Inho tritt aus der Tür heraus und spürt dieses euphorische Gefühl nicht mehr, das er gerade eben noch hatte. Mit Herrn Han kam ihm alles so einfach vor, aber wird er es wirklich schaffen? Im Prinzip muss er sich nur aufraffen und alles möglichst schnell klären, bevor sie es erfährt und verhindern kann. Das wird nervenaufreibend, aber kam es ihm gerade eben noch wie der aufregende erste Schritt in sein neues positives Leben vor, läuft ihm jetzt wieder der Angstschweiß über den Rücken, sobald er sein Handy zückt.

'Wo bist du?'

Das ist das erste, was er sieht, als er auf sein Handy blickt. Erst vor fünf Minuten kam diese Nachricht. Zwar hat der Termin bei Han Hyunuk weitaus länger gedauert als erwartet, doch auch jetzt sollte sie noch gar nicht zu Hause sein. Sie sollte es auf keinen Fall jetzt schon mitbekommen. Sie würde sein ganzes Vorhaben torpedieren, bevor er überhaupt anfangen könnte es umzusetzen.

'Einkaufen. Bier war alle', schreibt er zurück.

'K
Ich will gleich zu einer Freundin. Schlüssel klebt in der Innenseite vom Briefkasten.'

Erstaunt starrt er ihre Antwort an. Ehrlich gesagt hätte er erwartet, dass sie ihn stundenlang vor der Tür sitzen lässt. Das wäre die Chance, heimlich einen Schlüssel nachmachen zu lassen, aber erstens ist das bei dem Schließsystem des Vermieters verboten, also würde er auf die Schnelle keinen Schlüsselmacher finden, der das erledigt, und zweitens: Wozu braucht er überhaupt einen? Er zieht bald aus. Ja genau. Inho wird sich endlich aus diesem Dreckloch, zu dem sein Leben geworden ist, befreien.

Es ist das Erste, was er macht, als er nach Hause kommt. Er schaut im Internet nach der Wohnungsbaugesellschaft und ruft kurz vor deren Feierabend dort an. Gleich morgen kann er hinkommen. Das geht viel schneller als gedacht. Daher sucht er auch heute noch nach einer Bank. Im Prinzip ist es ihm egal, Hauptsache nicht ihre Bank, doch Herr Han hat ihm nahegelegt, eine mit Onlinebanking und möglichst geringen Kontoführungsgebühren zu nehmen. Die Bank, die ihn anspricht, hat sogar eine Stunde länger auf als die Wohnungsbaugesellschaft, welch ein Zufall. Da kann er auch dort noch anrufen und einen Termin ausmachen, obwohl es schon spät ist.

Auch der Anwalt meldet sich später am Abend noch bei ihm. 'Hallo Herr Hwang, hier ist Han Hyunuk. Ich habe gute Neuigkeiten'

Inho ruft ihn gleich an. "Hallo?"

"Hallo! Schön, dass Sie anrufen. Ich habe mich erkundigt, für eine Einraumwohnung ist der Mitgliedsbeitrag nur halb so hoch und dank Mitglieder-werben-Mitglieder nochmals zehn Prozent günstiger."

"Das klingt toll! Ich habe dort angerufen und gleich morgen früh einen Termin."

"Oh wirklich, wie schön!" Herr Han scheint sich sehr zu freuen. Wahrscheinlich hat er nicht damit gerechnet, dass Inho alles sofort in die Tat umsetzt.

"Ja..."

"Sie können dort einfach meinen Namen angeben und sagen, dass ich Sie geworben habe. Ich schreibe Ihnen dann noch den genauen Betrag, den Sie zahlen müssten."

"Ah, super, vielen Dank."

"Wenn sich noch Fragen ergeben, melden Sie sich einfach."

"Ja, gut. Dankeschön."

Beim Chef und den Kollegen im Büro gibt er noch per Mail Bescheid, dass er morgen erst Mittags auf Arbeit kommt und lässt sich dann auf sein Bett sinken.

Es läuft alles so überraschend super. Wieso hat er die ganze Sache nicht schon früher in Angriff genommen?