16th Letter
P- Puzzlen
"Wo hast du das denn jetzt her?"
Überrascht sah Kai zu seinem Freund, welcher lediglich grinsend die Achseln zuckte.
"Das habe ich neulich bei meinen Eltern in Bremen auf dem Dachboden gefunden und dachte, ich nehme es mal mit hier her und jetzt passt es doch perfekt, oder?"
Nickend stimmte Kai ihm zu, ehe er die Verpackung des Puzzles genauer betrachtete. An der Seite stand, dass es tausend Teile hatte. Damit wäre der Nachmittag an diesem regnerischem, ungemütlichen Tag wohl echt gerettet.
Das Bild auf der Verpackung zeigte einen Hirsch mit einem riesigen Geweih, das in vier Parts eingeteilt war. Unten rechts waren um das Geweih rote Äpfel gewachsen, während es oben rosafarbenden Blüten verziert war, um die einige bunte Schmetterlinge tanzten. Oben links war auf dem Geweih hingegen Schnee zu sehen und keine Blätter; stattdessen schwarze Raben und einige Nebelschwaden. Als Letztes konnte man unten links reife, lila Trauben sehen. Neben dem Hirsch stand ein kleiner Hirsch, der sich mit geschlossenen Augen an den Großen schmiegte. Die beiden Tiere standen auf einem Weg, welcher umringt war von hohen Bäumen und um sie herum schwirrten einige andere Tiere, die das Bild, in Kombination mit den eher herbstlichen Tönen erst so richtig dynamisch wirken ließen. Das Puzzle sollte anscheinend alle vier Jahreszeiten, die immer wieder in einem Kreislauf stattfinden, zeigen und sah, wie Kai fand, wunderschön aus. Aber halt auch nicht so ganz einfach. Die Farben waren nicht besonders außergewöhnlich und schienen sich alle sehr zu ähneln. Und der Fakt, dass es tausend Teile waren, machte es nicht wirklich einfacher. Doch Kai fand die Idee, für den Buchstaben P ein Puzzle zusammen zu puzzlen, richtig, richtig gut.
"Hast du das wirklich mal gepuzzelt?" Unglaubwürdig sah Kai seinen Freund an, welcher sich stammelnd am Hinterkopf kratzte. So wie er es immer tat, wenn er erstmal überlegen musste, was er antworten sollte.
"Ähm also..."; druckste der Ältere unsicher," Ehrlich gesagt, habe ich es an Jannis abgeschoben, weil mir die Geduld gefehlt hat."
Amüsiert lachte Kai nun auf.
"Wirklich?"
Mit rotem Gesicht nickte der Blonde. "Irgendwann habe ich die Teile irgendwie zusammengequetscht, auch wenn sie nicht gepasst haben, damit ich sagen konnte, dass ich fertig war"; gab er verlegen zu, vermied aber den Blickkontakt zu seinem Freund," Das Puzzle konnte man danach meistens wegschmeißen. Und von dem Motiv war dann halt auch nichts zu erkennen."
Während Jule seine Erzählungen einfach nur unangenehm waren, konnte Kai sich vor Lachen nicht mehr halten, so witzig fand er es. Und das Schlimmste war ja, dass Kai sich das Ganze bildlich vorzustellen. Jule, wie er am Wohnzimmertisch saß mit wütendem Gesichtsausdruck und zornig auf die feinen Teile einhämmerte, bis sie halbwegs zueinander passten und dann aber auch gleich in die Mülltonne wandern konnten, weil sie so dermaßen beschädigt waren. Das war schon ziemlich lustig.
Genervt steiß Jule in die Seite des Älteren. "Jetzt hör auf zu lachen, sonst schmeiß ich das Puzzle sofort weg."
"Nein"; rief Kai sofort und nahm den Pappkarton an sich," Ich will dir doch beim Puzzlen zuschauen. Das ist bestimmt voll die gute Unterhaltung."
Spielerisch gab der Blondschopf seinem Freund einen Schlag auf den Hinterkopf.
"Halt die Klappe, du Arsch"; maulte er, ehe er wieder nach dem Karton griff und den Deckel löste.
Gemeinsam begannen zu nun also zuerst die Randteile rauszusortieren und diese dann, nach dieser echt mühsamen Arbeit, zusammenzusetzen.
"Das passt nicht, Jule, das seihst du aber schon, oder?", brach Kai irgendwann das Schweigen, als Jule zwei Teile, die ganz offensichtlich nicht zusammen passten, zusammenfügen wollte.
Mit seinem typischen 'Willst-du -mich-eigentlich-verarschen-du-Vollidiot?-Blick sah Jule zu seinem Freund, welcher mal wieder nicht anders konnte, als loszuprusten.
