns eine Woche lang um ein Baby kümmern. Natürlich ist es kein echtes." Ich hob das Plastikbaby in meinen Armen hoch, um es ihr zu zeigen.

Erleichterung breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als sie tief durchatmete. „Wer ist da, Gül?" Die Stimme meines Vaters kam aus dem Wohnzimmer.

„Die Kinder sind zurück", rief meine Mutter.

In Sekunden stand Lisa, Graysons Mutter, im Flur, sichtlich erleichtert, uns zu sehen. „Wo wart ihr denn so lange?"

„Ich erklär's dir später, Mum. Kannst du mir helfen?" Grayson balancierte mehrere Tüten und Kartons auf einmal, während er verzweifelt versuchte, nichts fallen zu lassen.

Wir halfen ihm, alles ins Haus zu tragen, und nach ein paar Minuten saßen wir endlich zusammen im Wohnzimmer. Grayson erklärte das Projekt und die unzähligen Einkäufe, während wir uns eine moralische Standpauke von unseren Eltern anhören durften. Doch trotz ihres Tadels konnte ich erkennen, dass meine Eltern und seine sich insgeheim freuten, dass Grayson und ich Zeit miteinander verbracht hatten – ganz zu schweigen von unserem neuen „Baby".

Sobald die Aufregung abgeklungen war, stellte ich die wichtigste Frage des Abends: „Mum, was gibt es zu essen?"

„Chicken", antwortete sie und ging in die Küche, während ich Grayson ein triumphierendes Grinsen zuwarf. Endlich! Ich konnte die knusprigen Chicken Wings fast schon riechen.

Meine Mutter servierte uns zwei Teller und ließ uns allein in der Küche. Ich konnte es kaum erwarten, meinen ersten Bissen zu nehmen, doch kaum hatte ich die Gabel angehoben, fing John an zu weinen.

„Was hat er denn?" fragte ich genervt.

„Er hat Hunger", erklärte Grayson seufzend, als wäre es das Natürlichste der Welt.

„Okay, gib ihn mir. Ich kümmere mich um ihn. Iss du weiter."

„Nein, ich mache das. Iss du in Ruhe."

Ich lächelte ihn dankbar an. Es war seltsam, wie ernsthaft er dieses Projekt anging. Mit John im Arm verließ er die Küche und ging in den Garten, um sich um das „Baby" zu kümmern.

In der Stille des Raumes begann ich zu essen. Gerade als ich meinen Teller leer gegessen hatte, vibrierte mein Handy. Ich zog es aus meiner Tasche und sah, dass es eine Nachricht von Nash war.

Nash: Hey ♥
Ich: Hey ♥
Nash: Wie war dein Tag?
Ich: Anstrengend und deiner?
Nash: Auch. Hast du morgen was vor?
Ich: Nein, wieso?
Nash: Gut. Lass uns morgen treffen, nur du und ich. ♥
Ich: Ich freue mich jetzt schon! ♥
Nash: Ich mich auch. ♥

Ich schaltete mein Handy aus und steckte es zurück in meine Hosentasche. Das Grinsen auf meinem Gesicht wollte einfach nicht verschwinden.

In diesem Moment kam Grayson zurück in die Küche. „Er schläft", sagte er leise und setzte sich an den Tisch, um sein Essen zu beenden.

„Gray, der Kleine bleibt heute bei mir", verkündete ich.

Er drehte sich langsam zu mir um. „Kommt gar nicht in Frage, Sweety. Ich nehme ihn mit."

„Aber—"

„Nein", unterbrach er mich. „Ich will ihn heute mitnehmen."

„Okay... ehm, Gray..."

„Ja, Sweety?" fragte er, ohne von seinem Teller aufzusehen.

„Ist es okay, wenn du morgen alleine auf John aufpasst? Ich möchte mich mit Nash treffen."

Seine Gabel schwebte für einen Moment in der Luft, bevor er sie zurück auf seinen Teller legte. Er sah mich an, und sein Blick war schwer zu deuten. „Okay."

„Was?" fragte ich überrascht.

„Triff dich mit ihm", wiederholte er, diesmal etwas lauter.

„Alles okay?"

„JA", antwortete er scharf.

„Okay... danke", sagte ich vorsichtig.

Um meine Dankbarkeit zu zeigen, rannte ich zu ihm und umarmte ihn von hinten. Doch bevor ich etwas sagen konnte, stand er auf, nahm John aus meinen Armen und ging in den Flur. Ich folgte ihm schnell.

„Gray, du hast nicht mal fertig gegessen", protestierte ich.

„Hab keinen Hunger mehr", murmelte er und zog seine Schuhe an.

„Holst du mich morgen früh ab?" fragte ich.

„Ja", antwortete er kurz und verschwand durch die Tür.

Ich schloss die Tür hinter ihm und ging dann hoch in mein Zimmer. Schnell zog ich mich um und ließ mich müde ins Bett fallen. Mein letzter Gedanke, bevor ich einschlief, war Nash – und das Treffen, auf das ich mich so freute.

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