G-Golf

"Aber ich kann das doch gar nicht, Kai", versuchte Julian Kai davon zu überzeugen, dass er seinem Freund noch ein, zwei Mal zusehen konnte, bevor er sich selbst am Golf versuchte. Doch Kai blieb standhaft und schüttelte mit dem Kopf. "Das ist nicht schwer, Jule", beharrte der Jüngere," Ich helfe dir auch. Komm."
Kai hielt seinem Freund seine Hand hin, welche dieser nun nachgebend ergriff und sich von Kai auf dessen Position ziehen ließ. Unsicher griff Julian nach dem Schläger und versuchte seine Füße genau so zu positionieren wie Kai es vorher getan hatte. Klar, hatte er vorher schon mal Golf gespielt mit Marius oder Karim, aber das war nie ernst gemeint und da sie alle drei keine Ahnung von dem Sport hatten, ließ ihre Technik wohl immer etwas zu wünschen übrig. Aber Kai und seine Jungs bei Arsenal spielten regelmäßig. Wenn das mit dem Fußball aus irgendeinem Grund mal nicht mehr klappen würde, könnte der Jüngere sicherlich eine Karriere als Golfer beginnen. 
Mit einem kleinen Lächeln im Gesicht ließ Jule zu, dass Kai seine Fußstellung noch einmal korrigierte, bevor er zum Schlag ansetzte. In einer ausholenden Bewegung ging der Blonde in die Knie und schlug den Schläger schwungvoll gegen den Ball, welcher vor ihm auf dem Abschlagpunkt lag. Und trotz der Kraft, die Julian aufgewendet hatte, flog der Golfball nicht weit. Ein paar Meter weiter traf er schon wieder auf dem kurzen Rasen auf. Frustriert atmete der Blonde aus, lockerte seinen Griff um das kühle Eisen des Schlägers. Eigentlich hatte er keine großen Erwartungen gehabt; schließlich war er nicht in Übung, aber dennoch hatte er seinem Freund zeigen wollen, dass auch er golfen konnte. Tja, Fehlanzeige.
Kai, welcher ganz genau sah, dass Jule frustriert und niedergeschlagen war, trat näher an seinen Freund heran, sodass seine Brust Julians breiten Rücken berührte. "Du musst deinen Körper mehr ausdrehen, damit du genug Schwung hast; du musst mit dem ganzen Oberkörper mitgehen; sonst kommst du nicht weit."
Vorsichtig griff Kai um Jule herum und legte seine Hände auf die von Julian, welche noch immer auf dem Schläger ruhten. 
Bei der Nähe zu seinem Freund überkam Jule eine regelrechte Gänsehaut und ihm wurde ganz heiß, während sein Atem plötzlich, ganz automatisch, schneller ging. Wahnsinn, was Kai für eine Wirkung auf ihn hatte, obwohl sie schon so lange zusammen waren und sich noch länger kannten.  Sollte er sich nicht langsam mal daran gewöhnt haben? Aber eigentlich wollte er das auch nicht. 
Gemeinsam mit Kais Hilfe holte er nochmal aus, dieses Mal drehte er seinen ganzen Körper mit und dann, wie sollte es auch anders sein, flog der Ball mindestens dreimal soweit. 
"Siehst du." Kai ließ wieder von den schwitzigen Händen seines Freundes ab und trat etwas zur Seite, um seinem Jule in die Augen sehen zu können," Das ist ganz einfach. Man muss nur ein bisschen üben."
In diesem Moment wusste Jule nicht so recht, ob er lachen oder weinen sollte. Lachen, weil er Kai so sehr liebte und gerne in seiner Nähe war oder weinen, weil es gefühlt nichts gab, in dem Kai schlecht war, ganz im Gegensatz zu Jule selbst. 
"Gibt es eigentlich irgendwas, was du nicht kannst, Harvy?"