Gab es überhaupt irgendeine Situation auf diesem Planeten, in der Kai einmal ernst bleiben konnte?
Manchmal hatte der älteste Brandt das Gefühl, mit einem zehnjährigen und nicht mit einem Vierundzwanzigjährigen zusammen zu sein.
"Das hab ich auch selbst gesehen, du alter Schlaumeier", brummte der Ältere leise, ehe er die Teile voneinander trennte und ein anderes in die Hand nahm, um sie richtig zusammenzusetzen.
Entschuldigend hob Kai seine Hände, konnte sich ein amüsiertes Schmunzeln aber dennoch nicht verkneifen.
"Ich wollte doch nur, dass das Puzzle ganz bleibt."
"Sei froh, dass ich hier gerade nichts in der Nähe habe, um sich zu erschlagen."
Und als der Lockenkopf in die Augen seines Freundes sah, merkte er mit Erschrecken, dass er das gar nicht mal so aus Spaß sagte. Bei diesem Blick, konnte er sich wirklich vorstellen, dass Jule kurz davor war, zum Mörder zu werden.
Schwaches Motiv, Jule, ganz schwaches Motiv.
Die Zeit verging wie im Flug und plötzlich zeigte dir Uhr schon halb elf. Sie hatten wirklich den lieben, langen Nachmittag am Wohnzimmertisch und zusammen gepuzzelt und hatten dabei die Zeit ganz und gar aus dem Auge verloren.
Und, surprise surprise, es waren beide noch am Leben und das Puzzle im Übrigen auch.
Auch wenn Kai den ein oder anderen Wutausbruch seines Freundes verhindern musste, weil dessen Plan, mehrere Teile zusammenzustecken, nicht funktioniert hatte. Jetzt wusste der gebürtige Aachener wirklich, was es hieß, mit Jule zu puzzeln und das dieser sich in Bezug darauf seit seiner Kindheit wohl kein bisschen verändert hatte.
Das Puzzle war zwar noch nicht ganz fertig, aber einen Großteil hatten sie jetzt doch schon.
"Jetzt machen wir es aber noch fertig, oder?"
Fragend blickte der Arsenal-Spieler zu Jule, welcher sofort zustimmend nickte.
"Also ich für meinen Teil kann nicht ins Bett gehen, ohne zu wissen, dass dieses Ding hier fertig ist."
"Na dann"; meinte Kai und zauberte sein Handy hervor, mit welchem er vor Jules Gesicht hin und her fuchtelte. "Pizza?"
Seit ihrem sehr misslungenen Kochkurs war es irgendwie zum Ritual geworden, dass sie sich einmal zusammen Pizza bestellten, wenn sie zusammen waren.
Ernährungsplan hat ja auch mal Pause...
Mit einem freudigem Lächeln nickte der Bremer. "Du weißt ja, was ich nehme."
Und während Kai telefonierte, machte Jule sich wieder an das Puzzle, doch so ganz klappen wollte es mal wieder nicht und in Jule keimten schon wieder Aggressionen auf. Kai, der das natürlich sofort bemerkte, legte beruhigend eine Hand auf die von Jule, die fieberhaft versuchten, zwei Teile zusammenzustecken. Dieser stumme Appell bewirkte in dem Blonden, dass er augenblicklich von den kleinen Teilchen abließ und sich in seinem Stuhl zurücklehnte. Wahnsinn, was Kai für eine Wirkung hatte; auch bei so belanglosen Dingen.
"Beim Puzzlen kommt dein inneres Kind raus, kann das sein?", fragte Kai belustigt, nachdem er aufgelegt hatte. Er fand Jules Verhalten so unglaublich göttlich und süß, dass es ihm schon fast weh tat.
"Und bei dir der Freund, den ich nicht leiden kann"; schoss der Blauäugige gekonnt zurück," Kann man das ausstellen?"
"Du spinnst, Jule"; entgegnete Kai plump.
"Was nicht heißt, dass du mich nicht trotzdem liebst."
"Das habe ich auch nie gesagt."
Grinsend küsste Kai seinen Freund innig.
"Ich lieb dich, Julian Brandt."
Huhu, ihr Lieben.
Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich lieeeebe Puzzlen, auch wenn ich manchmal Jule-ähnliche Wutausbrüche dabei bekomme.
Die Idee ist mir auch gekommen, als ich das Puzzle, was die beiden puzzlen, gemacht habe.
Ich hoffe, ich konnte das gut beschreiben. Sonst googlet einfach mal 'Ravensbruger Magischer Hirsch' dann kommt das.
Wie sieht's mit Q aus?^^
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