15th Letter

O-Oper


"Darf ich fragen, was du mit mir vorhast?"
Irritiert sah Kai seinen Freund an, welcher ihn schweigend ins Auto verfrachtete. 
"Hallo? Kannst du mal mit mir sprechen? Warum musste ich meinen Anzug mitbringen? Und warum fahren wir jetzt schon wieder wohin? Wohin fahren wir überhaupt? Ich bin doch nicht mal drei Stunden hier?"
Doch anstatt ihm zu antworten, erstickte der Blonde die Fragen seines Freundes mit einem schnellen Kuss, ehe er Kai auf den Beifahrersitz drückte. 
Kai, der inzwischen verstanden hatte, dass Jule ihm keine Antworten auf seine irritierten Fragen geben würde, gab sich schließlich mit einem Seufzen geschlagen und lehnte den Kopf gegen die kühle Fensterscheibe. Was anderes blieb ihm eh nicht übrig. Er kannte seinen Freund und wusste, dass dieser kein Sterbenswörtchen sagen würde.

Es war eine lange Fahrt, doch Kai erkannte schnell, wohin es ging. In Richtung Süden; genauer gesagt nach München.
Und es kam, wie Kai es prognostiziert hatte; der Blonde sagte kein einziges Wort. Nur das Radio spielte seine leisen Melodien, während Jule mit einem verheißungsvollen Lächeln am Steuer saß und den Wagen geschickt über die Autobahn lenkte. 
"Was wollen wir denn in München?", konnte der Jüngere nicht mehr an sich halten, als sie am Ortsschild vorbei fuhren.
"Lass dich doch mal überraschen, Harvy"; grinste der junge Bremer. 
Zwanzig Minuten später hielten sie auf dem Parkplatz, der zu einem wahren Luxushotel gehörte, aber auch das beantwortete keine von den vielen Fragen, die im Kopf des Braunhaarigen herum schwirrten. 
Er musste sich von seinem Freund ins Hotel schleifen lassen; inklusive der beiden Anzüge und des großen Koffers, den Jule anscheinend heimlich gepackt hatte; zumindest hatte Kai nichts davon mitbekommen. 
Das Ende der für Kai endlosen Reise war dann in einem großen Zimmer; der wahrscheinlich größten Suite, in der Kai je sein wird.
"Was... ist das?" Geschockt sah der Jüngere seinen Freund an, welcher das Lächeln nicht von seinen Lippen verloren hatte.
"Das, mein lieber Kai, ist unsere Unterkunft für dieses Wochenende.", erklärte Jule, als wäre es etwas völlig belangloses.
"Das hier? Aber... also ich meine... warum?"
Wie aufs Stichwort zauberte der älteste Brandt nun zwei Tickets aus seiner Jackentasche und reichte sie Kai.
"Oper?", brachte dieser nun stammelnd hervor.
"Oper", bestätigte sein Gegenüber nun," Du machst dir immer so viel Mühe mit den Dates und deshalb dachte ich, jetzt bin ich mal dran und überrasche dich. Und was gibt es Schöneres als ein Wochenende ganz alleine in einer Suite zu verbringen und eine Oper zu besuchen?"
"Du hast geschummelt"; stellte Kai schmunzelnd fest. 
"Vielleicht ein bisschen. Aber du wirst sehen, das war es wert."
"Seit wann gehst du denn zu Opern?" Kais Gesichtsausdruck war irgendwo zwischen überrascht, verwirrt und belustigt. Er hätte Jule vieles zugetraut, aber nicht, dass er zu Opern ging. 
Jule zuckte mit den Schultern; den Blick auf die Karten in Kais Hand gerichtet.
"Meine Oma geht gerne zu Opern und ich gehe manchmal mit ihr mit. Am Anfang fand ich es total langweilig, aber mittlerweile finde ich es richtig schön eigentlich. Du wirst sehen. Das macht echt Spaß."
"Aber ich war doch noch nie bei einer Oper, Jule. Ich weiß doch gar nicht, wie man sich da verhält und so." 
Keineswegs entging Jules der zweifelnde Blick seines Freundes, weshalb er einige Schritte auf ihn zutat und seine Hände in die seinen nahm.
"Das ist doch nicht schlimm, Kai. Halt dich einfach an mich, das ist nicht schwer, versprochen."
"Wirklich?"
"Ganz wirklich.", bestätigte der Dortmunder lächelnd," Und jetzt lass es uns einfach genießen. Und dann machen wir den Rest des Wochenendes nichts anderes, als in dieser Suite zu chillen und es uns gut gehen zu lassen."
"Du spinnst", lachte Kai leise.
"Für dich mache ich alles, Harvy."


