22th Letter

V- Vollmondspaziergang


Es war kurz nach dreiundzwanzig Uhr, als das junge Paar das Haus verließ. Der volle Mond strahlte hell und gemütlich auf das dunkle London nieder. Die Straße, in der Kais Haus lag, war relativ leer. Nur vereinzelt waren noch Leute auf der Straße unterwegs, teilweise mit Hunden, und in manchen Häusern brannte noch Licht, doch viel los war nicht mehr. Eigentlich ungewöhnlich, wenn man bedachte, dass sie hier in London in einer relativ wohlhabenden Gegend waren, aber stören tat es die zwei nicht. Eigentlich hatten sie auch die Hunde mit auf ihren Vollmondspaziergang nehmen wollen, aber als Kai mit den Leinen vor ihnen gestanden hatten, hatten sie ihn nur unbeeindruckt angesehen und im nächsten Augenblick träge die Augen geschlossen, weshalb Kai die Leinen wieder weg gehangen hatte und sich mit Jule allein auf den Weg gemacht hatte. 
"Es ist so schön hier", sagte Jule in die kühle Nachtluft, als sie in einen Waldweg einbogen, den Jule noch von der gemeinsamen Fahrradtour kannte.
Zufrieden verwob er seine Finger mit den von Kai und lehnte sich im Gehen leicht an die Schulter des Größeren. "Vor allem diese Ruhe", ergänzte Kai; glücklich, dass Jule bei ihm war.
Es herrschte eine angenehme Stille zwischen den beiden, bis Jule irgendwann leise aufseufzte. 
"Ich kann kaum glauben, dass es bald vorbei ist... jetzt sind wir schon bei V."
Ein leises Lachen drang aus Kais Kehle.
"Wir fangen doch wieder von vorne an.", versuchte er seinen Freund zu trösten.
"Aber irgendwann werden uns die Ideen ausgehen."
"Dann wiederholen wir das Alte halt nochmal"; gab Kai schulterzuckend zurück," Also ich habe nichts dagegen, mit dir nochmal in die Oper zu gehen, oder ins Sea Life."
"Nur Indoor-Climbing musst du nicht nochmal haben, oder?", feixte der Blonde seinen Freund.
Kais Lächeln erstarb, als er an das Klettern dachte. Er wusste, dass er kein Fan von Höhe war, aber dieses Date hatte ihm gezeigt, dass er regelrechte Höhenangst hatte. Da musste er in der Tat nicht nochmal hin.
Behutsam strich Jule mit seinem Daumen über den Handrücken des Jüngeren.
"Ist doch nicht schlimm Kai"; murmelte er leise," Mir tut es auch immer noch leid, dass ich dich dahin geschleppt habe."
"Braucht es aber nicht", winkte dieser ab," Du konntest es ja nicht wissen."
Entspannt schlenderten sie weiter den spärlich beleuchteten Weg entlang, bis sie an einem kleinen See vorbei kamen, von dem Jule nicht wusste, dass es ihn gibt. Entweder er hatte ihn bei der Radtour übersehen oder sie waren nun einen anderen Weg eingebogen als damals. 
Genießerisch schloss der Blonde die Augen und genoss die Ruhe, während er die vergangenen Dates in seinem Gedächtnis Revue passieren ließ. Die Zeit war wirklich schön gewesen und jedes Date war ein Highlight für sich gewesen.   
"Weißt du noch"; durchschnitt Kais sanfte Stimme die traute Stille," Als wir von oben bis unten voll mit Farbe waren?"
Mit seligem Lächeln dachte der Dortmunder an ihr erstes Date zurück. Art. 
"Das war aber deine Schuld"; schoss der Ältere zurück," Du hast mir vorgeworfen, dass ich geldsüchtig bin."
"Das war kein Vorwurf, das war eine Feststellung."
Kopfschüttelnd verdrehte Jule die Augen, bevor er sich dazu entschloss, das Thema zu wechseln.
"Ich glaube, Jannis ist immer noch von unserem Fotoshooting traumatisiert", lachte er leise, fing sich damit einen verwirrten Blick seines Freundes ein," Er hat mir neulich schon wieder erzählt, dass wir uns gleich bei irgend so einer Pornoseite anmelden könnte, weil das ja leicht verdientes Geld für uns wäre."
