Kapitel 2:
Am nächsten Morgen grübele ich, aber meine Routine ist seit Wochen gleich, außer am Wochenende, denn dort schlafe ich immer bis zum späten Mittag aus, was für mich selbstverständlich ist. Die Buchhandlung ist in Oneonta und eine halbe Stunde mit dem Auto entfernt, aber es ist außerhalb von New York, was ebenfalls einer der Gründe ist, wieso ich diesen Job wollte. Ich weiß, dass ich aus welchem Grund auch immer nach New York gehen muss, aber nicht heute oder morgen oder in den nächsten zwei Wochen. Das habe ich mich mal geplant, aber wer weiß, wer oder was meine Pläne durchkreuzen will. Während der Fahrt starre ich kaum auf die Straße und mehrmals auf die Sonne, die zwischen den Blättern der Bäume hindurch scheint und die Kinder, die mit ihren Bunter Schultaschen ihren Alltätigen Schulweg entlanggehen. Als ich hinter dem Laden geparkt habe und hinten eingetreten bin, grüße ich meinen Chef und zog meine Uniform an, welche nur aus einer dunkelgrünen Schürze mit meinem Namen besteht. Er sitzt wie immer mit seinem Sandwich in seinem eigenen Büro und schaut entweder TV oder liest die Zeitung.
„Freya, hinten im Regal bei der Kasse liegen Bücher, die wieder sortiert werden müssen.", murmelt er mit vollem Mund.
„Mach ich."
Als ich durch die Buchhandlung schaue, sehe ich einen Laden, der knapp fünfzehn Meter lang und etwa auch so viele Meter breit ist. Es ist eine kleine Buchhandlung – wieder einer der Gründe, wieso ich hier arbeite – und nicht solchen speziellen Bibliotheken, wo man einfach alles findet. Ich mag es hier, denn, wenn man mal Pause hat, kann man hinten in der Ecke sich auf einen der Sofas aufs Ohr hauen, was ich natürlich nicht tue, aber Amber ab und zu, wenn unser Chef mal nicht hinsieht. Wir haben keine Mauern. Die Wände am Eingang und an der rechten Seite von außen gesehen, sind aus getöntem Glas. Ziemlich modern sieht es trotzdem nicht aus von innen gesehen. Amber kommt erst so gegen Mittag, aber morgens ist hier sowieso niemand, also wird es ruhig hier sein, wie immer. Als ich die Bücher in einen kleinen Wagon lege und mit diesem durch die Regale schlendere, räume ich jedes Buch an seinen richtigen Platz ein. Nach mehreren Minuten des einräumen von Büchern nehme ich das nächste Buch, welches ich einsortieren muss und stoße auf das Buch 'Nordische Mythologie: Mythische Tiere'. Ich suche den Regal ganz ab, bis ich die Abteilung >Nordische Mythologie< finde. Aber meine Augen führen mich auf ein Buch, was ich meine Neugier öffnen muss. 'Mythische Personen' heißt es. Normalerweise schaue ich nur auf den Titel des Buches, damit ich weiß, wohin ich es räumen soll, aber auf dieses wurde ich neugierig. Obwohl ich an Mythische Personen niemals geglaubt habe und es seit der Begegnung mit Thor glaube, schmeiße ich meine Arbeit hin und schaue mich kurz um, ob der Chef nicht hier ist. Ich nehme das fast vierhundert-seitige Buch und gucke mich im Inhaltsverzeichnis um, als ich einen Namen entdecke, den ich nur zu gut kenne. Dann komme ich auf eine sehr interessante Seite, wo ich mich sofort in dieses Buch vertieft habe.
Thor ist „der Donnerer" (Nomina Agentis) der Donnergott. In den mythologischen eddischen Schriften hatte er die Aufgabe des Beschützers von Midgard, der Welt der Menschen und allen Neun Welten.
Das ist richtig, was da steht. Thor ist der Beschützer der Neun Welten und allen Seelen dort inklusive meiner. Ich blättere einige Seiten weiter und mir bleibt der Atem stehen, als ich auf einen Namen treffe, den ich schon fast vergessen habe. Ich frage mich, wie ich eigentlich diesen Namen nur vergessen kann, nach all dem, was passiert ist. Schade, dass es mir jetzt wieder eingefallen ist und es eine Weile braucht, damit er wieder aus meinem Kopf verschwindet. Ich habe einen kleinen Gedanken das Buch weg zu legen, aber ich will wissen, was über ihn geschrieben steht. Auch wenn er bereits nicht mehr unter uns weilt, es ist für mich dennoch wichtig zu wissen, wer er wirklich war. Obwohl ich es schon genug von ihm weiß, frage ich mich, was die Menschen vor langer Zeit über ihn geschrieben haben.
Loki ist eine Figur aus der eddischen Dichtung. Er wird sowohl als Gott als auch dem Riesen-Geschlecht der Jotunen zugehörig beschrieben. Er ist der Sohn von Laufey. Seine Frau ist Sigyn, seine Söhne sind Narfi und Wali. Mit der Göttin der Liebe Freya hat er eine Tochter (unbekannt) und einen Sohn (unbekannt).
Mein Herz bleibt kurz stehen. Was ich da lese, ist doch nicht alles wahr. Ich meine, ich würde eine Göttin namens Sigyn kennen, wenn sie mit Loki verheiratet wäre und sogar Kinder mit ihm hat. Ist das wirklich alles wahr, was ich da lese? Und wenn das ich gemeint bin, mit der Göttin der Liebe, wie kann ich eine Tochter und einen Sohn mit Loki haben, wenn er bereits tot ist? Wir waren Feinde. Wenn das stimmt, kann ich nicht glauben, ob Loki wirklich tot ist oder ob er noch lebt? Ich bin wieder so ahnungslos, wie immer. Aber vielleicht kann es auch nur eine Ahnung unserer Vormenschen sein, denn diese Bücher sind auch nicht mehr die Neusten und was hier steht, ist über zweihundert Jahre alt. Die Menschen aus der damaligen Zeit haben nur das von ihren Vorfahren gelesen und neu aufgeschrieben. Diese Propheten zu dieser Zeit haben vielleicht noch etwas daran verändert oder sie waren wirklich Augenzeugen von wirklichen Geschehnissen. Vielleicht sind das nur Mythen oder Legenden, die nicht wahr sind oder Geschichten, die man sich am Lagerfeuer zuflüstert, aber ganz bestimmt nicht die Wahrheit. Oder?
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