Herausfordernd sah Jule seinen Freund an; gespannt auf dessen Antwort, obgleich er doch wusste, dass Kai gleich schmunzelnd irgendeinen dummen Spruch raushauen würde, der Jule zum Lachen bringen würde, weil er so schlecht war, dass er schon wieder gut war. Kai tat so, als würde er überlegen; sein Blick ging leicht nach oben und sein Mund kräuselte sich etwas; so wie immer, wenn der Lockenkopf über etwas nachdachte. "Wenig bis gar nichts, würde ich mal sagen", gab der Aachener schließlich schulterzuckend zurück, ehe er Julian sanft eine verirrte Haarsträhne wieder hinter sein linkes Ohr strich," Aber mach dir nichts draus. Nicht jeder kann so mulitalentiert sein wie ich."
Mit allen Mitteln versuchte Julian ernst zu bleiben; fest pressten sich seine Lippen zusammen und er versuchte an alles mögliche zu denken, aber über Kais gespielt großspurige Art konnte nur lachen; nein besser, prusten. An Kai war nicht nur ein super Golfer sondern auch ein eins A Schauspieler verloren gegangen. Und das Schlimme war, dass Kai das genau wusste und auch sehr sehr gerne ausnutzte. 
"Willst du es jetzt nochmal versuchen oder hab ich dich etwa ganz und gar eingeschüchtert?", holte Kais amüsierte Stimme Jule wieder zurück in die Realität. "Das würde dir so gefallen, was?" 
Julian zwang sich zu einem Pokerface, mit dem er Kai so eindringlich ansah, als würde sein Leben von dem nächsten Schlag abhängen. Der Blonde holte aus, befolgte dieses Mal Kais Ratschläge und drehte seinen gesamten Oberkörper mit. Leicht ging er in die Knie, während sein Blick starr auf sein Ziel gepolt war. Jetzt wollte er es Kai zeigen; zeigen, dass auch er es konnte. Ja, so war das manchmal bei den Beiden. Auch wenn sie sich abgöttisch liebten und sich sicher waren, ihr gesamtes Leben miteinander zu verbringen, waren da noch diese kleinen Wettbewerbe und Sticheleien zwischen ihnen. Aber vielleicht war es auch gerade das, was ihre doch relativ langjährige Beziehung trotz der Entfernung so lebendig hielt. 
Gespannt beobachtete Julian den Ball, wie er nach seinem kraftvollem Abschlag durch die Luft flog und, wer hätte es gedacht, viel besser als zuvor noch bei seinem ersten Versuch. Und nicht nur das, ganz im Gegensatz zu dem Ball, den er zusammen mit Kai abgeschlagen hatte, landete Julians jetzt genau in dem Loch, in dem er landen sollte. Volltreffer. Tor sozusagen. Stolz und mit einem Blick, der alles sagte, was zu sagen war, drehte der Bremer sich zu seinem jüngeren Freund. Dieser nickte lediglich anerkennend; wollte es dennoch nicht so ganz auf sich sitzen lassen. Er nahm Julian schnell den Schläger ab und versuchte selbst nochmal sein Glück; verfehlte sein Ziel allerdings knapp. Nun war es der Ältere, welcher überheblich zu seinem Freund sah. "Tja, vielleicht solltest du einfach mal akzeptieren, dass ich der Bessere von uns beiden bin, Kaichen."
"Nenn mich nie wieder Kaichen", brummte Kai und klang dabei schon fast beleidigt, doch Julian konnte nicht anders als zu grinsen," Und außerdem war das pures Glück. Anfängerglück nennt man sowas." Kai klang sehr überzeugt von seiner Meinung, während er, um das Gesagte zu verstärken, demonstrativ die Arme vor der Brust verschränkte. "Mhmh.", stimmte Jule ihm mit einer etwas zu übertriebenen nickenden Geste zu," Du bist der allerbeste auf der ganzen Welt."

-H?🤷‍♀️👀