Staunend stand Kai vor dem Gebäude der Münchner Staatsoper und versuchte, sich jedes kleine Detail einzuprägen. Das Gebäude sah alt aus, sehr alt, aber wunderschön. Die Säulen und die vielen kleinen Bildchen, die in den Stein gemeißelt waren, ließen Kais Vorfreude auf das bevorstehende Date nur noch mehr steigen, auch wenn er sich noch immer nicht wirklich sicher war, ob er sich richtig verhalten würde oder ob er Jule auf ganzer Linie vor den Gästen blamieren würde. 
Aber der imposante Eindruck des Saales schüchterten den Lockenkopf dann doch wieder ein. Die vielen Logen und Plätze, die in rotes sanft eingekleidet waren, die teuer aussehenden goldenen Details, die große Bühne und vor allem die ganzen anderen Menschen, die sich auch alle schick angezogen hatten und alle zu wissen schienen, wie man sich verheilt und wie hier alles ablaufen würde. Alle außer Kai; so fühlte es sich für den Londoner zumindest an. 
"Komm"; flüsterte Jule leise, nahm seinen Freund an die Hand und führte ihn zu ihren Plätzen. 
Und Jule hatte sich nicht lumpen lassen und das Beste des Besten für sich und Kai organisiert. Kai wollte gar nicht wissen, wie viel Geld er für diese erstklassigen Plätze bezahlt hatte, aber Jule würde es ihm auf den Tod nicht verraten; das wusste er. 
Und dann ging es los und Kais Sorgen waren fast sofort verflogen. 
Die Musik, der Gesang und die Begleitung durch die Tänzer, die sich kunstvoll zur Musik bewegten, sorgten dafür, dass der Aachener richtig in der Handlung versinken konnte.
Auch Jule stellte dies immer wieder fest, wenn er hin und wieder zu Seite sah und die vor Begeisterung strahlenden Augen seines Freundes erblickte. In diesem Moment wusste er, dass er alles richtig gemacht hatte.

"Danke Jule", rief Kai begeistert, als sie nach der Oper Hand in Hand durch die leeren Straßen in Richtung ihres Hotels liefen. Es war weit nach Mitternacht und Kai fühlte sich völlig schwerelos; als hätte er Drogen genommen. All seine Sorgen, alle Gedanken und Probleme waren aus seinem Kopf gespült. Es gab nur noch Jule in seinem Kopf. "Das war das schönste Date, das wir je hatten."
Glücklich lachte Jule auf und drückte die kühle Hand des Größeren.
"Stell deine Dates nicht in den Schatten"; gab der Dortmunder zurück," Ich liebe es, Zeit mit dir zu verbringen und fand jedes Date bis jetzt mehr als perfekt."
"Also ich finde, wir können jetzt öfter zur Oper gehen", erwiderte der Arsenal-Spieler und atmete etwas von der kühlen Nachtluft ein und wieder aus," Du hattest recht, als du gesagt hast, dass Opern toll sind. Sie sind fantastisch. Absolut fantastisch."
Und so liefen die beiden durch die dunkle Nacht, Hand in Hand, fühlten sich frei und leicht und genossen die Sorglosigkeit, die sie zumindest für dieses Wochenende umgeben würde. 


P?^^

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