"Bahh", gab der Jüngere mit einer Mischung aus Belustigung und Ekel zurück. 
"Also der ist früher auch manchmal von der Wickelkommode gefallen, oder?"
"So wie du?"
Spielerisch knuffte Jule seinem Freund in die Seite. 
Eine leichte Brise sorgte dafür, dass die Bäume sich etwas bewegten und die Blätter leise und mystisch vor sich hin raschelten. 
"Oder der Kochkurs", ergänzte der Lockenkopf kichernd," Das war ein kompletter Reinfall."
"Mal ganz abgesehen davon, dass du fast verblutet wärst, ja."
"Hallo?", empörte Kai sich nun," Das war voll ernst."
"Sicherlich", gluckste Jule belustigt," Ich glaube, wir akzeptieren einfach, dass wir nicht kochen können."
"Man kann ja auch nicht immer alles können."
"Genau so ist es"; stimmte der gebürtige Bremer zu.
"Ach ja", seufzte Kai ausgelassen und streckte dabei sein Gesicht in den kühlen Nachthimmel," Weißt du eigentlich, wie sehr ich dich liebe?"
"Hin und wieder lässt du es mal durchblicken, ja... aber keine Sorge ich liebe dich auch und ich bin echt dankbar, dass du hier bei mir bist."
Ein leises Lachen drang durch die kühle Nacht. 
"Versprichst du mir, dass wir damit nie aufhören?" Ernst sah Jule zu seinem Freund herauf.
"Was? Dass wir uns lieben?"
"Ja das auch, aber ich meinte eigentlich das mit den Dates", erklärte der Blonde. 
Plötzlich blieb Kai stehen und drehte sich so um, dass er dem Älteren problemlos in die meerblauen Augen blicken konnte. 
Jule hingegen blickte etwas irritiert von dem plötzlichen Stop zu seinem Freund. 
"Ich verspreche dir, dass wir damit nie und nimmer aufhören werden. Hoch und heilig."
Obwohl in der Dunkelheit kaum mehr als Kais Umrisse erkennen konnte, fixierte er den Blick des Größeren. Auf einmal war die lockere Stimmung ernst geworden, aber dennoch wunderschön.
"Ich liebe dich"; hauchte er leise, so leise, dass er es selbst nicht mal richtig verstand. 
Liebevoll hob Kai seine rechte Hand und strich mit ihr eine verirrte Haarsträhne hinter Julians Ohr. Sein Gesicht zierte ein verliebtes und stolzes Lächeln. Nie mehr würde er diesen Mann loslassen, das schwor Kai sich in diesem Moment. 
"Ich liebe dich auch"; wisperte der Blonde zurück, legte seine kühle Hand auf Kais, die immer noch an Jules Wange verweilte," Mehr als du denkst."
Er überbrückte den letzten Abstand zwischen ihnen und schmiegte sich an Kais warmen Körper. 
Und wie der Moment es nun mal wollte, fing es genau in dieser Position, aus der sich weder Kai noch Jule eigentlich hatten lösen wollen, an zu regnen. 
Danke London...
Missmutig blickte der Lockenkopf in den Himmel, von dem leichter, kühler Sprühregen herunter kam.
Jule hingegen seufzte genervt auf. "War ja klar"; brummte er an Kais Brust, um seinem ruhigem Herzschlag zu lauschen. 
"Ich will dich ja nicht stören, Jule, aber ich glaube, wir sollten langsam umkehren."
"Ich will aber nicht"; jammerte der Angesprochene, auch wenn ihm natürlich klar war, dass Kai recht hatte. 
"Wir können auch im Bett weiter kuscheln, aber ich glaube, wenn wir noch länger hier stehen bleiben, werden wir beide krank."
"Dann könnten wir wenigstens länger zusammen bleiben."
"Och Juleee."
"Ja ja, ist ja gut", stimmte der Ältere nun doch zu und löste sich, wenn auch widerwillig, aus der Umarmung," Dann gehen wir nach Hause."


-W?^^

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