Kapitel 28:

„The true soldier fights not because he hates what is in front of him, but because he loves what is behind him."
- Gilbert Keith Chesterton


Als ich aufwache, verspüre ich starke Kopfschmerzen, die noch einigermaßen auszuhalten sind. Im Radio Paint It Black der Rolling Stones. Es summt vor sich hin, während ich erschöpft da liege und davon denke, wie ich mit einem geöffnetem Herzen gefallen bin.

Ich öffne langsam meine Augen, als mir klar wird, was passiert ist. Das erste, was ich erblicke, ist die weißgraue Decke und dann verspüre ich die dünne Kleidung, die ich unter der weißen Stoffdecke trage. Der Krankenkittel lässt mich kurz auf schaudern und meine nackten Füße, die unter der Decke rausgucken, bewege ich etwas, um mich zu vergewissern, dass ich nicht gelähmt bin oder so. Ich hebe langsam meine Hände, wobei man mich an zwei Infusionsbeutel angesteckt hat. Das Krankenhaus in Cooperstown sieht anders aus, als dieses hier in Washington. Ich drehe meinen Kopf zur Seite und erblicke eine Person, an die ich lange nicht mehr gedacht habe und mir erst jetzt auffällt, wie schrecklich ich diese vermisst habe.

„M-mum?", flüstere ich.

Sie rückt den Stuhl etwas näher ans Bett, hält meine Hand fest und lächelt mich an. Ich bemerke sofort, dass sie ihre Tränen verkneift. Zu sehen, dass sie glücklich ist, lässt mich in Tränen ausbrechen. Sie kullern meine Wangen herunter, die ich sofort wegwische.

„M-mum, ich kann dir nicht sagen, wie Leid mir das tut..."

„Psst, Freya. Alles ist ok." Sie reibt sanft meine Hand.

Ich wimmere leise und versuche, das Weinen einzustellen. Als ich mich im Raum etwas umsehe, kommt mir eine neue Frage in den Sinn.

„Wie lange bin ich schon hier?"

„Seit fast einem Tag. Die Ärzte sagten aber, dass du eine Woche lang hierbleiben solltest. Dir liegen viele Operationen vor dir."

Ich nicke und versuche, vom Thema abzukommen. „Wie geht es Laila?" Sie nickt. „Und Evan?"

Sie hört mit dem streicheln auf und drehte ihren Kopf lächelnd zur Tür. Wie aus dem Nichts kommt Evan ins Zimmer, der womöglich durch das kleine Fenster an der Tür hineinschaut. Meine Mutter nimmt ihre Tasche und geht nach draußen, um mich mit ihm alleine zu lassen.

„Freya, alles okay?", fragt er und kniet sich auf der anderen Seite des Bettes neben mir hin. „Als ich gehört habe, dass du in Washington und schwer verletzt bist, machten deine Mutter und ich uns sofort auf den Weg."

Er klingt ziemlich besorgt und das ist er auch. Ich habe niemals gedacht, dass er das wirklich für mich tun würde, aber jetzt sehe ich ja die Antwort.

„Zwei Schuss- und eine Schnittwunde. Sag mal, stimmt irgendetwas nicht mit dir?"

Er lacht, runzelt trotzdem die Stirn und nimmt meine Hand, was mir etwas unangenehm ist. Ich weiß nicht, wie ich darauf reagieren soll und starre ihn ausdruckslos an. Es ist eine Zeit still zwischen uns, als Evan das Thema wechselt, als er bemerkt, dass ich ihm nicht antworte.

„Bei der Organisation läuft es gut. Ich war letzte Woche in Kolumbien. Dir würde es dort gefallen."

„Ich wäre gerne dabei gewesen."

Ich fälsche ein Lächeln und versuche, mich besser zu fühlen, doch es gelingt mir irgendwie nicht. Nach einer peinlichen, stillen Zeit wechselt er wieder das Thema.

„Freya... Also, äh, wenn du hier raus bist und wieder in Cooperstown bist... würdest du, äh, würdest du mal wieder mit mir Essen gehen?"

Er schaut mich neugierig an und wartet auf eine Antwort. Ich will nein sagen. Ich will ihm dort keine Hoffnung machen, wo keine ist, aber er hofft und hofft weiter, obwohl sie es bei mir gar nicht gibt.

„Ja, das würde ich gerne.", antworte ich und bereue es sofort auch wieder.

Er lächelt und lässt meine Hand los. Plötzlich erblicke ich Steve und Sam am Flur, die mir durch das Fensterglas zulächeln. Als diese eintreten, steht Evan sofort auf und guckt die beiden verwundert an. Er ist wie versteinert Captain America vor seinen Augen zu sehen.

„Hi, Sir. Ich meine, Captain. Äh, ich meine Steve... oder..." Er stottert, was das Zeug hält und ich muss leise kichern.

Steve muss schief grinsen, schüttelt seine Hand und stellt Sam vor. Evan macht sich danach sofort auf dem Weg nach draußen in den Flur, um diesem peinlichen Moment zu entgehen. Steve setzt sich auf den Stuhl, Sam sich vor das Bett und verschränkt seine Arme. Beide starren mich mit einem ernsten Blick an.

„Freya, das hätten Sie..." Er räuspert sich und korrigiert: „...du nicht tun sollen."

„Was?"

Ich setze mich aufrecht, wobei ich einen schrecklichen Schmerz am Bauch verspüre und drehe mich stirnrunzelt zu Steve um. Falls er nun wütend auf mich ist, weiß ich nicht wieso.

„Dein Leben aufs Spiel setzten und im Helicarrier bleiben."

„Du warst nicht da.", werfe ich ihm zurück.

Er starrt mich fragend an und wartet, dass ich weiterfahre. Ich schnappe nach Luft und versuche, meine Schmerzen auszuhalten.

„Ich habe versucht ihn an sich selbst und an dich zu erinnern."

„Hat er sich erinnert?", fragt Sam.

Ganz ehrlich, ich weiß es nicht, aber bei dem Gedanken werde ich nachdenklicher. Als ich aus dem Helicarrier runterfiel, schlug ich im Wasser auf, aber ich wäre ertrunken, bevor die Sanitäter oder irgendjemand anders mich gefunden hätten. Ich war ohnehin schon halb tot durch den Verlust meines Blutes und das Wasser in meinen Lungen hätte meinen Tod nicht verlangsamt. Ich lasse Sams Frage unbeantwortet und schaue die beiden fragend an.

„Wo habt ihr mich gefunden?"

„Am Ufer des Sees beim Waldrand.", murmelt Steve, als wäre es normal gewesen, dass man mich dort gefunden hat.

Aber es ist alles andere als normal. Ich erinnere mich, wie ich ins Wasser fiel, der Schmerz auf meinem Rücken, als würde ich auf Beton einschlagen. Und dann weiß ich nichts mehr. Ich runzele die Stirn, denke einen Moment nach und versuche meinen letzten Gedanken zu ordnen, bevor ich darauf komme. Dann von einem Moment zum anderen schlage ich meine Augen groß auf, als sich herausstellt, dass die Puzzleteile alle zusammenpassen. Der Winter Soldier hat mir das Leben gerettet.

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